Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2012, Az. KVR 34/11

Kartellsenat | REWIS RS 2012, 6419

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BUND[X.]SG[X.]RICHTSHOF

B[X.]SCHLUSS
KVR
34/11
vom

15. Mai 2012
in dem
Kartellverwaltungsverfahren

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Der Kartellsenat des [X.] hat am 15.
Mai 2012 durch den Präsidenten des [X.] Prof.
Dr.
Tolksdorf, den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck
und die Richter Dr.
Raum, Dr.
Strohn und Dr.
Löffler

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Kartellsenats des [X.] vom 20. April 2011 wird als unzulässig verworfen.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde in dem oben bezeichneten Beschluss wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerde-
und Be-schwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden [X.]rledigung der Verfahren notwendigen Kosten des Antragsgegners.

Der Gegenstandswert der Rechtsbeschwerde und der Nichtzulas-sungsbeschwerde wird auf jeweils 5.000

Gründe:

[X.] Die Antragstellerin ist ein Wasserversorgungsunternehmen mit Sitz in [X.]. Die [X.] [X.] ist alleinige Gesellschafterin. Mit der "Satzung über die öffentliche Wasserversorgung der [X.] [X.]" vom 19. November 2001 wurde der Antragstellerin der Betrieb der Wasserversorgung als öffentliche [X.]inrichtung übertragen. Die [X.] zu den Kunden sind privatrecht-1
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lich ausgestaltet. In der Satzung ist jedoch ein Anschluss-
und Benutzungszwang angeordnet.

Mit Verfügung vom 26. Mai 2010 verlangte
das Wirtschaftsministerium Ba-den-Württemberg als zuständige Landeskartellbehörde von der Antragstellerin wegen des Verdachts der missbräuchlichen Ausnutzung einer marktbeherrschen-den Stellung durch das Verlangen überhöhter
Trinkwasserpreise die Mitteilung der Kalkulationsgrundlagen für diese Preise betreffend die
Jahre 2008 bis 2010. Nachdem es zu Unstimmigkeiten gekommen war, erließ die Landeskartellbehörde
am 9. Februar 2011 eine zwangsgeldbewehrte Auskunftsverfügung. Die Antrag-stellerin hat Beschwerde dagegen eingelegt
und mit ihr den Antrag verbunden, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gemäß § 65 Abs. 3 Satz 3 GWB herzu-stellen. Nachdem die Landeskartellbehörde eine Zurückstellung bis zu einer [X.] [X.]ntscheidung abgelehnt hatte, hat die Antragstellerin Unterlagen her-ausgegeben und Auskünfte erteilt.

[X.] hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Beschwerde herzustellen und die Vollziehung aufzuheben,
zurückgewiesen. Mit ihrer
Rechtsbeschwerde und ihrem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wehrt sich die Antragstellerin gegen diesen Beschluss.

I[X.] [X.] hat seine [X.]ntscheidung wie folgt begründet:

Die Auskunftsverfügung belaste die Antragstellerin nicht mehr, weil sie das von der Landeskartellbehörde
Geforderte freiwillig bewirkt habe. Die [X.] müsse nicht mit Zwangsmaßnahmen aufgrund der angefochtenen Verfügung rechnen. Die Landeskartellbehörde
habe erklärt, sie
sehe die erteilten Auskünfte derzeit als [X.]rfüllung der durch die Verfügung begründeten
Pflicht an und werde, falls die Auskünfte
unvollständig seien, eine neue Verfügung erlassen.
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Auf die Gefahr, dass aufgrund der erteilten Auskünfte eine materiellrechtli-che Verfügung erlassen werde, könne sich die Antragstellerin nicht berufen. Denn über zukünftige Verwaltungsakte sei im vorliegenden Verfahren nicht zu [X.].

Im Übrigen bestünden Bedenken gegen die Auffassung der Antragstellerin, sie falle nicht in den Anwendungsbereich des
Gesetzes gegen Wettbewerbsbe-schränkungen. Auch wenn die angefochtene Verfügung aufgehoben würde, bliebe die bestandskräftig gewordene Auskunftsverfügung vom 26. Mai 2010 wirksam.

II[X.] Weder die Rechtsbeschwerde noch die Nichtzulassungsbeschwerde führen
zum [X.]rfolg.

1. Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig.

a) Die nach § 74 Abs. 4 Nr. 3 GWB geltend gemachte Verletzung des [X.] Gehörs ist nicht schlüssig dargelegt (vgl. [X.], Beschluss vom 2. Februar 2010
-
KVZ
16/09, [X.]/[X.] D[X.]-R 2879 Rn. 10
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Kosmetikartikel).
Die Rechtsbe-schwerde zeigt nicht auf, welchen Vortrag der Antragstellerin das [X.] übergangen haben soll. Soweit sich die Antragstellerin gegen die Annahme des [X.] wendet, die Herausgabe der Unterlagen und die [X.]rtei-lung von Auskünften sei "freiwillig" geschehen, vertritt sie lediglich eine andere Rechtsansicht als das Beschwerdegericht, legt aber keinen Gehörsverstoß dar.

b) Auch die Voraussetzungen des § 74 Abs. 4 Nr. 6 GWB
liegen nicht vor. Die Rechtsbeschwerde macht geltend, die angefochtene [X.]ntscheidung sei
im Hinblick auf die nicht näher erläuterte [X.]rwähnung der [X.]ntscheidung des Oberlan-desgerichts
Frankfurt am Main
vom 3. März 2011 (11 W 2/11) nicht mit Gründen versehen.
Der Hinweis des [X.]
auf diesen Beschluss
hat aber ersichtlich
keine tragende Bedeutung für die Begründung der [X.]ntscheidung, son-6
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dern befindet sich in dem Abschnitt, der mit "Ohne dass es darauf noch ankäme" eingeleitet wird.

2. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin bleibt ebenfalls ohne [X.]rfolg.

Die Sache wirft weder Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf, noch [X.] die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Recht-sprechung eine [X.]ntscheidung des [X.] (§ 74 Abs. 2 GWB).

Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer un-bestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte [X.] der Allgemeinheit an der einheitlichen [X.]ntwicklung und Handhabung des Rechts berührt
(siehe zu der vergleichbaren Regelung in § 544 ZPO etwa [X.], Beschluss vom 8. Februar 2010 -
II ZR 54/09, ZIP
2010, 985 Rn. 3). Ist die [X.]nt-scheidung -
wie hier -
auch auf eine Hilfsbegründung gestützt, muss die [X.] zudem aufzeigen, dass die
Hilfsbegründung unzutreffend, die klärungsbedürftige Rechtsfrage mithin entscheidungserheblich ist
(vgl. [X.], Beschluss vom 18. Februar 2008 -
II ZR 62/07, [X.], 736 Rn. 7; Beschluss vom 12.
Februar 2004 -
V
ZR
247/03, NJW 2004, 1167, 1168; Beschluss vom 7.
Januar 2003 -
X [X.], [X.]Z 153, 254, 256 f.).
Jedenfalls daran fehlt es hier.

Die Hilfsbegründung des [X.], schon die
bestandskräftige Verfügung vom 26. Mai 2010 trage das Auskunftsbegehren, beruht auf einer tat-richterlichen Würdigung des Sachverhalts. Das gilt sowohl für die Frage, ob die Auskunftsverfügung infolge der [X.]rteilung von
Auskünften erledigt ist, als auch für die damit zusammenhängende
Frage, ob die zweite
Auskunftsverfügung einen neuen Anwendungsbereich eröffnet oder nur die Anordnungen der alten Verfü-12
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gung wiederholt und konkretisiert. Das Rechtsbeschwerdegericht kann nur
über-prüfen, ob der Tatrichter von einem zutreffenden Rechtsverständnis ausgegangen ist, der Sachverhalt ausgeschöpft ist und keine Denkgesetze oder [X.]rfahrungssät-ze verletzt worden sind, sowie
bei entsprechenden Verfahrensrügen

ob die [X.] eingehalten sind.

Derartige Rechtsfehler des [X.] zeigt die Nichtzulassungs-beschwerde nicht auf.

Nicht ausreichend ist
insoweit
ihr pauschaler Vortrag,
die Verfügung vom 9. Februar 2011 wiederhole nicht nur die Anordnungen der Verfügung vom 26. Mai 2010, sondern verlange aufgrund
eines
weitergehenden
Aufklärungsbedarfs
de-taillierte Nachweise zu [X.]inzelpositionen und Kostenpunkten. Damit nimmt die Be-schwerde eine abweichende Wertung vor, zeigt aber keinen Rechtsfehler auf. [X.]benso wenig reicht
der [X.]inwand
aus, nach der Rechtsprechung des Bundesver-waltungsgerichts genüge
es für die Annahme eines eigenständigen
Verwaltungs-akts, wenn Rechte und Pflichten konkretisiert würden. Zwar
ist richtig, dass nach der in Bezug genommenen
Rechtsprechung eine verbindliche Regelung im Sinne des § 35 Satz 1 VwVfG auch dann anzunehmen sein
kann, wenn eine generelle und abstrakte Regelung des Gesetzes für den [X.]inzelfall mit Bindungswirkung als bestehend oder nicht bestehend festgesetzt, konkretisiert oder individualisiert wird (BVerwG, BVerwG[X.] 79, 291, 293; [X.] 442.16 § 18 StVZO Nr. 1). Die [X.] vom 26. Mai 2010 ist aber schon keine generelle und abstrakte Regelung. Vielmehr ist
die Antragstellerin bereits
aufgrund dieser Verfügung ver-pflichtet, detaillierte Auskünfte zu erteilen.

Darauf, dass in der Verfügung vom 9. Februar 2011 erstmals ein [X.] angedroht worden ist, stellt die Nichtzulassungsbeschwerde
zu Recht
nicht ab. Diese Androhung ist nach der [X.]rklärung der Behörde, davon keinen Gebrauch machen zu wollen, gegenstandslos geworden.

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Aus den vorgenannten
Gründen ist eine [X.]ntscheidung des [X.] auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

[X.] Der Senat entscheidet über die Rechtsbeschwerde (vgl. [X.], [X.] vom 2. Februar 2010 -
KVZ 16/09, [X.]/[X.] D[X.]-R 2879 Rn. 45
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Kosmetik-artikel) und
über die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 75 Abs. 2 Satz 2 GWB) ohne mündliche Verhandlung.

Tolksdorf
Meier-Beck
Raum

Strohn
Löffler
Vorinstanz:
[X.], [X.]ntscheidung vom 20.04.2011 -
201 Kart 1/11 -

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Meta

KVR 34/11

15.05.2012

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.05.2012, Az. KVR 34/11 (REWIS RS 2012, 6419)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6419

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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