Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.05.2022, Az. IX ZR 71/21

9. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 2652

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Gegenstand

SEPA-Basislastschriftverfahren: Zahlungsanspruch des Gläubigers aus der ursprünglichen Forderung bei Rückbelastung des Gläubigerkontos nach erfolgter Gutschrift und Lastschriftwiderruf; Geltendmachung des Zahlungsanspruchs durch den Insolvenzverwalter in der Insolvenz des Zahlungsgläubigers


Leitsatz

1. Entfällt die aufgrund einer SEPA-Basislastschrift erfolgte Gutschrift auf dem Gläubigerkonto infolge eines Erstattungsverlangens des Zahlungsschuldners und kommt es zu einer entsprechenden Rückbelastung des Gläubigerkontos, kann der Zahlungsgläubiger seinen Zahlungsschuldner aus der ursprünglichen Forderung auf Zahlung in Anspruch nehmen (Anschluss BGH, Urteil vom 20. Juli 2010 - XI ZR 236/07, BGHZ 186, 269).

2. In der Insolvenz des Zahlungsgläubigers kann dessen Insolvenzverwalter diesen Zahlungsanspruch aus der ursprünglichen Forderung auch dann geltend machen, wenn das Konto des Zahlungsgläubigers zum Zeitpunkt des Erstattungsverlangens debitorisch geführt worden ist und der dem Kreditinstitut des Zahlungsgläubigers zustehende Ausgleichsanspruch nur eine Insolvenzforderung darstellt.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 14a. Zivilsenats des [X.] vom 28. April 2021 aufgehoben.

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 11. Juni 2020 wird zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung über die Berufung des [X.] und die Kosten des [X.], einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die [X.] (fortan: Schuldnerin) stand mit der Beklagten in mehrjähriger Geschäftsbeziehung. Die Schuldnerin belieferte die Beklagte aufgrund eines Rahmenvertrags mit Waren. Am 23. Juli 2013 erteilte die Beklagte der Schuldnerin eine Einziehungsermächtigung für wiederkehrende Zahlungen.

2

Die Schuldnerin stellte der Beklagten zwischen dem 5. Mai 2014 und dem 20. Juni 2014 für Warenlieferungen insgesamt 142.579,37 € in Rechnung. Die Schuldnerin zog die Rechnungsbeträge - wie bereits in den Vormonaten - aufgrund der Einziehungsermächtigung vom 23. Juli 2013 von einem Konto der Beklagten bei der        Bank zugunsten ihres bei der [X.]         (fortan: Sparkasse) geführten [X.] ein; die Einzugsbeträge beliefen sich nach Abzug von Bankgebühren sowie der Beklagten gewährter [X.] auf insgesamt 135.450,40 €. Die Sparkasse erteilte entsprechende Gutschriften auf dem Konto der Schuldnerin.

3

Die Schuldnerin stellte am 1. Juli 2014 einen Insolvenzantrag. Das Insolvenzgericht bestellte daraufhin mit Beschluss vom 2. Juli 2014 den Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Als die Beklagte hiervon erfuhr, verlangte sie am 7. und 8. Juli 2014 gegenüber der         Bank die Erstattung der ab dem 13. Mai 2014 erfolgten [X.] für die von der Schuldnerin zwischen dem 5. Mai und dem 20. Juni 2014 erteilten Rechnungen. Die       Bank schrieb dem Konto der Beklagten 135.450,40 € wieder gut. Die Sparkasse belastete ihrerseits aufgrund des Erstattungsverlangens das bei ihr geführte Konto der Schuldnerin mit diesen Beträgen. Dieses Konto der Schuldnerin war bereits zum Zeitpunkt des Erstattungsverlangens debitorisch geführt worden und wurde auch danach nicht mehr kreditorisch geführt.

4

Mit Beschluss vom 21. Juli 2014 eröffnete das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin und bestellte den Kläger zum Insolvenzverwalter. Die Sparkasse meldete Forderungen in Höhe von insgesamt 394.358,62 € zur Insolvenztabelle an. Aus der Verwertung von Sicherheiten kehrte der Kläger später Zahlungen an die Sparkasse in Höhe von 64.662,38 € aus.

5

Mit der Begründung, die unberechtigten Erstattungsverlangen stellten eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung dar, erhob die Sparkasse gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von 135.450,40 €. Der Rechtsstreit endete mit einem Vergleich, wonach die Beklagte 100.913,11 € an die Sparkasse zahlte. An diesem Vergleich war der Kläger nicht beteiligt.

6

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung der Rechnungen vom 5. Mai bis 20. Juni 2014 in Höhe von 142.579,37 € sowie weiterer unbezahlter Rechnungen über 21.367,67 €, insgesamt in Höhe von 163.947,04 € in Anspruch. Die Beklagte hat gegen diese Forderungen hilfsweise mit unstreitigen Gegenansprüchen in Höhe von 41.194 € aufgerechnet.

7

Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung von 122.753,04 € verurteilt und die weitergehende Klage im Hinblick auf die Aufrechnung der Beklagten abgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] die Klage abgewiesen, weil dem Kläger bereits keine Zahlungsforderung zustehe. Eine Entscheidung über die Berufung des [X.], mit der sich dieser hinsichtlich eines Betrags von 19.826,33 € gegen die vom [X.] bejahte Aufrechnung wandte, entfiel damit. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision hat Erfolg.

I.

9

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises aus § 433 Abs. 2 [X.]. Zwar stehe nach der Rechtsprechung des [X.] (Urteil vom 20. Juli 2010 - [X.], [X.], 269 Rn. 25) dem [X.] bei einem Widerruf der Lastschrift - wie ihn hier auch die Beklagte erklärt habe - ein Erfüllungsanspruch zu. Danach enthalte die [X.] eine rechtsgeschäftliche Erfüllungsvereinbarung, die unter der auflösenden Bedingung stehe, dass das Konto des [X.]s in Folge des [X.]s rückbelastet werde. Auf ein solches Wiederaufleben der ursprünglichen Kaufpreisforderung könne sich der Kläger jedoch nicht berufen, weil das für das Lastschriftverfahren genutzte Konto der Schuldnerin bereits zum [X.]punkt des Widerrufs der Lastschriften debitorisch geführt gewesen sei. Bei wirtschaftlicher Betrachtung führe die Rückbuchung des [X.]s von einem debitorisch geführten Konto nicht zum Entfallen der Gutschrift, denn der [X.] erfolge allein aus dem Vermögen der [X.]. Diese könne selbst aber keine Rückerstattung von dem [X.] verlangen, sondern müsse sich gemäß § 87 [X.] auf die Insolvenzquote verweisen lassen. Nach dem Schutzzweck der Regeln zum [X.] sei nur einem Lastschriftgläubiger mit anerkennenswerten Interessen ein Erfüllungsanspruch zuzuerkennen. Dem widerspreche es, wenn sich die Insolvenzmasse gegenüber [X.] der [X.] auf den Schutz des § 87 [X.] berufen könne, sich gegenüber dem [X.] jedoch so behandeln lassen dürfe wie ein Lastschriftgläubiger, dessen Aktivvermögen durch den [X.] effektiv verringert worden sei.

Dem Kläger stehe auch kein Schadensersatzanspruch zu. Zwar komme grundsätzlich ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 [X.] in Betracht, da die Beklagte die Lastschriften anlasslos widerrufen habe. Die [X.]e hätten auch die [X.] belastet, indem sie die Insolvenzforderung der [X.] erhöht hätten. Jedoch habe der Kläger nicht hinreichend dargelegt, welcher Quotenschaden der Masse durch die [X.]e entstanden sei.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Kaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 [X.] iVm § 80 Abs. 1 [X.]) in der zuletzt noch beanspruchten Höhe von 142.579,37 € zu. Die [X.] haben nicht zur Erfüllung des [X.] der Schuldnerin geführt. Der [X.] besteht weiter, weil die Kontogutschriften aufgrund des wirksamen [X.]s der Beklagten entfallen sind.

a) Allerdings scheitert die Erfüllungswirkung der Bezahlung durch Lastschrifteinzug nicht schon daran, dass es an einer Autorisierung durch die Beklagte gefehlt hätte. Die Schuldnerin erhielt aufgrund des [X.] eine vorbehaltlose Gutschrift auf ihrem Konto. Dies beruhte auf einer wirksamen Autorisierung durch die Beklagte, weil die [X.] nach den Regelungen für das [X.] zu beurteilen sind.

aa) Nach den Feststellungen des [X.], die sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, erteilte die Beklagte am 23. Juli 2013 ursprünglich nur eine Einziehungsermächtigung. Die Erklärung enthielt lediglich eine Ermächtigung der Schuldnerin, die zu leistenden Zahlungen über die Bank der Schuldnerin ([X.]) mittels Lastschrift bei der [X.] (Zahlstelle) einzuziehen. Diese Einziehungsermächtigung umfasste nicht zugleich eine Einlösungsweisung an die Zahlstelle (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 362 Rn. 28; [X.] in [X.]/Bunte/[X.], BankR-HdB, 5. Aufl., § 58 Rn. 53; [X.]/[X.], 4. Aufl., Band 6, Teil 1 A Rn. 52).

bb) Die Einziehungsermächtigung gilt jedoch spätestens seit dem 1. Februar 2014 - und damit noch vor den streitbefangenen [X.]n - als mit Vorabautorisierung erteilt. Gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 260/2012 des [X.] und des Rates vom 14. März 2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in [X.] und zur Änderung der Verordnung ([X.]) Nr. 924/2009 (fortan: [X.]) bleibt ein vor dem 1. Februar 2014 erteiltes Lastschriftmandat für wiederkehrende Leistungen auch nach dem 1. Februar 2014 gültig und gilt als Zustimmung des Zahlers gegenüber seinem Zahlungsdienstleister. Damit unterliegt die von der Beklagten erteilte Einziehungsermächtigung den seit dem 1. Februar 2014 geltenden Regeln (vgl. hierzu [X.]/[X.], [X.], 2020, § 675f Rn. 58; [X.], [X.] 2013, 385, 387 ff; [X.], NJW 2012, 2150, 2155; Bautsch/[X.], [X.], 229 f).

Ob und unter welchen Voraussetzungen eine von Art. 7 Abs. 1 [X.] abweichende Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und der Beklagten über die weitere Gültigkeit der Einziehungsermächtigung vom 23. Juli 2013 den Eintritt der gesetzlichen Fiktionswirkung zum 1. Februar 2014 hätte hindern können, bedarf keiner Entscheidung. Nach den Feststellungen des [X.], welche sich das Berufungsgericht zu eigen gemacht hat, haben die Schuldnerin und die Beklagte weder am 1. Februar 2014 noch zum [X.]punkt der späteren [X.] vereinbart, von der gesetzlichen Fiktion des Art. 7 Abs. 1 [X.] abzuweichen.

b) Die Erfüllungswirkung der Bezahlung durch den Lastschrifteinzug ist aufgrund des [X.]s der Beklagten entfallen. Es ist in der Rechtsprechung des [X.] für das [X.] geklärt, dass der Gläubiger seinen [X.] auf Erfüllung der ursprünglichen Forderung in Anspruch nehmen kann, wenn es aufgrund eines [X.]s des [X.]s zu einer Rückbelastung kommt.

aa) Mit Urteil vom 20. Juli 2010 ([X.], [X.], 269 Rn. 21 ff) hat der [X.] entschieden, dass bei dem [X.] Erfüllung der dem Einzug zugrundeliegenden Forderung mit vorbehaltloser Gutschrift auf dem [X.] auflösend bedingt eintritt und bei Rückbelastung rückwirkend entfällt. Der Gläubiger erlangt zwar einerseits mit vorbehaltloser Gutschrift die erforderliche uneingeschränkte Verfügungsbefugnis über den Zahlbetrag ([X.], Urteil vom 20. Juli 2010, aaO Rn. 23). Dass er infolge der Möglichkeit des [X.]s, einen Erstattungsanspruch nach § 675x Abs. 2 [X.] geltend zu machen, erst acht Wochen nach der [X.] (vgl. § 675x Abs. 4 [X.]) eine endgültig gesicherte Rechtsposition erlangt, hindert den Eintritt der Erfüllungswirkung nicht ([X.], Urteil vom 20. Juli 2010, aaO Rn. 24). Andererseits hat der Gläubiger ein anerkennenswertes Interesse daran, den Schuldner wieder aus der ursprünglichen Forderung auf Zahlung in Anspruch nehmen zu können, wenn die Gutschrift auf seinem Konto infolge des [X.]s des Schuldners entfällt. Diese Interessenlage führt zu einer Auslegung der zwischen [X.] und -schuldner getroffenen Erfüllungsvereinbarung dahingehend, dass die Erfüllung rückwirkend (§ 159 [X.]) entfällt, wenn es - ausnahmsweise - zu einer entsprechenden Rückbelastung kommt ([X.], Urteil vom 20. Juli 2010, aaO Rn. 25). Einer rechtsgeschäftlichen Erfüllungsvereinbarung bedarf es deshalb, weil der [X.] im Fall des Einzugs der Forderung mittels Lastschrift mit der Kontogutschrift nicht die originär geschuldete Geldzahlung bewirkt, sondern dem Gläubiger stattdessen einen Auszahlungsanspruch gegen dessen Kreditinstitut verschafft und damit eine andere als die geschuldete Leistung (§ 364 Abs. 1 [X.]) erbringt ([X.], Urteil vom 20. Juli 2010, aaO; so auch [X.] in [X.]/Bunte/[X.], BankR-HdB, 5. Aufl., § 58 Rn. 204 ff; [X.]/[X.], 4. Aufl., Band 6, Teil 1 A Rn. 54; [X.]/[X.], [X.], 2022, Vorb. §§ 362 ff Rn. 61; [X.]/[X.], [X.], 2020, § 675f Rn. 64; [X.], [X.], 16. Aufl., § 362 Rn. 11; aA MünchKomm-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 362 Rn. 30: Auslegung der [X.] dahingehend, dass im Fall der Rückbelastung die originäre Schuld stillschweigend wiederbegründet werde; [X.], [X.], 1125, 1132: [X.] als Ex-tunc-Beseitigung des Zahlungsauftrags; ablehnend auch Hadding, [X.], 97, 100).

bb) Das ebenfalls am 20. Juli 2010 ergangene Urteil des [X.] in der Rechtssache [X.] ([X.], 242 Rn. 6) betrifft nur die Wirkungen des Lastschriftverfahrens in der Variante des [X.]. In diesem Fall hat der Gläubiger auch nach der Einlösung der Lastschrift seinen schuldrechtlichen Anspruch, der erst erfüllt ist, wenn der Schuldner dem Gläubiger durch Widerspruch die Leistung nicht mehr entziehen kann. Mit den Wirkungen eines [X.]s im [X.] hat sich der Senat in dieser Entscheidung hingegen nicht befasst.

cc) Der Annahme einer durch die Rückbelastung auflösend bedingten Erfüllung steht auch die Rechtsprechung des [X.] zu Zahlungen mittels [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2017 - [X.], [X.]Z 217, 33 Rn. 14 ff; vom 22. November 2017 - [X.], [X.], 37 Rn. 13 ff) und über [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 1. April 2020 - [X.], [X.], 2193 Rn. 10 f) nicht entgegen.

Der [X.] hat zu Zahlungen mittels [X.] entschieden, dass die Kaufpreisforderung mit der vorbehaltlosen Gutschrift der Kaufpreisforderung auf dem [X.]-Konto des Verkäufers gemäß § 362 Abs. 1 [X.] erlischt und die Erfüllungswirkung auch nicht rückwirkend entfällt, wenn [X.] den Kaufpreis aufgrund eines erfolgreichen Antrags auf Käuferschutz zurückbucht und dem [X.]-Konto des Käufers wieder gutschreibt (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2017 - [X.], [X.]Z 217, 33 Rn. 16 ff, 22 ff; vom 22. November 2017 - [X.], [X.], 37 Rn. 14 ff, 21 ff). Diese Grundsätze hat der [X.] entsprechend auf die vorbehaltlose Gutschrift des Kaufpreises auf dem Verkäuferkonto bei [X.] übertragen, wenn das Konto aufgrund eines erfolgreichen [X.] wird (vgl. [X.], Urteil vom 1. April 2020 - [X.], [X.], 2193 Rn. 11 f).

Diese Rechtsprechung lässt sich indes nicht für die Auslegung der [X.] im [X.] und die Beurteilung der Folgen eines [X.]s heranziehen. Sie beruht maßgeblich auf den Besonderheiten des [X.]-Käuferschutzes und des [X.], denen jeweils eine [X.] des Käufers mit einem der genannten Anbieter zugrunde liegt. Nach dieser hat allein [X.] oder [X.] - jedoch nicht der Käufer - die Befugnis zur eigenständigen Entscheidung, ob der Kaufpreis erstattet wird oder nicht (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2017 - [X.], [X.]Z 217, 33 Rn. 24 ff; vom 22. November 2017 - [X.], [X.], 37 Rn. 24 ff; vom 1. April 2020 - [X.], [X.], 2193 Rn. 12). Daher sind die dem Käufer nach der [X.] ermöglichten Anträge auf Rückbelastung des jeweiligen [X.] mit dem [X.] des [X.]s gemäß § 675x Abs. 2 [X.] nicht vergleichbar.

Im Übrigen kommt der [X.] in seiner vorgenannten Rechtsprechung zu Zahlungen mittels [X.] und [X.] ebenfalls - wenngleich mit einem anderen dogmatischen Ansatz - zu dem Ergebnis, dass dem Verkäufer nach Rückbelastung seines bei den vorgenannten Anbietern unterhaltenen Kontos ein Erfüllungsanspruch zusteht. Danach wird bereits bei Vertragsabschluss zwischen Käufer und Verkäufer eine Wiederbegründung des [X.] stillschweigend für den Fall vereinbart, dass das Verkäuferkonto nach einem erfolgreichen Antrag auf Käuferschutz beziehungsweise [X.] rückbelastet wird (vgl. [X.], Urteil vom 22. November 2017 - [X.], [X.]Z 217, 33 Rn. 28 ff; vom 22. November 2017 - [X.], [X.], 37 Rn. 27 ff; vom 1. April 2020 - [X.], [X.], 2193 Rn. 13 ff).

dd) Unerheblich ist, dass die Schuldnerin zum [X.]punkt des [X.]s der Beklagten bereits Insolvenzantrag gestellt hatte und der Kläger zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden war. Dies hat auf den [X.] keine Auswirkungen.

2. Der Kläger kann den [X.] gegen die Beklagte gemäß § 80 Abs. 1 [X.] geltend machen. Die debitorische Kontoführung zum [X.]punkt des [X.]s ändert entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nichts daran, dass der [X.] in die Insolvenzmasse (§ 35 Abs. 1 [X.]) fällt.

a) Nach § 35 Abs. 1 [X.] fällt in die Insolvenzmasse das gesamte Vermögen des Schuldners, das ihm zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehört und das er im Laufe des Verfahrens erlangt. Demgemäß sind Forderungen des Insolvenzschuldners Bestandteil der Insolvenzmasse, soweit sie - wie im Streitfall die Kaufpreisforderung der Schuldnerin gegen die Beklagte - pfändbar sind (vgl. HK-[X.]/[X.], 10. Aufl., § 35 Rn. 19).

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, der Kläger sei gleichwohl an der Geltendmachung des [X.] gehindert, ist rechtsfehlerhaft.

aa) Die Sichtweise des Berufungsgerichts lässt unberücksichtigt, dass im Insolvenzverfahren zwischen dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen und den Insolvenzforderungen der einzelnen Gläubiger zu trennen ist (vgl. auch §§ 85, 86, 87 [X.]). Für den Bestand des [X.] ist es unerheblich, ob die kontoführende Bank des Zahlungsempfängers ihren Erstattungsanspruch aus insolvenzrechtlichen Gründen in der Insolvenz des Zahlungsempfängers nicht durchsetzen kann. Der Bestand des [X.] hängt insbesondere nicht von dem Eintritt eines Schadens beim Zahlungsempfänger infolge der Rückbuchung ab. Der [X.] der Schuldnerin gegen die Beklagte gehört zur Insolvenzmasse, der (Konto-)Ausgleichsanspruch der [X.] gegen die Schuldnerin stellt hingegen eine Insolvenzforderung dar. Die Auffassung des Berufungsgerichts widerspricht allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen. Für einen Zahlungsanspruch ist es unerheblich, ob und in welcher Höhe dem [X.] ein Schaden durch das [X.] entstanden ist. Erst recht ist es mit dem Ziel der gemeinschaftlichen Gläubigerbefriedigung (§ 1 [X.]) nicht vereinbar, die Beklagte von ihrer Primärleistungspflicht gegenüber der Masse deshalb zu befreien, weil sich das Insolvenzrisiko eines [X.] - hier: der [X.] - verwirklicht hat.

bb) Im Falle eines [X.]s tritt die Bedingung, unter der der ursprüngliche Zahlungsanspruch geltend gemacht werden kann, jedenfalls dann ein, wenn - wie auch im Streitfall - der [X.] die Erstattung fristgerecht verlangt (vgl. § 675x Abs. 4 [X.]; Art. 7 Abs. 2 [X.]) und die [X.] das Konto des Gläubigers mit der Ausgleichsforderung belastet. Hingegen setzt der [X.] in der Insolvenz des Gläubigers nicht voraus, dass die [X.], welche die aufgrund des [X.] erteilte Gutschrift rückgängig macht, einen ihr deshalb zustehenden Anspruch gegen ihren Kunden auch wirtschaftlich durchsetzen kann.

(1) Das Berufungsgericht übersieht, dass das Insolvenzrisiko der [X.] unabhängig von dem Schicksal des [X.] im Verhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten besteht. Die [X.] kann ihre Forderungen gegenüber der Insolvenzschuldnerin auch dann nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen (vgl. § 87 [X.]), wenn der Kläger an der Geltendmachung des [X.] gegenüber der Beklagten gehindert wäre. Lässt die [X.] den Zahlungsempfänger - wie auch im Streitfall - über den gutgeschriebenen [X.] verfügen, bevor sie sich sicher sein kann, dass sie nicht wegen eines [X.]s des [X.]s in Anspruch genommen wird, besteht für sie erkennbar die Gefahr, dass durch eine etwaige Korrekturbuchung ein debitorischer Saldo entsteht und sie mit ihrer Forderung auf Ausgleich in der Insolvenz ihres Kunden ganz oder teilweise ausfallen kann (vgl. [X.], [X.], 349, 358).

(2) Ein anderes Verständnis der Bedingung für die Durchsetzung des ursprünglichen Zahlungsanspruchs würde zudem der Zielsetzung des Insolvenzverfahrens zuwiderlaufen, eine gemeinschaftliche und gleichmäßige Befriedigung der Insolvenzgläubiger zu erreichen (vgl. § 89 Abs. 1, § 87 [X.]). Ein - vor oder nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgtes - [X.] für eine Lastschrift führt nicht dazu, dass die daraus entstehenden Forderungen in einer von den allgemeinen Grundsätzen des Insolvenzrechts abweichenden Weise zu behandeln wären.

§ 87 [X.] ordnet an, dass Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften der [X.] verfolgen dürfen. § 89 Abs. 1 [X.] enthält ein allgemeines Vollstreckungsverbot für die Insolvenzgläubiger. Dem liegt zugrunde, dass das Insolvenzverfahren als [X.] die Zwangsvollstreckung verdrängt (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], 4. Aufl., § 89 Rn. 1) und demgemäß [X.] einzelner Gläubiger ausschließt (vgl. [X.]/[X.], [X.], 15. Aufl., § 89 Rn. 1). § 89 Abs. 1 [X.] ergänzt § 87 [X.]. Da danach Insolvenzgläubiger ihre Forderungen nur nach den Vorschriften über das Insolvenzverfahren verfolgen können, sollen sie grundsätzlich auch an einer Einzelzwangsvollstreckung von vor Verfahrenseröffnung gegen den Schuldner erstrittenen Titeln gehindert sein, das heißt auch diese Forderungen sind ausschließlich zur Insolvenztabelle anzumelden (§ 174, § 179 Abs. 2 [X.]; vgl. MünchKomm-[X.]/[X.]/[X.], aaO). Diese Regelungen gelten grundsätzlich für alle im Zusammenhang mit einer Zahlung durch Lastschrifteinzug möglicherweise entstehenden Forderungen der an einer Lastschrift beteiligten Parteien.

Ob der [X.] nach einem [X.] noch zur Zahlung verpflichtet ist, richtet sich nach der insolvenzrechtlichen Behandlung dieser Forderung, nicht nach der insolvenzrechtlichen Behandlung von Ausgleichsansprüchen der [X.]. Es wäre geradezu eine Einladung an den [X.], Lastschriften in der Insolvenz des [X.]s zu widerrufen, wenn er sich hierdurch von seiner Primärleistungspflicht befreien könnte. Die Auffassung des Berufungsgerichts, das insolvenzrechtliche Schicksal der Forderungen davon abhängig zu machen, ob das Konto des Insolvenzschuldners debitorisch geführt wird, findet in der [X.] keine Stütze und führt zu zufälligen und willkürlichen Ergebnissen. Der Kontostand des Insolvenzschuldners ist dem [X.] in aller Regel nicht bekannt und hängt in seiner Entwicklung von Unwägbarkeiten - wie etwa dem Zahlungsverhalten anderer [X.] - ab.

c) Der Anspruch des [X.] auf Kaufpreiszahlung ist nicht ganz oder teilweise dadurch erloschen, dass die Sparkasse aus der Verwertung von Sicherheiten im Insolvenzverfahren Zahlungen in Höhe von insgesamt 64.662,38 € erhalten hat. Diese Zahlungen beruhten schon nicht auf einer Leistung der Beklagten und betrafen ausschließlich das Rechtsverhältnis zwischen dem Kläger und der Sparkasse.

3. Die Beklagte kann dem Anspruch des [X.] nicht entgegenhalten, dass sie an die Sparkasse wegen des unberechtigten [X.]s bereits Schadensersatz geleistet hat.

a) Durch die Zahlung der Beklagten an die Sparkasse in Höhe von 100.913,11 € ist der [X.] des [X.] weder vollständig noch teilweise durch Erfüllung erloschen. Die Voraussetzungen der § 362 Abs. 1, Abs. 2, § 364 Abs. 1 [X.] sind nicht gegeben. Eine Leistung nach §§ 362, 364 [X.] bezieht sich ebenso wie die Erfüllungswirkung nur auf das jeweilige Schuldverhältnis (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2022, § 362 Rn. 18; MünchKomm-[X.]/[X.], 9. Aufl., § 364 Rn. 1). Wie bereits das [X.] zutreffend ausgeführt hat, betreffen die von der Beklagten auf Grundlage des mit der Sparkasse geschlossenen Vergleichs erbrachten Zahlungen ein anderes Schuldverhältnis als die zwischen der Schuldnerin und der Beklagten geschlossenen Kaufverträge. Die Sparkasse hat die Zahlung der Beklagten nur als eigene Schadensersatzforderung vereinnahmt.

b) Vor diesem Hintergrund kann die Beklagte auch nicht mit Erfolg geltend machen, sie werde wegen des [X.]s doppelt - durch die Sparkasse und durch den Kläger - in Anspruch genommen.

aa) Der zwischen der Beklagten und der Sparkasse geschlossene Vergleich betrifft eigene Ansprüche der Sparkasse, insbesondere aus § 826 [X.]. Ob der [X.] bei einem unberechtigten [X.] den einem [X.] entstandenen Schaden zu ersetzen hat, ist für einen vertraglichen Anspruch auf Erfüllung ohne Bedeutung. Hieran ändert eine etwaige Überkompensation des geschädigten [X.] schon deshalb nichts, weil dem Schädiger - hier: der Beklagten - im Grundsatz die aus § 255 [X.] folgenden Rechte zustehen.

Gemäß § 255 [X.] ist derjenige, der für den Verlust einer Sache oder eines Rechts Schadensersatz zu leisten hat, zum Ersatz nur gegen Abtretung der Ansprüche verpflichtet, die dem [X.] auf Grund des Eigentums an der Sache oder auf Grund des Rechts gegen Dritte zustehen. Die Norm dient gerade der Vermeidung eines doppelten Ausgleichs. Sie ist Ausdruck des im allgemeinen Schadensrecht durchweg geltenden Bereicherungsverbots beziehungsweise des Vorteilsausgleichs (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 255 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.], 18. Aufl., § 255 Rn. 1). Hierbei tritt ein [X.] im Sinne des § 255 [X.] unter anderem auch bei der Entwertung einer Forderung - namentlich bei Zahlungsunfähigkeit des Schuldners einer Geldforderung - ein (vgl. MünchKomm-[X.]/[X.], aaO Rn. 11 mwN).

bb) Im Hinblick darauf hätte sich die Beklagte, wie bereits das [X.] zutreffend ausgeführt hat, die Kontoausgleichsansprüche der Sparkasse gegen die Schuldnerin abtreten lassen und diese ihrerseits zur Insolvenztabelle anmelden können. Dass die Beklagte ihre Rechte aus § 255 [X.] möglicherweise nicht wahrgenommen hat, wirkt sich allein auf das Rechtsverhältnis zwischen ihr und der Sparkasse aus und kann dem Kläger nicht entgegengehalten werden.

III.

Das angefochtene Urteil ist danach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Hinsichtlich der Berufung der Beklagten erfolgt die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis; da nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, ist die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des [X.] zurückzuweisen (§ 563 Abs. 3 ZPO).

Im Übrigen ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - sich nicht mit der Berufung des [X.] befasst. Zwar besteht der [X.] des [X.] auch in Höhe weiterer 19.826,33 €. Ebenso sind die Gegenansprüche der Beklagten in Höhe von 19.826,33 € unstreitig. Es fehlt jedoch an Feststellungen, um über die vom Kläger geltend gemachte Anfechtbarkeit der Aufrechnungslage (§ 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.]) und die materiell-rechtlichen Einwendungen gegen die Aufrechnung entscheiden zu können.

Grupp    

        

Lohmann    

        

Schoppmeyer

        

Röhl    

        

Schultz    

        

Meta

IX ZR 71/21

12.05.2022

Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, 28. April 2021, Az: 14a U 18/20

§ 362 Abs 1 BGB, § 433 Abs 2 BGB, § 675x Abs 2 BGB, § 675x Abs 4 BGB, § 35 Abs 1 InsO, § 80 Abs 1 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 12.05.2022, Az. IX ZR 71/21 (REWIS RS 2022, 2652)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2652 WM 2022, 1221 REWIS RS 2022, 2652 NJW 2022, 2619 REWIS RS 2022, 2652

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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