Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2010, Az. 8 C 18/09

8. Senat | REWIS RS 2010, 7130

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Gegenstand

Zum Restitutionsanspruch nach § 3 Abs. 1 Satz 10 VermG


Leitsatz

§ 3 Abs. 1 Satz 10 VermG findet auf solche Vermögenswerte Anwendung, die nach § 6 Abs. 6a Satz 1 VermG nicht restituierbar sind, weil sie vor der Stilllegung des Unternehmens "weggeschwommen" sind.

Tatbestand

1

Die Klägerin macht Ansprüche nach dem [X.] geltend hinsichtlich der Teilfläche des heutigen Grundstücks Flurstück Nr. ... der Flur ... der Gemarkung [X.], die vormals im Eigentum der Firma [X.] J. u. Co. i.L. stand.

2

Das streitgegenständliche und weitere Grundstücke, die Gegenstand anderer vermögensrechtlicher Verfahren sind, standen seit 1918 im Eigentum der Firma [X.] in [X.] Seit dem [X.] waren Gesellschafter der [X.] (50 %) und die Kinder des verstorbenen Bruders [X.], [X.] und [X.] J. (je 25 %). Alle Gesellschafter waren Angehörige der [X.] Glaubensgemeinschaft. Nachdem im August 1931 ein Vergleichsverfahren zur Abwendung des Konkurses der [X.] eröffnet und im September 1931 nach Bestätigung des Vergleichs wieder aufgehoben worden war, beschlossen die Gesellschafter am 21. Oktober 1931 die Auflösung der [X.] mit Wirkung zum 1. Oktober 1931. Das Geschäft nebst Firma und Übernahme der Aktiva und Passiva, jedoch mit Ausnahme der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Grundstücke ..., wurde an den bisherigen Gesellschafter [X.] veräußert. Hinsichtlich des [X.] in Form der Grundstücke wurde die Liquidation beschlossen und unter der neu angenommenen Firma "[X.] J. u. Co. i.L.", [X.], weitergeführt. Die Firma war im Handelsregister eingetragen; als Liquidatoren wurden [X.] sowie ein in [X.] ansässiger Rechtsanwalt bestellt. Auf mehrere Nachfragen des Amtsgerichts hinsichtlich des Standes des Liquidationsverfahrens antwortete der Liquidator zwischen Dezember 1932 und April 1937 regelmäßig dahingehend, dass die Liquidation noch nicht beendet werden konnte, weil die Lage am [X.] und die allgemeine wirtschaftliche Depression eine angemessene Verwertung des Grundbesitzes der [X.] derzeit nicht möglich mache. Zwei Parzellen wurden 1934 verkauft und die Erlöse an die [X.] zur anteilmäßigen Befriedigung abgeführt.

3

Mit Kaufvertrag vom 7. Juli 1937 wurden die der Firma [X.] J. u. Co. i.L. gehörenden Grundstücke (zusammen 29 375 qm, darunter auch das streitgegenständliche, später abgeteilte Flurstück Nr. ...) lasten- und [X.] der [X.] zur Errichtung von [X.] verkauft. Der Kaufpreis betrug 45 000 RM (1,53 RM/qm) und war durch die [X.] bei Auflassung der Grundstücke an die Verkäuferin zu zahlen. Die [X.] wurde am 11. Oktober 1937 im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Auf Antrag der Liquidatoren vom 18. Oktober 1937 wurde die Firma [X.] J. u. Co. i.L. am 26. Oktober 1937 im Handelsregister gelöscht.

4

Das streitgegenständliche Grundstück wurde nach 1945 als in Volkseigentum stehend in die [X.] des VEB ... und mit Vermögenszuordnungsbescheid vom 1. April 1992 auf den Eigentümer ... [X.] übertragen. Mit Kaufvertrag vom 10. November 1997 wurde es an [X.] und [X.] veräußert. Die Klägerin erklärte später ihre Zustimmung zu diesem Verkauf.

5

[X.] verstarb 1948 und wurde von seiner Witwe [X.] allein beerbt. Diese verstarb 1963 und wurde von ihrem Sohn [X.] beerbt, der 1973 verstarb und von seiner Witwe [X.] allein beerbt wurde. Die Klägerin ist alleinige Erbin der 1987 verstorbenen [X.] und [X.] J.

6

Am 12. September 1990 bevollmächtigte [X.] notariell beglaubigt die Klägerin, alle Anträge und Anfragen hinsichtlich des in [X.] befindlichen Grundbesitzes oder anderweitigen Vermögens, soweit es in ihrem oder im Eigentum ihres verstorbenen Ehemannes steht, zu stellen. Die Klägerin sei zudem befugt, den entsprechenden Grundbesitz und das anderweitige Vermögen zu beliebigen Bedingungen zu veräußern, auch schenkweise und auch an sich selbst. Die Klägerin übertrug ausweislich einer notariellen Beglaubigung vom 12. Februar 2001 die vermögensrechtlichen Ansprüche der [X.] im Oktober 1990 schenkweise an sich selbst.

7

Mit Antrag vom 18. September/1. Oktober 1990 meldete die Klägerin bei der Stadtverwaltung [X.] Ansprüche als Erbin für die Grundstücke in [X.], ... an. Ausweislich des Antrages waren beigefügt u.a. "Protokoll des Verkaufs von [X.] an die [X.] vom 7.7.1937" und "Verzichtserklärung von [X.] (wird nachgereicht)". Das Amt zur Regelung offener Vermögensfragen [X.] gab den Antrag zuständigkeitshalber nach § 25 [X.] an das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen ab.

8

Im Verwaltungsverfahren trug die Klägerin vor, der Verkauf der Grundstücke ihrer Familie sei unter Zwang erfolgt, da die Familie der [X.] Glaubensgemeinschaft angehört habe. [X.] sei in der sog. Reichskristallnacht ins [X.] verbracht worden. Die Liquidation der Firma [X.] J. u. Co. i.L. sei beschlossen worden, weil ihr Vater [X.] J. schon seit 1929 keine Kunden mehr gefunden habe. Mit Schreiben vom 18. Oktober 1996 wies das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen die Klägerin darauf hin, dass das ehemalige Unternehmen [X.] J. u. Co. i.L. Geschädigte wäre.

9

Mit Bescheid vom 17. Juni 2003 lehnte das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen den Antrag der Klägerin im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 [X.] lägen nicht vor.

Mit ihrer fristgemäß erhobenen Klage hat die Klägerin zunächst angekündigt zu beantragen, die Beklagte zu verpflichten, die im Einzelnen mit dem Altbestand angeführten Grundstücke an die Klägerin zurück zu übertragen. Das Verwaltungsgericht hat durch Beschluss vom 28. September 2004 die Verfahren nach den einzelnen Flurstücknummern und den jeweiligen Verfügungsberechtigten abgetrennt und unter neuen Aktenzeichen weitergeführt. Mit Beschluss vom 10. März 2008 hat es im vorliegenden Verfahren die B. beigeladen.

In der mündlichen Verhandlung vom 6. November 2008 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nach Erörterung der Sach- und Rechtslage beantragt, den Bescheid des [X.]es zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. Juni 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Berechtigung der Klägerin bezüglich der Teilfläche des heutigen Flurstücks Nr. ... der Flur ... von [X.], Blatt ..., die vormals das [X.] der Firma [X.] J. u. Co. i.L. ausmachte, festzustellen. Daraufhin hat das Verwaltungsgericht die Beiladung der B. aufgehoben.

Mit Urteil vom 6. November 2008 hat das Verwaltungsgericht den Bescheid des [X.]es zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. Juni 2003 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet festzustellen, dass das ehemalige Unternehmen [X.] J. u. Co. i.L. Berechtigte im Sinne des [X.]es in Bezug auf die im Grundbuch von [X.] auf Blatt ... eingetragene Teilfläche des Flurstücks Nr. ... ist, die vormals im Eigentum der Firma [X.] J. u. Co. i.L. stand. Zur Begründung hat es insbesondere ausgeführt, die Klägerin habe einen Anspruch auf die Feststellung der Beklagten, dass die Firma [X.] J. u. Co. i.L. Berechtigte im Sinne des § 6 Abs. 1a Satz 1 [X.] bezüglich des in Streit stehenden Grundstücks ist. Der entgegenstehende Bescheid des [X.]es zur Regelung offener Vermögensfragen sei rechtswidrig und verletze die Klägerin in ihren Rechten. Gemäß § 6 Abs. 1a Satz 1 [X.] sei Berechtigter bei der Rückgabe oder Rückführung eines Unternehmens derjenige, dessen Vermögenswerte von Maßnahmen nach § 1 [X.] betroffen seien. Der Anspruch der Klägerin hinsichtlich des streitgegenständlichen Flurstückes richte sich entsprechend dem Normzweck nach § 6 Abs. 1, Abs. 6a Satz 1 [X.] und nicht nach § 3 Abs. 1 [X.], der Ansprüche der Einzelrestitution betreffe. Das Unternehmen selbst habe seinen Geschäftsbetrieb eingestellt und könne nicht mehr zurückgegeben werden. Der Antrag der Klägerin erfülle das erforderliche Quorum nach § 6 Abs. 1a [X.]. Die Klägerin sei alleinige Rechtsnachfolgerin nach [X.] und [X.] und repräsentiere damit 50 % der Anteile. Weitere Anteile könne sie nicht in eigenem Namen auf sich vereinen. Sie habe allerdings als Vertreterin der [X.] wirksam Ansprüche angemeldet. Die von der Klägerin aufgrund der von [X.] erteilten Vollmacht vorgenommene Abtretung der vermögensrechtlichen Ansprüche an sich selbst sei nicht wirksam im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 3 [X.]. Für die Anmeldung sei die Unwirksamkeit der Abtretung aber unschädlich, weil ihre Wirksamkeit nicht rückwirkend, sondern nur mit Wirkung für die Zukunft entfallen sei. Daraus folge, dass die von der Klägerin zuvor vorgenommenen Rechtshandlungen, die Anmeldung der vermögensrechtlichen Ansprüche für [X.] als deren bevollmächtigte Vertreterin, ihre Wirksamkeit behalte. [X.] repräsentiere als Erbeserbin nach [X.] weitere 50 % der Anteile der ehemaligen Firma [X.] J. u. Co. i.L. Die Voraussetzungen des Schädigungstatbestandes des § 1 Abs. 6 Satz 1 [X.] seien gegeben. Die Vermutung des § 1 Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Art. 3 Abs. 2 und 3 [X.], dass es sich bei dem Verkauf der Grundstücke um einen verfolgungsbedingten Vermögensverlust gehandelt habe, sei nicht widerlegt.

Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] haben sowohl die Klägerin als auch die Beklagte Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 12. Februar 2009 half das Verwaltungsgericht den Beschwerden ab und ließ die Revision zu.

Die Klägerin hat zunächst angekündigt, die Herausgabe des der Teilfläche entsprechenden [X.] an sie selbst zu beantragen. Im erstinstanzlichen Verfahren habe sie ihren Klageantrag auf die Berechtigtenfeststellung beschränkt. Nachdem das Verfahren jedoch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden sei, verfolge sie ihren Hauptsacheanspruch mit dem Revisionsantrag weiter.

Die Entscheidung des [X.] zu Gunsten der Firma [X.] J. u. Co. i.L. verletze ihre Dispositionsbefugnis. Sie habe mit ihrem Antrag im erstinstanzlichen Verfahren die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihre Berechtigung - und nicht diejenige der [X.] - festzustellen. Eine Rückübertragung des untergegangenen Unternehmens sei ausdrücklich nicht beantragt worden.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

unter Aufhebung des Bescheids des [X.]es zur Regelung offener Vermögensfragen vom 17. Juni 2003 und des Urteils des [X.] Gera vom 6. November 2008 die Beklagte zu verpflichten, die Berechtigung der Klägerin bezüglich der Teilfläche des heutigen Flurstücks Nr. ... der Flur ..., eingetragen im Grundbuch von [X.], Blatt ..., die vormals ein [X.] der Firma [X.] J. u. Co. i.L. war, festzustellen

und

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Im Übrigen hat die Klägerin ihre Revision zurückgenommen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen

und

das Urteil des [X.] Gera vom 6. November 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Das Urteil des [X.] verletze § 30 Abs. 1 Satz 1 [X.], weil für das Unternehmen [X.] J. u. Co. i.L., dessen Berechtigung an dem betroffenen Vermögenswert festgestellt werden solle, keine Anmeldung vorgenommen worden sei. Deshalb bestehe auch kein materieller Anspruch auf Feststellung der Berechtigung des Unternehmens. Die Klage sei unbegründet, weil die Klägerin die Feststellung ihrer eigenen Berechtigung nicht beanspruchen könne.

Entscheidungsgründe

Soweit die Klägerin ihre Revision zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 140 Abs. 1, § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1, § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Die im Übrigen zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des [X.] verletzt zwar [X.]undesrecht (1.); die Klägerin hat aber keinen Anspruch auf Feststellung ihrer [X.]erechtigung an dem streitgegenständlichen Vermögenswert (2.). Die Revision der [X.]eklagten ist zulässig und begründet (3.).

1. Das Urteil des [X.] verletzt [X.]undesrecht. Mit der Verpflichtung der [X.]eklagten, die [X.]erechtigung der [X.] u. [X.]o. i.L. hinsichtlich des streitgegenständlichen Grundstücks festzustellen, ist das Verwaltungsgericht über das [X.]egehren der Klägerin, ihre [X.]erechtigung festzustellen, hinausgegangen und hat damit § 88 VwGO verletzt. Dieser Antrag beinhaltete die Rechtsbehauptung, ihr selbst stehe ein Anspruch auf [X.] zu. Stattdessen hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass die [X.]eklagte die Firma [X.] u. [X.]o. i.L. als [X.]erechtigte festzustellen habe. Für diese Entscheidung hätte es eines Klageantrags bedurft, der die geschädigte [X.]in als Restitutionsberechtigte zum Gegenstand hat. Das Verwaltungsgericht hatte die Klägerin im vorbereitenden Verfahren ausdrücklich darauf hingewiesen. Die Klägerin hat dennoch in der mündlichen Verhandlung daran festgehalten, dass sie selbst und nicht die [X.]in als [X.]erechtigte festzustellen sei. Das Verwaltungsgericht verletzt deshalb die Dispositionsbefugnis der Klägerin, wenn es einen [X.]erechtigten feststellt, der es nach dem Willen der Klägerin nicht sein soll. Auch wenn dieser Wille auf einer fehlerhaften Rechtsauffassung beruht, ist das Verwaltungsgericht gehindert, das ausdrücklich nicht Gewollte zuzusprechen.

Eine Auslegung des Antrags der Klägerin dahingehend, dass sie die Feststellung der [X.]erechtigung der Firma [X.] u. [X.]o. i.L. begehrt, ist nicht möglich. Hiergegen spricht auch, dass für diesen [X.] kein Restitutionsantrag gemäß § 30 Abs. 1 [X.] in der Frist des § 30a Abs. 1 Satz 1 [X.] gestellt wurde. Zwar hätte die Klägerin ihren Antrag vom 18. September 1990 unter Umständen dahingehend konkretisieren können, dass sie für das ehemalige Unternehmen [X.] u. [X.]o. i.L. Ansprüche geltend macht. Das [X.] zur Regelung offener Vermögensfragen hat sie darauf ausdrücklich hingewiesen. Es mag auch sein, dass der Antrag der Klägerin zusammen mit den von ihr nach ihrer Auffassung ebenfalls geltend gemachten Ansprüchen der [X.] das erforderliche Quorum gemäß § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] erreicht hätte. Die Klägerin hat aber mehrfach und ausdrücklich auch im Klage- und im Revisionsverfahren immer wieder darauf bestanden, dass sie nicht für den [X.] [X.] u. [X.]o. i.L., sondern im eigenen Namen Antragstellerin ist und [X.]erechtigte sei. Im Revisionsverfahren hat sie darüber hinaus die Auffassung vertreten, dass die Firma [X.] u. [X.]o. i.L. kein Unternehmen im Sinne des § 6 [X.] gewesen sei.

2. Die Revision der Klägerin ist unbegründet, weil sie keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Person als [X.]erechtigte hat. Einer Zurückverweisung an das Verwaltungsgericht zur weiteren Aufklärung bedarf es nicht. Der [X.] kann vielmehr in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO) und die Klage abweisen, da das Verwaltungsgericht die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil getroffen hat.

[X.]erechtigte im Sinne des [X.]es sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 [X.] natürliche und juristische Personen sowie Personenhandelsgesellschaften, deren Vermögenswerte von Maßnahmen gemäß § 1 [X.] betroffen sind, sowie ihre Rechtsnachfolger. Das [X.] differenziert dabei danach, ob die Schädigung im Sinne des § 1 [X.] einen einzelnen Vermögensgegenstand oder ein Unternehmen betraf. Der [X.]erechtigte hat daher nicht die Wahl zwischen einem Anspruch auf das Unternehmen als Ganzes und der Rückforderung einzelner Teile, insbesondere der [X.] (§ 3 Abs. 1 Satz 3 [X.]). Maßgeblich für die Anwendbarkeit der die [X.] ausschließenden Vorschriften des § 6 [X.] ist, ob das Unternehmen als solches oder ein einzelner Vermögensgegenstand einer Schädigung im Sinne des § 1 [X.] ausgesetzt war (stRspr; vgl. Urteil vom 28. März 2001 - [X.]VerwG 8 [X.] 6.00 - [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 42 m.w.N.). Ob die Rückübertragung eines Unternehmens begehrt wird, richtet sich nach dem Antrag. Dabei ist nicht auf den Wortlaut des [X.], sondern maßgeblich darauf abzustellen, wie der Antrag nach den gesamten Umständen des Falles zu verstehen ist (vgl. [X.]eschluss vom 27. Juli 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] 15.93 - [X.] 112 § 6 [X.] Nr. 1).

Die Klägerin hat das gesamte Verfahren über ausdrücklich darauf bestanden, dass sie keine Unternehmensrestitution begehrt, sondern einen Anspruch auf [X.] geltend macht. Als [X.] im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] kann ihr der geltend gemachte Anspruch nicht zustehen, weil der durch den Verkauf der Grundstücke am 7. Juli 1937 gegebenenfalls Geschädigte nur der damalige Eigentümer des Grundstücks, die [X.] u. [X.]o. i.L., sein kann. Die Klägerin ist zwar Rechtsnachfolgerin einzelner Gesellschafter, nicht aber Rechtsnachfolgerin der [X.] u. [X.]o. i.L. Deshalb kann sie insoweit nicht [X.]erechtigte sein (vgl. dazu auch Urteil vom 17. Dezember 1993 - [X.]VerwG 7 [X.] 5.93 - [X.]VerwGE 95, 1<5> = [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 4, demzufolge sich, wenn der Rechtsträger des entzogenen Unternehmens [X.]erechtigter ist, die Annahme verbietet, dass der diesem zustehende Anspruch auch durch Rückgabe der Vermögensgegenstände an die Gesellschafter des [X.]erechtigten erfüllt werden kann.).

Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich ihre [X.]erechtigtenstellung nicht aus § 6 Abs. 10 Satz 6 [X.]. Diese Regelung findet, wie sich aus ihrer systematischen Stellung ergibt, nur im Fall der Unternehmensrestitution, nicht aber im Fall der [X.] Anwendung. Darüber hinaus trifft sie nur eine Regelung über die Abwicklung des rückgabeberechtigten Unternehmens (vgl. Urteil vom 17. Dezember 1993 a.a.[X.]), nämlich zu der Frage, ob ein nicht mehr bestehendes und gemäß § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] wiederbelebtes Unternehmen im Register eingetragen werden muss. Die Vorschrift begründet aber keine selbstständigen Ansprüche auf Rückgabe oder [X.]erechtigtenfeststellung.

Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich vorliegend der Sache nach um einen Fall der Unternehmensrestitution handelt, steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Das Unternehmen [X.] u. [X.]o. i.L., dessen Unternehmenszweck auf die eigene Abwicklung durch Verkauf des Gesellschaftsvermögens gerichtet war, hatte mit dem Verkauf der das Gesellschaftsvermögen noch ausmachenden Grundstücke am 7. Juli 1937 an die [X.] den Geschäftsbetrieb eingestellt. Da die tatsächlichen Voraussetzungen für die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs nach vernünftiger kaufmännischer [X.]eurteilung fehlen, ist eine Rückübertragung des Unternehmens jedoch gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 [X.] ausgeschlossen. In [X.]etracht käme zwar, wenn man die Erfüllung des [X.] gemäß § 6 Abs. 1a Satz 2 [X.] durch die Antragstellung der Klägerin zugleich im Namen ihrer Tante [X.] unterstellt, ein Anspruch auf Rückübertragung des streitgegenständlichen Grundstücks nach den Grundsätzen der sog. Trümmerrestitution im Sinne des § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.]. Dieser Anspruch würde allerdings wiederum nur der wiederbelebten [X.] u. [X.]o. i.L. zustehen, deren Rechtsnachfolgerin die Klägerin nicht ist.

Als Rechtsnachfolgerin einzelner Gesellschafter der [X.] u. [X.]o. i.L. könnte der Klägerin allenfalls ein Anspruch auf Einräumung von [X.]ruchteilseigentum gemäß § 3 Abs. 1 Satz 10 i.V.m. Satz 4 und 5 [X.] zustehen. Diese sog. ergänzende [X.] kommt hier allerdings nicht zur Anwendung:

Die im Wesentlichen durch das Wohnraummodernisierungssicherungsgesetz (WoModSiG vom 17. Juli 1997 - [X.]G[X.]l I S. 1823, 1828) konkretisierte Regelung stellt zu Gunsten der gemäß § 1 Abs. 6 [X.] Geschädigten eine Sonderregelung und eine Ausnahme von dem Grundsatz dar, dass eine Rückübertragung von Vermögenswerten, die vor der Stilllegung eines Unternehmens "weggeschwommen" sind, ausscheidet (vgl. [X.]eschluss vom 22. Dezember 1999 - [X.]VerwG 7 [X.] 141.99 - [X.] 428 § 6 [X.] Nr. 37). Aus dieser Sonderregelung erschließt sich die Abgrenzung zwischen § 3 Abs. 1 Satz 10 und § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.]: Ein Wahlrecht zwischen beiden Anspruchsgrundlagen kann es bereits wegen der unterschiedlichen (Anspruchs-)[X.]erechtigten nicht geben. Die Sätze 4 ff. und auch der Satz 10 des § 3 Abs. 1 [X.] verfolgen das Ziel, dem früheren Gesellschafter die "wirtschaftliche Eigentümerstellung" in Höhe seines Anteils dadurch möglichst wieder einzuräumen, dass auch nach der Schädigung aus dem Unternehmensvermögen ausgeschiedene Vermögensgegenstände in die ([X.]ruchteils-)Restitution einbezogen werden (Urteil vom 2. April 2008 - [X.]VerwG 8 [X.] 7.07 - [X.] 428 § 3 [X.] Nr. 69 S. 30 f.). Sie ergänzen damit die Unternehmensrestitution einschließlich der Restitution von Anteilsrechten und [X.] durch eine [X.]. Aus dieser (bloß) ergänzenden Funktion - hier: zur Restitution von [X.] nach § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.] - folgt, dass der Restitution nach § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.] Vorrang zukommt. § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.] ist auf jene Vermögensgegenstände anzuwenden, die sich im Zeitpunkt der Schädigung des Unternehmens in seinem Eigentum befanden und zum Zeitpunkt der Stilllegung des Unternehmens zu seinem Vermögen gehörten. Demgegenüber findet § 3 Abs. 1 Satz 10 [X.] Anwendung auf solche Vermögenswerte, die nach § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.] nicht restituierbar sind, weil sie vor der Stilllegung des Unternehmens weggeschwommen sind.

Geht man davon aus, dass auch die [X.] u. [X.]o. i.L. als Liquidationsgesellschaft noch als werbendes Unternehmen anzusehen war - nur für diesen Fall kommen überhaupt § 3 Abs. 1 Satz 10 und § 6 Abs. 6a [X.] als Rechtsgrundlagen in [X.]etracht -, so fiel die Stilllegung des Unternehmens mit der Schädigung zusammen. Die am 7. Juli 1937 an die [X.] verkauften Grundstücke stellten das restliche Unternehmensvermögen dar. Mit diesem Verkauf wurde der Geschäftsbetrieb faktisch eingestellt. Gleichzeitig war der Unternehmenszweck, nämlich der Verkauf des Gesellschaftsvermögens, erfüllt. Das reicht für die Annahme der Stilllegung aus, weil dafür auf eine wirtschaftliche [X.]etrachtungsweise abzustellen ist (vgl. [X.]eschluss vom 27. Juli 1993 a.a.[X.]; Urteil vom 28. März 2001 a.a.[X.] S. 35 f.). Fällt die Stilllegung mit der Schädigung zusammen, so kommt als Rechtsgrundlage einer Rückübertragung nur § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.] in [X.]etracht. Für eine Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 10 [X.] ist daneben kein Raum.

Der Anspruch nach § 6 Abs. 6a Satz 1 [X.] könnte aber, wie dargelegt wiederum nur von der [X.] u. [X.]o. i.L. geltend gemacht werden, nicht von der Klägerin.

Auf die von der Klägerin darüber hinaus aufgeworfene Frage, ob die Abtretung der Ansprüche der [X.] an die Klägerin wirksam war, kommt es für das vorliegende Verfahren nicht an.

Auch die Auffassung der Klägerin, aus der Trennung der Verfahren nach einzelnen Flurstücken durch das Verwaltungsgericht ergebe sich, dass es sich um einen Fall der [X.] handeln müsse und ihr Anspruch begründet sei, trifft nicht zu. Zum einen ist eine solche prozessuale Maßnahme des [X.] nicht geeignet, den [X.]harakter des materiellen Anspruchs zu verändern; zum anderen würde auch die Annahme einer [X.] - wie oben dargelegt - der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, weil dieser Anspruch nicht der Klägerin, sondern der [X.] u. [X.]o. i.L. zustehen würde.

3. Die Revision der [X.]eklagten ist begründet. Das Urteil des [X.] verletzt [X.]undesrecht, weil es gegen § 88 VwGO verstößt. Es stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (s.o.1.). Da, wie oben dargelegt, der Anspruch der Klägerin auf Feststellung ihrer [X.]erechtigung unbegründet ist, musste die Klage abgewiesen werden, was das Ziel der Revision der [X.]eklagten war.

Meta

8 C 18/09

28.04.2010

Bundesverwaltungsgericht 8. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Gera, 6. November 2008, Az: 6 K 1540/04, Urteil

§ 3 Abs 1 S 1 VermG, § 3 Abs 1 S 10 VermG, § 6 Abs 6a VermG, § 6 Abs 10 S 6 VermG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 28.04.2010, Az. 8 C 18/09 (REWIS RS 2010, 7130)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7130

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