Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2005, Az. V ZR 251/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3170

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] 251/04 Verkündet am: 10. Juni 2005 K a n i k, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 10. Juni 2005 durch den Vizepräsidenten des [X.] Dr. [X.], [X.] [X.], [X.], die Richterin Dr. Strese-mann und [X.] Czub für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil der 11. Zivilkammer des [X.] vom 4. November 2004 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.
Von Rechts wegen Tatbestand:
Die Parteien sind [X.]. Entlang der gemeinsamen Grundstücksgrenze stehen auf dem Grundstück der Beklagten [X.] Fich-ten, Zypressen und weitere Anpflanzungen, die seit mehr als fünf Jahren eine drei Meter überschreitende Höhe erreicht haben. Das Amtsgericht hat die Beklagte unter anderem verurteilt, diese An-pflanzungen auf eine Höhe von drei Metern zurückzuschneiden und sie durch regelmäßigen Rückschnitt auf dieser Höhe zu halten. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] die hierauf gerichtete Klage abgewiesen. - 3 - Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückwei-sung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.]eils. Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht meint, die Anpflanzungen hätten ihren ursprüngli-chen Charakter als Hecke verloren, weil sie höher als drei Meter gewachsen seien. Sie stellten sich nunmehr als Baumreihe dar, deren Rückschnitt gemäß § 55 des [X.] [X.] ([X.] SL) nur binnen fünf Jahren verlangt werden könne. Diese Ausschlußfrist, die in dem Zeitpunkt beginne, in dem infolge unterlassenen Rückschnitts der Hecke auf drei Meter ein nachbarrechtswidriger Zustand eintrete, sei abgelaufen, da die [X.] der Beklagten seit über fünf Jahren höher als drei Meter seien. Ein [X.] auf Zurückschneiden der Hecke ergebe sich auch nicht aus den Regeln über das nachbarliche [X.], denn es sei nicht ersichtlich, daß die Beklagte eine sich aus dem Nachbarrecht ergebende formale Rechts-position in rechtsmißbräuchlicher Weise ausnutze. I[X.]
Soweit diese Ausführungen einer revisionsrechtlichen Prüfung zugäng-lich sind, halten sie ihr im Ergebnis stand.
- 4 - 1. Nach § 545 Abs. 1 ZPO kann die Revision allerdings nur darauf ge-stützt werden, daß die Entscheidung auf der Verletzung von Bundesrecht oder einer Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Oberlandesgerichts hinaus erstreckt. Da das [X.] nur im Bereich des [X.] gilt, unterliegt die Anwendung seiner Bestimmungen durch das Berufungsgericht nicht der Über-prüfung durch den [X.]. Daran ändert sich nicht dadurch etwas, daß das Berufungsgericht die Revision wegen einer für die Auslegung des Landesnachbarrechts maßgeblichen Frage zugelassen hat (vgl. [X.]/[X.], 2. Aufl., [X.], § 543 Rdn. 42). Entgegen der Auffassung der Revision führt auch der Umstand, daß das [X.] Nachbarrechtsgesetz mit dem Nachbarrechtsgesetz des [X.] inhaltlich identisch ist und sich eine § 55 [X.] entspre-chende Bestimmung in § 26 des [X.] von [X.] findet, nicht zur Revisibilität der von dem Berufungsgericht ange-wendeten landesrechtlichen Vorschriften. Eine nur tatsächliche Übereinstim-mung der in mehreren Oberlandesgerichtsbezirken geltenden Gesetze genügt nicht, um die in § 545 Abs. 1 ZPO vorausgesetzte Identität der Rechtsnorm zu begründen ([X.], 295, 297). Diese liegt nur vor, wenn die Übereinstim-mung der Vorschriften bewußt und gewollt zum Zwecke der Rechtsvereinheitli-chung herbeigeführt worden ist ([X.], 295, 298; [X.], [X.]. v. 13. Juni 1996, [X.], NJW 1997, 799, 800; [X.]. v. 15. April 1998, [X.], NJW 1998, 3058, 3059). Für eine solche Intention des [X.] Ge-setzgebers gibt es keine Anhaltspunkte. - 5 - 2. Das Berufungsurteil unterliegt der revisionsgerichtlichen Nachprüfung aber insoweit, als auch ein auf Bundesrecht gestützter Anspruch des [X.] verneint worden ist.
a) Das Berufungsgericht ist im Ergebnis jedoch zu Recht davon [X.], daß der Kläger den Rückschnitt der Anpflanzungen nicht nach § 1004 Abs. 1 [X.] verlangen kann.
Das folgt allerdings nicht daraus, daß Ansprüche aus § 1004 Abs. 1 [X.] nicht unmittelbar auf den Rückschnitt von Anpflanzungen, sondern auf die Beseitigung einer bestehenden bzw. auf die Unterlassung künftiger Beeinträch-tigungen gerichtet sind und es grundsätzlich dem in Anspruch [X.] überlassen bleibt, auf welchem Weg er die Beeinträchtigung abwendet. [X.] sich dies im Einzelfall nur durch [X.] erreichen, kann der Nachbar auf der Grundlage von § 1004 Abs. 1 [X.] nämlich auch die [X.] einer Handlung, wie etwa die Beseitigung oder den Rückschnitt eines Baums, verlangen (vgl. Senat, [X.]. v. 12. Dezember 2003, [X.] 98/03, [X.], 1035, 1037).
Auch stünde einem Anspruch aus § 1004 Abs. 1 [X.] nicht die [X.] des § 55 [X.] SL entgegen. Das Landesrecht kann das Grund-stückseigentum zwar zu Gunsten des Nachbarn noch anderen als den im [X.] bestimmten Beschränkungen unterwerfen (Art. 124 EG[X.]). Es kann aber nicht zu Ungunsten des Nachbarn dessen im Bundes-recht verankerten Rechte ausschließen oder verändern (Senat, [X.]. v. 12. [X.] 2003, [X.] 98/03, aaO). - 6 - Das Berufungsurteil erweist sich aber als richtig, weil ein Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 [X.] nur im Fall einer Eigen-tumsstörung besteht. Eine solche wird nicht schon dadurch begründet, daß Bäume und Sträucher einen bestimmten Grenzabstand oder eine bestimmte Höhe überschreiten. Erforderlich ist vielmehr eine von den Anpflanzungen aus-gehende konkrete Beeinträchtigung des Nachbargrundstücks. Dabei kann da-hinstehen, ob ein durch hohe Hecken verursachter Entzug von Licht und [X.] sog. negative Einwirkungen zu den nach § 1004 Abs. 1 [X.] abwehrfähigen Beeinträchtigungen zählen (bislang verneinend: Senat, [X.]Z 113, 384, 386; [X.]. v. 11. Juli 2003, [X.] 199/02, [X.], 231, 232; vgl. aber auch [X.], NJW 2005, 241, 247). Denn das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die an der Grundstücksgrenze befindlichen Anpflanzungen anders als durch das Übergreifen von [X.] und durch überhängende Zweige [X.] in-soweit ist die Beklagte zur Beseitigung verurteilt worden [X.] auf das Eigentum des [X.] einwirken. Die Revision zeigt diesbezüglich auch keinen übergan-genen Sachvortrag auf.
c) Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch auf Rückschnitt der Bäume und Sträucher auch nicht aus dem nachbarlichen Gemeinschafts-verhältnis hergeleitet. In Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 242 [X.]) verpflichtet es die Nachbarn zwar zu gesteigerter gegenseitiger Rücksichtnahme. In der Regel begründet das nachbarliche [X.] aber keine selbständigen Ansprüche, sondern wirkt - ebenso wie § 242 [X.] - als Schranke der Rechtsausübung in Fällen, in [X.] ein über die in den §§ 905 ff. [X.] und den Nachbarrechtsgesetzen der Länder enthaltenen Regelungen hinausgehender billiger Ausgleich der wider-- 7 - streitenden Interessen dringend geboten erscheint (vgl. Senat, [X.]Z 113, 384, 389). - 8 - II[X.] Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.] Krüger

Klein

Stresemann

Czub

Meta

V ZR 251/04

10.06.2005

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.06.2005, Az. V ZR 251/04 (REWIS RS 2005, 3170)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3170

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 136/18 (Bundesgerichtshof)

Nachbarrecht: Verjährung des Anspruchs des Grundstückseigentümers auf Zurückschneiden herüberragender Äste


V ZB 130/09 (Bundesgerichtshof)

Pflicht des Zustandsstörers zur Beseitigung einer Störung: Rückschnitt einer Hecke auf dem Grundstück des vermietenden …


V ZB 130/09 (Bundesgerichtshof)


V ZR 218/18 (Bundesgerichtshof)

Anspruch auf Beseitigung eines Baums auf Nachbargrundstück wegen Immissionen


V ZR 98/03 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.