Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.01.2011, Az. 1 C 23/09

1. Senat | REWIS RS 2011, 10626

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Gegenstand

Aufenthaltserlaubnis zwecks Ehegattennachzugs zu Deutschen; unionsrechtliches Freizügigkeitsrecht; Visumerfordernis; Einreise; maßgeblicher Zeitpunkt für Erteilungsanspruch; Ungleichbehandlung


Leitsatz

1. Dem drittstaatsangehörigen Ehegatten eines deutschen Staatsangehörigen steht ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht in Anwendung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union in den sog. Rückkehrerfällen nur dann zu, wenn der deutsche Staatsangehörige von seinem unionsrechtlichen Freizügigkeitsrecht nachhaltig Gebrauch gemacht hat. Dafür reicht ein Kurzaufenthalt zum Zweck der Eheschließung in einem anderen Mitgliedstaat (hier: Dänemark) nicht aus (wie Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09).

2. Welches Visum als das erforderliche Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG (juris: AufenthG 2004) anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im Bundesgebiet beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird (wie Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 C 17.09).

3. Einreise im Sinne des § 39 Nr. 3 AufenthV ist die letzte Einreise in die Bundesrepublik Deutschland.

4. Für die Beurteilung, wann die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels im Sinne des § 39 Nr. 3 AufenthV entstanden sind, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das zentrale, den Aufenthaltszweck kennzeichnende Merkmal der jeweiligen Anspruchsnorm (hier: Eheschließung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) erfüllt worden ist.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein [X.] Staatsangehöriger, erstrebt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug.

2

Der 1968 geborene Kläger hielt sich nach eigenen Angaben im [X.] an ein erfolgloses Asylverfahren längere Zeit ohne Aufenthaltserlaubnis im [X.] auf. Nach seinen Angaben lernte er im Jahr 2004 Frau G., eine 1947 geborene [X.] Staatsangehörige [X.] Herkunft, kennen und lebte mit ihr seit September 2007 zusammen. Um seinen Aufenthalt legalisieren zu können, habe er das [X.] im Februar 2008 verlassen.

3

Der Kläger reiste am 27. Juli 2008 mit einem von der [X.] Auslandsvertretung in [X.] ausgestellten Schengen-Visum nach [X.] ein, das vom 27. Juli 2008 bis zum 18. August 2008 gültig war. Am 1. August 2008 heiratete er Frau G. in [X.] ([X.]) und kehrte noch am selben Tag nach [X.] zurück.

4

Am 8. August 2008 beantragte der Kläger die Erteilung einer ehebezogenen Aufenthaltserlaubnis. Mit Bescheid vom 25. September 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab und drohte ihm die Abschiebung an. Der Kläger sei am 27. Juli 2008 ohne das für einen Daueraufenthalt erforderliche nationale Visum in das [X.] eingereist. Dieses könne nur von einer konsularischen Vertretung der Bundesrepublik [X.] erteilt werden. Von dem [X.] sei auch nicht im Ermessenswege nach § 5 Abs. 2 [X.] abzusehen, da eine Umgehung des [X.] in offensichtlich missbräuchlicher Absicht stattgefunden habe. Außergewöhnliche schutzwürdige Belange des [X.] und seiner Ehefrau seien nicht erkennbar.

5

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 5. November 2009 abgewiesen. Es hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] fehle, da der Kläger bei seiner Einreise lediglich im Besitz eines für kurzfristige Aufenthalte gültigen [X.] gewesen sei. In Bezug auf den aktuell begehrten Daueraufenthalt sei das nicht das erforderliche Visum gewesen. Unabhängig davon habe ausweislich der eidesstattlichen Versicherung der Ehefrau des [X.] bereits vor der Einreise die Absicht zur Eheschließung und zum Daueraufenthalt bestanden, so dass der Kläger die für die Erteilung maßgeblichen Angaben nicht bereits im Visumantrag gemacht habe. Er habe auch nicht die Möglichkeit, die Aufenthaltserlaubnis gemäß § 39 Nr. 3 [X.] im Inland zu beantragen. Zwar sei er im Zeitpunkt der Eheschließung im Besitz eines gültigen [X.] gewesen. Der aus der Eheschließung folgende Anspruch sei jedoch nicht nach der Einreise entstanden, da es insoweit auf die letzte vor der Antragstellung liegende Einreise in das [X.] und nicht auf die Einreise in den Schengen-Raum ankomme. Der Beklagte habe das ihm in § 5 Abs. 2 [X.] eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Zu Recht habe die Behörde darauf abgestellt, dass dem Kläger die Ausreise und Wiedereinreise mit dem erforderlichen Visum zumutbar sei. Besondere Umstände, die die kürzere Trennung der Eheleute als unverhältnismäßig erscheinen lassen könnten, seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

6

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Auslegung des [X.] lasse die Privilegierung des § 39 Nr. 3 [X.] leerlaufen. In der Praxis sei es für einen Ausländer unmöglich, in [X.] innerhalb von drei Monaten die Ehe zu schließen. Der Verordnungsgeber habe die Heirat in [X.] nicht als Missbrauch ansehen dürfen, da er zu deren Anerkennung unionsrechtlich verpflichtet sei. Weder die systematische Stellung des § 39 Nr. 3 [X.] noch die Materialien zu der Änderung der Vorschrift gäben etwas für die Auffassung des [X.] her, dass auf die letzte Einreise in das [X.] abzustellen sei. Die Interpretation des [X.] schaffe Eheschließungen unterschiedlicher Art und Güte und erschwere den Ehegattennachzug, so dass dieser faktisch nicht mehr stattfinden könne.

7

Der Beklagte verteidigt die Entscheidung der Vorinstanz. Entgegen der Auffassung des [X.] werde eine in [X.] vorgenommene Eheschließung bei verschwiegenem Vorentschluss nach Sinn und Zweck der Vorschrift nicht von § 39 Nr. 3 [X.] privilegiert. Im Übrigen wäre aber auch eine unterschiedliche aufenthaltsrechtliche Behandlung von Eheschließungen in [X.] und [X.] gerechtfertigt, da der [X.] Standesbeamte verpflichtet sei, das Vorliegen einer Scheinehe zu prüfen, bei Verdachtsmomenten weitere Ermittlungen anzustellen und ggf. die Eheschließung zu versagen.

8

Der Senat hat das [X.] gebeten, den Visumvorgang des [X.] zu übermitteln. Das [X.] hat daraufhin mitgeteilt, der Visumvorgang sei von der [X.] Botschaft in [X.] bereits vernichtet worden.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des [X.] ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch des [X.] auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug ohne vorherige Durchführung eines nationalen [X.] zu Recht verneint und den angefochtenen Ablehnungsbescheid als rechtmäßig bestätigt. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger den Bestimmungen des [X.]es unterliegt (1.), dass er die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] - [X.] - nicht erfüllt (2.a) und weder nach § 39 Aufenthaltsverordnung - [X.] - hiervon befreit ist (2.b) noch verlangen kann, dass der [X.] im Rahmen seines Ermessens nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] von dieser Erteilungsvoraussetzung absieht (2.c).

1. Zunächst ist das Verwaltungsgericht zu Recht davon ausgegangen, dass das Klagebegehren nach den Vorschriften des [X.]es zu beurteilen ist. Die Anwendung des [X.]es ist nicht nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ausgeschlossen, da die Rechtsstellung des [X.] nicht von dem Gesetz über die allgemeine Freizügigkeit von Unionsbürgern (Freizügigkeitsgesetz/[X.] - [X.]/[X.]) erfasst wird. Denn nach § 1 [X.]/[X.] regelt dieses Gesetz nur die Einreise und den Aufenthalt von Staatsangehörigen anderer Mitgliedstaaten der [X.] und ihren Familienangehörigen, nicht aber die Einreise und den Aufenthalt von Familienangehörigen [X.] Staatsangehöriger.

Allerdings unterfallen nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) ausnahmsweise auch Familienangehörige von [X.] den unionsrechtlichen Nachzugsregelungen, nämlich dann, wenn es sich um sog. [X.] handelt ([X.], Urteile vom 7. Juli 1992 - [X.]. [X.]/90, Singh - [X.] 1992, 341 und vom 11. Dezember 2007 - [X.]. [X.]/05, [X.] - [X.] 2008, 114). Nach dieser Rechtsprechung kann sich der einem Drittstaat angehörende Ehegatte eines [X.] auch gegenüber dem Staat der Staatsangehörigkeit des [X.] auf ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht berufen, wenn der Unionsbürger von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht und sich in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassen hat, der Ehegatte ihn in den anderen Mitgliedstaat begleitet hat oder ihm nachgezogen ist und sich mit ihm dort aufgehalten hat. Dies gilt auch, wenn die Ehe erst in dem anderen Mitgliedstaat geschlossen wurde, und ist unabhängig von dem Zeitpunkt der Einreise und der Rechtmäßigkeit des bisherigen Aufenthalts des Ehegatten in dem Staat der Staatsangehörigkeit des [X.] ([X.], Urteil vom 11. Dezember 2007 a.a.[X.] Rn. 27 ff., 45) oder dem anderen Mitgliedstaat ([X.], Urteil vom 25. Juli 2008 - [X.]. [X.]/08, [X.] - NVwZ 2008, 1097 Rn. 48 ff.). Nach der Rechtsprechung des [X.] erfordert es die praktische Wirksamkeit des Freizügigkeitsrechts des [X.], dass in diesen Fällen der drittstaatsangehörige Ehegatte bei einer gemeinsamen Rückkehr in den Herkunftsstaat des [X.] auch dort ein unionsrechtlich begründetes Aufenthaltsrecht hat.

Dieses Recht darf von den Mitgliedstaaten grundsätzlich keinen weiteren Voraussetzungen als dem Nachweis der Identität und der Ehe unterworfen werden. Insbesondere darf nicht ein "Aufenthaltsvisum zum Zweck der Familienzusammenführung" verlangt werden ([X.], Urteil vom 14. April 2005 - [X.]. [X.]/03, [X.]/[X.] - Slg. 2005, [X.] Rn. 28). Selbst die Einreise ohne ein zulässigerweise gefordertes Einreisevisum in Gestalt eines [X.] darf allenfalls zur Belegung mit Verwaltungssanktionen, nicht aber zur Versagung des Aufenthaltsrechts und erst recht nicht zur Entfernung aus dem Hoheitsgebiet führen ([X.], Urteil vom 25. Juli 2002 - [X.]. [X.]/99, [X.] - [X.] 2002, 417 Rn. 56 und 59). Ob bei Bestehen eines solchen unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts des drittstaatsangehörigen Ehegatten eines [X.] die Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/[X.] in unionsrechtskonformer Auslegung entsprechend anzuwenden sind (vgl. [X.], [X.], § 1 [X.]/[X.] Rn. 2 und 14; VG Darmstadt, Beschluss vom 6. Oktober 2010 - 5 L 492/10.DA - S. 4 f.; wohl auch [X.], Beschluss vom 17. August 2010 - 1 [X.]/10 - [X.] 2011, 1) oder ob eine unionsrechtskonforme Handhabung durch unmittelbaren Rückgriff auf das Unionsrecht sicherzustellen ist (vgl. [X.], in: GK-[X.], § 1 [X.]/[X.] Rn. 26), braucht hier nicht abschließend geklärt zu werden. Aus Sicht des Senats sprechen durchaus gute Gründe für eine analoge Anwendung der Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/[X.] mit der Folge, dass bei Vorliegen eines sog. Rückkehrerfalles nach § 1 Abs. 2 Nr. 1 [X.] auch die Anwendung des [X.]es ausgeschlossen ist. Das würde allerdings nicht bedeuten, dass in allen Fällen des Nachzugsbegehrens von Drittstaatsangehörigen zu ihrem [X.] Ehegatten vor einer Anwendung des [X.]es auch stets eine Feststellung über das Nichtbestehen eines Rechts nach § 2 Abs. 1 [X.]/[X.] gemäß § 11 Abs. 2 [X.]/[X.] erforderlich wäre. Denn diese Regelung beruht auf der Vermutung eines Freizügigkeitsrechts zugunsten der in § 1 [X.]/[X.] genannten Personen, die bei Familienangehörigen [X.] Staatsangehöriger gerade nicht besteht, und dürfte daher von einer entsprechenden Anwendung der Regelungen des Freizügigkeitsgesetzes/[X.] in [X.]n ausgenommen sein.

Die vorstehend aufgeworfene Rechtsfrage bedarf hier keiner abschließenden Klärung, weil bei dem Kläger die Voraussetzungen eines sog. Rückkehrerfalles im Sinne der Rechtsprechung des [X.] nicht vorliegen. Denn seine [X.] Ehefrau hat durch die Kurzreise nach [X.] und die dortige Heirat nicht in so nachhaltiger Weise von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht, dass es die praktische Wirksamkeit des Freizügigkeitsrechts erforderte, dem Kläger einen unionsrechtlichen Nachzugsanspruch zuzubilligen. Dabei kann dahinstehen, ob und in welchem Umfang die Ehefrau des [X.] bei ihrer Kurzreise nach [X.] durch Inanspruchnahme von Dienstleistungen von ihrem wirtschaftlichen Freizügigkeitsrecht in Gestalt der passiven Dienstleistungsfreiheit Gebrauch gemacht hat. Denn nach der Rechtsprechung des [X.] setzt die Anwendung der in den sog. [X.]n entwickelten Grundsätze nicht mehr notwendig ein Gebrauchmachen des [X.] von den wirtschaftlichen Grundfreiheiten voraus (zum wirtschaftlichen Freizügigkeitsrecht durch Erbringung von Dienstleistungen vgl. [X.], Urteil vom 11. Juli 2002 - [X.]. [X.]/00, [X.] - Slg. 2002, [X.]). Vielmehr kann auch ein Gebrauchmachen von dem allgemeinen mit der [X.]chaft verbundenen Freizügigkeitsrecht nach Art. 21 Abs. 1 A[X.]V geeignet sein, die Anwendbarkeit der unionsrechtlichen Familiennachzugsregeln zu begründen (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2004 - [X.]. [X.]/02, [X.] und [X.] - [X.] 2004, 413 Rn. 34 ff.). Dennoch genügt, wie die vom [X.] entschiedenen Fälle zeigen, nicht jede auch noch so geringfügige Ausübung des Freizügigkeitsrechts durch den Unionsbürger. Vielmehr ist für eine "Mitnahme" des Freizügigkeitsstatus in den Heimatstaat und eine entsprechende Begünstigung des drittstaatsangehörigen Ehegatten erforderlich, dass der Unionsbürger mit einer gewissen Nachhaltigkeit von seiner Freizügigkeit Gebrauch macht (Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 [X.] 17.09 - Rn. 9 ff. - zur [X.] in der Sammlung BVerwGE vorgesehen, so auch die ganz überwiegende verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung: [X.], Beschluss vom 25. Januar 2010 - 11 S 2181/09 - [X.] 2010, 143; [X.], Beschluss vom 29. September 2009 - 19 [X.]S 09.1405 - juris Rn. 8; VG Darmstadt, Beschluss vom 23. Oktober 2009 - 5 L 557/09.DA(2) - [X.] 2010, 67; nachgehend [X.], Beschluss vom 22. Januar 2010 - 3 [X.]/09 - juris Rn. 16 ff.). Würde bereits jeder kurzfristige, von vornherein nicht auf eine gewisse Dauer angelegte Aufenthalt eines [X.] in einem anderen Mitgliedstaat - etwa zu touristischen Zwecken - für einen unionsrechtlich begründeten Nachzugsanspruch des mitreisenden drittstaatsangehörigen Ehegatten bei Rückkehr in den Heimatstaat ausreichen, liefe das Recht der Mitgliedstaaten zur Regelung von Einreise und Aufenthalt für den einem Drittstaat angehörenden Ehegatten oder sonstige Familienangehörige ihrer eigenen Staatsbürger weitgehend leer. Dieses Recht der Mitgliedstaaten hat der [X.] in seinen Entscheidungen aber immer wieder ausdrücklich anerkannt und betont, dass die Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit nicht auf Tätigkeiten anwendbar sind, die mit keinem relevanten Element über die Grenzen eines Mitgliedstaates hinausweisen ([X.], Urteile vom 25. Juli 2008 a.a.[X.] Rn. 77 und vom 1. April 2008 - [X.]. [X.]/06, [X.] etc. - Slg. 2008, [X.] Rn. 39 m.w.N.). Insofern kann der Rechtsprechung des [X.] zu den [X.]n eine Art Bagatellvorbehalt entnommen werden, nach dem - angesichts der erheblichen Rechtsfolgen des Gebrauchmachens von der Freizügigkeit im Rückkehrfall - auch dieses Gebrauchmachen selbst von einer gewissen Erheblichkeit bzw. Nachhaltigkeit sein muss. In die gleiche Richtung gehen auch die Überlegungen der [X.] zu einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Unionsrechts in diesem Zusammenhang, die die Begründung eines tatsächlichen und effektiven Aufenthalts in dem anderen Mitgliedstaat, d.h. der Sache nach in der Regel einen Umzug des [X.], für erforderlich hält (Mitteilung der [X.] an das [X.] und den Rat vom 2. Juli 2009, [X.]) 313 endgültig, S. 19 f.).

Wo im Einzelnen die Grenze zu ziehen ist, von der an das Gebrauchmachen von den unionsrechtlichen Freizügigkeits- und [X.] in einem anderen Mitgliedstaat als ausreichend nachhaltig angesehen werden kann, um bei Rückkehr in den Heimatstaat ein unionsrechtlich begründetes Aufenthaltsrecht des drittstaatsangehörigen Ehegatten zu rechtfertigen, und ob eine verallgemeinerungsfähige Konkretisierung insoweit überhaupt möglich ist, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn jedenfalls im vorliegenden Fall ist durch den kurzfristigen, nur wenige Tage dauernden gemeinsamen Aufenthalt des [X.] und seiner Ehefrau in [X.] diese Grenze zweifellos nicht erreicht. Deshalb erübrigt sich auch eine Vorlage an den [X.].

Die Notwendigkeit einer solchen Vorlage ergibt sich auch nicht aus den Schlussanträgen der Generalanwältin [X.] in der der [X.] des [X.] zugewiesenen Rechtssache [X.]/09 - [X.] - vom 30. September 2010. Die Generalanwältin hat darin grundsätzlich die Frage aufgeworfen, ob ein Unionsbürger sich gegenüber dem Staat seiner Staatsangehörigkeit auch ohne vorheriges Gebrauchmachen von der Freizügigkeit auf seine Rechte als Unionsbürger - einschließlich des damit verbundenen Anspruchs auf Familiennachzug nach unionsrechtlichen Regeln - berufen kann. Nach ihrer Auffassung ist eine solche Inländerdiskriminierung unionsrechtlich unzulässig. Dies widerspricht allerdings der bisherigen gefestigten Rechtsprechung des [X.], nach der Unionsrecht auf rein innerstaatliche Sachverhalte keine Anwendung findet und über etwaige Benachteiligungen, denen Staatsangehörige eines Mitgliedstaates nach dem Recht dieses Staates ausgesetzt sein können, allein im Rahmen des internen Rechtssystems dieses Staates zu entscheiden ist (neben den oben zitierten Urteilen vom 25. Juli 2008 und 1. April 2008 auch Urteil vom 5. Juni 1997 - [X.]. [X.]/96 und [X.], [X.] und [X.] - Slg. 1997, [X.] Rn. 23). Dies hat der [X.] auf einen ähnlichen Vorstoß der Generalanwältin [X.] in ihren Schlussanträgen vom 28. Juni 2007, Rn. 121 in der Rechtssache [X.]/06 durch Urteil vom 1. April 2008 a.a.[X.], Rn. 37 bis 39 ausdrücklich bestätigt. Aus Sicht des Senats stellt sich angesichts dieser eindeutigen Rechtsprechung derzeit insoweit keine europarechtliche Zweifelsfrage.

Die Anwendung des [X.]es auf inländische Unionsbürger, die von ihrem Freizügigkeitsrecht keinen Gebrauch gemacht haben, verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Dabei kann dahinstehen, ob angesichts der Verpflichtung zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und der dadurch bedingten Betroffenheit unterschiedlicher Rechtskreise überhaupt gleiche oder vergleichbare Sachverhalte im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG vorliegen (vgl. [X.], Beschlüsse vom 8. November 1989 - 1 BvR 986/89 - NJW 1990, 1033 und vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 - [X.]E 116, 135 <159>). Denn die aus dem Nebeneinander von Unionsrecht und nationalem Recht entstehende Ungleichbehandlung ist jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Ist eine Übertragung des unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts auf Familienangehörige von inländischen Unionsbürgern, die von ihrem Freizügigkeitsrecht keinen Gebrauch gemacht haben, unionsrechtlich nicht geboten, liegen hinreichend gewichtige Gründe vor, dass in diesen Fällen die für alle nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländer geltenden Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts zur Anwendung kommen (vgl. Urteil vom 4. September 2007 - BVerwG 1 [X.] 43.06 - BVerwGE 129, 226 Rn. 40).

2. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des Klagebegehrens sind daher die Bestimmungen des [X.]es in der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des [X.] geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 ([X.]), die - soweit hier einschlägig - auch derzeit noch unverändert gelten.

Ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug zu einem [X.] gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 27 Abs. 1 [X.] erfordert neben dem Vorliegen der dort genannten Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich auch, dass die allgemeine Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] erfüllt ist, d.h. dass der Ausländer mit dem erforderlichen Visum eingereist ist (Nr. 1) und die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat (Nr. 2). Etwas anderes gilt nur, wenn der Ausländer nach § 39 [X.] berechtigt ist, die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise einzuholen, oder ein Absehen von dieser Erteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] in Betracht kommt.

a) Das Verwaltungsgericht ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass der Kläger die Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht erfüllt. Er ist nicht mit einem zum Zweck des [X.] erteilten nationalen Visum gemäß § 6 Abs. 4 [X.] eingereist und hat nach den Feststellungen des [X.] die für dessen Erteilung erforderlichen Angaben nicht bereits im Visumantrag gemacht.

Der Kläger ist mit einem Schengen-Visum für einen Kurzaufenthalt von bis zu drei Monaten im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] und damit nicht unerlaubt im Sinne von § 14 Abs. 1 Nr. 2 [X.] in das [X.] eingereist (vgl. zur Auslegung dieser Vorschrift: BTDrucks 15/420 S. 73 und [X.], Urteil vom 27. April 2005 - 2 [X.] - NJW 2005, 2095). Für einen längerfristigen Aufenthalt ist aber gemäß § 6 Abs. 4 Satz 1 [X.] - vorbehaltlich der oben genannten Ausnahmen - ein Visum für das [X.] (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird und der Zustimmung der zuständigen Ausländerbehörde bedarf (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Welches Visum im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] als das erforderliche Visum anzusehen ist, bestimmt sich nach dem Aufenthaltszweck, der mit der im [X.] beantragten Aufenthaltserlaubnis verfolgt wird (Urteil vom 16. November 2010 - BVerwG 1 [X.] 17.09 - Rn. 19, so auch die ganz überwiegende Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte: neben dem Berufungsurteil etwa [X.], Beschluss vom 16. März 2005 - 12 TG 298/05 - NVwZ 2006, 111; [X.], Beschluss vom 14. März 2006 - 11 S 1797/05 - juris Rn. 12 ff.; [X.], Beschluss vom 28. August 2008 - 13 [X.]/08 - juris Rn. 3; [X.], Beschluss vom 26. Juni 2009 - 1 [X.]/08 - juris Rn. 30; zur alten Rechtslage noch offengelassen im Urteil vom 18. Juni 1996 - BVerwG 1 [X.] 17.95 - BVerwGE 101, 265 <267>). Für dieses Verständnis der Vorschrift spricht neben ihrer systematischen Stellung bei den allgemeinen Voraussetzungen für die Erteilung von Aufenthaltstiteln auch der Sinn und Zweck der Regelung. Sie dient anders als § 14 Abs. 1 Nr. 2 [X.] nicht primär der Verhinderung oder Sanktion einer unerlaubten Einreise, sondern soll die Einhaltung des [X.] als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung gewährleisten (BTDrucks 15/420 S. 70). Diesem Zweck der Vorschrift wird eine weite, auch nachträgliche Änderungen des [X.] erfassende Auslegung der Vorschrift am ehesten gerecht. Nur bei einem solchen Verständnis der Vorschrift erlangen im Übrigen die in § 39 Nr. 2, 3 und 6 [X.] vorgesehenen Ausnahmen eine eigenständige Bedeutung. In den dort geregelten Fällen einer nachträglichen Änderung des [X.] würde andernfalls schon nach § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] die Beantragung eines Aufenthaltstitels im [X.] zulässig sein.

Da der Kläger "nur" mit einem Schengen-Visum und nicht mit dem nach § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 [X.] erforderlichen nationalen Visum eingereist ist, fehlt es - ungeachtet des Umstandes, dass er auch nicht die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Eheschließung und Eheführung erforderlichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat - an der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.].

b) Der Kläger ist auch nicht nach den auf § 99 Abs. 1 Nr. 2 [X.] beruhenden Regelungen der §§ 39 ff. [X.] ausnahmsweise berechtigt, den Aufenthaltstitel im [X.] einzuholen, und damit von dem [X.] befreit.

aa) Die im Fall des [X.] allein in Betracht kommende Regelung in § 39 Nr. 3 [X.] ist in der seit dem 28. August 2007 geltenden Fassung des Richtlinienumsetzungsgesetzes (vgl. Art. 7 Abs. 4 Nr. 13 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der [X.] vom 19. August 2007, [X.]) anzuwenden. Umstände, die es aus Gründen des Vertrauensschutzes gebieten würden, abweichend von dem Grundsatz der Maßgeblichkeit der aktuellen Rechtslage ausnahmsweise auf die zuvor geltende Rechtslage abzustellen (vgl. [X.], Beschluss vom 21. Dezember 2007 - 18 B 1535/07 - [X.] 2008, 129), liegen im Fall des [X.] nicht vor. Denn die für die Anwendung der Vorschrift maßgebliche Eheschließung fand ebenso wie die Beantragung der Aufenthaltserlaubnis erst nach Inkrafttreten der Rechtsänderung statt, so dass es schon deshalb an einem unter Geltung der alten Rechtslage ins Werk gesetzten Vertrauen fehlt.

Nach § 39 Nr. 3 [X.] in der hier anzuwendenden neuen Fassung kann ein Ausländer einen Aufenthaltstitel im [X.] einholen, wenn er Staatsangehöriger eines in Anhang II der Verordnung ([X.]) Nr. 539/2001 aufgeführten Staates ist und sich rechtmäßig im [X.] aufhält oder ein gültiges Schengen-Visum für kurzfristige Aufenthalte (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.]) besitzt, sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach der Einreise entstanden sind. In der alten Fassung lautete der letzte Halbsatz: "..., sofern die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erfüllt sind." Der Kläger, für den allein die zweite Alternative der Vorschrift in Betracht kommt, war zwar bei der Stellung des Antrags auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug im Besitz eines gültigen [X.] für kurzfristige Aufenthalte. Die Voraussetzungen des Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sind jedoch nicht nach, sondern vor seiner letzten Einreise in das [X.] entstanden.

bb) Das Verwaltungsgericht hat bei der Prüfung des § 39 Nr. 3 [X.] zutreffend auf die letzte Einreise des [X.] in das [X.] abgestellt (so auch [X.], Beschlüsse vom 23. Dezember 2008 - 19 [X.]S 08.577 - juris Rn.15 und vom 12. Januar 2010 - 10 [X.]S 09.2705 - juris Rn. 9; [X.], Beschlüsse vom 8. Juli 2008 - 11 S 1041/08 - juris Rn. 17 und vom 16. September 2009 - 13 S 1975/09 - juris Rn. 5; [X.], Beschluss vom 22. September 2008 - 1 B 1628/08 - juris Rn. 5; [X.], Beschluss vom 1. März 2010 - 13 [X.] - juris Rn. 8; [X.], Beschluss vom 2. November 2009 - 18 B 1516/08 - juris Rn. 10 ff.; [X.], Beschluss vom 22. Juli 2009 - 2 M 93/09 - juris Rn. 8). Auch wenn der Wortlaut der Vorschrift eine andere Lesart zulässt, deutet die Stellung der Vorschrift im Vierten Abschnitt der Aufenthaltsverordnung, der nur Ausnahmen vom [X.] für die Erteilung nationaler Aufenthaltstitel gemäß § 6 Abs. 4 [X.] betrifft, darauf hin, dass mit diesem Tatbestandsmerkmal nicht die Einreise in den [X.], sondern die (letzte) Einreise in das [X.] gemeint ist. Der Verordnungsgeber unterliegt bei der Regelung von Ausnahmen zur nationalen Visumpflicht keinen unionsrechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 18 Satz 1 des Übereinkommens zur Durchführung des [X.] vom 14. Juni 1985, [X.] 239 S. 19 - [X.]). Allein die Anknüpfung an unionsrechtliche Tatbestände rechtfertigt nicht die Annahme, er habe in § 39 Nr. 3 [X.] auf die Einreise in den [X.] abgestellt (a.[X.], [X.] 2008, 127 <128 f.>). Dagegen sprechen vor allem Sinn und Zweck des § 39 Nr. 3 [X.]. Denn die Vorschrift soll nur diejenigen Ausländer begünstigen, die im Schengen-Visumverfahren zutreffende Angaben gemacht haben und bei denen sich aufgrund nach der Einreise eingetretener neuer Umstände der Aufenthaltszweck geändert hat. Sie soll aber nicht den Versuch honorieren, einen von Anfang an beabsichtigten Daueraufenthalt in [X.] unter Umgehung der nationalen Visumvorschriften durchzusetzen. Andernfalls würde die bewusste Umgehung des [X.] folgenlos bleiben und dieses wichtige Steuerungsinstrument der Zuwanderung (so BTDrucks 15/420 S. 70) entwertet. Dieser Regelungszweck kommt in der Begründung der Neufassung der Vorschrift durch das Richtlinienumsetzungsgesetz durch das Beispiel der Eheschließung im Ausland deutlich zum Ausdruck (BTDrucks 16/5065 S. 240).

cc) Für die Beurteilung, wann die Voraussetzungen eines Anspruchs im Sinne des § 39 Nr. 3 [X.] entstanden sind, ist auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das zentrale Merkmal der jeweiligen Anspruchsnorm, das den Aufenthaltszweck kennzeichnet (hier: Eheschließung gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]), erfüllt worden ist (ebenso [X.], Beschluss vom 1. März 2010 a.a.[X.] Rn. 9 f.; [X.], Beschluss vom 29. September 2009 - 19 [X.]S 09.1405 - juris Rn. 4; [X.], Beschluss vom 26. Juni 2009 - 1 [X.]/08 - [X.] 2009, 380 <381 f.>; a.A. [X.], Beschluss vom 8. Juli 2008 - 11 S 1041/08 - [X.] 2008, 444 <449>). Denn in der Amtlichen Begründung der Neufassung werden Anspruchsentstehung und Aufenthaltszweck miteinander verknüpft, während die übrigen Anspruchsvoraussetzungen an dieser Stelle nicht genannt werden ("... die Vergünstigung nur dann gilt, wenn der Anspruch nach der Einreise entsteht und damit ein von vornherein beabsichtigter Wechsel des angegebenen [X.] ausgeschlossen werden kann." - BTDrucks 16/5065 a.a.[X.]). Daraus folgt, dass im Rahmen des § 39 Nr. 3 [X.] für das Entstehen der Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nur darauf abzustellen ist, wann das den Aufenthaltszweck kennzeichnende Tatbestandsmerkmal der Anspruchsgrundlage gegeben war. Im Übrigen führt die Gegenauffassung, die auf das Vorliegen sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen - mit Ausnahme des [X.]ses gemäß § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] - für einen Aufenthaltstitel abstellt, zu willkürlichen Ergebnissen. Mit Blick auf das Anliegen des Gesetzgebers, von vornherein beabsichtigte Daueraufenthalte nicht länger visumrechtlich zu privilegieren, ist eine Differenzierung danach, ob z.B. die notwendigen Kenntnisse der [X.] Sprache (§ 28 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.]) vor oder nach Einreise in das [X.] erworben worden sind, nicht zu vereinbaren.

[X.]) Durch die Neufassung des § 39 Nr. 3 [X.] werden drittstaatsangehörige Ausländer, die im Besitz eines gültigen Schengen-Visum sind, einen [X.] Staatsbürger geheiratet haben und mit diesem die eheliche Lebensgemeinschaft in der Bundesrepublik [X.] führen wollen, im Hinblick auf das [X.] für den angestrebten Daueraufenthalt im [X.] unterschiedlich behandelt: Wurde die Ehe im [X.] geschlossen, verbleibt es bei der in § 6 Abs. 4 Satz 1 [X.] angeordneten Visumpflicht. Haben die Eheleute in [X.] geheiratet, ermöglicht es § 39 Nr. 3 [X.], die Aufenthaltserlaubnis im [X.] einzuholen. Die Ungleichbehandlung beruht jedoch auf legitimen Erwägungen des Gesetzgebers und ist sowohl verfassungs- als auch unionsrechtlich gerechtfertigt.

Gemessen am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt es die [X.], für das Eingreifen des [X.]ses nach dem Ort der Eheschließung im In- oder Ausland zu differenzieren. Denn bei einer Eheschließung in [X.] sieht das nationale Familienrecht spezielle Kontrollmechanismen zur Sicherung der Eheschließungsvoraussetzungen und Verhütung von Schein- oder Mehrehen vor: So hat der Verlobte, der gemäß Art. 13 Abs. 1 [X.]BGB hinsichtlich der Voraussetzungen der Eheschließung ausländischem Recht unterliegt, grundsätzlich ein Ehefähigkeitszeugnis seines Heimatstaates beizubringen, dass nach dessen Recht kein Ehehindernis vorliegt (§ 1309 Abs. 1 BGB). Zudem hat der Standesbeamte Anhaltspunkten für eine Scheinehe nachzugehen, denn er muss seine Mitwirkung u.a. dann verweigern, wenn offenkundig ist, dass beide Ehegatten sich bei der Eheschließung darüber einig sind, keine eheliche Lebensgemeinschaft begründen zu wollen (§ 1310 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 1314 Abs. 2 Nr. 5 BGB). Diese Prüfungs- und Ermittlungspflicht des Standesbeamten wird verfahrensrechtlich durch die Befugnisse zu gemeinsamer und getrennter Befragung der Verlobten, der Anordnung zur Beibringung von Nachweisen sowie einer eidesstattlichen Versicherung in § 13 Abs. 1 und 2 PStG näher ausgestaltet. Folglich wird die gemäß § 27 Abs. 1 [X.] auch aufenthaltsrechtliche bedeutsame Absicht der Verlobten, eine eheliche Lebensgemeinschaft herstellen zu wollen, bei einer Eheschließung im Inland schon vom Standesbeamten geprüft und entsprechenden Verdachtsmomenten nachgegangen. Das erleichtert der Ausländerbehörde die spätere Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug. Dieser zusätzliche Kontrollmechanismus fehlt typischerweise bei einer im Ausland eingegangenen Ehe. Das zeigt gerade der vorliegende Fall einer Eheschließung in [X.]. Denn das [X.] sieht in § 22a beim Verdacht des Vorliegens einer aufenthaltsrechtlich motivierten Schein- oder Zweckehe lediglich vor, dass die Prüfungs- oder Trauungsbehörde der [X.] Ausländerbehörde darüber zu berichten hat (abgedruckt in: Bergmann/[X.]/[X.], Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Band IV, [X.], Stand: 30. September 2007, 175. Lieferung). Die Ungleichbehandlung beruht daher auf einem hinreichend gewichtigen sachlichen Grund.

Auch Unionsrecht steht der durch § 39 Nr. 3 [X.] bewirkten Schlechterstellung des [X.] Ehegatten, der als Unionsbürger mit der Eheschließung in [X.] von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat und dessen drittstaatsangehöriger Ehegatte vor Aufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft in [X.] auf das Visumverfahren verwiesen wird, nicht entgegen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) ist der [X.]tatus dazu bestimmt, der grundlegende Status der Staatsangehörigen der Mitgliedstaaten zu sein, der es denjenigen unter ihnen, die sich in der gleichen Situation befinden, erlaubt, im sachlichen Geltungsbereich des Vertrags unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und unbeschadet der insoweit ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen die gleiche rechtliche Behandlung zu genießen ([X.], Urteile vom 20. September 2001 - [X.]. [X.]/99, [X.] - Slg. 2001, [X.] Rn. 31, vom 11. Juli 2002 - [X.]. [X.]/98, [X.] - Slg. 2002, [X.] Rn. 28 und vom 2. Oktober 2003 - [X.]. [X.]-148/02, [X.] - Slg. 2003, [X.] Rn. 22 f.). Zu den Situationen, die in den Geltungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, gehören diejenigen, die sich auf die Ausübung der durch den [X.] beziehen, und insbesondere auch die, in denen es um das durch Art. 20 A[X.]V verliehene Recht geht, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten ([X.], Urteile vom 20. September 2001 a.a.[X.] Rn. 33, vom 11. Juli 2002 a.a.[X.] Rn. 29 und vom 29. April 2004 - [X.]. [X.]/02, [X.] - Slg. 2004, [X.] Rn. 17). Da ein Unionsbürger in allen Mitgliedstaaten Anspruch auf die gleiche rechtliche Behandlung wie die eigenen Staatsangehörigen dieser Mitgliedstaaten hat, die sich in der gleichen Situation befinden, wäre es mit dem Recht auf Freizügigkeit unvereinbar, wenn der Mitgliedstaat, dem er angehört, ihn weniger günstig behandeln könnte, als wenn er nicht von den Erleichterungen der Freizügigkeit Gebrauch gemacht hätte ([X.], Urteile vom 11. Juli 2002 a.a.[X.] Rn. 30 und vom 29. April 2004 a.a.[X.] Rn. 18). Diese Erleichterungen könnten nämlich nach Auffassung des Gerichtshofs ihre volle Wirkung nicht entfalten, wenn ein Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats von ihrer Wahrnehmung durch Hindernisse abgehalten werden könnte, die sich aus einer nationalen Regelung ergeben, die Nachteile daran knüpft, dass er von ihnen Gebrauch gemacht hat ([X.], Urteile vom 7. Juli 1992 - [X.]. [X.]/90, [X.]. 1992, [X.] Rn. 23, vom 11. Juli 2002 a.a.[X.] Rn. 31 und vom 29. April 2004 a.a.[X.] Rn. 19).

Es kann dahinstehen, ob diese Rechtsprechung, mit der der Gerichtshof den im Status des [X.] wurzelnden Gleichbehandlungsanspruch gegenüber allen Mitgliedstaaten auf die Freizügigkeit bezogen und gegen den eigenen Mitgliedstaat gewendet hat, im vorliegenden Fall herangezogen werden kann. Offen erscheint dies zum einen, weil die [X.] Ehefrau des [X.] sich nur einen Tag in [X.] aufgehalten und daher nicht in nachhaltiger Weise von ihrer Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat (vgl. oben Rn. 10 ff.). Zum anderen lässt sich daran zweifeln, ob § 39 Nr. 3 [X.] eine Beschränkung der aus Art. 20 Abs. 1 A[X.]V hergeleiteten Rechte darstellt (vgl. dazu [X.], Urteile vom 18. Juli 2006 - [X.]. [X.]/04, [X.]. 2006, [X.] Rn. 39 sowie vom 26. Oktober 2006 - [X.]. [X.]/05, [X.]-Hagen und [X.] - Slg. 2006, [X.] Rn. 31). Allerdings benachteiligt die Regelung [X.] Staatsangehörige, da sie die eheliche Lebensgemeinschaft mit ihrem drittstaatsangehörigen Ehegatten nicht sofort im [X.] herstellen können. Sie knüpft auch daran an, dass die [X.] Ehefrau des [X.] als Unionsbürgerin von ihrer Freiheit, sich in einen anderen Mitgliedstaat zur Eheschließung zu begeben, Gebrauch gemacht hat. Ob die Anknüpfung des § 39 Nr. 3 [X.] in Fällen der Eheschließung, die als hoheitliche Amtshandlung zum Kernbereich der Ausübung öffentlicher Gewalt zählt, in gleicher Weise wie in den bisher vom Gerichtshof entschiedenen Fällen als Beschränkung der Freizügigkeit anzusehen ist und den gleichen Maßgaben unterliegt, bedarf hier keiner Entscheidung.

Denn selbst wenn man die wiedergegebene Rechtsprechung des Gerichtshofs zugunsten des [X.] heranzieht, wäre die durch § 39 Nr. 3 [X.] ausgelöste visumrechtliche Ungleichbehandlung gerechtfertigt, da sie auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen beruht und in einem angemessenen Verhältnis zu dem mit dem nationalen Recht legitimerweise verfolgten Zweck steht (vgl. zu diesen Kriterien: [X.], Urteile vom 11. Juli 2002 a.a.[X.] Rn. 36, vom 26. Oktober 2006 a.a.[X.] Rn. 33 und vom 11. September 2007 - [X.]. [X.]/05, [X.] und Gootjes-[X.] - Slg. 2007, [X.] Rn. 94). Die Visumpflicht beruht im Vergleich zu Nachzugsbegehren, die sich auf im Inland vorgenommene Eheschließungen stützen, auf objektiven, von der Staatsangehörigkeit der Betroffenen unabhängigen Erwägungen. Sie dient dem Interesse des Staates an einer präventiven Kontrolle der aufenthaltsrechtlichen Voraussetzungen vor Beginn des Aufenthalts. Das Interesse des Mitgliedstaates an effektiven administrativen Kontrollmöglichkeiten wurde vom Gerichtshof bereits im Zusammenhang mit dem Bezug von Sozialleistungen zur Rechtfertigung einer freizügigkeitsrelevanten Ungleichbehandlung anerkannt ([X.], Urteil vom 18. Juli 2006 a.a.[X.] Rn. 40 ff.). Im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit ist zu berücksichtigen, dass das Visumverfahren nur eine Verzögerung, nicht aber eine dauernde Verhinderung des ehelichen Zusammenlebens bewirkt. Diese Wirkung steht in einem angemessenen Verhältnis zu dem legitimen Kontrollzweck.

Die Rechtfertigung einer zugunsten des [X.] unterstellten Beschränkung der Rechte, die sich aus Art. 20 Abs. 1 A[X.]V ergeben, erscheint angesichts der gefestigten Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den dabei anzulegenden Maßstäben als [X.]. Daher besteht auch insoweit keine Notwendigkeit, den Gerichtshof gemäß Art. 267 A[X.]V anzurufen.

c) Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Ermessensentscheidung des [X.]n rechtmäßig ist, von der Erteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 2 Satz 1 [X.] nicht gemäß Satz 2 der Vorschrift abzusehen.

Nach § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] kann von dem Erfordernis eines [X.] nach Satz 1 abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis erfüllt sind oder es aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen der ersten, nicht aber der zweiten Alternative der Vorschrift. Nach den Feststellungen des [X.] liegen besondere Umstände, die es ihm unzumutbar erscheinen ließen, das [X.] vorübergehend zur Nachholung des [X.] zu verlassen, nicht vor. Allein der Umstand, dass die Eheleute möglicherweise eine vorübergehende Trennung für die übliche Dauer des [X.] hinnehmen müssen, reicht hierfür auch unter Berücksichtigung des Schutzes der Ehe durch Art. 6 GG und Art. 8 [X.] nicht aus (vgl. Beschluss vom 31. August 1984 - BVerwG 1 [X.] - BVerwGE 70, 54 <56 ff.>; Urteil vom 9. Dezember 1997 - BVerwG 1 [X.] 20.97 - NVwZ 1998, 748 = [X.] 402.240 § 8 AuslG 1990 Nr. 14). Demzufolge war das dem [X.]n eingeräumte Ermessen nicht von vornherein reduziert. Seine Erwägung in dem Bescheid, eine geplante Umgehung des [X.] durch Angabe eines anderen [X.] nicht durch eine Abweichung im Ermessenswege zu honorieren, ist nicht zu beanstanden. Soll das Visumverfahren als wichtiges Steuerungsinstrument der Zuwanderung (BTDrucks 15/420 S. 70) seine Funktion wirksam erfüllen können, dürfen in die Ermessensausübung auch generalpräventive Aspekte einfließen (Urteil vom 4. September 1986 - BVerwG 1 [X.] 19.86 - BVerwGE 75, 20 <23 f.>).

Die Abschiebungsandrohung in dem angefochtenen Bescheid ist nach alledem ebenfalls rechtlich nicht zu beanstanden.

Meta

1 C 23/09

11.01.2011

Bundesverwaltungsgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend VG Berlin, 5. November 2009, Az: 15 A 335.08, Urteil

Art 6 GG, Art 3 Abs 1 GG, § 1 Abs 2 Nr 1 AufenthG 2004, § 5 Abs 2 S 1 AufenthG 2004, § 5 Abs 2 S 2 AufenthG 2004, § 6 Abs 4 AufenthG 2004, § 14 Abs 1 Nr 2 AufenthG 2004, § 27 Abs 1 AufenthG 2004, § 28 Abs 1 S 1 Nr 1 AufenthG 2004, § 99 Abs 1 Nr 2 AufenthG 2004, § 1 FreizügG/EU, § 2 Abs 1 FreizügG/EU, § 11 Abs 2 FreizügG/EU, Art 8 MRK, § 31 Abs 1 S 1 Nr 1 AufenthV, § 39 Nr 3 AufenthV, Art 18 S 1 SDÜREO, Art 20 AEUV, Art 21 Abs 1 AEUV

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.01.2011, Az. 1 C 23/09 (REWIS RS 2011, 10626)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10626

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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