Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2009, Az. IX ZR 61/08

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 3658

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] ZR 61/08 Verkündet am: 7. Mai 2009 [X.], Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2009 durch [X.] Ganter, die [X.], Prof. Dr. [X.], die Richterin [X.] und [X.] Pape für Recht erkannt: Die Revision gegen das [X.]eil des 10. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts Koblenz vom 7. März 2008 wird auf Kosten der Kläge-rin zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Beklagte ist Verwalter in dem auf Antrag vom 4. März 2005 am 19. Mai 2005 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.], der ein Transportunternehmen betrieb (fortan: Schuldner). Zuvor war der Beklagte mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter. Der Schuldner er-stellte für die bei ihm im Dezember 2004 sozialversicherungspflichtig Beschäf-tigten einen Beitragsnachweis über insgesamt 9.505,73 •, den er der Klägerin als Einzugsstelle übermittelte. Dieser hatte er eine Einziehungsermächtigung erteilt. Die Klägerin zog den Betrag am 15. Februar 2005 über das Ge-schäftskonto des Schuldners bei der [X.](fortan nur Sparkasse) ein. Mit Schreiben vom 23. März 2005 forderte der Beklagte die Sparkasse auf, alle die Konten des Schuldners betreffenden Lastschriften - soweit möglich - zurückzubuchen. Die Erklärung ging vor Ablauf von sechs Wochen nach Mitteilung des Rechnungsabschlusses, der die Abbuchung [X.] - 3 - gunsten der Klägerin enthielt, bei der Sparkasse ein. Diese buchte den Betrag vor dem 19. Mai 2005 zurück. Zu Lasten des Kontos der Klägerin berechnete die Sparkasse noch Rückbuchungskosten in Höhe von 3 •. Nach Verfahrenser-öffnung begehrte die Klägerin von dem Beklagten Zahlung in Höhe der errech-neten Sozialabgaben sowie der Rückbuchungskosten "aus der [X.]". Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. 2 Entscheidungsgründe: Die zulässige Revision ist unbegründet. 3 [X.] Das Berufungsgericht meint: Der Klägerin stehe gegen den Beklagten der geltend gemachte Zahlungsanspruch weder persönlich noch in der Funktion als Insolvenzverwalter über das Vermögen des Schuldners zu. 4 Für einen Anspruch aus § 826 BGB habe die Klägerin nicht dargelegt, worin der durch den Beklagten verursachte Schaden läge. Falls der Beklagte zum Widerruf nicht berechtigt gewesen sei, stände der Klägerin ein [X.] gegen die Sparkasse zu. Überdies fehle es an einem pflichtwid-rigen Verhalten des Beklagten. Der mit [X.] ausgestattete 5 - 4 - vorläufige Insolvenzverwalter dürfe die Genehmigung unabhängig davon ver-weigern, ob dem Schuldner eine sachliche Einwendung gegen den Anspruch zustehe oder der Schuldner die Genehmigung verweigern wolle. Dies folge aus der vom [X.] in ständiger Rechtsprechung vertretenen Genehmi-gungstheorie. Vor der Genehmigung der Buchung durch den Schuldner gegen-über der Bank sei noch nichts aus dessen Vermögen abgeflossen. Die [X.] auf dem [X.] könne dem Schuldner mangels Befugnis des Gläubigers, über das Konto des Schuldners zu verfügen, nicht als Leistung [X.] werden. Allerdings gestatte es die Vertragsfreiheit den Beteiligten, im [X.] zu vereinbaren, Erfüllung solle schon vor der Genehmigung durch den Schuldner eintreten. Überdies seien an eine konkludente Genehmi-gung des Schuldners im Deckungsverhältnis - gerade bei wiederkehrenden Lastschriften aus Dauerschuldverhältnissen - keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Aus der [X.] allein folge sie allerdings nicht. Im Streitfall könne weder aus dem Gegenstand der geschuldeten Geldleistung noch dem vor der Abbuchung übermittelten Beitragsnachweis auf eine konkludente [X.] geschlossen werden. Aus der öffentlich-rechtlichen Zweckbindung einmal entrichteter Beiträge folge dies ebenfalls nicht. Mangels einer Genehmi-gung habe der ursprüngliche Erfüllungsanspruch der Klägerin nach der Abbu-chung als Anspruch auf Genehmigung der Belastung fortbestanden, der sich mit der Verfahrenseröffnung zu einer Insolvenzforderung (§ 38 [X.]) umge-wandelt habe. Damit sei der Beklagte im Eröffnungsverfahren als vorläufiger Insolvenzverwalter gehalten gewesen, eine Vorzugsstellung der Klägerin ge-genüber ranggleichen Forderungen anderer Gläubiger zu verhindern. Der [X.] wäre seiner Sicherungsaufgabe als mitbestimmender vorläufiger Insol-venzverwalter nicht gerecht geworden, wenn er der Erfüllungshandlung des Schuldners durch seine Zustimmung zur Wirksamkeit verholfen hätte. Ein [X.] Insolvenzverwalter handle auch nicht sittenwidrig, wenn er die [X.] der Lastschriften verlange, bevor er übersehen könne, ob hierfür der (künfti-gen) Insolvenzmasse ein Vorteil erwachsen werde. Eine rechtsgrundlose Bereicherung der Insolvenzmasse im Sinne des § 812 BGB sei durch das rechtzeitig gestellte Rückbuchungsverlangen auch nicht bewirkt worden. 6 I[X.] Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg. 7 1. Gegenstand der Klage und auch des Revisionsverfahrens ist ein ge-gen die Masse erhobener Zahlungsanspruch, den die Klägerin aus der [X.] mit den im Wege des Einziehungsermächtigungsverfah-rens eingezogenen Sozialbeiträgen herleitet. Dies ergibt sich aus dem in dem Berufungsurteil wiedergegebenen Sachantrag der Klägerin (§§ 314, 525 Satz 1, §§ 528, 555 Abs. 1, § 559 Abs. 1 ZPO), mit dem sie ausdrücklich "Zahlung aus der Insolvenzmasse" begehrt. Diesen Antrag hat die Klägerin im Übrigen in die-ser Form bereits in der Klageschrift angekündigt und in beiden Vorinstanzen aus den vorbereitenden Schriftsätzen gestellt. Entgegen den - allerdings in die-sem Punkt missverständlichen - Ausführungen des Berufungsgerichts ist ein gegen den Beklagten in Person zu richtender Schadensersatzanspruch aus § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, § 60 [X.] oder aus § 826 BGB nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits. Die in der schriftlichen Revisionsbegründung vertre-tene abweichende Auffassung, die Klägerin nehme den Beklagten persönlich auf Zahlung in Anspruch, widerspricht dem Vortrag in den Tatsacheninstanzen. 8 - 6 - Im Revisionsverfahren kann die Klägerin die Klage nicht mehr auf den Beklagten persönlich erstrecken, weil hierin eine Klageerweiterung läge, die im Revisionsverfahren ausgeschlossen ist (vgl. [X.], 131, 136 f; [X.], [X.]. v. 2. April 2009 - [X.] ZR 141/07, z.[X.].; [X.]/Ball, ZPO 6. Aufl. § 559 Rn. 3; Hk-ZPO/[X.], 2. Aufl. § 263 Rn. 12). 9 2. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Insolvenzmasse, der sich nur aus § 55 [X.] ergeben kann, ist nicht erkennbar. 10 a) Nach den von der Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Sparkasse die Lastschrift auf das Schreiben des Beklagten, das dieser in seiner Funktion als mitbestimmender vorläufiger Insolvenzverwalter unter dem 23. März 2005 an sie gerichtet hat, zurückgegeben. Das Insolvenzverfahren ist hingegen erst fast zwei Monate später, nämlich am 19. Mai 2005 eröffnet worden. Aus diesem zeitlichen Ablauf folgt, dass ein Anspruch aus Massebereicherung gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 3 [X.] von vornherein ausscheidet. 11 Nach dieser Vorschrift muss die Masse einen Vermögensgegenstand ohne rechtlichen Grund (§§ 812 ff BGB) nach Eröffnung des [X.] erlangt haben ([X.]Z 23, 307, 317 f; 155, 199, 205; [X.], [X.]. v. 20. Sep-tember 2007 - [X.] ZR 91/06, [X.], 2279 f; HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 55 Rn. 26). Ist die Bereicherung bereits vor der Eröffnung zur Masse gelangt, greift § 55 Abs. 1 Nr. 3 [X.] auch dann nicht ein, wenn der Rechtsgrund erst mit oder nach der Eröffnung weggefallen ist (HK-[X.]/[X.], aaO; [X.]/[X.], [X.] § 55 Rn. 79). Bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 19. Mai 2005 war die Erfüllung im Wege des [X.] bereits fehlgeschlagen. Der Klä-gerin standen deshalb gegen den Schuldner die ursprünglichen Zahlungsan-12 - 7 - sprüche aus [X.] zuzüglich etwaiger Nebenansprüche aus Verzug zu. Die Vermögenslage entsprach somit wieder derjenigen vor dem auf die Lastschrift-abrede gestützten Forderungseinzug. Zu einer Vermögensverschiebung zu-gunsten der Masse ist es nach der Verfahrenseröffnung nicht gekommen. b) Allerdings stellt § 55 Abs. 2 Satz 1 [X.] bestimmte Verbindlichkeiten, die vor Verfahrenseröffnung von einem vorläufigen Insolvenzverwalter begrün-det worden sind, den Masseverbindlichkeiten gleich. Aus dieser Vorschrift kann die Klägerin jedoch nichts für sich herleiten. Die Norm betrifft ausschließlich Rechtshandlungen eines vorläufigen Insolvenzverwalters, auf den die [X.] übergegangen ist (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 1, § 22 Abs. 1 [X.]). Sie gilt nicht für den vorläufigen Verwalter ohne Verfügungsbefugnis, dem durch das Insolvenzgericht auch nicht die Ermächtigung erteilt worden ist, einzelne, im Voraus genau festgelegte [X.] zu Lasten der späteren Insolvenzmasse einzugehen (vgl. [X.]Z 151, 353, 358 ff; [X.], [X.]. v. 20. September 2007 - [X.] ZR 91/06, [X.], 2279, 2280). Außerhalb einer - hier nicht gegebenen - Einzelermächtigung kann auch der mitbestimmende vorläufige Insolvenzverwalter (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Fall 2, § 22 Abs. 2 [X.]) keine Masseverbindlichkeiten begründen ([X.]Z 174, 84, 94); die Vorschrift des § 55 Abs. 2 [X.] ist auch nicht entsprechend anwendbar ([X.], [X.]. v. 20. September 2007 - [X.] ZR 91/06, aaO S. 2280; v. 24. Januar 2008 - [X.] ZR 211/06, [X.], 608; HK-[X.]/[X.], aaO Rn. 29). Aus dem Verhalten des Beklagten im Zusammenhang mit der von ihm begehrten Beseitigung der belastenden Buchposition auf dem Konto des Schuldners kann sich deshalb selbst dann kein Schadensersatzanspruch gegen die Masse ergeben, wenn dem Verwalter - wie die Klägerin meint - eine Pflicht-verletzung vorzuwerfen wäre (vgl. [X.], [X.]. v. 24. Januar 2008 - [X.] ZR 201/06, aaO S. 608). Eine solche ist allerdings nicht gegeben, weil der Beklagte [X.] - 8 - tigt war, die Rückgabe der Lastschrift und die damit verbundene Beseitigung der Buchung unabhängig davon zu verlangen, ob dem Schuldner sachliche Einwendungen gegen den Anspruch der Klägerin zustanden und ob dieser die Genehmigung verweigern wollte (vgl. [X.]Z 161, 49 ff; 174, 84, 87 f; [X.], [X.]. v. 21. September 2006 - [X.] ZR 173/02, [X.], 2092, 2093). Auf Weiteres kommt es nicht an. 14 Ganter Raebel [X.] [X.] Pape Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 19.03.2007 - 5 O 556/05 - [X.], Entscheidung vom 07.03.2008 - 10 U 541/07 -

Meta

IX ZR 61/08

07.05.2009

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.05.2009, Az. IX ZR 61/08 (REWIS RS 2009, 3658)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 3658

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