Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.07.2016, Az. KZR 6/15

Kartellsenat | REWIS RS 2016, 8425

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Gegenstand

Unbegründetheit einer Anhörungsrüge: Umfang des vom Gericht berücksichtigten Parteivorbringens zur echten Schiedsgerichtseigenschaft des CAS und zur Wirksamkeit einer Schiedsvereinbarung


Tenor

Die Anhörungsrüge gegen das Senatsurteil vom 7. Juni 2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe

1

Die gemäß § 321a ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Anhörungsrüge ist nicht begründet. Zu Unrecht meint die Anhörungsrüge, das [X.]surteil verletze den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör, weil es ihren Vortrag in mehreren Punkten nicht berücksichtige.

2

I. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern, und dass das Gericht das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht ([X.] 86, 133, 144; [X.], NJW-RR 2004, 1710, 1712; [X.], Beschluss vom 8. März 2016 - [X.], [X.] 2016, 228 Rn. 2 - Zentrales Verhandlungsmandat). Damit ist jedoch kein Anspruch darauf verbunden, dass jedes Argument ausdrücklich beschieden wird. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene [X.]vorbringen in Erwägung gezogen hat, auch wenn es die von einer [X.] gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen nicht teilt ([X.] 96, 205, 216 f.; [X.], Beschluss vom 7. Juli 2011 - [X.], [X.], 314 Rn. 12; Beschluss vom 8. März 2016, aaO). Geht das Gericht allerdings auf [X.] des Tatsachenvortrags einer [X.] zu einer Frage, die für das Verfahren von besonderer Bedeutung ist, nicht ein, lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war ([X.] 86, 133, 146; [X.], Beschluss vom 27. Juni 2007 - [X.], [X.]Z 173, 47 Rn. 31; Beschluss vom 8. März 2016, aaO).

3

II. Eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs liegt danach nicht vor.

4

1. Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der [X.] habe im Rahmen seiner Entscheidung, dass es sich beim [X.] (im Folgenden: [X.]) um ein echtes Schiedsgericht im Sinne der §§ 1025 ff. ZPO handelt, in mehreren Punkten ihren Vortrag übergangen.

5

Der [X.] hat sich mit den von der Klägerin angesprochenen Themenkomplexen in seiner Entscheidung befasst. Er ist jedoch nicht ihrer Auffassung gefolgt, dass eine einheitliche, von der der Athleten grundlegend unterschiedliche Interessenlage der Verbände in [X.] besteht, die es rechtfertigen würde, den Einfluss anderer Sportverbände oder der [X.] insbesondere auf die Schiedsrichterliste der Beklagten zu 2 zuzurechnen.

6

Soweit die Klägerin rügt, der [X.] sei, entgegen der Verfahrensordnung des [X.], davon ausgegangen, dass die von den [X.]en jeweils ausgewählten Schiedsrichter den Obmann des Schiedsgerichts bestimmten, vermag dies eine Gehörsverletzung gleichfalls nicht zu begründen. Der [X.] ist gem. § 559 ZPO an die - von den [X.]en nicht mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag angegriffenen - Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden, wonach der Präsident der Berufungsabteilung des [X.] nur dann den Vorsitzenden des Schiedsgerichts zu bestimmen habe, wenn sich die [X.]en insoweit nicht einigten. Im Übrigen stellt diese, von der tatsächlichen Regelung in der Verfahrensordnung des [X.], wonach bei einer Entscheidung durch ein Dreierschiedsgericht der Obmann stets durch den Präsidenten der zuständigen Abteilung des [X.] bestimmt wird, abweichende Feststellung des Berufungsgerichts lediglich einen von mehreren Aspekten dar, der für das Ergebnis der Entscheidung nicht von ausschlaggebender Bedeutung war. Auch die diesbezügliche Argumentation der Klägerin beruht auf der vom [X.] nicht geteilten Auffassung, wonach Athleten und Verbände in [X.] jeweils homogene Lager mit konträren Interessen bilden.

7

2. Ebenfalls ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, der [X.] habe bei der Beurteilung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung der [X.]en in mehreren Punkten ihren Vortrag übergangen.

8

Insbesondere bleibt die Rüge der Klägerin ohne Erfolg, der [X.] habe ihren Vortrag zu Art. 6 [X.] nicht berücksichtigt, wonach der [X.] nicht auf einem Gesetz beruhe, ein Anspruch der [X.] auf Öffentlichkeit nicht bestehe und kein "zweifelfreies Beweismaß" erforderlich sei. Für die Frage einer Verletzung von Art. 6 [X.] durch die Vereinbarung einer Schiedsklausel ist von zentraler Bedeutung, ob der Verzicht auf das Recht auf Zugang zu staatlichen Gerichten freiwillig erfolgt ist. Wenn dies der Fall ist, liegt nach der vom [X.] in seiner Entscheidung zitierten Rechtsprechung des [X.] jedenfalls bei Einhaltung rechtsstaatlicher Mindeststandards kein Verstoß gegen Art. 6 [X.] vor. Der [X.] hat sich mit der zentralen Frage eines freiwilligen Verzichts auf den Zugang zu staatlichen Gerichten, auch im Lichte der Rechtsprechung des [X.], auseinandergesetzt und einen solchen bejaht. dargelegt, dass bei Verfahren vor dem [X.] zumindest rechtsstaatliche Mindeststandards eingehalten sind. Ein detailliertes Eingehen auf die weiteren Einwendungen der Klägerin in Bezug auf Art. 6 [X.] war danach nicht mehr erforderlich.

9

Im Übrigen beruhen die von der Klägerin erhobenen [X.] auf ihrer vom [X.] abweichenden Rechtsauffassung. Eine Anhörungsrüge vermag dies nicht zu begründen.

[X.]                          Meier-Beck                              Raum

                    Strohn                                [X.]

Meta

KZR 6/15

12.07.2016

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend BGH, 7. Juni 2016, Az: KZR 6/15, Urteil

§ 321a ZPO, § 1025 ZPO, §§ 1025ff ZPO, § 19 Abs 1 GWB, Art 6 Abs 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.07.2016, Az. KZR 6/15 (REWIS RS 2016, 8425)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 8425

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I ZB 68/10

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