Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.05.2013, Az. 5 C 22/12

5. Senat | REWIS RS 2013, 5767

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Gegenstand

Ausbildungsförderung für Praktikum im Ausland


Leitsatz

Die Förderungsvoraussetzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 BAföG, dass Ausbildungsförderung für die Teilnahme an einem Praktikum im Ausland an Auszubildende von Berufsfachschulen nur zu leisten ist, wenn der Unterrichtsplan der Berufsfachschule die Durchführung des Praktikums zwingend im Ausland vorschreibt, verletzt das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht und ist demzufolge nicht anzuwenden.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt Ausbildungsförderung nach dem [X.] ([X.]) für ein Berufspraktikum in den [X.].

2

Die Klägerin ist [X.] Staatsangehörige. Sie besitzt die Fachhochschulreife. Anfang August 2005 begann sie an einer im Inland gelegenen Berufsfachschule eine Ausbildung im Bildungsgang allgemeine Hochschulreife und Erzieherin. Dieser Bildungsgang besteht aus einem theoretischen und einem fachpraktischen Ausbildungsabschnitt. Den theoretischen Abschnitt beendete die Klägerin im Juni 2008. Den fachpraktischen Abschnitt führte sie vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2009 an einer in den [X.] gelegenen Schule durch. Hierfür hatte sie im März 2008 Ausbildungsförderung nach dem [X.] beantragt und eine Bescheinigung der Berufsfachschule vorgelegt. In dieser erkannte die Berufsfachschule an, dass die fachpraktische Ausbildung an der in den [X.] gelegenen Schule den Anforderungen der Prüfungsordnung an die [X.] genüge. Ferner bestätigte sie, dass das Praktikum in Ausbildungsbestimmungen inhaltlich geregelt und der Besuch der in den [X.] gelegenen Ausbildungsstätte für die Ausbildung der Klägerin in der Fachrichtung Erziehung und Soziales förderlich sei.

3

Mit Bescheid vom 3. April 2008 lehnte die Beklagte die Gewährung von Ausbildungsförderung ab, weil der Unterrichtsplan der Berufsfachschule entgegen § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] nicht vorschreibe, dass das Praktikum zwingend im Ausland durchzuführen sei.

4

Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgeben und die Beklagte verpflichtet, der Klägerin für die Durchführung ihres Berufspraktikums in den [X.] in der [X.] vom 1. September 2008 bis zum 31. August 2009 Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Zwar sei die Voraussetzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] nicht erfüllt. Diese Vorschrift sei aber wegen Verstoßes gegen das unionsrechtliche Freizügigkeitsrecht nach Art. 20 Abs. 2 Buchst. a, Art. 21 Abs. 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der [X.] nicht anwendbar. Weitere Umstände, die einer Gewährung der Ausbildungsförderung entgegenstehen könnten, seien weder geltend gemacht noch sonst ersichtlich.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Es ist der Auffassung, dass die Beschränkung der Ausbildungsförderung gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] auf Praktika, deren Durchführung im Ausland durch den Unterrichtsplan der jeweiligen Berufsfachschule zwingend vorgeschrieben werde, mit Unionsrecht vereinbar und daher anzuwenden sei.

6

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Sie rügt eine Verletzung des Unionsrechts.

7

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet. Die ents[X.]heidungstragende Annahme des O[X.]verwaltungsgeri[X.]hts, das nationale Re[X.]ht stehe mit dem unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeitsre[X.]ht in Einklang, soweit vorausgesetzt werde, dass der Unterri[X.]htsplan der Berufsfa[X.]hs[X.]hule die Dur[X.]hführung des Praktikums zwingend im Ausland vors[X.]hreibt, verletzt [X.] Re[X.]ht im Sinne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

9

Die Klägerin, deren ausbildungsförderungsre[X.]htli[X.]hes [X.] si[X.]h na[X.]h der im streitgegenständli[X.]hen Bewilligungszeitraum geltenden Sa[X.]h- und Re[X.]htslage beurteilt (vgl. Urteil vom 10. Januar 2013 - [X.] 5 C 19.11 - zur Veröffentli[X.]hung in [X.] vorgesehen = juris Rn. 10), hat einen Anspru[X.]h auf Ausbildungsförderung für die Teilnahme an dem im [X.]raum vom 1. Septem[X.] 2008 bis 31. August 2009 in [X.] dur[X.]hgeführten Praktikum aus § 2 Abs. 1 Nr. 2 und § 5 Abs. 5 des Bundesgesetzes ü[X.] individuelle Förderung der Ausbildung ([X.] - [X.] -) in der Fassung der Bekanntma[X.]hung vom 6. Juni 1983 ([X.]), zuletzt geändert dur[X.]h Art. 1 des Zweiundzwanzigsten Gesetzes zur Änderung des [X.]es - 22. [X.]-ÄndG - vom 23. Dezem[X.] 2007 ([X.] 3254).

Dana[X.]h wird Ausbildungsförderung au[X.]h für die Teilnahme an einem Praktikum im Ausland geleistet, das im Zusammenhang mit dem Besu[X.]h einer im Inland gelegenen Berufsfa[X.]hs[X.]hule na[X.]h § 2 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gefordert wird, wenn die Ausbildungsstätte oder die zuständige Prüfungsstelle anerkennt, dass diese fa[X.]hpraktis[X.]he Ausbildung den Anforderungen der Prüfungsordnung an die [X.] genügt, und ausrei[X.]hende Spra[X.]hkenntnisse vorhanden sind; bei dem Besu[X.]h einer Berufsfa[X.]hs[X.]hule muss zudem na[X.]h deren Unterri[X.]htsplan die Dur[X.]hführung des Praktikums zwingend im Ausland vorges[X.]hrieben sein (§ 5 Abs. 5 Satz 1 [X.]). Das Praktikum im Ausland muss der Ausbildung na[X.]h dem Ausbildungsstand förderli[X.]h sein und mindestens zwölf Wo[X.]hen dauern (§ 5 Abs. 5 Satz 2 [X.]).

Wie mit den Beteiligten in der mündli[X.]hen Verhandlung erörtert, gehen diese zu Re[X.]ht ü[X.]einstimmend davon aus, dass alle Anspru[X.]hsvoraussetzungen na[X.]h nationalem Re[X.]ht mit Ausnahme der Förderungsvoraussetzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] erfüllt sind. Dana[X.]h muss bei dem Besu[X.]h einer Berufsfa[X.]hs[X.]hule in deren Unterri[X.]htsplan die Dur[X.]hführung eines Praktikums zwingend im Ausland vorges[X.]hrieben sein. Diese Voraussetzung erfüllt die Klägerin ni[X.]ht, weil der Unterri[X.]htsplan des von ihr besu[X.]hten Berufskollegs Entspre[X.]hendes ni[X.]ht vorsieht, sodass ein Anspru[X.]h auf Ausbildungsförderung hieran s[X.]heitern würde. Die na[X.]h nationalem Re[X.]ht ents[X.]heidungserhebli[X.]he Regelung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] ist jedo[X.]h mit dem unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeitsre[X.]ht na[X.]h Art. 20 Abs. 2 Bu[X.]hst. a, Art. 21 Abs. 1 des Vertrages ü[X.] die Arbeitsweise der [X.] - [X.] - in der Fassung der Bekanntma[X.]hung vom 9. Mai 2008 ([X.] Nr. [X.] vom 9. Mai 2008 S. 47 und [X.] 2008 S. 1038 <1054>; in [X.] für die [X.] seit dem 1. Dezem[X.] 2009, [X.] S. 1223), zuletzt geändert dur[X.]h Art. 2 [X.] 2012/419/[X.] vom 11. Juli 2012 ([X.] L 204 S. 131) ni[X.]ht vereinbar. Die Förderungsvoraussetzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] stellt eine Bes[X.]hränkung des unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeitsre[X.]hts dar (1.), die na[X.]h unionsre[X.]htli[X.]hen Maßstäben ni[X.]ht gere[X.]htfertigt ist (2.). Einer Vorabents[X.]heidung dur[X.]h den Geri[X.]htshof der [X.] na[X.]h Art. 267 [X.] bedarf es ni[X.]ht (3.). Der Vorrang des Unionsre[X.]hts führt dazu, dass die Vors[X.]hrift ni[X.]ht anzuwenden ist (4.).

1. Die Förderungsvoraussetzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] bes[X.]hränkt das unionsre[X.]htli[X.]he Freizügigkeitsre[X.]ht na[X.]h Art. 20 Abs. 2 Bu[X.]hst. a, Art. 21 Abs. 1 [X.], das im Wesentli[X.]hen wortglei[X.]h ist mit dem im Bewilligungszeitraum no[X.]h geltenden Art. 18 Abs. 1 des Vertrages zur Gründung der [X.] in der Fassung des [X.] vom 26. Februar 2001 ([X.] vom 10. März 2001 S. 1, [X.]. ABl EG Nr. [X.] vom 27. März 2001 S. 27 und [X.] 2001 S. 1666; in [X.] für die [X.] seit dem 1. Februar 2003, [X.] 2003 S. 1477), zuletzt geändert dur[X.]h den Beitrittsvertrag vom 25. April 2005 ([X.] Nr. L 157 vom 21. Juni 2005 S. 11, [X.]. [X.] Nr. L 149 vom 9. Juni 2007 S. 18 und [X.] 2006 S. 1146, [X.]. [X.] 2008 S. 1236; in [X.] für die [X.] seit dem 1. Januar 2007, [X.] 2007 S. 127).

Na[X.]h diesen Bestimmungen hat jeder Unionsbürger und damit au[X.]h jeder [X.] Staatsangehörige das Re[X.]ht, si[X.]h im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten vorbehaltli[X.]h der in den Verträgen und in den Dur[X.]hführungsvors[X.]hriften vorgesehenen Bes[X.]hränkungen und Bedingungen frei zu bewegen und aufzuhalten. Auf dieses Re[X.]ht kann si[X.]h ein Unionsbürger au[X.]h gegenü[X.] seinem Herkunftsmitgliedstaat [X.]ufen. Die Mitgliedstaaten sind zwar na[X.]h Art. 165 Abs. 1 [X.] für die Lehrinhalte und die Gestaltung ihrer jeweiligen Bildungssysteme zuständig. Sie müssen a[X.] diese Zuständigkeit unter Bea[X.]htung des Unionsre[X.]hts ausüben, und zwar insbesondere unter Bea[X.]htung des unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeitsre[X.]hts na[X.]h Art. 20 Abs. 2 Bu[X.]hst. a, Art. 21 Abs. 1 [X.]. Eine Bes[X.]hränkung dieses Re[X.]hts stellt es dar, wenn eine nationale Regelung eines Ausbildungsförderungssystems bestimmte eigene Staatsangehörige allein deswegen bena[X.]hteiligt, weil sie von ihrer Freiheit, si[X.]h in einen anderen Mitgliedstaat zu begeben sowie si[X.]h dort frei zu bewegen und aufzuhalten, Gebrau[X.]h ma[X.]hen. Die von Art. 20 Abs. 2 Bu[X.]hst. a, Art. 21 Abs. 1 [X.] auf dem Gebiet der Freizügigkeit den Unionsbürger gewährten Erlei[X.]hterungen könnten nämli[X.]h ni[X.]ht ihre volle Wirkung entfalten, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats von ihrer Wahrnehmung dur[X.]h Hindernisse abgehalten werden könnte, die seinem Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat infolge einer Regelung seines Herkunftsstaats entgegenstehen, die Na[X.]hteile allein daran knüpft, dass er von ihnen Gebrau[X.]h gema[X.]ht hat. Dies gilt angesi[X.]hts des mit Art. 165 Abs. 2 Spiegelstri[X.]h 2 [X.] verfolgten Ziels, die Mobilität von Lernenden und Lehrenden zu fördern, besonders im Berei[X.]h der Bildung. Ein Mitgliedstaat hat daher, wenn er ein Ausbildungsförderungssystem vorsieht, wona[X.]h Auszubildende bei einer Ausbildung in einem anderen Mitgliedstaat eine Ausbildungsförderung in Anspru[X.]h nehmen können, dafür Sorge zu tragen, dass die Modalitäten der Bewilligung dieser Förderung das Re[X.]ht, si[X.]h im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, ni[X.]ht ungere[X.]htfertigt bes[X.]hränken (vgl. [X.], Urteil vom 23. Okto[X.] 2007 - [X.]. [X.]/06 und [X.]/06, [X.] und [X.] - Slg. 2007, [X.] Rn. 22 und 24 - 28 m.w.[X.]).

Na[X.]h Maßgabe dieser unionsre[X.]htli[X.]hen Vorgaben liegt in der Förderungsvoraussetzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] eine Bes[X.]hränkung des unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeitsre[X.]hts. Das Erfordernis, dass die Dur[X.]hführung des Praktikums im Ausland na[X.]h dem Unterri[X.]htsplan der Berufsfa[X.]hs[X.]hule zwingend vorges[X.]hrieben sein muss, um Ausbildungsförderung erhalten zu können, ist geeignet, Unionsbürger von der Inanspru[X.]hnahme ihres Re[X.]hts auf Freizügigkeit abzuhalten. Denn die Aussi[X.]ht, keine Förderung zu bekommen, sondern die Kosten für ein Praktikum im Ausland selbst aufbringen zu müssen, kann dazu führen, dass in der [X.] lebende Unionsbürger davon absehen, ihr Praktikum in einem anderen Mitgliedstaat zu absolvieren.

2. Die Bes[X.]hränkung des unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeitsre[X.]hts ist ni[X.]ht gere[X.]htfertigt. Hierfür ist na[X.]h Unionsre[X.]ht erforderli[X.]h, dass die Bes[X.]hränkung der Freizügigkeit auf objektiven von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen des Allgemeininteresses [X.]uht und in angemessenem Verhältnis zu dem mit dem nationalen Re[X.]ht legitimerweise verfolgten Zwe[X.]k steht. Das verlangt, dass die Bes[X.]hränkung der Freizügigkeit zur Errei[X.]hung des na[X.]h Unionsre[X.]ht zulässigen ("legitimen") Ziels geeignet ist und ni[X.]ht ü[X.] das hinausgeht, was dazu notwendig ist (vgl. [X.], Urteil vom 23. Okto[X.] 2007 a.a.[X.] Rn. 33 m.w.[X.]). Das O[X.]verwaltungsgeri[X.]ht hat das Vorliegen dieser Voraussetzungen fehlerhaft bejaht.

Die Bes[X.]hränkung der [X.] gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] auf sol[X.]he Praktika, deren Dur[X.]hführung im Ausland na[X.]h dem Unterri[X.]htsplan der Berufsfa[X.]hs[X.]hule zwingend vorges[X.]hrieben ist, soll ausweisli[X.]h der Gesetzesmaterialien (vgl. BTDru[X.]ks 16/5172 S. 32) gewährleisten, dass si[X.]h die Auslandspraktika fa[X.]hli[X.]h-inhaltli[X.]h sinnvoll in die Gesamtausbildung einfügen (a) und zu einem [X.] führen (b) sowie die Kostenbelastung der öffentli[X.]hen Hand dur[X.]h die Förderung von Auslandspraktika im Zusammenhang mit dem Besu[X.]h einer Berufsfa[X.]hs[X.]hule mögli[X.]hst gering halten ([X.]). Soweit damit aus unionsre[X.]htli[X.]her Si[X.]ht ein legitimer Zwe[X.]k verfolgt wird und die Bes[X.]hränkung der unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeit zu dessen Errei[X.]hung geeignet ist, fehlt es an der Erforderli[X.]hkeit.

a) Das gesetzge[X.]is[X.]he Motiv, die [X.] bei dem Besu[X.]h einer Berufsfa[X.]hs[X.]hule auf sol[X.]he Auslandspraktika zu bes[X.]hränken, die si[X.]h fa[X.]hli[X.]h-inhaltli[X.]h sinnvoll in die Gesamtausbildung einfügen, ist zwar ein legitimer Zwe[X.]k im Sinne des Unionsre[X.]hts. Denn damit soll auf ein zielgeri[X.]htetes Praktikum hingewirkt werden, wel[X.]hes die Gewähr dafür bietet, dass die Auszubildenden an Berufsfa[X.]hs[X.]hulen ihre verglei[X.]hsweise kurzen Ausbildungsgänge in der dafür vorgesehenen [X.] erfolgrei[X.]h abs[X.]hließen. Dies entspri[X.]ht dem in der Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der [X.] als legitim anerkannten Anliegen, si[X.]herzustellen, dass Ausbildungsförderung nur denjenigen Auszubildenden gewährt wird, die zu einem erfolgrei[X.]hen Studium in der Lage sind und ihren Willen unter Beweis stellen, ihre Ausbildung erfolgrei[X.]h und zügig zu absolvieren und zum Abs[X.]hluss zu bringen (vgl. [X.], Urteil vom 23. Okto[X.] 2007 a.a.[X.] Rn. 36 m.w.N).

Die gesetzli[X.]he Anordnung, die Dur[X.]hführung des Praktikums im Ausland müsse im Unterri[X.]htsplan der Berufsfa[X.]hs[X.]hule zwingend vorges[X.]hrieben sein und der damit einhergehende Eingriff in die unionsre[X.]htli[X.]he Freizügigkeit, sind au[X.]h geeignet, um die angestrebte Bes[X.]hränkung der [X.] auf Auslandspraktika, die si[X.]h fa[X.]hli[X.]h-inhaltli[X.]h sinnvoll in die Gesamtausbildung einfügen, zu verwirkli[X.]hen. Dafür rei[X.]ht es aus, dass die Anordnung den angestrebten Erfolg fördern kann. Dass dies der Fall ist, liegt auf der Hand und bedarf keiner näheren Begründung.

Die Bes[X.]hränkung der unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeit erweist si[X.]h jedo[X.]h zur Errei[X.]hung des gesetzge[X.]is[X.]hen Ziels als ni[X.]ht erforderli[X.]h. Erforderli[X.]h in diesem Sinne ist eine gesetzli[X.]he Regelung, wenn der Gesetzge[X.] ni[X.]ht eine andere, glei[X.]h wirksame, a[X.] die unionsre[X.]htli[X.]he Freizügigkeit ni[X.]ht oder weniger stark eins[X.]hränkende Förderungsvoraussetzung hätte wählen können (st[X.]pr des [X.], vgl. z.B. Urteil vom 8. Juli 2010 - [X.]. [X.], Afton Chemi[X.]al - Slg. 2010, [X.] Rn. 45 sowie S[X.]hlussantrag der Generalanwältin [X.] vom 2. Okto[X.] 2012 in der [X.]. [X.]/12, [X.]/[X.], zur Veröffentli[X.]hung in der Sammlung der Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofes und des Geri[X.]hts Erster Instanz 2012 vorgesehen = juris Rn. 32 jeweils m.w.[X.] s.a. zum grundre[X.]htseins[X.]hränkenden Gesetz [X.], Bes[X.]hluss vom 9. März 1994 - 2 BvL 43/92 u.a. - [X.]E 90, 145 <173>). So verhält es si[X.]h hier ni[X.]ht.

Dem Anliegen des Gesetzge[X.]s, dass si[X.]h Auslandspraktika fa[X.]hli[X.]h-inhaltli[X.]h sinnvoll in die Gesamtausbildung einfügen, wird [X.]eits dur[X.]h die in § 5 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 [X.] für alle Auslandspraktika geforderte allgemeine Förderli[X.]hkeit wirkungsvoll und hinrei[X.]hend Re[X.]hnung getragen. Damit ist gemeint, dass der Auszubildende ü[X.] die reine Erweiterung seines Fa[X.]hwissens hinaus dur[X.]h Einbli[X.]k in einen anderen Lebens- und Kulturkreis eine allgemeine Horizonterweiterung erfährt, die ihm in seinem späteren Berufsleben von Nutzen sein kann. Da dies verlangt, dass die inländis[X.]he Ausbildung des Bewer[X.]s für ein Auslandspraktikum einen gewissen Stand errei[X.]ht, der Auszubildende also an einer inländis[X.]hen Ausbildungsstätte in der gewählten Fa[X.]hri[X.]htung [X.]eits (theoretis[X.]he) Grundkenntnisse erworben hat (vgl. Urteil vom 12. Juli 2012 - [X.] 5 C 14.11 - [X.]E 143, 314 Rn. 14 = [X.] 436.36 § 5 [X.] Nr. 10 jeweils m.w.[X.]), wird zuglei[X.]h si[X.]hergestellt, dass der fa[X.]hpraktis[X.]he Ausbildungsabs[X.]hnitt im Ausland fa[X.]hli[X.]h-inhaltli[X.]h sinnvoll in die Gesamtausbildung eingegliedert wird.

b) Das weitere gesetzge[X.]is[X.]he Ziel des "[X.]" ist je na[X.]hdem, wie der Begriff verstanden wird, aus unionsre[X.]htli[X.]her Si[X.]ht entweder kein legitimer Zwe[X.]k oder die Förderungsvoraussetzung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] geht ü[X.] das zu seiner Verwirkli[X.]hung Notwendige hinaus, weshalb letztli[X.]h offenbleiben kann, wel[X.]hes Begriffsverständnis der Gesetzge[X.] zugrunde gelegt hat.

Sofern mit dem O[X.]verwaltungsgeri[X.]ht davon auszugehen wäre, dass für den [X.] eine verglei[X.]hende Betra[X.]htung zwis[X.]hen einem im Inland und einem in einem anderen Mitgliedstaat der [X.] dur[X.]hgeführten Praktikum geboten und der geforderte [X.] nur gegeben ist, wenn das Auslandspraktikum einen größeren Nutzen für die Ausbildung erwarten lässt als ein im Inland dur[X.]hgeführtes Praktikum, wäre dies kein legitimer Zwe[X.]k im Sinne des Unionsre[X.]hts, sondern eine ni[X.]ht gere[X.]htfertigte Diskriminierung. Damit würde das nationale Re[X.]ht einen grenzü[X.]s[X.]hreitenden Vorgang notwendig s[X.]hle[X.]hter als einen rein internen behandeln. Es sind keine hinrei[X.]henden Gründe des Allgemeinwohls erkennbar, die es re[X.]htfertigen, dass der nationale Gesetzge[X.], der grundsätzli[X.]h sowohl für die Teilnahme an einem Praktikum im Inland (na[X.]h § 2 Abs. 4 [X.]) als au[X.]h für die Teilnahme an einem Praktikum, das in einem anderen Mitgliedstaat dur[X.]hgeführt wird, einen Anspru[X.]h auf Ausbildungsförderung einräumt, letztere auf sol[X.]he Auslandspraktika bes[X.]hränkt, die ein Mehr an fa[X.]hli[X.]hen und [X.]ufli[X.]hen Kenntnissen als ein verglei[X.]hbares Inlandspraktikum vermitteln.

Sollte mit dem [X.] hingegen das Glei[X.]he gemeint sein wie mit der allgemeinen Förderli[X.]hkeit im Sinne des § 5 Abs. 5 Satz 2 Alt. 1 [X.], erweist si[X.]h die Bes[X.]hränkung der Freizügigkeit zur Errei[X.]hung des [X.] aus den [X.]eits dargelegten Gründen als ni[X.]ht erforderli[X.]h.

[X.]) Die mit der Einfügung des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] verfolgte Absi[X.]ht des Gesetzge[X.]s, die Kosten, die dur[X.]h die staatli[X.]he Förderung von Auslandspraktika im Rahmen des Besu[X.]hs einer Berufsfa[X.]hs[X.]hule entstehen, mögli[X.]hst gering zu halten, bildet kein legitimes Anliegen im Sinne des Unionsre[X.]hts.

Es handelt si[X.]h dabei um ein rein wirts[X.]haftli[X.]hes Motiv. Ein derartiges Motiv kann na[X.]h der ständigen Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der [X.] keinen zwingenden Grund des Allgemeininteresses darstellen, der eine Bes[X.]hränkung einer vom Vertrag garantierten Grundfreiheit re[X.]htfertigen könnte (vgl. z.B. Urteile vom 11. März 2010 - [X.]/08, [X.] - Slg. 2010, [X.] Rn. 55 und vom 17. März 2005 - [X.]/04, [X.] - Slg. 2005, [X.] Rn. 34 m.w.[X.]).

Etwas anderes ergibt si[X.]h au[X.]h ni[X.]ht aus der Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der [X.], dass es legitim sein kann, dass ein Mitgliedstaat die Gewährung von Ausbildungsförderung an Auszubildende, die eine Ausbildung in anderen Mitgliedstaaten absolvieren mö[X.]hten, eins[X.]hränkt, um zu verhindern, dass sie zu einer ü[X.]mäßigen Belastung wird, die Auswirkungen auf das gesamte Niveau der Beihilfe haben könnte, die der Mitgliedstaat gewähren kann (vgl. Urteil vom 23. Okto[X.] 2007 a.a.[X.] Rn. 43 - 44 m.w.[X.]). Es wurde ni[X.]ht geltend gema[X.]ht und ist au[X.]h ni[X.]ht erkennbar, dass dieser Ausnahmefall vorliegt.

3. Der Senat kann ohne Anrufung des Geri[X.]htshofs der [X.] ents[X.]heiden, dass das unionsre[X.]htli[X.]he Freizügigkeitsre[X.]ht der Anwendung des nationalen Re[X.]hts entgegensteht.

Der unionsre[X.]htli[X.]he Maßstab für die Annahme einer Bes[X.]hränkung des Freizügigkeitsre[X.]hts na[X.]h Art. 20 Abs. 2 Bu[X.]hst. a, Art. 21 Abs. 1 [X.] und deren Re[X.]htfertigung lässt si[X.]h gerade au[X.]h in Bezug auf nationale Regelungen der Ausbildungsförderung - wie dargelegt - [X.]eits aus der bisherigen Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der [X.] klar und eindeutig ("a[X.]te [X.]lair") entnehmen, sodass für einen vernünftigen Zweifel keinerlei Raum bleibt (vgl. [X.], Urteil vom 6. Okto[X.] 1982 - [X.]. [X.]/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 16 und 21). Die davon zu unters[X.]heidende Frage, ob die nationale Vors[X.]hrift des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] und ihre Anwendungspraxis tatsä[X.]hli[X.]h den Zielen, die sie re[X.]htfertigen könnten, entspri[X.]ht und ob die damit verbundene Bes[X.]hränkung der unionsre[X.]htli[X.]hen Freizügigkeit ni[X.]ht im Hinbli[X.]k auf diese Ziele unverhältnismäßig sind, ist vom nationalen Geri[X.]ht zu beantworten (st[X.]pr des [X.], vgl. z.B. Urteil vom 3. Juni 2010 - [X.]. [X.]/08, [X.]. 2010, [X.] Rn. 22 m.w.[X.]; s.a. [X.], Urteile vom 24. Novem[X.] 2010 - [X.] 8 C 15.09 - [X.] 2011, 307 und vom 26. Okto[X.] 1995 - [X.] 2 C 18.94 - [X.] 232 § 80b BBG Nr. 2 = DVBl 1996, 513).

4. Die Unvereinbarkeit des nationalen Re[X.]hts mit Art. 20 Abs. 2 Bu[X.]hst. a, Art. 21 Abs. 1 [X.] führt mangels einer mögli[X.]hen unionsre[X.]htskonformen Auslegung zu einem Anwendungsverbot des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.].

Eine unionsre[X.]htskonforme Auslegung findet ihre Grenze in dem Wortlaut der jeweiligen Vors[X.]hrift und dem klar erkennbaren Willen des Gesetzge[X.]s (vgl. Urteil vom 25. Novem[X.] 2004 - [X.] 2 C 49.03 - [X.]E 122, 244 <249> = [X.] 239.1 § 4 [X.] Nr. 2 S. 5). Na[X.]h dem eindeutigen Wortlaut des § 5 Abs. 5 Satz 1 Halbs. 2 [X.] setzt die Bewilligung von Ausbildungsförderung voraus, dass na[X.]h dem Unterri[X.]htsplan der Berufsfa[X.]hs[X.]hule die Dur[X.]hführung des Praktikums zwingend im Ausland vorges[X.]hrieben ist. Dieser Wortlaut und der klar erkennbare Wille des Gesetzge[X.]s s[X.]hließen es aus, Ausbildungsförderung für die Teilnahme an einem Praktikum im Ausland au[X.]h bei freiwilligen Auslandspraktika zu leisten.

Na[X.]h der ständigen Re[X.]htspre[X.]hung des Geri[X.]htshofs der [X.] ist das nationale Geri[X.]ht, das im Rahmen seiner Zuständigkeit die Bestimmungen des Unionsre[X.]hts anzuwenden hat, gehalten, für die volle Wirksamkeit dieser Normen Sorge zu tragen, indem es erforderli[X.]henfalls jede - au[X.]h spätere - entgegenstehende Bestimmung des nationalen Re[X.]hts aus eigener Ents[X.]heidungsbefugnis unangewandt lässt (vgl. [X.], Urteil vom 26. Februar 2013 - [X.]. [X.]/10, [X.]/[X.] - NVwZ 2013, 561 m.w.[X.]).

Meta

5 C 22/12

16.05.2013

Bundesverwaltungsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 4. Juni 2012, Az: 12 A 1565/11, Urteil

§ 2 Abs 1 Nr 2 BAföG, § 5 Abs 5 BAföG, Art 20 Abs 2 Buchst a AEUV, Art 21 Abs 1 AEUV, Art 165 Abs 1 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 16.05.2013, Az. 5 C 22/12 (REWIS RS 2013, 5767)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5767

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VI ZR 403/14

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