Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. I ZR 131/00

I. Zivilsenat | REWIS RS 2002, 227

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 131/00Verkündet am:12. Dezember 2002WalzJustizamtsinspektorals Urkundsbeamterder Geschäftsstellein dem [X.]:[X.] : [X.]: [X.] § [X.] eines parallel importierten Arzneimittels in einen neuen Um-karton kann erforderlich im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs [X.] Gemeinschaften zur Erschöpfung des Markenrechts sein, [X.] Aufstocken des Inhalts der [X.] von 60 auf 100 Tabletten mit-tels versetztem Einschieben der [X.] in den Originalkarton auf [X.] der Verbraucher stößt.[X.], [X.]. v. 12. Dezember 2002 - I ZR 131/00 - [X.] Hamburg- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 12. Dezember 2002 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Prof.[X.] und [X.] Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das [X.]eil des [X.], 3. Zivilsenat, vom 11. Mai 2000 auf-gehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zu-rückverwiesen.Von Rechts [X.]:Die Klägerin, ein in [X.] ansässiges Pharmaunternehmen, istLizenznehmerin der Marke Nr. 882 157 "[X.]", eingetragen für "pharma-zeutische Erzeugnisse". Sie vertreibt das Arzneimittel "[X.]" zur [X.] der [X.] 3 -Die Beklagte zu 1 verbringt als Parallelimporteurin das aus den [X.] stammende Arzneimittel "[X.]" 2,5 mg, das dort in Packungen zu 60Tabletten vertrieben wird, nach [X.] und bringt es gemeinsam mit [X.] zu 2 in von ihnen neu hergestellten Umverpackungen zu 100 Ta-bletten, die sie mit der Bezeichnung "[X.]" versehen, in den Verkehr.Die Klägerin hat geltend gemacht, in dem Umpacken des Arzneimittels"[X.]" unter Verwendung von neu erstellten Umverpackungen liege eineMarkenrechtsverletzung. Die Verwendung solcher Packungen sei unnötig; [X.] könnten überklebt, auf- oder abgestockt und/oder [X.] werden.Die Klägerin hat beantragt,die Beklagten unter Androhung von näher bezeichneten [X.] zu verurteilen, es zu unterlassen,das aus den [X.] importierte Arzneimittel "[X.]"2,5 mg Tabletten in neu hergestellte eigene Umverpackungen [X.] 100 Tabletten umzupacken und in der Bundesre-publik [X.] feilzuhalten und/oder in den Verkehr zu brin-gen.Die Beklagten sind dem entgegengetreten. Sie haben geltend gemacht,es sei die Erschöpfung des Markenrechts eingetreten. Die Verwendung derneu erstellten Umverpackungen sei erforderlich, um die Arzneimittel auf den- 4 -Markt bringen zu können; das dürfe nicht im Hinblick auf das praktisch immermögliche Bündeln, Überkleben, Auf- oder Abstocken verneint werden.Das [X.] hat die Klage abgewiesen.Das Berufungsgericht hat ihr im wesentlichen stattgegeben.Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfol-gen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.Entscheidungsgründe:[X.] Das Berufungsgericht hat eine Markenverletzung angenommen, weileine Erschöpfung des Markenrechts nicht eingetreten sei. Dazu hat es ausge-führt:Das angegriffene Verhalten der Beklagten sei unbeschadet einer [X.] Erschöpfung des Markenrechts und der Schranken ge-mäß Art. 28, 30 [X.] eine Verletzung der Klagemarke im Sinne von § 14 Abs. 2Nr. 1 [X.].Eine Erschöpfung des Markenrechts sei nicht eingetreten, weil sich [X.] der Benutzung ihrer Marke aus berechtigten Gründen [X.] dürfe. Nach den Grundsätzen der Rechtsprechung des Gerichtshofs [X.] Gemeinschaften gehöre zu den notwendigen Voraussetzungen- 5 -für den Eintritt der Erschöpfung, daß das Umpacken in eine neue äußere [X.] erforderlich sei, um das Arzneimittel im [X.] können.Das Umpacken in neu erstellte "[X.]"-Umverpackungen sei nichterforderlich, weil überklebte Original-Umverpackungen mit aufgestocktem In-halt verwendet werden könnten.Derartig aufgestockte Packungen seien nicht "unordentlich". Eine neuhergestellte Verpackung möge in gewisser Hinsicht ansprechender sein. [X.] wirtschaftliche Interesse der Beklagten, sich mit einer [X.] als Vertriebsunternehmen besser darstellen zu können, sei [X.] den Interessen des Markeninhabers nicht vorrangig; es [X.] den den Beklagten zu gewährleistenden freien Warenverkehr als solchen.I[X.] Die hiergegen gerichtete Revision hat Erfolg; sie führt zur [X.] angefochtenen [X.]eils und zur Zurückverweisung der Sache.Nach § 14 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist es Dritten untersagt, ohne Zustim-mung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr ein mit einer Marke [X.] Zeichen für Waren zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, fürdie die Marke Schutz genießt. Diesen gesetzlichen Tatbestand verwirklichendie Beklagten dadurch, daß sie das importierte Arzneimittel "[X.]" nach [X.] bestimmter Veränderungen, insbesondere dem Umpacken in neuhergestellte, mit der Marke der Klägerin versehene äußere [X.], vertrei-ben (§ 14 Abs. 3 Nr. 1 und 2 [X.]).- 6 -Der markenrechtliche Schutz greift allerdings nicht durch, wenn [X.] erschöpft ist (§ 24 Abs. 1 [X.]). Die Voraussetzungen einerErschöpfung hat das Berufungsgericht verneint. Das ist nicht frei von Rechts-fehlern.1. Die Bestimmung des § 24 [X.] beruht auf der [X.] in Art. 7 [X.]. Die hierzu ergangene Rechtsprechung des [X.] der Europäischen Gemeinschaften ist deshalb zur Auslegung des§ 24 [X.] heranzuziehen. In der Entscheidung "[X.]" hatder Gerichtshof dem Parallelimporteur von Arzneimitteln unter bestimmten Vor-aussetzungen zugestanden, die Ware um- oder neu zu verpacken und an-schließend in den Verkehr zu bringen ([X.], [X.]. v. 11.7.1996 - verb.[X.]. C-427/93, [X.]/93 und [X.]/93, [X.]. 1996, [X.] [X.]. 49, 53 ff. = [X.]. 1996, 1144; vgl. auch [X.], [X.]. v. 12.10.1999 - [X.]. [X.], [X.]. 1999,I-6927, 6964 [X.]. 27, 28 = GRUR Int. 2000, 159 - Pharmacia & Upjohn). [X.] der Eintritt der Erschöpfung des Rechts aus der Marke nur für solche be-stimmten Waren (vgl. [X.], [X.]. [X.] - [X.]. [X.]/98, [X.]. 1999, I-4103[X.]. 20 = GRUR Int. 1999, 870 - Docksides/[X.]) anzunehmen, die [X.] oder mit seiner Zustimmung "unter dieser Marke" in der [X.] in den Verkehr gebracht worden sind und bei denen kumulativ fünfBedingungen gegeben sind: (1) Die Geltendmachung der Rechte aus der [X.] dient nicht einer künstlichen Abschottung der Märkte. (2) Der Originalzu-stand des Arzneimittels, zum Beispiel in einem [X.], wird von [X.], die der Importeur oder sein Lieferant vornimmt, nicht berührt,was auch mittelbar dadurch geschehen kann, daß ein neuer Beipackzettel lük-kenhaft ist oder unrichtige Angaben enthält. (3) Auf der Verpackung [X.] das die Umverpackung vornehmende Unternehmen als auch der Her-- 7 -steller genannt sein. (4) Das umgepackte Arzneimittel darf nicht so aufgemachtsein, daß der Ruf der Marke geschädigt wird. (5) Der Importeur muß den [X.]ninhaber vorab vom Feilhalten des umgepackten Arzneimittels unterrichtenund ihm auf Verlangen ein Muster liefern. Das soll den Markeninhaber in dieLage versetzen nachzuprüfen, ob die vom Gerichtshof der Europäischen [X.]en im übrigen aufgestellten Voraussetzungen einer Erschöpfungvorliegen oder nicht (vgl. [X.], [X.]. v. 11.7.2002 - I ZR 219/99, [X.], 1061 = [X.], 1163 - [X.]/[X.]; [X.]. v. 11.7.2002 - I ZR 35/00,GRUR 2002, 1063, 1065 = [X.], 1273 - Aspirin, je m.w.[X.] Das Berufungsgericht hat eine künstliche Abschottung der [X.] die Klägerin verneint. Ob eine solche vorliegt, beurteilt sich, wie das Be-rufungsgericht zutreffend angenommen hat, nach objektiven Kriterien und nichtdanach, ob der Parallelimporteur eine darauf gerichtete Absicht des Markenin-habers nachweist ([X.] GRUR 2002, 1059, 1061 - [X.]/[X.]; [X.]GRUR Int. 1996, 1144, 1149 [X.]. 57 - [X.]; vgl. auch [X.]GRUR Int. 2000, 159, 162 f. [X.]. 39, 41 - Pharmacia & Upjohn). Dabei ist [X.], ob im Zeitpunkt des Vertriebs bestehende Umstände den Paralle-limporteur objektiv dazu zwingen, eine neue äußere Umverpackung zu [X.], um das betreffende Arzneimittel im [X.] in den [X.] bringen zu können.Entgegen der Meinung der Revision führt zwar der Umstand, daß dieentsprechende Packungsgröße im [X.] nicht an-geboten wird, nicht schon dazu, daß die Herstellung neuer äußerer Verpak-kungen für diese Größe jedenfalls als notwendig anzusehen wäre. Die Erfor-derlichkeit hängt vielmehr davon ab, ob und inwieweit die importierten [X.] 8 -mittel durch Maßnahmen in [X.] vertriebsfähig gemacht werden [X.], die das Recht des Markeninhabers weniger beeinträchtigen ([X.] [X.], 1059, 1061 - [X.]/[X.]; vgl. auch [X.] GRUR Int. 1996, 1144,1148 [X.]. 55 - [X.]; [X.] GRUR Int. 2000, 159, 163 [X.]. 44 -Pharmacia & Upjohn; [X.] [X.], 673, 676 [X.]. 27, 28 - [X.], [X.]/[X.]; [X.] [X.], 666, 667 [X.]. 48, 49 - [X.]/Swingward).Hierbei stellt eine Abneigung des Verkehrs gegen mit Etiketten über-klebte Arzneimittel nicht stets ein Hindernis für den tatsächlichen Zugang zumMarkt dar, das ein Umpacken in eine neue Verpackung erforderlich im Sinneder Rechtsprechung des Gerichtshofs macht. Besteht aber auf einem Marktoder einem beträchtlichen Teil dieses Marktes ein so starker Widerstand einesnicht unerheblichen Teils der Verbraucher gegen mit Etiketten überklebte Arz-neimittelpackungen, kann von einem Hindernis für den tatsächlichen [X.] auszugehen sein ([X.] [X.], 673, 676 [X.]. 30 - [X.], [X.]/[X.]; [X.] [X.], 666, 667 [X.]. 51 - [X.]/Swingward; ebenso: [X.], [X.]. v. 19.9.2002 - [X.]. [X.]/00, [X.], 1054, 1055 [X.]. 26 - [X.]). Das Hindernis liegt insbesondere dann vor,wenn die Abneigung der Verbraucher derart ausgeprägt ist, daß sie sich auchauf die Verschreibungspraktiken der Ärzte und die Einkaufspraktiken der [X.] auswirkt. Die Frage, ob im Einzelfall ein Hindernis im vorgenannten [X.] vorliegt, hat das nationale Gericht unter Berücksichtigung aller Umstände zubeantworten.Das Berufungsgericht hat angenommen, daß in [X.] verkehrs-und vertriebsfähige Packungen ohne weiteres dadurch hergestellt werden- 9 -könnten, daß die Beklagten die [X.] äußere [X.] in [X.] zu 60 Tabletten mit einem entsprechenden Etikett versehen und so fürden Vertrieb des Arzneimittels in [X.] verwenden könnten. Des weite-ren ergebe sich aus dem Beispiel von "[X.]"-Packungen eines [X.], daß die [X.]n [X.]en zu 60 Tablet-ten mit Etiketten überklebt und mit zusätzlichen [X.] auf die [X.] zu 100 Tabletten aufgestockt werden könnten; die [X.] seien hierzu hinreichend dimensioniert. Eine neue Umverpackung mö-ge zwar in gewisser Hinsicht ansprechender wirken als eine überklebte [X.] und aufgestockte [X.], sie sei im Streitfall abernicht erforderlich im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.].Dagegen wendet sich die Revision in Anbetracht der neueren Entschei-dungen des [X.] mit Erfolg. Die Frage der Erforderlich-keit des Umpackens in neue Kartons kann im Streitfall, in dem es im Verkehrmit Arzneimitteln um die Akzeptanz einer mit neuen Etiketten überklebten undvon 60 auf 100 Tabletten aufgestockten [X.] geht, anhand der [X.] tatsächlichen Feststellungen noch nicht abschließend beantwortetwerden. Bei der erneuten Beurteilung wird das Berufungsgericht vor allem auchder Gesamtheit der tatsächlichen Umstände Beachtung zu schenken haben,zumal das Aufstocken der [X.]en um annähernd 67% (von 60 auf100 Tabletten) nicht als Bündelung, sondern als bloße Hinzufügung von [X.] in Frage steht, die auch bei großzügiger Dimensionierung der Ori-ginalpackungen wohl ein seitlich versetztes Einlegen der [X.] in [X.] erforderlich macht. Die Parteien werden Gelegenheit haben dazuvorzutragen, ob diese ungewöhnliche Präsentation des Arzneimittels auf den- 10 -Widerstand der Verbraucher stößt (vgl. [X.] [X.], 666, 671 [X.]. 52- [X.]/Swingward).- 11 -II[X.] Danach war auf die Revision der Beklagten das angefochtene [X.]eilaufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].[X.]. Ungern-Sternberg[X.]BornkammSchaffert

Meta

I ZR 131/00

12.12.2002

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.12.2002, Az. I ZR 131/00 (REWIS RS 2002, 227)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 227

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