Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.08.2011, Az. 8 C 15/10

8. Senat | REWIS RS 2011, 3638

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Gegenstand

Zur Rechtskrafterstreckung eines Urteils im Vermögensrecht; zum Tatbestandsmerkmal der werbenden Tätigkeit


Leitsatz

1. Auch im Vermögensrecht erstreckt sich die materielle Rechtskraftwirkung eines Urteils nicht auf Vorfragen, sofern diese nicht Gegenstand einer besonderen Zwischenfeststellung (z.B. über die Berechtigtenstellung) gewesen sind.

2. Ein Restunternehmen übt nur dann eine werbende Tätigkeit im Sinne von § 6 Abs. 1a Satz 4 VermG aus, wenn es wirtschaftliche Aktivitäten in Verfolgung seiner Unternehmenszwecke entfaltet; die bloße Vermögensverwaltung reicht, wenn sie nicht selbst Gesellschaftszweck ist, dafür nicht aus.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] - im Folgenden: [X.] - die Verpflichtung des Beklagten festzustellen, dass die Insolvenzschuldnerin Berechtigte im Sinne des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen ist.

2

Mit Schreiben vom 24. April und 22. Oktober 1991 machte die Liquidatorin der [X.] für diese vermögensrechtliche Ansprüche geltend. Mit Bescheid vom 10. Oktober 2000 stellte der Beklagte in Ziffer 1 fest, dass die [X.] nicht Berechtigte hinsichtlich des früheren Unternehmens der [X.] - im Folgenden: [X.] (alt) - ist. Ferner lehnte er in Ziffer 2 des Bescheides die Rückübertragung bzw. Entschädigung der drei im Grundbuch von [X.] ..., Flur ..., verzeichneten Grundstücken [X.] ... (Flurstück ..., ehemals ... und ...), [X.] ... (Flurstück ...) und [X.] ... (Flurstück ...) ab.

3

Auf die gegen Ziffer 2 des Bescheides erhobene Klage der [X.] hob das [X.] mit Urteil vom 24. Juni 2003 Ziffer 2 des Bescheides auf und verpflichtete den Beklagten zur Zurückübertragung des Eigentums an den darin aufgeführten Grundstücken. Das Urteil wurde rechtskräftig. Der Beklagte übertrug daraufhin mit Bescheid vom 1. September 2003 das Eigentum an diesen Grundstücken auf die [X.]. In der Begründung des Bescheides wird ergänzend ausgeführt, der Beklagte komme im Übrigen der Anregung der Antragstellerin, den Bescheid vom 10. Oktober 2000 insgesamt aufzuheben, nicht nach. Eine Berechtigung für das Unternehmen könne nicht festgestellt werden.

4

Auf die gegen Ziffer 1 des Bescheides vom 10. Oktober 2000 erhobene Klage der [X.], über deren Vermögen mit Beschluss des [X.] vom 6. Juli 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde, hat das [X.] mit dem angefochtenen Urteil antragsgemäß den Bescheid vom 10. Oktober 2000 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet festzustellen, dass die [X.] Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes ist. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der vermögensrechtliche Antrag sei im Jahre 1991 fristgerecht und auch im Übrigen ordnungsgemäß gestellt worden. Insbesondere sei die [X.] antragsbefugt. Die Erfüllung des [X.] nach § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] sei hierfür nicht erforderlich gewesen; denn jedenfalls seien die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1a Satz 4 [X.] erfüllt. Der Vermögensverlust der [X.] im Beitrittsgebiet liege auf der Hand. Außerhalb dieses Gebiets belegenes Vermögen des Unternehmens sei vorhanden gewesen und bis heute vorhanden. Das Restunternehmen sei im damaligen [X.] auch werbend tätig gewesen. Mit der Bestellung des [X.] in [X.] zum Pfleger durch das Amtsgericht [X.] im Jahr 1954 sei es in ausreichendem Maße handlungsfähig gewesen. Das frühere Unternehmen der [X.] (alt) sei auch einer schädigenden Maßnahme im Sinne des § 1 Abs. 3 [X.] ausgesetzt gewesen. Dies habe das [X.] in seinem Urteil vom 24. Juni 2003 rechtskräftig festgestellt; daran seien die Beteiligten gebunden.

5

Mit ihrer Revision macht die Beigeladene zu 2 im Wesentlichen geltend: § 6 Abs. 1a Satz 4 [X.] sei vorliegend nicht anwendbar. Es fehle an einer werbenden Tätigkeit der Restgesellschaft im [X.], so dass das Quorum nach § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] für eine wirksame Anmeldung erfüllt sein müsse, woran es hier aber fehle. Eine Bindungswirkung des Urteils des [X.] vom 24. Juni 2003 bestehe schon deshalb nicht, weil sie an jenem Verfahren nicht beteiligt gewesen sei.

6

Die Beigeladene zu 2 beantragt,

das Urteil des [X.] vom 1. Dezember 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

8

Er verteidigt das angegriffene Urteil.

9

Der Beklagte und die Beigeladene zu 1 haben keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, und die Sache ist zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 137 Abs. 1, § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die vom Kläger begehrte Feststellung, dass die L. - die [X.] - [X.]erechtigte im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.] ist, weil das Unternehmen der L. - der [X.] (alt) - einer Schädigung im Sinne von § 1 [X.] ausgesetzt gewesen sei. Dies ergibt sich aus dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] gestellten Antrag, der sich allein auf die in Ziffer 1 des [X.]escheides des [X.]eklagten vom 10. Oktober 2008 getroffene Regelung bezieht. Darin hatte der [X.]eklagte entschieden, dass die [X.] nicht [X.]erechtigte wegen einer Schädigung des Unternehmens sei, weil die Auflösung dieses Unternehmens im Jahre 1950 nicht auf eine unlautere Machenschaft [X.] Stellen zurückzuführen sei. Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil auch allein über den Anspruch der [X.] auf Feststellung ihrer Restitutionsberechtigung im Sinne des § 2 Abs. 1 [X.] entschieden. Dagegen war die in Ziffer 2 dieses [X.]escheides getroffene Regelung bereits Gegenstand des vor dem [X.] geführten Rechtsstreits, der mit rechtskräftigem Urteil vom 24. Juni 2003 beendet wurde. Diese Regelung betraf die vom Kläger beantragte Rückübertragung bzw. Entschädigung der im Grundbuch von E., [X.]latt ..., Flur ..., verzeichneten drei Grundstücke [X.] ..., [X.] ... und [X.] ...; der [X.]eklagte hatte entschieden, dass die Überführung dieser Grundstücke in [X.], die erst einige Jahre nach der Liquidation der [X.] (alt), nämlich erst 1953 erfolgt war, ebenfalls nicht auf einer unlauteren Machenschaft beruhte.

Im vorliegenden Verfahren ist damit über den vom Kläger als Insolvenzverwalter geltend gemachten Anspruch auf Unternehmensrestitution nach § 6 [X.] zu entscheiden, nicht aber über einen Anspruch auf [X.] nach § 3 [X.].

2. Die Revision ist zulässig. Die [X.]eigeladene zu 2 ist aufgrund der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen [X.]eiladung gemäß § 63 [X.] VwGO [X.]eteiligte am Verfahren; sie kann [X.] stellen und Rechtsmittel einlegen (§§ 135, 132 Abs. 1 VwGO, § 37 Abs. 2 [X.]). Sie ist auch beschwert, weil sie durch das angegriffene Urteil in ihren rechtlichen Interessen nachteilig berührt wird (vgl. dazu Urteil vom 17. Mai 1995 - [X.]VerwG 6 [X.] 8.94 - [X.]VerwGE 98, 210 <213 f.> = NVwZ-RR 1996, 32). Würde das angefochtene Urteil und damit die Verpflichtung des [X.]eklagten rechtskräftig, die [X.] als [X.]erechtigte im Sinne des [X.]es in Ansehung des ehemaligen Unternehmens der [X.] (alt) festzustellen, könnte dies nachteilige rechtliche Wirkungen auch für die [X.]eigeladene zu 2 haben. Die [X.]eigeladene hat dargelegt, dass ihre Rechtsvorgängerin, die [X.], Verfügungsberechtigte hinsichtlich wenigstens eines Grundstücks war, das zu den zu Zeiten der [X.] in [X.] überführten und später in die Verfügungsgewalt der [X.] übergegangenen Vermögenswerten der [X.] (alt) gehörte, die durch vermögensrechtliche Ansprüche des [X.] belastet seien. Dieses Grundstück sei zwischenzeitlich verkauft worden, so dass die [X.]eigeladene im Falle der [X.]erechtigung des [X.] Ansprüche auf [X.] zu gewärtigen habe. Der Kläger hat diese Darlegung zwar mit Nichtwissen bestritten, der Vertreter des [X.]eklagten hat sie jedoch bestätigt. Der [X.] sieht keinen Anlass, an der Richtigkeit dieser [X.]estätigung zu zweifeln. Der Vertreter des [X.]eklagten hat zu den in seinem Amt geführten Grundstücksverzeichnissen Zugang und ist mit ihnen dienstlich befasst. Er hat seine Angaben mit einschlägigen schriftlichen Unterlagen belegt. Das genügt für die [X.]eschwer der [X.]eigeladenen. Einer abschließenden Prüfung der Eigentumsverhältnisse an dem in Rede stehenden Grundstück bedarf es hierfür nicht. Sie kann und muss dem dafür vorgesehenen Verfahren nach dem [X.] vorbehalten bleiben. [X.]ereits der Umstand, dass die [X.]eigeladene im Falle der Rechtskraft des angefochtenen Urteils ihrerseits Ansprüchen des [X.] auf Auskehr des von der [X.] oder ihrer Rechtsnachfolgerin durch den Verkauf des in Rede stehenden Grundstücks erzielten Erlöses ausgesetzt sein kann, begründet die Annahme, dass sie durch das angefochtene Urteil in ihren rechtlichen Interessen nachteilig berührt ist.

3. Das angefochtene Urteil verstößt gegen [X.] (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

a) Zu Recht rügt die [X.]eigeladene zu 2, dass das Verwaltungsgericht § 6 Abs. 1a Satz 4 [X.] verletzt hat. Denn es geht im angefochtenen Urteil zu Unrecht davon aus, die [X.] (alt) sei nach ihrer Liquidation im Jahre 1950 und dem nachfolgenden Verlust ihres gesamten im [X.]eitrittsgebiet befindlichen Vermögens in Ansehung ihres im damaligen [X.] belegenen [X.] weiterhin im [X.] als Restgesellschaft werbend tätig gewesen. Das Verwaltungsgericht hat den [X.]egriff der werbenden Tätigkeit im Sinne der Vorschrift verkannt.

§ 6 Abs. 1a Satz 4 [X.] bezieht sich nach seinem Wortlaut auf Gesellschaften, die ihr im [X.]eitrittsgebiet belegenes Vermögen verloren haben und hinsichtlich ihres außerhalb des [X.] belegenen Vermögens als [X.] "werbend tätig" sind. Er erfasst damit im Falle der Vollenteignung des Unternehmensträgers in der [X.] [X.] oder im Fall der Enteignung von [X.] (vgl. dazu Urteil vom 11. Dezember 1997 - [X.]VerwG 7 [X.] 69.96 - [X.]VerwGE 106, 51 <54 f.> = [X.] 428 § 6 [X.] [X.]1; [X.], Urteil vom 6. Oktober 1960 - [X.] - [X.]Z 33, 195 <198 f.> m.w.[X.]), sofern diese jeweils im [X.] weiterhin werbend tätig sind. Ruhende Rest- oder Spaltgesellschaften können die Regelung dagegen nicht für sich in Anspruch nehmen ([X.]eschluss vom 13. September 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] - [X.] 428 § 2 [X.] Nr. 2 m.w.[X.]; [X.], in: [X.] u.a., Kommentar zum [X.], § 6 Rn. 175). Ein Unternehmen übt nur dann eine werbende Tätigkeit im Sinne der Vorschrift aus, wenn es wirtschaftliche Aktivitäten in Verfolgung seiner [X.] entfaltet. Denn nur dann wirbt es darauf gerichtete [X.] ein und fördert den Unternehmenserfolg. Die bloße Verwaltung von (Rest-)Vermögen des früher im [X.]eitrittsgebiet tätigen Unternehmens reicht, wenn sie nicht selbst Gesellschaftszweck ist, dafür nicht aus. Dies gilt insbesondere dann, wenn es sich um relativ geringfügige Werte handelt (vgl. [X.], in: [X.]Jayme , Festschrift für [X.] zum 70. Geburtstag, 1992, S. 37 <52>).

So liegt der Fall hier. Die [X.] (alt) war nach ihrem Statut von 1948, den Feststellungen des angefochtenen Urteils zufolge, auf den "[X.]ezug und Absatz landwirtschaftlicher [X.]edarfsartikel und Erzeugnisse, die Organisation der [X.]e- und Verarbeitung derselben sowie die Erziehung der Mitglieder der ihr angeschlossenen Genossenschaften im [X.] Geist und Hebung ihres allgemeinen [X.]ildungsstandes" gerichtet. Diesen Gesellschaftszweck konnte sie nach ihrer Liquidation im Jahre 1950 nicht mehr verfolgen. Dementsprechend richtete sich auch die Tätigkeit des vom [X.] mit [X.]eschluss vom 22. Oktober 1954 als Abwesenheitspfleger bestellten D. e.V. nur noch auf die Verwaltung des im [X.] und [X.] vorhandenen Vermögens. Darin kann keine werbende Tätigkeit der Restgesellschaft im Sinne von § 6 Abs. 1a Satz 4 [X.] gesehen werden. Deshalb war für die Anmeldung und Geltendmachung eines auf eine Schädigung des Unternehmens der früheren [X.] (alt) bezogenen Restitutionsanspruches deren "Wiederbelebung" erforderlich, die die Erfüllung des [X.] nach § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] voraussetzte.

b) Das angefochtene Urteil verletzt auch § 121 VwGO. Denn das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 [X.] unter Verkennung der [X.] des Urteils des [X.] vom 24. Juni 2003 bejaht. Es ist davon ausgegangen, die Ausführungen des [X.] zur schädigenden Maßnahme im Sinne von § 1 Abs. 3 [X.] würden gemäß § 121 VwGO von der Rechtskraft jenes Urteils erfasst und seien deshalb seinem Urteil als bindend zugrunde zu legen. Damit sei ohne weitere Feststellungen davon auszugehen, das frühere Unternehmen der [X.] (alt) sei - entgegen der Auffassung des [X.]eklagten - einer schädigenden Maßnahme im Sinne des § 1 [X.] ausgesetzt gewesen.

Damit hat das Verwaltungsgericht die [X.]indungswirkung des § 121 VwGO verkannt. Nach dieser Vorschrift binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, namentlich die [X.]eteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Das Verwaltungsgericht hat schon übersehen, dass die [X.]eigeladene zu 2 im Vorprozess vor dem [X.] nicht beteiligt war und schon deshalb von der [X.] des dort ergangenen Urteils nicht erfasst werden konnte. Vor allem aber hat das Verwaltungsgericht die objektive Reichweite der Rechtskraft dieses Urteils verkannt. Das Urteil des [X.] bindet im vorliegenden Rechtsstreit auch die anderen [X.]eteiligten nicht.

Rechtskräftige Urteile binden nur insoweit, als über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, der durch die erstrebte, im Klageantrag zum Ausdruck gebrachte Rechtsfolge sowie durch den Klagegrund, nämlich den Sachverhalt, aus dem sich die Rechtsfolge ergeben soll, gekennzeichnet ist (Urteil vom 10. Mai 1994 - [X.]VerwG 9 [X.] 501.93 - [X.]VerwGE 96, 24 <25> = [X.] 310 § 121 VwGO Nr. 68; [X.]eschluss vom 14. November 2007 - [X.]VerwG 8 [X.] 81.07 - [X.] 2008, 53; jeweils m.w.[X.]). Die gerichtliche Entscheidung ist demgemäß die im Entscheidungssatz des Urteils sich verkörpernde Rechtsfolge als Ergebnis der Subsumtion des Sachverhalts unter das Gesetz (Urteil vom 10. Mai 1994 a.a.[X.] <26>; [X.], Großer [X.] für Zivilsachen, [X.]eschluss vom 20. Mai 1954 - [X.] - [X.]Z 13, 265 <279>; Urteil vom 17. Februar 1983 - [X.]/81 - [X.] NJW 1983, 2032 = juris Rn. 13), also der konkrete Rechtsschluss vom Klagegrund auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen der begehrten Rechtsfolge anhand des die Entscheidung unmittelbar tragenden Rechtssatzes. Auf diesen unmittelbaren Gegenstand des Urteils ist die Rechtskraft beschränkt. § 121 VwGO verhindert damit, dass eine derartige gerichtliche Entscheidung in einem weiteren Verfahren zwischen denselben [X.]eteiligten einer erneuten Sachprüfung zugeführt werden kann. Hingegen erstreckt sich die Rechtskraft nicht auf die einzelnen Urteilselemente, also nicht auf die tatsächlichen Feststellungen, die Feststellung einzelner Tatbestandsmerkmale und sonstige Vorfragen oder Schlussfolgerungen, auch wenn diese für die Entscheidung tragend gewesen sind (Urteil vom 10. Mai 1994 a.a.[X.] <26>; [X.], [X.]eschluss vom 20. Mai 1954 a.a.[X.] <279>; Urteile vom 17. März 1964 - [X.] - [X.]Z 42, 340 <350>, vom 25. September 1972 - [X.] - [X.] NJW 1972, 2268 <2269> und vom 3. Oktober 1980 - [X.] - [X.] NJW 1981, 1045).

Hiernach liegt eine Identität desjenigen prozessualen Anspruchs, über den das [X.] mit dem Urteil vom 24. Juni 2003 rechtskräftig entschieden hat, mit dem hier in Rede stehenden Anspruch nicht vor. [X.] war auf die Verpflichtung des [X.]eklagten gerichtet, die im Tenor des Urteils näher bezeichneten drei Grundstücke an die [X.] zurück zu übertragen, während dieser auf die Verpflichtung des [X.]eklagten abzielt, festzustellen, dass die [X.] [X.]erechtigte im Sinne des [X.]es in Ansehung des Unternehmens der [X.] (alt) ist. Der im Urteil vom 24. Juni 2003 rechtskräftig bejahte Anspruch der [X.] auf Rückübertragung der drei Grundstücke bildet zu dem im vorliegenden Rechtsstreit behaupteten Anspruch der [X.] auf Feststellung ihrer [X.]erechtigung am Unternehmen auch keine vorgreifliche Vorfrage (vgl. hierzu Urteile vom 29. August 1966 - [X.]VerwG 8 [X.] 353.63 - [X.]VerwGE 25, 7 <10> = [X.] 310 § 121 VwGO Nr. 22; vom 10. Mai 1994 a.a.[X.] <26> m.w.[X.] und vom 24. November 1998 - [X.]VerwG 9 [X.] 53.97 - [X.]VerwGE 108, 30 <33> = [X.] 402.25 § 73 AsylVfG [X.]), weshalb jenem Urteil für den vorliegenden Rechtsstreit keine präjudizielle Wirkung zukommen kann. Das hat das Verwaltungsgericht auch nicht angenommen. Es hat vielmehr umgekehrt gemeint, dass das [X.] einen Anspruch auf Rückübertragung der drei Grundstücke nur bejahen konnte, wenn es - seinerseits als Vorfrage - die [X.]erechtigtenstellung der [X.] am Unternehmen selbst bejahte. Das verkennt die Reichweite der Rechtskraft in mehrfacher Hinsicht.

Die Entscheidung einer Vorfrage nimmt an der Rechtskraft nicht teil, sofern sie nicht Gegenstand einer besonderen Zwischenfeststellung ist (vgl. § 322 Abs. 1, § 256 Abs. 2 ZPO; [X.]eschluss vom 15. Dezember 1977 - [X.]VerwG 3 [X.] - [X.] 310 § 121 VwGO Nr. 40; Urteil vom 18. September 2001 - [X.]VerwG 1 [X.] 4.01 - [X.]VerwGE 115, 111 <116 f.> = [X.] 310 § 121 VwGO Nr. 82; [X.], in: [X.], VwGO, 13. Aufl. 2010, § 121 VwGO ). Das gilt auch im Vermögensrecht. Zwar ermächtigt das [X.] die [X.]ehörden zum Erlass von [X.] über den [X.]. Gegenstand einer solchen Teilentscheidung kann namentlich die Feststellung sein, dass der Anspruchsteller [X.]erechtigter im Sinne des [X.]es in Ansehung einer bestimmten Vermögensschädigung ist. Eine derartige [X.]erechtigtenfeststellung bindet die Verfahrensbeteiligten auch in weiteren Verfahren. Voraussetzung ist aber stets, dass eine Teilentscheidung im Sinne einer abschichtenden Teilregelung getroffen wurde, die - wenn sie unangefochten blieb - der [X.]estandskraft, bei gerichtlicher Überprüfung der Rechtskraft fähig ist (vgl. Urteile vom 29. September 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] 39.92 - [X.]VerwGE 94, 195 <199> = [X.] 112 § 6 [X.] [X.]; vom 16. April 1998 - [X.]VerwG 7 [X.] 32.97 - [X.]VerwGE 106, 310 <312 f.> = [X.] 428 § 30 [X.] Nr. 9; vom 13. April 2000 - [X.]VerwG 7 [X.] 84.99 - [X.]VerwGE 111, 129 = [X.] 428 § 37 [X.] Nr. 26 und vom 24. Februar 2010 - [X.]VerwG 8 [X.] 14.08 - [X.] 428 § 2 [X.] Nr. 94). Der [X.]eklagte hatte in seinem [X.]escheid vom 10. Oktober 2000 unter Ziffer 1 ausdrücklich eine derartige gesonderte - wenn auch negative - [X.]erechtigtenfeststellung getroffen. Diese war als solche aber nicht Gegenstand des Rechtsstreits vor dem [X.], sondern ist - allein - Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits, den der Kläger gemäß der ihm vom [X.]eklagten erteilten - gespaltenen - Rechtsmittelbelehrung beim [X.] anhängig gemacht hat.

Hinzu kommt, dass das [X.] auch der Sache nach nicht über den Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits entschieden hat. Wie eingangs (oben 1.) erwähnt, ist Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits der behauptete Anspruch der [X.] auf Feststellung ihrer [X.]erechtigung an dem Unternehmen, das die [X.] (alt) vor und nach dem Krieg in [X.] werbend betrieben hatte und das im Juli 1950 liquidiert und in der Folge abgewickelt wurde. Klagegrund ist ihre [X.]ehauptung, die Liquidation und nachfolgende Abwicklung des Unternehmens sei von den damaligen [X.] Stellen durch unlautere Machenschaften im Sinne von § 1 Abs. 3 [X.] erzwungen worden. Damit stellt sie sich gegen die tatsächlichen Feststellungen zu Ziffer 1 des angefochtenen [X.]escheides, demzufolge die Liquidation von der [X.] (alt) freiwillig und allenfalls als Folge einer Auszehrung des wirtschaftlichen [X.]etätigungsfeldes des Unternehmens beschlossen worden sei, die auf Maßnahmen der [X.] [X.]esatzungsmacht zurückzuführen sei. Zu diesem Klagegrund verhält sich das Urteil des [X.] nicht. Es hat nicht die Ereignisse vor und bis Juli 1950 im [X.]lick, sondern die Ereignisse von 1953. Zwar leitet es die Gründe seiner Entscheidung, dass der [X.] die drei 1953 in [X.] überführten Grundstücke zurückzugeben seien, mit der [X.]emerkung ein, es handele sich um eine Unternehmensresterestitution im Sinne des § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.]; doch liegt dieser [X.]emerkung nicht die Feststellung zugrunde, dass der [X.] ein lebendes Unternehmen entzogen worden sei, zu dessen Vermögen die drei Grundstücke gehört hätten. Stattdessen leitet es den Restitutionsanspruch aus einem ganz anderen [X.], nämlich daraus her, dass die [X.]ehörden der [X.] die Überführung der Grundstücke in [X.] im Jahre 1953 zum Ausgleich einer in Wahrheit nicht bestehenden Geldforderung gegen das - bereits in Liquidation befindliche - Unternehmen erzwungen hätten. Diese Feststellung trägt seine Entscheidung. Sie erfüllt den Tatbestand der [X.], dessen [X.]erechtigter auch der Träger eines bereits in Abwicklung befindlichen Unternehmens sein kann; sie setzt eine zusätzliche Unternehmensschädigung nicht voraus (vgl. [X.]eschluss vom 27. Juli 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] 15.93 - [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 1; Urteil vom 28. März 2001 - [X.]VerwG 8 [X.] 6.00 - [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 42).

c) Das angefochtene Urteil beruht auf der fehlerhaften Anwendung von § 6 Abs. 1a Satz 4 [X.] und von § 121 VwGO. Daran ändert auch nichts, dass das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ([X.]) eine eigene Würdigung des Vorliegens der Voraussetzungen von § 1 Abs. 3 [X.] nachgeschoben hat. Denn das Verwaltungsgericht hat insoweit unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, es stütze seine Entscheidung nicht auf diese ergänzenden Ausführungen.

3. Das angefochtene Urteil ist auch nicht gemäß § 144 Abs. 4 VwGO aus anderen Gründen richtig. Das käme ohnehin nur in [X.]etracht, wenn auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] sowohl die Antragsberechtigung der [X.] nach § 6 Abs. 1a [X.] als auch deren [X.]erechtigung in Ansehung des Unternehmens nach § 1 Abs. 3 [X.] feststünde. Davon kann keine Rede sein. Es lässt sich schon nicht erkennen, dass die für einen ordnungsgemäßen Antrag auf Unternehmensrestitution erforderlichen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] erfüllt sind.

Dazu bedarf es zunächst der [X.]estimmung des [X.]. Dem angefochtenen Urteil lässt sich nicht entnehmen, worin das Verwaltungsgericht die gegen das (lebende) Unternehmen in der damaligen [X.] gerichtete(n) Schädigungsmaßnahme(n) im Sinne des § 1 Abs. 3 [X.] gesehen hat. Insbesondere ist im Unklaren geblieben, ob das Verwaltungsgericht die Schädigung in der Herbeiführung des [X.] vom 11. Juli 1950 mit unlauteren Mitteln gesehen hat oder ob es von einer bis zur Vollbeendigung des Unternehmens im Jahre 1953/54 gestreckten Unternehmensschädigung ausgegangen ist. Auch wenn die Vorschriften der Unternehmensrestitution nach § 6 [X.] nicht nur bei der Rückgabe eines lebenden Unternehmens oder [X.]etriebsteils eines solchen, sondern auch dann eingreifen, wenn sich der Rückgabeanspruch auf die nach der Stilllegung eines geschädigten Unternehmens verbliebenen Vermögensgegenstände richtet (§ 6 Abs. 6a Satz 1 [X.]), setzen sie die Schädigung eines lebenden Unternehmens voraus. Dies erfordert zwar nicht notwendig einen einheitlichen Entzugsakt. So können etwa auch Fälle von einem [X.] nach § 1 [X.] erfasst sein, in denen das wesentliche [X.]etriebsvermögen eines Unternehmens durch einzelne, unter Umständen auch zeitlich gestreckte Veräußerungsvorgänge an Dritte übertragen wurde. In jedem Falle muss bei wirtschaftlicher [X.]etrachtungsweise von einem durch Veräußerung, Enteignung oder durch eine vergleichbare Maßnahme bewirkten Entzug eines lebenden Unternehmens gesprochen werden können (stRspr, vgl. u.a. [X.]eschluss vom 27. Juli 1993 a.a.[X.] = juris Rn. 6). Die Unternehmensrestitution nach § 6 [X.] hat nur Vorrang (§ 3 Abs. 1 Satz 3 [X.]) vor der [X.] gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.], wenn die Schädigungsmaßnahme im Sinne von § 1 [X.] eine lebensfähige werbende Organisationseinheit getroffen hatte (Urteile vom 6. April 1995 - [X.]VerwG 7 [X.] 11.94 - [X.]VerwGE 98, 154 <158 f.> = [X.] 111 Art. 22 EV Nr. 10 und vom 28. März 2001 a.a.[X.] = juris Rn. 25). Die Vorschriften über die Unternehmensrestitution finden deshalb keine Anwendung, wenn der Geschäftsbetrieb des Unternehmens bereits vor der Durchführung schädigender Maßnahmen endgültig eingestellt und mit seiner Wiederaufnahme nicht zu rechnen war (vgl. Urteile vom 28. März 2001 a.a.[X.] S. 35 m.w.[X.] und vom 11. März 2004 - [X.]VerwG 7 [X.] 61.02 - [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 60 Rn. 11). Dazu fehlt es im Urteil des [X.] an näheren Feststellungen.

[X.]ezogen auf den Schädigungszeitpunkt müssen die vor der Schädigung vorhandenen Mitglieder der [X.] (alt) ermittelt werden. Dabei muss vermieden werden, auch diejenigen als Mitglieder anzusehen, die erst infolge der Schädigung in die Genossenschaft eingetreten sind. Auch wenn viel dafür spricht, ist bislang nicht abschließend geklärt, ob das bei den Verwaltungsvorgängen ([X.]A 4 [X.]l. 76) befindliche "Verzeichnis der persönlichen Genossen der Thüringer [X.], [X.]" vom 30. Juni 1948 den zum Schädigungszeitpunkt maßgeblichen Mitgliederbestand wiedergibt. Ebenso steht nicht fest, ob die dort aufgeführten Mitglieder, unter denen sich sowohl drei natürliche Personen mit 12 Anteilen als auch 35 juristische Personen (Genossenschaften, Vereine) mit 217 Anteilen befanden, oder ihre - ordnungsgemäß bestimmten - Rechtsnachfolger ausnahmslos namentlich bekannt sind und ob sie mit dem in § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] vorgesehenen Quorum von mehr als 50 vom Hundert der Anteile oder Mitgliedschaftsrechte des geschädigten Unternehmens den Anspruch auf Rückübertragung an das Unternehmen oder von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten fristgerecht angemeldet haben.

Der Anwendung des § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] steht nicht entgegen, dass das dort vorgeschriebene Quorum erst durch das Gesetz zur [X.]eseitigung von Hemmnissen bei der Privatisierung von Unternehmen und zur Förderung von Investitionen (Investitionshemmnisse-[X.]eseitigungsgesetz) vom 22. März 1991 ([X.]G[X.]l I S. 766) mit Wirkung vom 29. März 1991 eingeführt worden ist. Denn die durch dieses Gesetz bewirkten Änderungen des [X.]es finden entgegen der Auffassung des [X.] auch auf solche Restitutionsverfahren Anwendung, die bei dessen Inkrafttreten bereits anhängig waren (Urteil vom 24. Februar 1994 - [X.]VerwG 7 [X.] 20.93 - [X.]VerwGE 95, 155 <157 f.> = [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 5). Die sofortige Geltung von Rechtsänderungen auch für die bei ihrem Inkrafttreten bereits anhängigen Verwaltungsverfahren ergibt sich schon aus dem allgemeinen Geltungsanspruch des jeweiligen Änderungsgesetzes, sofern dieser Anspruch nicht ausdrücklich auf später beginnende Verfahren beschränkt ist (vgl. - für Änderungen des Prozessrechts - [X.]VerfG, [X.]eschluss vom 7. Juli 1992 - [X.]VerfGE 87, 48 <64> m.w.[X.]). Eine solche [X.]eschränkung enthält das vorgenannte Gesetz vom 22. März 1991 nicht. Unabhängig davon ist das Restitutionsverfahren ohnehin erst durch den Antrag vom 24. April 1991 eingeleitet worden. Dass die Liquidatorin, die den Antrag für die [X.] gestellt hat, bereits in der Generalversammlung vom 19. Dezember 1990 bestellt und mit der Antragstellung beauftragt worden war, ändert daran nichts.

Meta

8 C 15/10

31.08.2011

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Gera, 1. Dezember 2009, Az: 3 K 238/06, Urteil

§ 1 Abs 3 VermG, § 2 Abs 1 VermG, § 6 Abs 1a S 2 VermG, § 6 Abs 1a S 4 VermG, § 121 VwGO, § 63 Nr 3 VwGO, § 256 Abs 2 ZPO, § 322 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 31.08.2011, Az. 8 C 15/10 (REWIS RS 2011, 3638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3638

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Enteignetes Unternehmen; Berechtigung; Entschädigung; Reprivatisierung


Referenzen
Wird zitiert von

EnVR 101/10

Au 6 K 16.1118

Au 3 K 14.705

VI-3 Kart 180/09 (V)

9 Ta 192/18

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