Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2002, Az. 3 StR 297/02

3. Strafsenat | REWIS RS 2002, 343

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[X.] DES VOLKESURTEIL3 [X.]/02vom5. Dezember 2002in der Strafsachegegenwegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u. [X.] 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom [X.], an der teilgenommen haben:Vorsitzender [X.] am [X.] Prof. Dr. [X.],die [X.] am [X.]Pfister,von [X.],[X.],[X.]als beisitzende [X.],[X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil [X.] vom 8. März 2002, soweit es diesenAngeklagten betrifft,a) im Schuldspruch dahin neu gefaßt, daß er des banden-mäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht ge-ringer Menge in drei Fällen sowie des unerlaubten Handel-treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Mengeschuldig ist,b) im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen auf-gehoben.Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlungund Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, aneine andere Strafkammer des [X.] Die weitergehende Revision wird verworfen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen "unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen, davon in drei Fällen bandenmäßigbegangen" zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren (Einzelstrafen vonzweimal sieben Jahren sechs Monaten, einmal sechs Jahren sechs Monaten- 4 -und einmal von fünf Jahren) verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagtemit seiner Revision, die er auf die Verletzung sachlichen Rechts stützt. [X.] hat im Strafausspruch Erfolg.Nach den Feststellungen kaufte der Angeklagte, der Anführer einerBande von Betäubungsmittelhändlern war, in vier Fällen Heroin in größerenMengen ein und ließ es in einem Zeitraum von knapp sechs Wochen von sei-nen Mittätern in Kleinmengen an Konsumenten verkaufen. In zwei Fällen wurdemit jeweils 700 Gramm, in einem Fall mit 200 Gramm und in einem [X.] mit ca. 80 - 100 Gramm Heroin, das jeweils von hoher Qualität war, Handelgetrieben.1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigunghat aus den Gründen der Antragsschrift des [X.] zumSchuldspruch keinen Rechtsfehler zu Nachteil des Angeklagten ergeben(§ 349 Abs. 2 StPO).Insbesondere ist die [X.] rechtsfehlerfrei von vier selbständi-gen Fällen des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ausgegan-gen. Aus den Feststellungen ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit, daß dieverkauften Heroinbubbles aus vier unterschiedlichen Einkaufsmengen ([X.], 12, 18, 19) stammen, welche die vielen Einzelverkäufe zu vier Bewertungs-einheiten zusammenfassen (vgl. BGHR BtMG § 29 Bewertungseinheit 10 und20; [X.], BtMG Vor §§ 29 ff. [X.]. 266, 298). Die von der Revision [X.] rein theoretische - Möglichkeit, daß die zwei Einkaufsmengen von jeweils 700Gramm Heroin vor Herstellung der Bubbles vermischt worden sein [X.] -kann nicht zur Annahme einer Bewertungseinheit führen (vgl. [X.], aaO[X.]. 278 f.).Da sich das unerlaubte Handeltreiben mit Betäubungsmitteln jeweils aufeine nicht geringe Menge bezog, hat der Senat entsprechend dem Antrag des[X.] den Schuldspruch geändert.2. Der Strafausspruch hat insgesamt keinen [X.]) Die Begründung, mit der die [X.] zur Anwendung von [X.] auf den Angeklagten, der zu den [X.] ca. 19 ½Jahre alt und damit Heranwachsender war, gekommen ist, weist keinenRechtsfehler auf.Sie hat die gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 [X.] erforderliche Gesamtwürdi-gung seiner Persönlichkeit und der sehr schwierigen Lebensverhältnisse, [X.]en er aufgewachsen ist, vorgenommen. Wesentliche Gesichtspunkte hatsie dabei nicht übersehen. Daß sie dabei zu dem Schluß gekommen ist, eshandle sich bei dem Angeklagten um eine bereits gefestigte Person mit weit-gehend abgeschlossener Entwicklung, liegt noch innerhalb des weiten [X.], der dem Jugendrichter zukommt (BGHSt 36, 37 f.; [X.] 2002, 73). Entgegen der Meinung der Revision kommt es für die Gleich-stellung eines Heranwachsenden mit einem Jugendlichen nach § 105 Abs. 1Nr. 1 [X.] nicht darauf an, daß er - wie hier der Angeklagte - auf Grund [X.] keine echte Chance auf eine positive Entwicklung hatte; viel-mehr ist maßgebend, ob in dem heranwachsenden Täter noch in größeremUmfang [X.] wirksam sind (st. Rspr., vgl. BGHSt 36, 37, 40;- 6 -BGHR [X.] § 105 Abs. 1 Nr. 1 Entwicklungsstand 8), was das [X.]rechtsfehlerfrei verneint hat.b) Gegen die [X.] und den [X.] hingegen durchgreifende rechtliche Bedenken, weil die Jugendkam-mer bei der Verhängung der hohen Freiheitsstrafen nicht erkennbar [X.], welche Wirkungen von diesen Strafen für das künftige Leben des zum Ur-teilszeitpunkt erst 20 Jahre alten Angeklagten in der [X.].Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB sind bei der Strafzumessung die Wirkun-gen einer Strafe auf den Täter unter dem [X.] zu berücksichtigen (vgl. BGHSt 24, 40 ff.; [X.] Aufl. § 46 [X.]. 21 ff.). Deshalb sind Art und Umfang der Strafe so zubestimmen, daß ihr [X.] erfüllt werden kann (vgl. [X.]/[X.], StGB 26. Aufl. [X.]. § 38 [X.]. 15). Bei der [X.] sehr hohen Freiheitsstrafe gegen einen jungen Angeklagten, der einelange Freiheitsstrafe während einer Zeit verbüßen muß, in der häufig noch ent-scheidende Weichenstellungen im Hinblick auf das zukünftige Leben getroffenwerden können, besteht die Gefahr, daß wegen des Fehlens jeglicher Per-spektive für ein eigenverantwortliches Leben die anzustrebende Wiederein-gliederung in die Gesellschaft nicht erreicht wird. Dies gilt vor allem für einenjungen Straftäter, der bisher - wie hier der Angeklagte - keine echte Chance füreine positive Entwicklung hatte, auch nicht durch eine erzieherische Einwir-kung im Rahmen des [X.] -Auch der 2. Strafsenat des [X.] hat zur Bemessung einerlangen Freiheitsstrafe, die gegen einen zum Tatzeitpunkt noch [X.] zu verhängen war, in einem die Entscheidung nicht tragenden Hinweis anden neuen Tatrichter ausgeführt, bei einem altersgemäß entwickelten Heran-wachsenden seien die von einer solchen Strafe für sein zukünftiges Leben inder Gesellschaft zu erwartenden Auswirkungen regelmäßig eingehend zu [X.] (BGHR StGB § 46 Abs. 1 Wiedereingliederung 1; so auch [X.]/Dölling,[X.] 11. Aufl. § 106 [X.]. 1; [X.], [X.] 9. Aufl. § 106 [X.]. 6), weil [X.] noch nicht so hoffnungslos abgeschlossen sei, daß bei ent-sprechenden erzieherischen Bemühungen eine spätere [X.] die Gesellschaft unmöglich wäre. Soweit der 2. Strafsenat dies aus dem [X.] des § 106 Abs. 1 [X.] zugrunde liegenden Gedankenabgeleitet hat, vermag der Senat dem nicht zu folgen: Die Vorschrift beziehtsich dem Wortlaut nach nur auf die lebenslange Freiheitsstrafe und stammt [X.] vor Einfügung des § 57 a StGB in das Strafgesetzbuch. Im übrigenbedarf es eines Rückgriffs auf § 106 Abs. 1 [X.] nicht, weil nach der aus-drücklichen Regelung in § 46 Abs. 1 Satz 2 StGB bei jedem Angeklagten, [X.] allgemeinem Strafrecht abzuurteilen ist, die Wirkungen der Strafe für daszukünftige Leben zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig davon, ob erzum Tatzeitpunkt Heranwachsender war oder nicht.Ob sich die Urteilsgründe mit den Wirkungen einer Strafe auf einen zumUrteilszeitpunkt noch sehr jungen Angeklagten ausdrücklich befassen [X.] in welchem Umfang dies zu geschehen hat, hängt im Einzelfall von derHöhe der verhängten Freiheitsstrafe sowie dem Alter des Verurteilten und denübrigen [X.] ab. Dabei gilt der Grundsatz, daß diesachlich-rechtliche Begründungspflicht umso eher eine ausdrückliche [X.] 8 -rung gebietet, je jünger der Verurteilte und je höher die verhängten Freiheits-strafen sind. Wegen des Alters des Angeklagten von zum Urteilszeitpunkt erst20 Jahren, seinem bisherigen Lebensweg und angesichts der verhängten sehrhohen Freiheitsstrafen hätte bei der Zumessung sowohl der Einzelstrafen alsauch der Gesamtstrafe der Aspekt der Resozialisierung in den [X.] bestimmender Strafzumessungsgesichtspunkt ausdrücklich erörtert [X.]. Daß die [X.] dies nicht erkennbar getan hat, stellt [X.] gegebenen Umständen einen durchgreifenden Rechtsfehler dar. Die um-fangreichen Ausführungen zu § 105 Abs. 1 Nr. 1 [X.] genügen dafür nicht, [X.] nur auf den Entwicklungsstand des Angeklagten zu den [X.] undnicht auf die Auswirkungen der Strafen für sein zukünftiges Leben abstellen.[X.] von [X.] [X.] [X.]

Meta

3 StR 297/02

05.12.2002

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.12.2002, Az. 3 StR 297/02 (REWIS RS 2002, 343)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2002, 343

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