Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.03.2019, Az. VIII ZR 88/18

8. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 9148

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Gegenstand

Bereicherungsausgleich im Mehrpersonenverhältnis: Weiterveräußerung einer unter verlängertem Eigentumsvorbehalt verkauften Photovoltaikanlage durch den Eigentumsvorbehaltskäufer bei Abtretung der Kaufpreisforderung an seine kreditgebende Bank und Kaufpreiszahlung des Zweiterwerbers auf ein bankeigenes Konto


Leitsatz

Wird eine unter verlängertem Eigentumsvorbehalt verkaufte Photovoltaikanlage vom Eigentumsvorbehaltskäufer weiterveräußert und die hieraus diesem zustehende Kaufpreisforderung (ein zweites Mal) an seine kreditgebende Bank abgetreten, liegt in der Kaufpreiszahlung des Zweiterwerbers bei objektiver Betrachtungsweise aus der Sicht des Zuwendungsempfängers eine Leistung an die Bank, wenn diese die Bewilligung eines für die Durchführung des Kaufvertrags erforderlichen Rangrücktritts mit einem ihr zustehenden Grundpfandrecht von der Zahlung auf ein bankeigenes Konto (CpD) abhängig macht.

In einem solchen Fall kann sich die Bank nicht darauf berufen, bloße Zahlstelle gewesen zu sein.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 2. Zivilsenats des [X.] vom 13. März 2018 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] - Zivilkammer 13 - vom 27. September 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren einschließ-lich der Kosten der Streithelfer des [X.] zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Insolvenzschuldnerin). Diese stand mit der "[X.]" in Geschäftsbeziehungen. Die Beklagte ist die Hausbank der hierzu gehörenden Unternehmen. Im Oktober 2010 verkaufte die Insolvenzschuldnerin der [X.] eine [X.] zu einem Kaufpreis von 442.544 € netto. Dem Kauf lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin zu Grunde, welche einen verlängerten Eigentumsvorbehalt in Form der Vorausabtretung von Forderungen aus einem Weiterverkauf sowie ein Aufrechnungsverbot, mit Ausnahme unbestrittener oder rechtskräftig festgestellter Gegenforderungen, enthielten. Die Anlage wurde auf dem Dach einer Lagerhalle, welche sich auf einem Grundstück der [X.]  Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbH befindet, installiert. Der Kaufpreis wurde nicht gezahlt. Ein gegen die [X.] geführtes Klageverfahren wurde im Jahr 2013 aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über deren Vermögen unterbrochen.

2

Die [X.] hatte die Anlage zuvor mit notariellem Vertrag vom 22. Juli 2011 zum Preis von 550.000 € netto an [X.]verkauft. In dem Vertrag ist unter anderem Folgendes festgehalten:

"Der Kaufpreis ist auf ausdrücklichen Wunsch der Kaufvertragsparteien in voller Höhe auf ein von dem amtierenden Notar noch zu benennendes [X.] einzuzahlen. Die Parteien begründeten dies Erfordernis damit, dass in [X.] des Wohnungs- und Teileigentumsgrundbuches mehrere Grundpfandrechte eingetragen sind und vorrangig vor diesen Rechten eine Dienstbarkeit zu Gunsten des Käufers für die Errichtung, Unterhaltung und den Betrieb der Solarstromanlage (…) einzutragen ist. Der Notar soll daher entsprechende Löschungsbewilligungen bzw. [X.] bezüglich sämtlicher in [X.] eingetragener Rechte einholen. Der Kaufpreis darf daher nicht an die Verkäuferin zur Auszahlung gelangen, bevor die erste Rangstelle der einzutragenden Dienstbarkeit in [X.] und [X.] des Grundbuches sichergestellt ist. (…) Soweit der Kaufpreis nicht für die Ablösung oder Lastenfreistellung der in [X.] eingetragenen Grundpfandrechte benötigt wird, ist er auf das Konto der Verkäuferin bei der [X.]     [Beklagte] (…) zu überweisen. Liegen die vorstehend beschriebenen Auszahlungsvoraussetzungen (…) bis 31.08.2011 nicht vor, hat der Notar etwaige bis dahin hinterlegte Beträge (…) an die jeweiligen Einzahler (…) zurückzuzahlen."

3

Die [X.] trat ihren Kaufpreisanspruch zunächst bis zur Höhe von 100.000 € an die [X.] und am 29. Juli 2011 im restlichen Umfang von 450.000 € zur Sicherung von [X.] an die Beklagte ab. Gleichzeitig schloss die Beklagte einen Kreditrahmenvertrag mit den zur "[X.]   -Gruppe" gehörenden Unternehmen über einen Betrag in Höhe von 225.000 €.

4

Die Beklagte führte in einem an den Notar gerichteten Schreiben vom 2. September 2011 unter anderem aus:

"wir (…) übersenden Ihnen als Anlage zu treuen Händen die nachstehend aufgeführten Unterlagen zu dem o.a. Grundbuch:

Vorrangseinräumung UR

Grundschuldbrief-Nr. (…) über 1.100.000,00 [X.] [X.]/Nr. 2

Über diese Unterlagen dürfen Sie nur verfügen, wenn sichergestellt ist, dass ein Teilbetrag des vereinbarten Kaufpreises in Höhe von 450.000,00 [X.] auf dem Konto (…) bei uns der [X.]    [Beklagte] (…) gutgeschrieben wird.

Die Überweisung auf das interne Konto dient lediglich Kontrollzwecken. Nach Eingang des Betrages wird eine entsprechende Umbuchung zugunsten des Kundenkontos vorgenommen. (…)"

5

Mit dem Notar schloss die Beklagte insoweit eine Treuhandvereinbarung. Entsprechend wurde der von [X.]  auf das [X.] gezahlte Kaufpreis in Höhe der vorgenannten 450.000 € auf ein internes Konto (sogenanntes CpD-Konto) der Beklagten überwiesen, was diese mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 der [X.] mitteilte. Gleichzeitig erklärte sie die "Abtretung" in Höhe von 225.000 € an die [X.]   Bautechnik GmbH und in Höhe von weiteren 225.000 € an die [X.]   Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbH.

6

Das [X.] hat der auf Zahlung von 550.000 € nebst Zinsen gerichteten Klage, unter Abweisung im Übrigen, in Höhe von 450.000 € nebst Zinsen stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage insgesamt abgewiesen.

7

Mit der vom Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat Erfolg.

I.

9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Anspruch aus § 816 Abs. 2 BGB nicht zu. Mangels Leistung an die Beklagte sei die Norm nicht direkt an[X.]dbar. Bei der Zahlung des [X.]in Höhe von 450.000 € unter Vermittlung des Notars auf das interne Konto der [X.] handele es sich zwar um eine Leistung. Empfänger dieser Leistung sei jedoch die [X.]; die Beklagte habe lediglich als Zahlstelle fungiert. Die Abtretung der Kaufpreisforderung an diese ändere hieran nichts, solange sie dem Schuldner - wie hier dem Käufer [X.]- nicht bekannt sei. Die Zahlung habe ausschließlich der Erfüllung der Kaufpreisforderung gedient. Dies gelte auch in Ansehung des besonderen Umstandes, dass die Überweisung nicht direkt auf ein Konto der [X.] bei der [X.], sondern - infolge deren Betreibens - auf ein von ihr geführtes internes Kontrollkonto erfolgt sei. Zum einen sei die Sicht der Bank insoweit grundsätzlich unbeachtlich. Zum anderen habe die Beklagte sogar deutlich gemacht, die Kaufpreiszahlung als eine Leistung an die [X.] verstanden zu haben. In ihrem Schreiben vom 2. September 2011 habe sie ausgeführt, die Überweisung auf ihr internes Konto diene lediglich Kontrollzwecken.

Eine analoge An[X.]dung von § 816 Abs. 2 BGB scheide aus. Zwar lasse der äußere Sachverhalt kaum Raum für Zweifel daran, dass die Beklagte ihre [X.] für die Wahrnehmung eigener Interessen ausgenutzt habe. Sie habe sicherstellen wollen, dass der Erlös aus dem Kaufvertrag zur Tilgung der [X.] der [X.] beziehungsweise der [X.] ihr gegenüber ver[X.]det werde. Jedoch rechtfertige ihre bloße Besserstellung nicht die analoge An[X.]dung von § 816 Abs. 2 BGB. Eine gegen [X.] und Glauben verstoßende Berufung auf die [X.] verlange zusätzlich ein subjektives Moment. Not[X.]dig sei, dass die Bank ihre [X.] bewusst dazu ausnutze, Ansprüche anderer Gläubiger zu ihren Gunsten zu unterlaufen. Dies setze die positive Kenntnis oder grob fahrlässige [X.] der fremden [X.] voraus. Hieran fehle es vorliegend.

II.

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Zahlung von 450.000 € aus § 816 Abs. 2 BGB zu. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist mit der Zahlung dieses Betrages eine Leistung an die Beklagte und nicht an die [X.] bewirkt worden.

1. Nach § 816 Abs. 2 BGB ist ein Nichtberechtigter, an den eine Leistung bewirkt wird, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist, diesem zur Herausgabe des Geleisteten verpflichtet.

a) Unter einer Leistung ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Dabei ist Leistung im Rechtssinne gemeint; nicht entscheidend ist, wer an [X.] in tatsächlicher Hinsicht "geleistet" hat (vgl. [X.], Urteil vom 29. Mai 1967 - [X.], [X.]Z 48, 70, 73). Für die Beurteilung, wer [X.] und wer Empfänger einer Leistung ist, kommt es in erster Linie auf die der Zu[X.]dung gegebene Zweckbestimmung an. Maßgeblich ist grundsätzlich der Zweck, den die Beteiligten im Zeitpunkt der Zu[X.]dung mit dieser nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben.

Stimmen die Vorstellungen der Beteiligten nicht überein, ist hingegen eine objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zu[X.]dungsempfängers ([X.]) geboten. Entscheidend ist dann, wie eine vernünftige Person in der Lage des Empfängers die Zu[X.]dung nach [X.] und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste und durfte (vgl. zum Vorstehenden [X.], Urteile vom 26. September 1985 - [X.], NJW 1986, 251 unter [X.]; vom 2. November 1988 - [X.], [X.]Z 105, 365, 369; vom 10. März 1993 - [X.], [X.]Z 122, 46, 50 f.; vom 23. Oktober 2003 - [X.], NJW 2004, 1169 unter [X.]; vom 14. Januar 2016 - [X.], [X.], 3027 Rn. 34; vom 31. Januar 2018 - [X.], NJW 2018, 1079 Rn. 17 f.).

Diese Grundsätze gelten auch für den [X.] in [X.] (vgl. [X.], Urteile vom 19. Januar 1984 - [X.], [X.]Z 89, 376, 378 f.; vom 2. November 1988 - [X.], aaO; vom 23. Oktober 2003 - [X.], aaO; vom 14. Januar 2016 - [X.], aaO; vom 31. Januar 2018 - [X.], aaO). Daher vollzieht sich die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung regelmäßig zwischen den Parteien der jeweiligen fehlerhaften Leistungsverhältnisse. Ein Käufer, der den Kaufpreis auf ein ihm vom Verkäufer mitgeteiltes Bankkonto zahlt, leistet damit an den Verkäufer. Die Bank fungiert insoweit lediglich als Zahlstelle und ist in den [X.] in der Regel nicht eingebunden (vgl. [X.], Urteile vom 20. Juni 1977 - [X.], [X.]Z 69, 186, 189; vom 6. Dezember 1994 - [X.], [X.]Z 128, 135, 137; vom 31. Januar 2018 - [X.], aaO Rn. 30). Entsprechend erfolgt auch in [X.] eine Kondiktion zwischen dem Schuldner und dem Zedenten als seinem Vertragspartner und damit nicht im Verhältnis des Leistenden zur Bank als Zessionarin (vgl. [X.], Urteile vom 2. November 1988 - [X.], aaO S. 370; vom 10. März 1993 - [X.], aaO S. 50).

Die Bank ist jedoch grundsätzlich dann Leistungsempfängerin, [X.]n die an sie erfolgte Zession offen gelegt wird (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 18. Dezember 1969 - [X.], [X.]Z 53, 139, 141; vom 26. Januar 2006 - [X.], [X.], 1731 Rn. 18). Ebenso ist sie im Ergebnis zur Herausgabe des [X.] entsprechend § 816 Abs. 2 BGB verpflichtet, [X.]n sie sich nicht auf ihre Rolle als bloße Zahlstelle beschränkt (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 1978 - [X.], [X.]Z 72, 316, 321 f. - für den Fall einer sittenwidrigen Globalzession).

aa) In An[X.]dung der vorstehend genannten Grundsätze ist die Zahlung der 450.000 € als eine Leistung an die Beklagte anzusehen. Dies ergibt sich aus einer objektiven Betrachtungsweise aus der Sicht des Zu[X.]dungsempfängers ([X.]) die maßgeblich ist, da Anhaltspunkte für eine übereinstimmende Zweckbestimmung der Leistung nicht vorliegen.

bb) Nach dem Inhalt des zwischen der [X.] und [X.]   geschlossenen Kaufvertrages konnte zwar auf die Möglichkeit geschlossen werden, dass der Kaufpreis in Gänze oder teilweise an Grundpfandrechtsgläubiger - und damit auch an die Beklagte - weitergeleitet wird. Jedoch sollte die durch [X.] zu leistende Zahlung im Ergebnis auf ein Konto der [X.] gelangen. Es ist weder festgestellt noch ersichtlich, dass [X.]um die Einbeziehung der [X.] in die Abwicklung des Kaufvertrags wusste, so dass es an der für eine übereinstimmende Zweckbestimmung erforderlichen Willensübereinstimmung fehlt.

cc) Es kommt deshalb, was das Berufungsgericht verkannt hat, maßgeblich auf die objektive Betrachtungsweise aus der Sicht des Zu[X.]dungsempfängers - hier der [X.] - an.

Von diesem Standpunkt aus lassen die vom Berufungsgericht nicht hinreichend in den Blick genommenen Umstände der Zahlung nur den Schluss zu, dass die Beklagte Leistungsempfängerin und nicht etwa bloße Zahlstelle war.

Die Photovoltaikanlage, die den Gegenstand des zwischen der [X.] und [X.] abgeschlossenen Kaufvertrags bildete, war auf dem Dach einer Halle montiert, die sich auf einem Grundstück der [X.]Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbH befand. Dieses Grundstück war unter anderem mit einer Grundschuld zugunsten der [X.] belastet. Die Durchführung des Kaufvertrages hing davon ab, dass der für den Käufer vorgesehenen Grunddienstbarkeit der Rang vor der Grundschuld der [X.] eingeräumt wurde.

In ihrem [X.]handauftrag an den mit dem Vollzug des Kaufvertrags beauftragten Notar hat die Beklagte den Rangrücktritt von der Zahlung des Betrages von 450.000 € abhängig gemacht, wobei die Zahlung auf ein nur ihrer Kontrolle unterliegendes eigenes Konto ("[X.]") erfolgen sollte und dann so auch tatsächlich erfolgte. Auf diese Weise hat die Beklagte den von den Kaufvertragsparteien festgelegten Zahlungsweg auf ein ihrer Verfügungsgewalt unterliegendes Konto "umlenken" können, ohne dass es hierzu einer Offenlegung der Abtretung bedurft hätte.

Damit war die Zahlung des Käufers [X.]aus Sicht der [X.] ihr gegenüber zweckbestimmt (vgl. zum Fall des vereinbarten [X.] Erwerbs eines Grundstücks [X.], Urteil vom 10. Februar 2005 - [X.], [X.]Z 162, 157, 160 f.; [X.]/[X.], 7. Aufl., § 812 Rn. 173). Dementsprechend hat die Beklagte aus objektiver Empfängersicht den Kaufpreis in Höhe des bei ihr eingegangenen Betrages vereinnahmt, denn sie musste die Zahlung als Leistung an sich selbst - nämlich entsprechend der im [X.]handauftrag gestellten Bedingung - ansehen. Dass die Beklagte selbst Leistungsempfängerin und nicht etwa nur Zahlstelle für eine Leistung an die [X.] gewesen ist, wird zudem dadurch bestätigt, dass sie den Betrag nach Erhalt nicht - wie noch im [X.]handauftrag angekündigt - an die [X.] weitergeleitet, sondern ihn mit Kreditverbindlichkeiten verrechnet hat, die die [X.] Bautechnik GmbH sowie die [X.]Vermögens- und Beteiligungsgesellschaft mbH ihr gegenüber hatten.

b) Die Beklagte hat die Leistung auch als Nichtberechtigte im Sinne des § 816 Abs. 2 BGB erhalten. Denn sie war nicht Inhaberin der Kaufpreisforderung in Höhe des erhaltenen Betrages. Die insofern an sie erfolgte Sicherungsabtretung vom 29. Juli 2011 durch die [X.] ging ins Leere, weil die Forderung zuvor bereits wirksam an die spätere Insolvenzschuldnerin im Rahmen des verlängerten Eigentumsvorbehalts abgetreten war.

aa) Zwischen der Insolvenzschuldnerin und der [X.] war ein verlängerter Eigentumsvorbehalt an der gelieferten Ware (der Photovoltaikanlage) vereinbart, mithin eine Vorausabtretung der Forderung der [X.] aus dem Weiterverkauf. Die Kaufpreisforderung der [X.] GmbH aus dem Weiterverkauf der Photovoltaikanlage an [X.] war auf diese Weise (im Voraus) wirksam an die Insolvenzschuldnerin abgetreten.

bb) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kommt es insoweit nicht darauf an, ob und gegebenenfalls zu welchem Zeitpunkt die Insolvenzschuldnerin ihr (Vorbehalts-)Eigentum an der Photovoltaikanlage infolge der Verbindung mit dem Grundstück als wesentlicher Bestandteil (§§ 946, 94 BGB) oder durch Verarbeitung (§ 950 Abs. 1, 2 BGB) verloren hat. Denn die Wirksamkeit der Vorausabtretung der Kaufpreisforderung aus dem Weiterverkauf der Anlage im Rahmen eines verlängerten Eigentumsvorbehalts setzt nicht voraus, dass der Lieferant im Zeitpunkt der Weiterveräußerung noch Eigentümer der gelieferten Ware ist (vgl. [X.], Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübertragung, 1976, Band IV, § 43 I 1 b, [X.]). Der Fortbestand des [X.] der Insolvenzschuldnerin an der Photovoltaikanlage wäre nur für die Frage einer Verwertung der Anlage von Bedeutung, um die es hier nicht geht.

cc) Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ist die Kaufpreisforderung der Insolvenzschuldnerin nicht durch Aufrechnung seitens der [X.] erloschen (§ 389 BGB).

Dem steht schon das in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Insolvenzschuldnerin enthaltene Aufrechnungsverbot entgegen, wonach nur mit rechtskräftig festgestellten oder unstreitigen Gegenforderungen aufgerechnet werden kann. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

Im Übrigen hat bereits das Gericht im Klageverfahren der Insolvenzschuldnerin gegen die [X.] darauf hingewiesen (§ 139 ZPO), dass die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen nicht hinreichend substantiiert seien. Weiterer Vortrag ist infolge der Insolvenzeröffnung weder in jenem Prozess noch im vorliegenden Verfahren erfolgt.

c) Die Leistung an die Beklagte war auch gegenüber der Insolvenzschuldnerin wirksam. Es kann dahinstehen, ob Herr [X.] schon schuldbefreiend an die Beklagte leistete (§ 408 Abs. 1, § 407 Abs. 1 BGB). Jedenfalls lag in der Klageerhebung die Genehmigung einer gegenüber der Insolvenzschuldnerin als Berechtigter zunächst unwirksamen Leistung (vgl. [X.], Urteil vom 6. April 1972 - [X.], NJW 1972, 1197 unter 2 c; Beschluss vom 12. Juli 2012 - [X.], NJW-RR 2012, 1129 Rn. 16; jeweils mwN).

2. Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Da der Anspruch des [X.] aus § 816 Abs. 2 BGB nicht verjährt ist, kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf ein dauerhaftes Leistungsverweigerungsrecht berufen (§ 214 Abs. 1 BGB).

Erst mit Erhalt der 450.000 € durch die Beklagte im Dezember 2012 lagen sämtliche Anspruchsvoraussetzungen vor. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) hatte somit selbst bei unmittelbarer Kenntnis auf [X.]eite frühestens am 1. Januar 2013 begonnen (§ 199 Abs. 1, § 187 Abs. 1 BGB) und ist durch die Klageerhebung gehemmt worden (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 253 Abs. 1, § 167 ZPO). Die am 6. Januar 2016 erfolgte Zustellung der am 9. Dezember 2015 bei Gericht eingegangenen Klage ist vorliegend noch "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO erfolgt, so dass die Verjährungshemmung bereits mit Eingang der Klageschrift eingetreten ist (vgl. [X.], Urteile vom 8. Juni 1988 - [X.], [X.], 1154 unter b; vom 10. September 2015 - [X.], [X.], 151 Rn. 14 f.; vom 12. Januar 2016 - [X.], juris Rn. 10 ff.; jeweils mwN).

III.

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der [X.] entscheidet in der Sache selbst, weil weitere Feststellungen nicht zu treffen sind und der Rechtsstreit zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Zurückweisung der Berufung der [X.] und zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Dr. Milger     

      

[X.]     

      

Dr. Bünger

      

Kosziol     

      

Dr. [X.]     

      

Meta

VIII ZR 88/18

20.03.2019

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 13. März 2018, Az: 2 U 103/17

§ 816 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.03.2019, Az. VIII ZR 88/18 (REWIS RS 2019, 9148)

Papier­fundstellen: MDR 2019, 620-621 WM2019,777 NJW 2019, 2608 REWIS RS 2019, 9148

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