Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.06.2018, Az. III ZR 187/17

3. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 7360

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Entschädigung wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens: Auslegung der Übergangsvorschrift für bereits abgeschlossene Verfahren in so genannten "Rüge-Mischfällen"


Leitsatz

Zur Auslegung der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 Halbsatz 2 ÜGRG in so genannten "Rüge-Mischfällen", wenn der Entschädigungskläger bei einem Altfall neben der Rüge überlanger Verfahrensdauer davon unabhängige weitere Grundrechtsverstöße (hier: Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend macht (Bestätigung und Fortführung des Senatsurteils vom 11. Juli 2013, III ZR 361/12, NJW 2014, 218).

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 9. Mai 2017 wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt das beklagte Land auf Entschädigung für immaterielle Nachteile wegen überlanger Dauer eines Sorgerechtsverfahrens in Anspruch.

2

Der Kläger und seine von ihm getrennt lebende Ehefrau stritten in der [X.] von November 2003 bis September 2009 vor dem Familiengericht und dem [X.] um das Sorgerecht für ihre im Jahr 2002 geborene, seit der Trennung Ende 2003 bei der Kindesmutter lebende gemeinsame Tochter. Die Ehe wurde am 7. Juni 2006 rechtskräftig geschieden.

3

Die Kindesmutter begehrte mit Antrag vom 25. November 2003 die Übertragung der alleinigen Sorge mit der Begründung, der Kläger habe die Tochter sexuell missbraucht. Das Familiengericht gab dem Antrag mit Beschluss vom 11. Juni 2006 statt, wobei der Missbrauchsvorwurf ungeklärt blieb.

4

Auf die im Juli 2006 eingelegte Beschwerde des [X.] führte das [X.] am 23. Januar 2007 einen Anhörungstermin durch und gab in der Folgezeit ein Sachverständigengutachten zur Klärung der Erziehungsfähigkeit der Kindeseltern in Auftrag.

5

Im März 2008 verurteilte das Amtsgericht die Kindesmutter, nachdem sie gestanden hatte, die Missbrauchsvorwürfe gegen den Kläger nur erfunden zu haben, wegen falscher Verdächtigung zu einer Geldstrafe.

6

Im Oktober 2008 wurde das vom [X.] beauftragte Gutachten vorgelegt. Mit Beschluss vom 24. September 2009 wies das Gericht die Beschwerde des [X.] zurück, ohne die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Die Gehörsrüge des [X.] wurde mit Beschluss vom 28. Oktober 2009 zurückgewiesen. Daraufhin erhob der Kläger Verfassungsbeschwerde zum [X.], welches mit Beschluss vom 2. November 2010 diese nicht zur Entscheidung annahm. Die Entscheidung ging den Verfahrensbevollmächtigten des [X.] am 8. November 2010 zu.

7

Am 6. Mai 2011 legte der Kläger Individualbeschwerde zum [X.] ([X.]) ein und rügte unter anderem die überlange Dauer des Sorgerechtsverfahrens.

8

Die vorliegende Entschädigungsklage, die dem Beklagten am 1. August 2012 zugestellt wurde, hat der Kläger am 23. Mai 2012 beim [X.] eingereicht.

9

Er hat geltend gemacht, dass das Sorgerechtsverfahren um vier Jahre verzögert sei. Durch unsachgemäße richterliche Verfahrensgestaltung und weitere unangemessene Verzögerungen seitens der Gerichte habe er einen immateriellen Nachteil erlitten. Angesichts der Eilbedürftigkeit eines Sorgerechtsstreits und der schon langen Verfahrensdauer seien die Bemühungen der Gerichte zur Aufklärung des [X.] und zur Verfahrensbeschleunigung nicht ausreichend gewesen. Die lange Verfahrensdauer sei mitursächlich für die schließlich getroffene Sorgerechtsentscheidung.

Das [X.] hat die auf Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer sowie Zahlung einer angemessenen Entschädigung gerichtete Klage mit Urteil vom 26. April 2013 abgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde des [X.] hat der Verfassungsgerichtshof des [X.] das Urteil mit Beschluss vom 16. Januar 2015 aufgehoben (veröffentlicht in BeckRS 2015, 42938). Mit Urteil vom 19. Mai 2015 hat das [X.] die Klage erneut abgewiesen. Die dagegen gerichtete abermalige Verfassungsbeschwerde des [X.] zum [X.] hat mit der Rüge einer Verletzung des Justizgewährungsanspruchs Erfolg gehabt und zur Aufhebung des klageabweisenden Urteils durch Beschluss vom 9. November 2016 geführt (veröffentlicht in BeckRS 2016, 54454). Das [X.] hat den Beklagten daraufhin nach Zurückverweisung der Sache zur Zahlung von 1.200 € verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Mit seiner vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen erstinstanzlichen [X.] weiter, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und erstrebt einen Entschädigungsbetrag von insgesamt mindestens 6.000 €.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision hat in der Sache keinen Erfolg.

I.

Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Hinsichtlich des sorgerechtlichen Verfahrens sei die Klage teilweise begründet. Dem Kläger stehe unter Berücksichtigung einer unangemessenen Verfahrensverzögerung von zwölf Monaten eine Entschädigung in Höhe von 1.200 € gemäß § 198 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 und 3 [X.] zu. Nach dem vom [X.] bejahten erhöhten Beschleunigungsmaßstab in [X.], deren Verfahrensdauer bereits erheblich sei, sei es im Beschwerdeverfahren in vier Abschnitten zu insgesamt zwölf Monaten unangemessener Verfahrensverzögerung gekommen (verspäteter Anhörungstermin am 23. Januar 2007, verzögerte Aktenübersendung an die Gutachterin im Februar 2008 und verzögerte Gutachtenerstellung im Oktober 2008, unangemessen langer Zeitraum von der Vorlage des Gutachtens bis zum Erlass des Beschlusses vom 24. September 2009). Für diesen Zeitraum sei eine Entschädigung für den erlittenen immateriellen Nachteil in Höhe von 1.200 € gemäß § 198 Abs. 2 Satz 3 [X.] anzusetzen.

Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Das erstinstanzliche Sorgerechtsverfahren weise keine unangemessene Verfahrensverzögerung auf. Dies gelte auch, soweit das Familiengericht im Dezember 2003 einen [X.] beauftragt habe, da diese Verfahrensweise aus der maßgeblichen [X.] des zuständigen Richters der Aufklärung des Sachverhalts gedient habe. Es sei auch nicht unbillig, den vom Kläger erlittenen immateriellen Nachteil nicht gemäß § 198 Abs. 2 Satz 4 [X.] höher als mit dem Regelsatz festzusetzen. Der [X.] könne insbesondere nicht feststellen, dass die im Beschwerdeverfahren eingetretene Verzögerung für die Sorgerechtsentscheidung entscheidungserhebliche Fakten geschaffen habe.

II.

Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand.

Der Kläger kann keine (weitere) Entschädigung wegen der Dauer des [X.] verlangen. Nach der Übergangsvorschrift des Art. 23 Satz 1 Halbsatz 2 des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ([X.]) vom 24. November 2011 ([X.]) gelten die verfahrensrechtlichen und materiell-rechtlichen Regelungen der §§ 198 bis 201 [X.] für bereits abgeschlossene Verfahren ("Altfälle") nur dann, wenn deren Dauer bei Inkrafttreten des Gesetzes Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim [X.] ([X.]) ist oder noch werden kann. Die bloße (formale) Erhebung einer Beschwerde vor Inkrafttreten der Entschädigungsregelung reicht nicht aus. Vielmehr muss sie innerhalb der Frist des Art. 35 Abs. 1 [X.] eingelegt worden sein ([X.]surteil vom 11. Juli 2013 - [X.], NJW 2014, 218 Rn. 14). Daran fehlt es hier.

1. Das vom Kläger als unangemessen lang angesehene Sorgerechtsverfahren wurde durch die Beschlüsse des [X.]s vom 24. September 2009 und 28. Oktober 2009, mit denen die Beschwerde und die Anhörungsrüge des [X.] zurückgewiesen wurden, beendet und war damit bei Inkrafttreten des [X.] am 3. Dezember 2011 (gemäß Art. 24 [X.]) bereits abgeschlossen.

2. Zur Begründetheit eines Entschädigungsanspruchs nach § 198 [X.] in Verbindung mit Art. 23 Satz 1 [X.] gehört, dass die [X.] des Art. 35 Abs. 1 [X.] gewahrt ist ([X.]surteil vom 11. Juli 2013 aaO).

Auch wenn der Wortlaut der Übergangsbestimmung des Art. 23 [X.] eine solche Einschränkung nicht enthält, folgt sie klar aus dem Sinn und Zweck dieser Regelung und dem zugrunde liegenden gesetzgeberischen Willen. Der Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, dass nur bei solchen abgeschlossenen überlangen Verfahren eine Entschädigung nach Maßgabe der §§ 198 ff [X.] in Betracht kommen soll, bei denen - bezogen auf den Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes - eine nach Art. 35 Abs. 1 [X.] zulässige Beschwerde beim [X.] bereits erhoben wurde oder noch erhoben werden kann. Denn mit der Übergangsregelung sollen weitere Verurteilungen der [X.] verhindert und der Gerichtshof entlastet werden (BT-Drucks. 17/3802, [X.] zu Art. 22 des Gesetzentwurfs der Bundesregierung = Art. 23 [X.]). Mit dieser Zielsetzung wäre es unvereinbar, wenn es möglich wäre, allein durch die Einlegung einer verfristeten Individualbeschwerde den Weg für eine innerstaatliche Entschädigung wegen unangemessener Dauer bei längst abgeschlossenen Verfahren zu eröffnen ([X.]surteil vom 11. Juli 2013 aaO Rn. 15). Dementsprechend wird im Gesetzentwurf der Bundesregierung darauf hingewiesen, dass der Abschluss des Ausgangsverfahrens nicht länger als sechs Monate zurückliegen dürfe, da die Beschwerdefrist des Art. 35 Abs. 1 [X.] sechs Monate betrage (BT-Drucks. 17/3802 aaO). Es sollen mithin diejenigen Altverfahren aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfallen, bei denen eine Verurteilung der [X.] auch nach der vor Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Rechtslage durch den [X.] ausgeschlossen war, weil die Frist des Art. 35 Abs. 1 [X.] nicht eingehalten war ([X.]surteil vom 11. Juli 2013 aaO).

3. Nach Art. 35 Abs. 1 [X.] kann sich der [X.] mit einer Beschwerde erst nach Erschöpfung aller innerstaatlichen Rechtsbehelfe und nur innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der endgültigen innerstaatlichen Entscheidung befassen.

Die Frist beginnt mit Zustellung der oder Kenntnisnahmemöglichkeit von der die Rechtswegerschöpfung begründenden letztinstanzlichen Entscheidung ([X.], NVwZ 1999, 1325 Rn. 30). Auch außerordentliche oder verfassungsrechtliche Rechtsbehelfe hat der Beschwerdeführer grundsätzlich einzulegen; allerdings muss er nur die Rechtsbehelfe ausschöpfen, die sich auf die gerügten Rechtsverstöße beziehen und zugleich verfügbar, angemessen und wirksam sind ([X.]surteil vom 11. Juli 2013 aaO Rn. 11; s. auch [X.], NVwZ 2013, 47 Rn. 35). Nach der Rechtsprechung des [X.] (grundlegend Urteile vom 8. Juni 2006, Beschwerde Nr. 75529/01, [X.], 2389 [X.]/[X.], Rn. 105 ff und vom 11. Januar 2007, Beschwerde Nr. 20027/02, [X.], [X.]/[X.], Rn. 63 ff) genügt die Verfassungsbeschwerde nicht den Anforderungen von Art. 13 [X.] an einen effektiven (wirksamen) Rechtsbehelf, wenn die überlange Dauer eines zivilrechtlichen Verfahrens geltend gemacht wird. Denn im Wege der Verfassungsbeschwerde kann weder das Verfahren beschleunigt noch angemessene Wiedergutmachung erlangt werden. Ein Beschwerdeführer, der die überlange Dauer eines Gerichtsverfahrens rügen möchte, ist demnach nicht verpflichtet, vor Anrufung des [X.] dieserhalb eine Verfassungsbeschwerde beim [X.] einzulegen ([X.]surteil vom 13. März 2014 - [X.], NJW 2014, 1816 Rn. 20; [X.]sbeschluss vom 18. Dezember 2013 - [X.], juris; s. auch [X.], [X.], 2389 Rn. 108 und [X.], 289 Rn. 68).

Weil dem Kläger nach Beendigung des Sorgerechtsverfahrens dementsprechend kein tauglicher (nationaler) Rechtsbehelf gegen die Dauer des Verfahrens zur Verfügung stand, ist für die Berechnung der Frist des Art. 35 Abs. 1 [X.] allein auf den Abschluss des instanzgerichtlichen Verfahrens bereits im Jahr 2009 abzustellen. Die vom Kläger am 6. Mai 2011 eingelegte und auf die Dauer des Sorgerechtsverfahrens gerichtete Individualbeschwerde war somit offensichtlich verfristet und hatte auch nach der Rechtslage vor Inkrafttreten des neuen Entschädigungsrechts keine Aussicht auf Erfolg. Auf die Bekanntgabe des Beschlusses des [X.]s vom 2. November 2010, durch den die Verfassungsbeschwerde des [X.] nicht zur Entscheidung angenommen wurde, kommt es - wie dargelegt - nicht an.

4. An diesem Ergebnis ändert sich auch dann nichts, wenn der [X.] bei einem Altfall (Art. 23 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]) neben der Rüge überlanger Verfahrensdauer davon unabhängige (weitere) [X.] (hier: Art. 6 Abs. 2 Satz 1, Art. 103 Abs. 1 GG) geltend macht. Da hinsichtlich letzterer die Verfassungsbeschwerde einen wirksamen Rechtsbehelf darstellt, kommt es zu einer getrennten konventionsrechtlichen Behandlung der [X.]. Für diese Verfahrensweise sprechen zudem die Rechtsklarheit und insbesondere auch die Gleichbehandlung der Beschwerdeführer im Hinblick auf die [X.]. Dies bedeutet, dass die Beschwerde bezüglich der Verfahrenslänge innerhalb der [X.] des Art. 35 Abs. 1 [X.] nach Abschluss des instanzgerichtlichen Verfahrens einzureichen ist, während der [X.] wegen der sonstigen [X.] erst nach Abschluss des Verfahrens vor dem [X.] angerufen werden kann ([X.]sbeschluss vom 18. Dezember 2013 - [X.], juris unter Hinweis auf [X.], Urteil vom 20. Januar 2011, [X.]. 21980/06, 26944/07, 36948/08, juris Rn. 73-77; s. auch [X.], NJW 2013, 2207, 2208; [X.] in [X.]/[X.], [X.], Art. 35 Rn. 57). Soweit die Auffassung vertreten wird, dass in "[X.]" die Verfassungsbeschwerde ausnahmsweise dann in die Berechnung der Frist nach Art. 35 Abs. 1 [X.] einzubeziehen sei, wenn zuvor der Instanzenzug voll ausgeschöpft worden sei (z.B. [X.] in den vom [X.] aufgehobenen Urteilen vom 26. April 2013 und 19. Mai 2015 in der vorliegenden Sache sowie in [X.], 1503 Rn. 9) folgt dem der [X.] aus den vorgenannten Gründen nicht.

5. Die Notwendigkeit der Einhaltung der [X.] entfällt auch nicht mit Blick auf Art. 23 Satz 6 [X.]. Danach muss die Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 [X.] spätestens am 3. Juni 2012 erhoben werden. Bei dieser Vorschrift handelt es sich nicht um eine gegenüber Art. 23 Satz 1 [X.] vorrangige Spezialregelung. Der im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens hinzugefügte Satz 6 enthält nur eine Ergänzung für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei Inkrafttreten des Gesetzes Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim [X.] ist oder noch werden kann (BT-Drucks. 17/7217, [X.]). Der Sinn und Zweck der nachträglich angeordneten Klagefrist besteht darin, sicherzustellen, dass bei abgeschlossenen Verfahren, die nach Art. 23 Satz 1 [X.] dem Anwendungsbereich des Gesetzes unterfallen, für Betroffene ebenso wie im Fall des § 198 Abs. 5 Satz 2 [X.] eine einheitliche Überlegungsfrist von sechs Monaten gilt, in der sie über die Erhebung einer Entschädigungsklage entscheiden können (BT-Drucks. 17/7217, [X.] f). Keineswegs sollten damit die Voraussetzungen für die Erhebung einer Beschwerde vor dem [X.] - insbesondere die Wahrung der [X.] des Art. 35 Abs. 1 [X.] - als entbehrlich angesehen werden ([X.]surteil vom 11. Juli 2013 - [X.], NJW 2014, 218 Rn. 16; [X.]sbeschluss vom 27. Februar 2014 - [X.], BeckRS 2014, 05766 Rn. 2).

6. Die vom [X.] vorgenommene Auslegung des Art. 23 [X.] wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass der [X.] dem Kläger mit Schreiben vom 19. Juli 2012 mitgeteilt hat, seine Beschwerde sei wegen Nichterschöpfung des (neuen) innerstaatlichen Rechtsbehelfs (§§ 198 ff [X.]) für unzulässig erklärt worden, und er könne, sobald der innerstaatliche Rechtsweg erschöpft sei, eine neue Beschwerde beim Gerichtshof einlegen. Für die Auslegung des Art. 23 [X.] lässt sich daraus nichts herleiten. Es handelt sich um ein standardisiertes Schreiben, das keinen Rückschluss darauf zulässt, dass der [X.] die Anspruchsvoraussetzungen der neuen Entschädigungsregelung und insbesondere die Frage, wie Art. 23 [X.] zu verstehen ist, einer eingehenden Prüfung unterzogen hat ([X.]surteil vom 11. Juli 2013 aaO Rn. 10 f). Dies gilt erst recht für das Informationsschreiben des [X.] vom 6. Januar 2012, in dem der Kläger auf die Übergangsvorschrift des Art. 23 [X.] aufmerksam gemacht wurde, ohne dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit deren Voraussetzungen stattfand.

7. Nach alledem vermag der [X.] die in der mündlichen Verhandlung erstmals vorgetragene Auffassung der Revision nicht zu teilen, der Kläger werde bei Versagung einer (weiteren) Entschädigung unter Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG zum "Objekt des Verfahrens" gemacht. Ebenso wenig besteht Anlass, im Hinblick auf die (informellen) Schreiben des [X.] vom 6. Januar 2012 und 19. Juli 2012 einen Restitutionsgrund nach § 580 Nr. 8 ZPO anzunehmen.

III.

Weitere Anspruchsgrundlagen für die geltend gemachte Entschädigung sind nicht ersichtlich. Ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG kann im vorliegenden Verfahren schon deshalb nicht geltend gemacht werden, weil es sich um einen anderen Streitgegenstand handeln würde, für den erstinstanzlich das [X.] ausschließlich zuständig wäre (§ 71 Abs. 2 Nr. 2 [X.]; [X.]sbeschluss vom 27. Februar 2014 aaO Rn. 4 mwN).

[X.]     

      

[X.]     

      

Reiter

      

Arend     

      

Böttcher     

      

Meta

III ZR 187/17

21.06.2018

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 9. Mai 2017, Az: 7 SchH 3/12 EntV

Art 23 S 1 Halbs 2 ÜberlVfRSchG, § 198 GVG, §§ 198ff GVG, Art 35 Abs 1 MRK, Art 6 Abs 2 S 1 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.06.2018, Az. III ZR 187/17 (REWIS RS 2018, 7360)

Papier­fundstellen: MDR 2018, 1267-1268 REWIS RS 2018, 7360

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 187/17 (Bundesgerichtshof)


III ZR 361/12 (Bundesgerichtshof)

Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Übergangsfällen: Wahrung der Sechsmonatsfrist für die Erhebung einer Individualbeschwerde beim …


III ZR 91/13 (Bundesgerichtshof)

Entschädigungsanspruch wegen überlanger Verfahrensdauer: Begriff des Gerichtsverfahrens; Einzelfallprüfung hinsichtlich einer Erhöhung der Entschädigungspauschale in einer …


III ZR 17/19 (Bundesgerichtshof)

Entschädigungsanspruch wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens: Fehlender Sanktionscharakter des Anspruchs; Zulässigkeit der Aufrechnung gegen den …


III ZR 91/13 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.