Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2016, Az. X ZR 76/14

X. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 6436

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:230816UXZR76.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
IM NAMEN [X.]S VOLKES
URTEIL
X ZR
76/14
Verkündet am:
23. August 2016
Hartmann
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

V-förmige Führungsanordnung
EPÜ Art. 69 Abs. 1; [X.] § 14
Die Orientierung der Überlegungen des Fachmanns, mit denen er ein im Sinne des Merkmals der Erfindung gleichwirkendes Austauschmittel als gleichwirkend auffinden kann, am Patentanspruch und damit die Verletzung des Patents mit äquivalenten
Mitteln kann regelmäßig nicht mit der Begründung verneint wer-den, der Patentinhaber habe sich mit der konkreten Formulierung des Merkmals auf eine dessen Wortsinn entsprechende Ausgestaltung festgelegt.
[X.], Urteil vom 23. August 2016 -
X [X.] -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der X.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23.
August 2016 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr.
Meier-Beck, die Richter [X.], Dr.
Grabinski, [X.] und die Richterin Dr.
Kober-Dehm
für
Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 15. Zivilsenats des [X.] vom 8. Juli 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen
-
3
-
Tatbestand:
Die Klägerin ist Inhaberin des mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1
259
105
([X.]s), das un-ter Inanspruchnahme der Priorität zweier [X.] Patentanmeldungen vom 4.
Februar und 31. Mai 2000 am 31. Januar 2001 angemeldet wurde und ein austauschbares Verschleißteil zur Montage an einer vorderen Kante eines [X.] betrifft.
Patentanspruch 1 hat in der Verfahrenssprache des [X.]s in der im Einspruchsverfahren geänderten Fassung folgenden Wortlaut:
"A replaceable wear part (13, 22, 22a, 32, 41) for mounting on a leading edge (12, 27) of a working tool (10, 27, 30), [X.] (16, 18) extending gen-erally perpendicular to the leading edge and which provide a socket and projection type of slidable inter-fit and allow the wear part to slide in a di-rection generally perpendicular to the leading edge, and are arranged to exert a wedging action on the wear part so that the greater the distance travelled, [X.] engagement [X.], whereby the wear part can be driven by a force extending generally perpendicular to the leading edge in order to take up a working position in [X.] (16, 18) on the wear part and the leading edge, and without need for threaded or
other separate [X.], [X.] (16, 18) allowing the wear part (13) to slide in [X.] (12), and providing a wedge-type inter-engagement [X.] (16, 18) such that the greater the distance travelled, [X.] engagement forces acting [X.]:
1
2
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4
-
characterised in [X.] (16, 18) which are each of matching V-shape in cross section to oppose relative rotation of the wear part (13) about its longitudinal axis (19), [X.] (18) of the wear part (13, 22, 22a, 32, 41) are provided on opposed edges of a rearwardly-projecting mounting portion (17, 25, 25a, 32) of the wear part, and [X.] (16) of the working tool are provided on opposed side walls of a socket portion of the work-ing tool."
Die Beklagte bietet in der [X.] unter der Be-zeichnung "Euroshare M7"
aus-tauschbare Verschleißteile für Land-maschinen (angegriffene Ausfüh-rungsform) an. Sie werden
an einem mitgelieferten Adapter montiert, der seinerseits mit Bolzen an dem [X.] befestigt wird.
Ihre Ausgestaltung und Funktionsweise ergibt sich aus den nebenstehend wiedergegebenen Lichtbildern sowie der
nachfolgenden
Abbildung aus einem Prospekt der Beklagten.
3
-
5
-

Die Klägerin hat die Beklagte wegen unmittelbarer Verletzung des [X.] auf Unterlassung, Auskunft, Rechnungslegung und die Feststellung der Verpflichtung zum Schadensersatz
in Anspruch genommen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung ist
ohne Er-folg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen
Revision, der die Beklagte entgegentritt, verfolgt die Klägerin ihre [X.] weiter.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
Das [X.] betrifft ein austauschbares Verschleißteil zur Montage an der
vorderen Kante eines Arbeitswerkzeuges,
das etwa als Pflug zur Bodenbearbeitung eingesetzt wird.

4
5
6
-
6
-
Nach
der [X.] werden
derartige Verschleißteile herkömm-lich durch zwei Schrauben an dem Werkzeug montiert. Eine solche Verbindung sei hinreichend stabil, um [X.] im Einsatz auftretenden Verdrillungen,
Drehbe-wegungen oder sonstigen Krafteinwirkungen zu widerstehen (Abs. 6), habe aber den Nachteil, dass ein Austausch der
Verschleißteile, etwa auf dem Feld, zeitaufwändig und schwierig werden könne, insbesondere wenn
die Befesti-gungsmittel wegen Beschädigungen, Rost
oder dergleichen schwer zu lösen seien
(Abs. 7).
Um Montage und Demontage zu vereinfachen, sei es
bekannt, nur ein Befestigungsmittel vorzusehen. Dies setze eine geeignet geformte Auflageflä-che voraus, welche die Verschleißteile gegen Drehen um die Achse des einzel-nen [X.] sperre (Abs. 10).
Als Beispiel hierfür nennt die [X.] ein Verschleißteil mit einem schmalen abstehenden Ansatz, der von einer Aussparung im Hauptkörper einer Zinkenfräse aufgenommen werde, um einer Drehung um die Achse des [X.] entgegenzuwirken. Diese Konstruktion verlasse sich auf die Festigkeit des schmalen Ansatzes, auf den im Einsatz jedoch konzentrierte Kräfte wirkten, die einen
vorzeitigen Ausfall zur Folge haben könnten.
Das der Erfindung zugrunde liegende Problem kann -
ohne Berücksichti-gung von Lösungsansätzen -
hiernach dahin formuliert werden, eine Anordnung von austauschbaren Verschleißteilen zur
Verfügung zu stellen, die auf
einfache und schnell montierbare
Weise
zuverlässig gegen eine Verlagerung
aus der Arbeitsposition gesichert sind (vgl. Abs. 13).
Dies soll nach Patentanspruch 1 durch eine Anordnung mit folgenden Merkmalen erreicht werden
[in eckigen Klammern die Gliederung des Beru-fungsgerichts]:
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8
9
10
-
7
-
1
Das austauschbare
Verschleißteil (13) ist zum Montieren an einer Vorderkante (12) eines [X.] (10) geeignet
[1].
2
Die Vorderkante (12) und das Verschleißteil (13) weisen zu-sammenwirkende [X.] (16, 18) auf, von de-nen

2.1
die [X.] (18) des [X.] (13) an gegenüberliegenden Rändern eines nach hinten [X.] (17) des [X.] gebildet sind [7] und
2.2
die [X.] (16) des [X.] (10) an gegenüberliegenden Rändern eines Aufnahme-abschnitts (14) des [X.] gebildet sind [8].
3
Die zusammenwirkenden [X.]
(16, 18)

3.1
erstrecken sich im Allgemeinen senkrecht zu der Vorder-kante
(12)
[2].
3.2
stellen eine gleitfähige Aufnahme-Vorsprung-Passung bereit
und ermöglichen es dem Verschleißteil
(13), ohne dass Schrauben oder andere separat entfernbare Befes-tigungsmittel nötig sind, in einer im Allgemeinen senk-rechten Richtung zur Vorderkante (12) zu gleiten
[aus 3
und
5] und durch [X.] vorangetrieben zu werden, die sich im Allgemeinen senkrecht zur Vorderkante er-streckt, um eine Arbeitsstellung einzunehmen, in der es durch Reibschluss zwischen den [X.] gegen eine Verlagerung aus der Arbeitsstellung [X.] ist
[4],
-
8
-
3.3
erlauben ein keilartiges Eingreifen des [X.]
(13) [in das Arbeitswerkzeug], so dass die zwischen den [X.] (16, 18) wirkenden [X.] umso stärker sind, je größer die zurückgelegte Strecke ist
[aus 3
und
5] und
3.4
sind mittels Wänden oder Flächen definiert, die im [X.] jeweils eine passende V-Form aufweisen
(are each of matching V-shape), um einer Relativdrehung des [X.] (13) um seine Längsachse (19) entge-genzuwirken
[6].
Nach der Beschreibung kann ein erfindungsgemäßes austauschbares Verschleißteil etwa mit einem Hammer in die Arbeitsposition getrieben werden,
wobei es aufgrund der zusammenwirkenden [X.] in einer im Allgemeinen zur Vorderkante senkrechten Richtung gleiten kann. Die Füh-rungsanordnungen sind
so ausgebildet, dass sie einen keilartigen Eingriff des
[X.] erlauben, wodurch die [X.] zwischen den [X.] umso stärker
werden, je weiter die zurückgelegte Strecke ist
(Merkmale 3.2
und 3.3). Eine Schraubbefestigung oder dergleichen wird hierdurch entbehr-lich.
Um einer Drehung des [X.] gegenüber der Vorderkante um sei-ne Längsachse entgegenzuwirken, weisen die die [X.] definierenden Wände und Flächen jeweils eine aneinander angepasste V-Form auf (Merkmal 3.4; Abs. 19).
Die nachfolgend wiedergegebenen Zeichnungen stammen aus der [X.]chrift und zeigen ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel:
11
12
-
9
-

II.
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Die angegriffene Ausführungsform mache vom Merkmal 3.4 [6]
keinen
wortsinngemäßen
Gebrauch, weil die
[X.]
im Querschnitt U-förmig und
nicht V-förmig
ausgebildet
seien.
Die Lehre des Patentanspruchs 1 werde
aber auch nicht in patentrecht-lich
äquivalenter Weise verwirklicht. Die
Ausgestaltung der angegriffenen Aus-führungsform mit halbkreis-
bzw. U-förmigen [X.] sei [X.] nicht gleichwertig. Es möge
zwar sein, dass auch eine U-Form das Leis-tungsergebnis der patentgeschützten Lehre erreiche, weil auch hiermit
eine Verdrehung des [X.] um seine Längsachse wirksam verhindert wer-den könne. Die [X.] leite den Fachmann aber nicht zu einer sol-13
14
15
-
10
-
chen Ausgestaltung
an, weil sie sich gerade auf die V-Form festlege. Wollte man jedwede geometrische Form der Führungsanordnung, die ein die Rotation verhinderndes Ineinandergreifen sicherstellen könne, als äquivalente Benut-zung auffassen, so hätte die vom [X.] gelehrte Formgebung keine ei-genständige Bedeutung mehr. Dass sich die
Patentinhaberin
hinsichtlich dieser Formgebung bewusst festgelegt habe, ergebe sich aus einer systematischen Auslegung des Patentanspruchs 1 unter Berücksichtigung der anderen [X.]. Denn hinsichtlich der Form der [X.] des [X.] in ihrer räumlichen Anordnung zueinander -
ob diese also recht-eckig, trapezförmig oder sonst wie
ausgestaltet sei -
lege sich der Anspruch im Gegensatz zur Ausgestaltung des Querschnitts der [X.] nicht fest. Dies spreche dafür, die Festlegung auf die V-Form als bewusste Auswahl-entscheidung zu verstehen. Zudem sei eine U-Form
aufgrund ihres bogenför-migen Verlaufs auch qualitativ
schlechter als eine V-Form
geeignet,
eine
Rota-tion um die Längsachse des [X.] zu vermeiden.
Dass die Patentinhaberin eine bewusste Auswahlentscheidung zuguns-ten der
V-Form getroffen habe, trete auch zu Tage, wenn bei der Auslegung der gegenüber der ursprünglichen Patentschrift aufgrund der Beschränkung des Patents im Einspruchsverfahren
geänderten [X.] zusätzlich die erteilte Fassung des Patents ([X.])
herangezogen werde. Für deren
Berücksich-tigung bei der Auslegung des geänderten Patents sprächen das Gebot
der Rechtssicherheit und der Umstand, dass sich erst aufgrund eines solchen
Ver-gleichs der Gehalt der maßgeblichen geänderten Fassung feststellen lasse.
Die erteilte Fassung des Patents
rechne auch zu dem von Art. 69 EPÜ in den Blick genommenen Auslegungsmaterial, da sie anders als die Erteilungsakte der Öf-fentlichkeit zugänglich gewesen sei,
die sich
damit auf deren Inhalt habe [X.] können. Aus Absatz 19 der Beschreibung in der Fassung der [X.] sei in Zusammenschau mit dem Anspruchswortlaut des Patentanspruchs 1 er-kennbar gewesen, dass sich die
Patentinhaberin
im Sinne einer ausdrücklichen 16
-
11
-
Auswahlentscheidung gegen andere [X.] der Führungsanord-nung als die V-Form entschieden habe, da dort zusätzlich darauf hingewiesen worden sei, dass auch andere [X.]
als
die V-Form dazu ver-wendet
werden könnten, Verdrehungen um die Längsachse des [X.] entgegenzuwirken. Wenn danach
in den Patentanspruch 1 ausdrücklich
nur die V-Form aufgenommen sei, verstehe der Fachmann dies als
Festlegung allein auf eine solche
Formgebung.
III.
Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
1.
Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob die angegriffene Aus-führungsform mit der im Berufungsurteil als halbkreis-
oder U-förmig bezeichne-ten Querschnittsform der [X.] einer Drehung des Verschleiß-teils gegenüber der Vorderkante des [X.] um seine Längsachse entgegenwirkt und daher
-
jedenfalls grundsätzlich -
diejenige Wirkung erzielt, die erfindungsgemäß mit der in Merkmal 3.4 vorgegebenen V-Form erreicht werden soll. Es hat ferner offengelassen, ob der Fachmann eine solche Ausge-staltung ohne erfinderisches Bemühen als in diesem Sinne gleichwirkend auf-finden konnte. Für die revisionsrechtliche Prüfung ist hiervon mithin zugunsten der Klägerin auszugehen.
2.
Eine Verletzung des Streitpatents kann hiernach nur dann verneint werden, wenn die Überlegungen des Fachmanns, mit welchen er diese Ausge-staltung als gleichwirkend zu erkennen vermöchte, nicht am Sinn (Sinngehalt) der im Patentanspruch bezeichneten technischen Lehre orientiert wären und diese Ausgestaltung folglich aus fachmännischer Sicht nicht als gleichwertig (äquivalent) angesehen werden könnte
([X.],
Urteil vom 12.
März 2002
-
X
ZR
168/00, [X.]Z 150, 149, 154 -
Schneidmesser
I; Urteil vom 14.
De-zember 2010 -
X [X.], [X.], 313 Rn. 35 -
Crimpwerkzeug
IV; Ur-teil vom 13. Januar 2015 -
X [X.], [X.], 361 Rn.
18 -
Kochgefäß). 17
18
19
-
12
-
Dies hat das Berufungsgericht angenommen; seine hierfür gegebene [X.] ist jedoch nicht frei von Rechtsfehlern.
a)
Das Berufungsgericht hat zum Ausgangspunkt seiner Überlegun-gen eine abstrakte Gegenüberstellung geometrischer Formen gewählt und der in Merkmal 3.4 genannten V-Form eine U-Form als "andere"
geometrische Form gegenübergestellt. Dies ist jedenfalls nicht unbedenklich, da die Bildung eines Gegensatzp[X.]res von V-Form und U-Form im [X.] nicht angelegt ist. Ein U-förmiger Querschnitt findet weder im Patentanspruch noch in der [X.] an irgendeiner Stelle Erwähnung. Entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob die Überlegung des Fachmanns, er könne die Wirkung der durch Merkmal 3.4 gelehrten Querschnittsform der zusammenwirkenden Führungs-anordnungen auch mit der als U-förmig
bezeichneten
Ausgestaltung der ange-griffenen Ausführungsform erreichen, am Patentanspruch orientiert ist, darf nicht ein kategorialer
Vergleich unterschiedlicher geometrischer Formen
sein.
Vielmehr kommt es darauf an, was der Fachmann Merkmal 3.4 für sich
ge-nommen und im Zusammenhang mit der erfindungsgemäßen Lehre über eine technisch mögliche Abwandlung der Querschnittsform
der [X.], die nicht mehr als V-förmig begriffen werden kann, zu entnehmen vermag.
Denn für die Beurteilung der Frage, ob die Überlegungen des Fachmanns, die ihm die Ersetzung eines wortsinngemäßen Merkmals durch ein abgewandeltes, aber im Zusammenhang der technischen Lehre des Patents gleichwirkendes Mittel erlauben, am Patentanspruch orientiert sind, kommt es im Zweifel weni-ger auf die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Mittels als solche als viel-mehr auf deren Funktion im Kontext der patentgemäßen Lehre an.
b)
Dies führt zu dem zentralen Argument des Berufungsgerichts, die
Patentinhaberin
habe sich mit
der Aufnahme der V-Form in den Patentanspruch (bewusst) gerade auf diese Form des Querschnitts der [X.] festgelegt
oder beschränkt.
Damit kann der Ausschluss der von der angegriffe-20
21
-
13
-
nen Ausführungsform verwirklichten Ausgestaltung des Querschnitts der Füh-rungsanordnungen aus dem Schutzbereich des [X.]s nicht begründet werden.
[X.])
Die Revision rügt zu Recht, dass diese Begründung letztlich [X.] hinausläuft, gleichwirkende Ausführungsformen (ähnlich den [X.] equivalents
des amerikanischen
Patentrechts) immer dann aus dem Schutzbe-reich auszuschließen, wenn der Patentinhaber erkannt hat (oder hätte erkennen können), dass für ein im Anspruch benanntes [X.] denkbar sind,
und es versäumt hat, auf eine Fassung des Patents hinzuwirken, bei der die Austauschmittel
vom Wortsinn des Patentanspruchs umfasst worden wären.
Dies findet in der Rechtsprechung des [X.] keine Grund-lage und ist auch sachlich nicht zu rechtfertigen.
Indem er ein bestimmtes Element der
erfindungsgemäßen Lehre in [X.] Weise konkretisiert, wie dies im Streitfall mit der Charakterisierung des Querschnitts der [X.] als V-förmig geschehen ist, "legt sich"
der Patentinhaber stets auf eine technische Ausgestaltung "fest", die dem Wortsinn dieser Konkretisierung entspricht. Eine solche "Festlegung"
determi-niert weder positiv noch negativ die Frage, ob sich aus fachmännischer Sicht gleichwirkende Austauschmittel als gleichwertig (äquivalent) darstellen.
bb)
Daran ändert auch die Erwägung des Berufungsgerichts nichts, weder Patentanspruch noch Beschreibung träfen eine Aussage darüber, welche Form die [X.] im Verhältnis zueinander haben müssten, da-mit sie keilartig ineinander griffen (Merkmal 3.3), Aufnahme-
und Montageab-schnitt könnten zudem trapezförmig oder an ihren jeweiligen Enden abgerundet verlaufen, und im Unterschied hierzu gebe der Patentanspruch für den [X.] der [X.] ausdrücklich die V-Form vor und lehre auf diese Weise, dass von
den verschiedenen grundsätzlich denkbaren [X.]sformen nur diese vorgesehen sei, um bei Einwirkung der zu erwarten-22
23
24
-
14
-
den erheblichen Kräfte eine Drehbewegung des [X.] um seine eige-ne Längsachse zu verhindern.
Denn hieraus ergibt sich [X.]falls, dass die technische Lehre der Erfindung hinsichtlich der [X.] stärker konkretisiert sein mag als hinsichtlich der Art und Weise ihres keilförmigen Ineinandergreifens. Diese stärkere Konkretisierung mag auch Auswirkungen auf die Bestimmung von Art und Umfang möglicher äquivalenter Mittel haben. Sie begründet für sich jedoch keinen Ausschluss sämtlicher oder bestimmter Austauschmittel aus dem Schutzbereich des Klage-patents.
[X.])
Nicht tragfähig ist schließlich auch die Erwägung des Berufungs-gerichts, der Fachmann erkenne, dass die U-Form wegen ihres abgerundeten, bogenförmigen Verlaufs ohne Ecken und Kanten eher Drehbewegungen des [X.] um seine eigene Längsachse zulasse als die V-Form, die durch einen spitzen oder eckigen Scheitelbereich eine größere Keilwirkung ausübe. Diese Ausführungen stehen zum einen
in Widerspruch zu der Annahme des Berufungsgerichts, der Fachmann erkenne, dass den Drehkräften, die auf das Verschleißteil um dessen Längsachse wirken, alternativ zur V-Form ein [X.] auch durch eine U-Form entgegengesetzt werden könne. Darüber hinaus handelt es sich bei dieser
Überlegung -
die die vom Berufungsgericht an ande-rer Stelle
ausdrücklich offengelassene Frage
betrifft, ob die im Querschnitt eine U-Form aufweisende Ausgestaltung der [X.] bei der ange-griffenen Ausführungsform objektiv gleichwirkend ist -
wiederum um eine gleichsam abstrakte Betrachtung einer U-Form ohne konkreten Bezug zu deren Erscheinungsform und Wirkungsweise bei den [X.] der an-gegriffenen Ausführungsform.

c)
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts kann eine Verletzung des [X.]s mit äquivalenten Mitteln schließlich auch nicht unter Berufung 25
26
-
15
-
auf die vom [X.] entwickelten
Grundsätze zur [X.] verneint werden.
[X.])
Für Fallgestaltungen, in denen dem Patentanspruch eine Aus-wahlentscheidung zwischen verschiedenen Möglichkeiten zugrunde liegt, hat der Senat das Erfordernis der Ausrichtung am Patentanspruch dahin konkreti-siert, dass die fachmännischen Überlegungen zu möglichen Abwandlungen [X.] auch mit dieser Auswahlentscheidung in Einklang stehen müssen. [X.] ist eine Patentverletzung mit äquivalenten Mitteln in der Regel zu vernei-nen, wenn die Beschreibung mehrere Möglichkeiten offenbart, wie eine be-stimmte technische Wirkung erzielt werden kann, jedoch nur eine dieser Mög-lichkeiten in den Patentanspruch aufgenommen worden ist ([X.], Urteil vom 10. Mai 2011 -
X [X.], [X.]Z 189, 330 Rn. 36 -
Okklusionsvorrichtung; Urteil vom 13. September 2011 -
X [X.], [X.], 45 Rn. 44 -
Diglycid-verbindung).
bb)
Diese
Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt. In der [X.] des [X.]s ist nicht offenbart, dass die [X.], die durch
Wände
oder Flächen definiert sind
und einer relativen Drehung des [X.] um seine Längsachse entgegenwirken sollen, im [X.] nicht nur V-förmig, sondern auch U-förmig ausgebildet sein können. Vielmehr wird in der Beschreibung ausschließlich eine V-förmige Ausgestaltung derselben erwähnt und gezeigt (Abs. 19, 41, 44; Figur 1). Von daher kann die
in Merkmal 3.4
des Patentanspruchs 1 vorgeschriebene V-förmige Ausgestaltung der [X.] nicht auf eine Auswahl aus mehreren in der [X.] offenbarten Möglichkeiten der Ausgestaltung zurückgeführt werden.
[X.])
Das Berufungsgericht hat dies
nicht verkannt, jedoch gemeint, dass eine Auswahlentscheidung zugunsten
einer
(ausschließlich)
V-förmigen
Ausgestaltung der [X.] deshalb anzunehmen sei, weil zwar nicht in der geltenden, wohl aber in der erteilten Fassung des [X.]s in 27
28
29
-
16
-
Absatz 19 der Beschreibung auch auf mögliche andere [X.] hingewiesen worden sei ("The walls or faces defining [X.] may be of matching V-shape in cross section, [X.] "). Auch dem
kann nicht beigetreten werden.
Dabei kann offenbleiben, ob der Inhalt der Beschreibung in einer frühe-ren Fassung des Patents überhaupt zur Auslegung des Patentanspruchs und zur Bestimmung seines Schutzbereichs herangezogen werden kann, insbeson-dere in der vorliegenden Konstellation, in der dies -
wie das Berufungsgericht meint -
nicht einer Beschränkung des Patents Rechnung tragen, sondern
gebo-ten sein soll, um einer
unzulässigen Schutzbereichserweiterung durch Ausle-gung des [X.]s im Lichte einer im Einspruchsverfahren geänderten [X.] zu begegnen.
Denn in der früheren Fassung der Beschreibung ist mit dem Hinweis auf andere mögliche [X.] eine U-förmige Ausgestaltung gleichfalls nicht offenbart. Vielmehr offenbart auch die ursprüngliche Fassung der [X.] des [X.]s nur die V-Form als bevorzugte Ausgestaltung des Querschnitts der [X.]. In einer solchen Konstellation ist die Einbeziehung von Äquivalenten zu der offenbarten Ausführungsform regelmä-ßig nicht ausgeschlossen (vgl. [X.], Urteil vom 14. Juni 2016 -
X [X.], [X.], 921
Rn. 53-61 -
Pemetrexed
[für [X.]Z vorgesehen]).
Gesichts-punkte, aus denen sich ergeben könnte, dass die im Patentanspruch erfolgte Fokussierung auf die V-Form gleichwohl auf einer Auswahl beruht, die es aus-schlösse, gleichwirkende [X.] der [X.] in den Schutzbereich einzubeziehen (s. dazu [X.], juris Rn. 62-68 -
Pemetrexed), sind weder festgestellt noch für den Senat erkennbar.
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31
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17
-
IV.
Hiernach ist die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung auch über die Kosten
der Revision an das Berufungsgericht zurückzuverwei-sen.

Meier-Beck
[X.]
Grabinski

[X.]
Kober-Dehm
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.08.2013 -
4a O 23/12 -

O[X.], Entscheidung vom 08.07.2014 -
I-15 [X.] -

32

Meta

X ZR 76/14

23.08.2016

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.08.2016, Az. X ZR 76/14 (REWIS RS 2016, 6436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6436

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