Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.05.2012, Az. 2 WD 14/11

2. Wehrdienstsenat | REWIS RS 2012, 6807

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Gegenstand

Zugänglichmachen kinderpornographischer Schriften; Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen; Entfernung aus dem Dienst


Leitsatz

Verwirklicht ein im aktiven Dienstverhältnis stehender Soldat außerdienstlich den Straftatbestand des § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB, ist Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen für die angemessene Disziplinarmaßnahme die Entfernung aus dem Dienstverhältnis.

Tatbestand

1

Der heute 27 Jahre alte Soldat absolvierte nach dem Realschulabschluss erfolgreich eine Ausbildung zum Fachinformatiker. Im [X.] an den Grundwehrdienst leistete er freiwilligen zusätzlichen Wehrdienst. Mit Wirkung vom 1. Juli 2006 wurde er in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen und zum [X.] ([X.]) ernannt. Seine zunächst auf drei Jahre und neun Monate festgesetzte Dienstzeit wurde im August 2007 auf zwölf Jahre verlängert. Der Soldat wurde regelmäßig befördert, zuletzt zum 1. Juli 2009 zum Oberfeldwebel.

2

Der Soldat trat seinen Grundwehrdienst bei der [X.] in [X.] an und wurde im Dezember 2005 zur [X.] in Dr. versetzt. Zum Juli 2008 erfolgte dann die Versetzung zur 2./...bataillon ... in [X.], wo er als Informationstechnikfeldwebel Informationsverarbeitung [X.] bzw. als [X.] eingesetzt wurde. Im Februar 2010 war der Soldat für die Teilnahme an einem Lehrgang zum Geprüften IT-Entwickler an die [X.] H. kommandiert worden. Im Februar 2011 folgte eine Kommandierung zur 1./...bataillon ... in [X.]

3

Die planmäßige Beurteilung vom 29. Januar 2009 bewertete die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnittswert mit 4,80. [X.] wird ausgeführt, der Soldat sei ein noch junger, aber bereits sehr ehrgeiziger [X.], dem es sehr gut gelungen sei, sich durch verbindliche Aussagen, Leistungsbereitschaft und Leistungsvermögen schnell in ein bestehendes Team einzufügen und sich einzubringen. Er bearbeite Aufgaben konstruktiv, denke und handle zielorientiert. Als Gruppenführer in der Allgemeinen Grundausbildung habe er gute Ausbilder- und Führerqualitäten und eine solide physische und psychische Belastbarkeit unter Beweis gestellt. Er zeige gute Ansätze zur Aufnahme von Tätigkeiten mit höherer Verantwortung. Im Persönlichkeitsprofil wird die Kompetenz in Menschenführung als stärker ausgeprägt und bestimmendes Merkmal gewertet. Stärker ausgeprägt sei auch die geistige Kompetenz. [X.] seien die funktionale und die konzeptionelle Kompetenz, während die [X.] Kompetenz weniger ausgeprägt sei. [X.] heißt es, der Soldat sei ein engagierter Unteroffizier mit Portepee, der noch mehr aus sich herauskommen dürfe. Er habe Freude am Beruf und ein ausgeprägtes Berufsverständnis, was trotz krankheitsbedingter Umstände in seiner Familie stets zu spüren sei. Betont werden das gute Fachwissen und die sehr gute Auffassungsgabe. Seine Stärke liege insbesondere in seiner Einsatzbereitschaft. Er sei vielseitig einsetzbar. Im Umgang mit Untergebenen wisse er maßvoll zu fördern und zu motivieren, so dass er auch hierbei zu gutem Erfolg komme. Besonders gut geeignet sei er für Führungsverwendungen, gut geeignet für Stabsverwendungen und geeignet für Lehrverwendungen. Als Folgeverwendung wird ein Einsatz als [X.] auf einem mit [X.] bewerteten und auf weitere Sicht auf einem nach [X.] bewerteten Dienstposten vorgeschlagen.

Der nächsthöhere Vorgesetzte stimmte der Beurteilung zu. [X.] ... sei ein engagierter und dienstfreudiger junger [X.]. Betont werden Eigenständigkeit, Zuverlässigkeit und Fachwissen. Er komme auch in Belastungssituationen zu abgewogenen und folgerichtigen Entscheidungen und sei psychisch und physisch belastbar. Der Soldat verfüge noch über weiteres Entwicklungspotential. Seine ausgeprägte Motivation und Dienstfreude seien trotz seiner persönlichen Situation deutlich erkennbar.

4

Die Sonderbeurteilung vom 21. April 2011 bewertet die Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten im Durchschnittswert mit 6,30. Zur Leistungsentwicklung ist erläutert, der Soldat kümmere sich zu Hause noch um seine Mutter und deren Haushalt, den sie wegen einer Erkrankung teilweise nicht mehr selbstständig führen könne. Er habe dies jedoch nie als Vorwand benutzt, um dienstliche Belange hinter privaten zurückzustellen. Im Persönlichkeitsprofil wird die Kompetenz in Menschenführung als stärker ausgeprägt und bestimmendes Merkmal gewertet. Gleichfalls stärker ausgeprägt sei die geistige Kompetenz. [X.] seien die funktionale und die [X.] Kompetenz, während die konzeptionelle Kompetenz als weniger ausgeprägt gesehen wird. Der Soldat sei engagiert, dienstfreudig und fachlich versiert. Er sei geistig flexibel und wissbegierig und lese sich in neue Aufgabengebiete ein. Er verfüge über planerisches und organisatorisches Geschick. Der Soldat beherrsche die Regeln der Kommunikation und des Miteinander. Die Kompetenz in moderner Menschenführung sei seine besondere Stärke. Er führe die ihm anvertrauten Soldaten ruhig, aber bestimmt und lasse keine Zweifel an seiner Autorität aufkommen, so dass ihm seine Soldaten aus Einsicht und Vertrauen folgten. Er habe seine Fähigkeiten bei infanteristischen Ausbildungsvorhaben und als Gruppenführer der allgemeinen Grundausbildung unter Beweis gestellt. Besonders gut geeignet sei der Soldat für Führungsverwendungen, gut geeignet für Stabsverwendungen und geeignet für Lehrverwendungen. Vorgeschlagen wurden Folgeverwendungen als [X.].

Der nächsthöhere Vorgesetzte führt aus, dass der Soldat ihm aufgrund von dessen lang andauernder lehrgangsbedingter Abwesenheit persönlich nicht bekannt sei, und verweist auf die Stellungnahme seines Vorgängers. Auch er sieht eine Förderung bis zur allgemeinen Laufbahnperspektive gerechtfertigt.

5

In der Berufungshauptverhandlung hat Hauptmann S. als Leumundszeuge darauf verwiesen, dass ihm die dienstlichen Leistungen des Soldaten nie Grund zur Klage gegeben hätten. Der Soldat sei verlässlich und engagiert gewesen und habe sich über den engeren Bereich der Zuständigkeiten für die IT mit großem Einsatz in der Ausbildung engagiert. Sein Auftreten sei tadellos gewesen, er habe sich problemlos in den [X.] integriert. Oberleutnant E. hat zur Leistung und Führung des Soldaten auf seinem Dienstposten in [X.] ausgeführt, er sei ein ruhiger und hoch professioneller [X.]dienstgrad, der zur vollen Zufriedenheit seiner Vorgesetzten gearbeitet habe und in der [X.] ein verlässlicher Ansprechpartner sei. Er würde seine Leistungen im Schnitt mit 7,5 bis 8 bewerten und ihn im ersten Cluster der Vergleichsgruppe sehen. Vergleichbar hat ihn auch der aktuelle [X.] charakterisiert. Der Soldat sei sehr verlässlich und eine tragende Stütze der [X.]. Er habe eine Lücke dort hervorragend ausgefüllt. Er sei voll integriert und pflege ein gutes Verhältnis zu den ihm unterstellten Soldaten.

6

Der Soldat ist Träger der [X.] und des [X.] in Bronze.

7

Der Auszug aus dem [X.] vom 4. April 2012 und die Auskunft aus dem Zentralregister und dem [X.] vom 20. März 2012 weisen die Verhängung der Geldstrafe im sachgleichen Strafverfahren aus. In diesem ist durch Strafbefehl des [X.] vom 24. Februar 2010, rechtskräftig seit dem 23. März 2010, wegen der Verbreitung in Tateinheit mit dem Erwerb kinderpornografischer Schriften nach § 184b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 2, § 52 StGB eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu je 50 € verhängt worden. Zugleich wurde die Einziehung des Computers gemäß § 184 Abs. 6, § 74 Abs. 1 StGB angeordnet und als gesetzliche Nebenfolge das Verbot der Beschäftigung, Beaufsichtigung, Anweisung und Ausbildung Jugendlicher nach § 25 JArbSchG ausgesprochen.

8

Der Soldat ist verlobt und kinderlos. Nach der Auskunft der Wehrbereichsverwaltung [X.] vom 22. März 2012 erhält er Bezüge in Höhe von 2 206,41 € brutto. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Abzüge werden ihm 1 882,53 € netto ausgezahlt. Zu seiner finanziellen Situation hat der Soldat ergänzend erläutert, nach einer Umschuldung derzeit noch einen Kredit mit etwa 200 € monatlich zu bedienen. Er bewohne gemeinsam mit seiner Verlobten eine eigene Wohnung, für die beide zusammen 487 € Miete zahlten. Seine Verlobte stehe in Ausbildung und habe [X.] von etwa 600 €.

9

1. In dem mit Verfügung des Kommandeurs der 10. ...division vom 10. Juni 2010 ordnungsgemäß eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die [X.] des [X.] mit Urteil vom 15. März 2011 den Soldaten wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Stabsgefreiten herabgesetzt und die Wiederbeförderungsfrist auf zwei Jahre verkürzt.

Ihrer Entscheidung legt die Kammer folgende Sachverhaltsfeststellungen zugrunde:

"Am 01. Februar 2009 führten Beamte des [X.] eine anlassunabhängige Recherche im [X.] [X.] durch. Ziel war es, Anbieter von Bild- und Videodateien mit kinderpornografischem Inhalt zu ermitteln und zu identifizieren. Um 06:43:21 Uhr wurde ein Computer mit der IP-Adresse [X.] festgestellt, der mit dem [X.] verbunden war und auf dem sich in dem für das Netzwerk freigegebenen Verzeichnis die Datei mit dem Namen ([X.]) (Hussyfan) ([X.]) ([X.]) (Lordofthering) ([X.]) ([X.]) ([X.]) ([X.]) ([X.]) [X.] befand, die zum Herunterladen angeboten wurde. Die Datei zeigt den Vaginalverkehr eines erwachsenen Mannes mit einem Mädchen im Kleinkindalter. Mit Hilfe der [X.], dem [X.]-Service Provider, wurde als [X.]inhaberin die Mutter des Soldaten festgestellt. Nach Durchsuchung am 01.02.2009 der Wohnung und Sicherstellung des Laptops der Mutter sowie des Computers und diverser Speichermedien des Soldaten wurden diese vom [X.] forensisch untersucht und über 3000 kinderpornografische Dateien vorgefunden. Die ursprünglich gegen die Mutter des Soldaten sowie deren Lebensgefährten und später auch gegen die Verlobte des Soldaten geführten Ermittlungen wurden nach und nach von der Staatsanwaltschaft [X.]. eingestellt, sodass nur noch der Soldat als Tatverdächtiger übrig blieb.

Der Soldat ist vollumfänglich geständig. Es falle ihm schwer, erneut über die Angelegenheit zu sprechen und es sei ihm sehr peinlich.

Das Ganze habe sich entwickelt. Er habe zuvor im [X.] legales pornografisches Material gesucht und Dateien gefunden, die ihn angesprochen hätten. Danach habe er sehen wollen, was [X.] anzubieten hatte. Auch dort sei er fündig geworden. Beim [X.] habe er neben dem legalen pornografischen Material zufällig auch 'Kinderbilder' mit abbekommen, weil er vor Fertigstellung des Herunterladevorgangs (Download) die Dateien nicht habe ansehen können. Vor vielleicht 2 Jahren sei er zufällig auf einen Link gestoßen. Mit den dortigen Dateinamen habe er noch nichts anfangen können. Es seien Kürzel gewesen, die keinen Rückschluss auf den Inhalt zugelassen hätten. Seines Erachtens hätten die ersten Dateien keine Kleinkinder gezeigt, sondern Personen im Alter von 16 bis 17 Jahren. Danach habe er dann speziell nach solchen Kürzeln gesucht, eigentlich aus Neugier, was sich dahinter verbarg. Danach habe er auch deutlichere Dateinamen gefunden.

Um eine Downloadberechtigung zu erhalten, habe er keinen eigenen Tauschordner bereitstellen müssen. Das Programm [X.] arbeite so, dass man auch ohne eigenes Angebot an Dateien berechtigt sei, fremde Dateien herunterzuladen. Er habe aber zulassen müssen, dass die herunter zu ladende Datei mit Beginn des Downloads auf die Festplatte seines Rechners sofort wieder anderen Interessenten angeboten werde. Dies sei keine Option, um nicht eigene Dateien anbieten zu müssen, sondern das mache das Programm automatisch und sei das Prinzip der [X.]. Die [X.] habe er an sich schon über Jahre benutzt, um Kinofilme zu bekommen. In [X.] sei dies üblich gewesen, statt ins Kino zu gehen. Die Funktionsweise der [X.] habe er schon gekannt, bevor er auf kinderpornografische Dateien aufmerksam geworden sei.

Nach Aufdeckung seiner Tat habe er erwartet, dass ihn seine Verlobte verlasse. Glücklicherweise sei sie immer noch seine Verlobte. Weder sie noch jemand anderer habe vorher gewusst, dass er derartige Dateien herunterlade. Er habe diese nicht aus seiner Wohnung nach draußen mitgenommen und keinen Außenkontakt zu anderen Personen gehabt, die solche Interessen haben. Auch habe er niemals selbst entsprechende Bilder oder Dateien angefertigt. Die illegalen kinderpornografischen Bilder habe er nicht gebraucht, um sich aufzugeilen. Eigentlich brauche solche Dateien niemand. Es sei die Neugier danach gewesen zu sehen, was es noch für Material gebe. Dass er damit kriminelle Machenschaften beflügelt habe, sei ihm damals, zur [X.], nicht klar gewesen. Er habe kein Geld für derartige Dateien bezahlt oder gar Zuspruch für die Produktion derartiger Bilder erteilt.

Er sei nicht pädophil und sei dies auch in der Vergangenheit nicht gewesen. Er sehe in den Kindern keine Objekte sexuellen Verlangens, sondern kleine Menschen, welche einen behüteten Weg ins Leben gezeigt bekommen sollten. Deshalb bedauere er es zutiefst, mit Material dieser Art in Kontakt getreten zu sein."

Der Soldat habe durch die außerdienstliche Abspeicherung von über 3 000 Film- und Bilddateien, die unter 14-jährige Mädchen bei der Ausübung von Anal-, Vaginal- und Oralverkehr mit erwachsenen Männern zeigten, und durch das Zugänglichmachen einer dieser Dateien am 1. Februar 2009 vorsätzlich ein Dienstvergehen begangen, für das er als Vorgesetzter nach § 10 Abs. 1 SG verschärft hafte. Er habe den Straftatbestand des § 184b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 StGB verwirklicht und damit zugleich seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 17 Abs. 2 Satz 2 SG verletzt.

Das Dienstvergehen sei schwerwiegend. Der Gesetzgeber habe durch die Strafnormen den Konsumenten von Kinderpornografie den Kampf angesagt und sein Unwerturteil über den Besitz derartiger Dateien zum Ausdruck gebracht. Kinderpornografische Darstellungen verletzten die Menschenwürde der Opfer. Der sexuelle Missbrauch eines Kindes sei in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich und gefährde die Entwicklung junger Menschen. Darin lägen erhebliche Auswirkungen des Dienstvergehens. Wer kinderpornografische Bilder besitze oder sich verschaffe, trage aktiv zum sexuellen Missbrauch von Kindern und damit zu schwerwiegenden Eingriffen in ihre Menschenwürde und Persönlichkeitsrechte bei. Von Bedeutung sei, dass der Soldat sich nicht nur den Besitz derartiger Bilder verschafft habe, sondern auch jedenfalls ein - allerdings auch nur ein - Bild anderen zugänglich gemacht habe. Zu berücksichtigen sei, dass es sich um ein außerdienstliches Dienstvergehen in der Privatsphäre des Soldaten handelte. Es gebe keine unmittelbaren negativen Folgen für die Personalplanung des Dienstherrn. Der Soldat habe aus sexuellen Motiven gehandelt. Er habe vorsätzlich gehandelt. Er sei nicht vermindert schuldfähig. Milderungsgründe in den Umständen der Tat gebe es nicht. Er habe im herausgehobenen Dienstgrad als Portepeeunteroffizier gehandelt. Für ihn spreche, dass er uneingeschränkt an der Aufklärung mitgewirkt habe. Für ihn sprächen auch seine dienstlichen Leistungen. Ihm sei eine Nachbewährung zuzubilligen. Er sei weder straf- noch disziplinarrechtlich vorbelastet. Die im sachgleichen Strafverfahren verhängte Geldstrafe schließe eine disziplinarrechtliche Ahndung nicht aus. Insgesamt sei eine Herabsetzung im Dienstgrad eine noch ausreichende Maßnahme, dem Soldaten könne aber kein Vorgesetztendienstgrad belassen werden. Wegen der Leistungssteigerungen während des Disziplinarverfahrens könne die Wiederbeförderungsfrist verkürzt werden.

2. Gegen das ihr am 24. März 2011 zugestellte Urteil hat die [X.] am 7. April 2011 zuungunsten des Soldaten beschränkt auf das [X.] Berufung eingelegt.

Nach der Rechtsprechung des Senats führe der Besitz kinderpornografischer Dateien in der Regel zu einer Herabsetzung im Dienstgrad. Komme zum Besitz die Besitzverschaffung an einen anderen hinzu, so sei der Soldat im Allgemeinen für die [X.] untragbar und könne nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe im Dienstverhältnis verbleiben. Hier habe der Soldat über Jahre einen so großen Bestand an kinderpornografischen Dateien gesammelt, dass er am 10. September 2009 im Besitz von über 3 000 Dateien gewesen sei, und er habe jedenfalls hinsichtlich einer [X.] anderen den Zugriff eröffnet. Hiernach sei die Entfernung aus dem Dienst Ausgangspunkt der [X.]. Das [X.] habe die vorliegenden Milderungsgründe überbewertet. Außerdem müsse zu Lasten des Soldaten neben der verschärften Haftung als Vorgesetzter auch die hohe Zahl der gesammelten Dateien berücksichtigt werden. Vollständige Einsicht in das Unrecht seiner Tat habe der Soldat nicht gezeigt. Zum Stabsgefreiten dürfe der Soldat jedenfalls nicht degradiert werden, weil dieser Dienstgrad nur besonders bewährten und respektierten Mannschaftssoldaten vorbehalten sei.

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 [X.] form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig und begründet. Der Soldat ist wegen eines Dienstvergehens aus dem Dienstverhältnis zu entfernen (§ 58 Abs. 1 Nr. 5, § 63 [X.]).

Das von der [X.] zuungunsten des Soldaten eingelegte Rechtsmittel ist auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt worden. Der [X.] hat daher gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] in Verbindung mit § 327 StPO die Tat- und Schuldfeststellungen sowie die disziplinarrechtliche Würdigung des [X.]s seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden. Da das Rechtsmittel zuungunsten des Soldaten durch die [X.] eingelegt wurde, ist der [X.] nicht an das Verschlechterungsverbot (§ 91 Abs. 1 Satz 1 [X.] i.V.m. § 331 StPO) gebunden.

1. Die Truppendienstkammer hat festgestellt, dass der Soldat von einem unbekannten Zeitpunkt bis zum 10. September 2009 mehr als 3 000 Film- und Bilddateien mit kinderpornografischem Inhalt auf seinem Computer abgespeichert hatte. Außerdem habe er zu einem Zeitpunkt über ein Tauschprogramm anderen Nutzern den Zugriff auf eine kinderpornografische Datei auf seinem Computer ermöglicht. Damit habe er gegen seine Dienstpflicht aus § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.] verstoßen. Dies habe er vorsätzlich, im Falle der Verwendung des Tauschprogramms mit bedingtem Vorsatz getan.

Diese Schuldfeststellungen sind eindeutig und widerspruchsfrei und für den [X.] damit bindend. Ob die Tat- und Schuldfeststellungen vom [X.] rechtsfehlerfrei getroffen wurden, darf vom [X.] nicht überprüft werden. Denn bei einer auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkten Berufung wird der [X.] nicht mehr von der Anschuldigungsschrift, sondern nur von den bindenden Tat- und Schuldfeststellungen des angefochtenen Urteils bestimmt.

2. Bei der Bemessung der Disziplinarmaßnahme ist von der von [X.] wegen allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und/oder aufrechtzuerhalten ("Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der [X.]", vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 [X.] 11.07 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 26 m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 [X.] Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

a) Eigenart und Schwere des Dienstvergehens bestimmen sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlungen, d.h. nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflichten. Danach wiegt das festgestellte Dienstvergehen, durch das zugleich kriminelles Unrecht verwirklicht wurde, außerordentlich schwer.

Der Gesetzgeber hat die Besitzverschaffung und den Besitz kinderpornografischer Darstellungen in § 184b Abs. 2 und 4 StGB ebenso wie das Zugänglichmachen kinderpornografischer Schriften nach § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB unter Strafe gestellt, um das Schaffen und Aufrechterhalten eines Marktes mit kinderpornografischen Darstellungen schon im Ansatz zu verhindern. Er hat den "Konsumenten" von Kinderpornografie damit den Kampf angesagt und sein Unwerturteil über den Besitz kinderpornografischer Darstellungen ausgedrückt. Kinderpornografische Darstellungen machen die kindlichen "Darsteller" zum bloßen Objekt geschlechtlicher Begierde oder Erregung und verstoßen gegen die unantastbare Menschenwürde gemäß Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG. Der darin liegende sexuelle Missbrauch eines Kindes oder Jugendlichen ist - wie der [X.] in gefestigter Rechtsprechung immer wieder festgestellt hat - in hohem Maße persönlichkeits- und sozialschädlich, greift in die sittliche Entwicklung eines jungen Menschen ein und gefährdet die harmonische Entwicklung seiner Gesamtpersönlichkeit sowie seine Einordnung in die [X.], da das Kind wegen seiner fehlenden bzw. noch nicht hinreichenden Reife intellektuell und gefühlsmäßig das Erlebte in der Regel gar nicht oder nur schwer verarbeiten kann (Urteile vom 25. September 2007 - BVerwG 2 [X.] 19.06 - Rn. 43 und vom 23. September 2010 - BVerwG 2 [X.] 41.09 - Rn. 15).

Eigenart und Schwere des Dienstvergehens werden des Weiteren dadurch bestimmt, dass der Soldat aufgrund seines [X.] als Oberfeldwebel in einem Vorgesetztenverhältnis stand (§ 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 [X.]). Soldaten in [X.] obliegt eine höhere Verantwortung für die Wahrung dienstlicher Interessen. Wegen seiner herausgehobenen Stellung ist ein Vorgesetzter in besonderem Maße für die ordnungsgemäße Erfüllung seiner Dienstpflichten verantwortlich und unterliegt damit im Falle einer Pflichtverletzung einer verschärften Haftung, da Vorgesetzte in ihrer Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben sollen (§ 10 Abs. 1 [X.]). Dabei ist nicht erforderlich, dass es der Soldat bei seinem Fehlverhalten innerhalb eines konkreten [X.] an [X.] hat fehlen lassen. Es reicht das Innehaben einer [X.] aufgrund des [X.] aus (vgl. Urteile vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 [X.] 7.08 - m.w.N.

Bestimmend für Eigenart und besondere Schwere des Dienstvergehens ist schließlich auch die hohe Zahl der gespeicherten Dateien kinderpornografischen Inhalts.

b) Das Dienstvergehen hatte auch schwerwiegende nachteilige Auswirkungen.

Diese bestehen in erster Linie in der Missachtung elementarer Rechte der durch die Herstellung des Materials geschädigten Kinder. Der Besitz kinderpornografischer Bilder durch den Soldaten trug nicht nur mittelbar dazu bei, dass Kinder durch die Existenz eines entsprechenden Marktes sexuell missbraucht werden. Damit wurde auch in das Persönlichkeitsrecht der betroffenen Kinder nach Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG eingegriffen, ohne dass sich diese dagegen wirksam wehren konnten. Das Grundrecht des allgemeinen Persönlichkeitsrechts schützt gerade die Intimsphäre und die engere persönliche Lebenssphäre ([X.], Beschlüsse vom 3. Juni 1980 - 1 BvR 185/77 - [X.]E 54, 148 <153> und vom 13. Mai 1986 - 1 BvR 1542/84 - [X.]E 72, 155 <170>). Es schützt ferner die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen seine personenbezogenen Daten und persönlichen Lebenssachverhalte offenbart werden sollen ([X.], Beschluss vom 14. September 1989 - 2 BvR 1062/87 - [X.]E 80, 367 <373>). Durch sein Verhalten hat der Soldat zu dieser schwerwiegenden Rechtsverletzung aktiv beigetragen.

[X.] hatte auch Auswirkungen auf die Personalführung, da er im Zusammenhang mit den Ermittlungen nach [X.] wurde. Außerdem sind die Verfehlungen im Kameradenkreis jedenfalls in [X.] bekannt geworden und haben für Unruhe dort gesorgt. Jedenfalls für seinen Einsatz dort sah sein ehemaliger Disziplinarvorgesetzter Schwierigkeiten, die - auch aus Gründen der Fürsorge dem Soldaten gegenüber - durch die [X.] vermieden werden sollten.

c) [X.] waren eigennützig und offenbaren schwere [X.]. Auch wenn der Soldat angibt, aus Neugier gehandelt zu haben, ist ihm vorwerfbar, dass er seine Neugier auf Bilder von Sexualdelikten an besonders hilflosen Opfern richtete.

d) [X.] wird vor allem dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat. Anhaltspunkte dafür, dass er zur Tatzeit im Sinne des § 21 StGB erheblich vermindert schuldfähig gewesen sein könnte, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des Soldaten mindern könnten (vgl. z.B. Urteil vom 23. September 2008 - BVerwG 2 [X.] 18.07 - m.w.N.), liegen ebenfalls nicht vor.

e) Im Hinblick auf die [X.] "Persönlichkeit" und "bisherige Führung" sind dem Soldaten seine guten dienstlichen Leistungen zugute zu halten. Auch wenn die planmäßige Beurteilung vom 29. Januar 2009 noch zu einer durchschnittlichen Gesamtbewertung der Aufgabenerfüllung auf dem Dienstposten gelangte, ist doch erkennbar, dass der Soldat seine Leistungen bis zum Erstellen der Sonderbeurteilung vom 21. April 2011 gesteigert hat. Zuverlässigkeit in der Erfüllung seiner dienstlichen Aufgaben und eine kontinuierliche Leistungssteigerung haben ihm auch die [X.] bescheinigt. Insbesondere ist erläutert worden, dass der Soldat auf seinem aktuellen Dienstposten eine tragende Stütze der [X.] ist, selbstständig und vorausschauend arbeitet und zum oberen [X.] gehört. Von einer Nachbewährung geht der [X.] vor diesem Hintergrund aus.

Für den Soldaten spricht auch, dass er seine durch einen Bandscheibenvorfall gesundheitlich beeinträchtigte Mutter unterstützt, wenn auch dieser Einsatz nicht wesentlich über das im Rahmen familiärer Hilfe allgemein Übliche hinausgeht.

Für ihn spricht auch sein Geständnis. Allerdings ist insoweit zu berücksichtigen, dass dieses unter dem Druck der durch die Beschlagnahme des Computers schon fortgeschrittenen Ermittlungen erfolgte und hiernach eine mangelnde Kooperation des Soldaten das Strafverfahren allenfalls verzögert, aber seine Überführung schwerlich verhindert hätte.

Der [X.] hält dem Soldaten auch zugute, dass er durch das Verfahren die Einsicht in das mit dem Besitz und der Weitergabe kinderpornografischer Bilder verbundene Unrecht gewonnen hat und dass er [X.] bereut. Höheren Wert hätte der [X.] der vom Soldaten mehrfach artikulierten [X.] aber beigemessen, wenn er sich gründlicher mit seiner eigenen Tat und ihren Motiven auseinandergesetzt hätte, indem er etwa eine psychologische Beratung in Anspruch genommen hätte. Wegen der hohen Zahl der heruntergeladenen, kinderpornografischen Dateien hätte eine selbstkritische Auseinandersetzung mit den Gründen des eigenen Verhaltens nicht dabei stehen bleiben sollen, das eigene Verhalten für unerklärlich zu halten und pauschal pädophile Neigungen in Abrede zu stellen.

f) Bei der Gesamtwürdigung aller vorgenannten be- und entlastenden Umstände ist im Hinblick auf die Bemessungskriterien des § 38 Abs. 1 [X.] und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts die Entfernung aus dem Dienst gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5 in Verbindung mit § 63 [X.] erforderlich und angemessen.

Bei der konkreten Bemessung der Disziplinarmaßnahme geht der [X.] in seiner gefestigten Rechtsprechung (vgl. Urteil vom 10. Februar 2010 - BVerwG 2 [X.] 9.09 - juris) von einem zweistufigen Prüfungsschema aus:

aa) Auf der ersten Stufe bestimmt er im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle sowie im Interesse der rechtsstaatlich gebotenen Rechtssicherheit und Voraussehbarkeit der Disziplinarmaßnahme eine [X.] für die in Rede stehende Fallgruppe als Ausgangspunkt der Zumessungserwägung.

Dabei entspricht es der Rechtsprechung des [X.]s, dass im Hinblick auf die Schwere und die disziplinare Einstufung von Fehlverhalten, das den Besitz kinderpornografischer Dateien zum Gegenstand hat (§ 184b Abs. 4 StGB), Ausgangspunkt der [X.] eine nach außen sichtbare Disziplinarmaßnahme bildet. Sie besteht regelmäßig in einer Herabsetzung im Dienstgrad. Tritt ein Verschaffen solcher Dateien/Schriften an andere (§ 184b Abs. 2 StGB) - also ein Verbreiten - hinzu, wird das Fehlverhalten so gravierend, dass der Soldat im Allgemeinen für die [X.] untragbar wird und er nur in minderschweren Fällen oder bei Vorliegen besonderer Milderungsgründe in seinem Dienstverhältnis verbleiben kann (vgl. Urteile vom 11. Februar 2003 - BVerwG 2 [X.] 35.02 - [X.] 236.1 § 17 [X.] Nr. 39, vom 28. April 2005 - BVerwG 2 [X.] 25.04 - [X.] 2007, 28 ff., vom 25. September 2007 - BVerwG 2 [X.] 19.06 - [X.] 450.2 § 38 [X.] 2002 Nr. 23 - Rn. 42 ff., vom 23. September 2010 - BVerwG 2 [X.] 41.09 - Rn. 26 und vom 6. Oktober 2010 - BVerwG 2 [X.] 35.09 - [X.] 450.2 § 58 [X.] 2002 Nr. 5).

Nach Auffassung des [X.]s ist ein "Zugänglichmachen" im Sinne von § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB nicht anders zu gewichten als ein "Verschaffen" im Sinne von § 184b Abs. 2 StGB, bei dem Ausgangspunkt der [X.] die Entfernung aus dem Dienst bildet. Denn in beiden Fällen erhält das Fehlverhalten höheres Gewicht dadurch, dass das Unrecht durch die Bereitschaft auch zur Weitergabe der Bilder vertieft und intensiv an der Schaffung und Aufrechterhaltung eines Marktes für derartige Dateien teilgenommen wird. Dem in beiden Fällen eines Verbreitens höheren Unrechtsgehalt der Verfehlung trägt der Gesetzgeber in beiden Fällen durch die höhere und vom Strafrahmen her übereinstimmende Strafandrohung als für den bloßen Besitz Rechnung. Da auch § 184b Abs. 2 StGB schon den mit einer schärferen Strafe bedroht, der es "unternimmt" einem andern den Besitz an kinderpornografischen Schriften zu verschaffen und damit neben der vollendeten Tat auch den Versuch erfasst (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB), bleibt rechtlich zudem ohne Bedeutung, dass der Zugriff eines [X.] nicht festgestellt worden ist.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass das [X.] in seinen für den [X.] bindenden Feststellungen keine Verletzung von § 7 [X.] als Pflicht zur Loyalität zur Rechtsordnung, insbesondere der Strafgesetze, festgestellt hat. Die Grundlage der Maßnahmebemessung durch den [X.] bildet hier die Feststellung einer Verletzung von § 17 Abs. 2 Satz 2 [X.]. Die ernsthafte Beeinträchtigung der Achtung und des Vertrauens, die seine dienstliche Stellung erfordert, wird gerade durch die Verwirklichung kriminellen Unrechts im Sinne von § 184b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Satz 2 StGB verursacht.

Da vorliegend neben dem bloßen Besitz kinderpornografischer Dateien auch ein Zugänglichmachen einer Datei Grundlage der Schuldfeststellung ist, ist Ausgangspunkt der [X.] die Verhängung der [X.].

bb) Auf der zweiten Stufe ist dann zu prüfen, ob im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die in § 38 Abs. 1 [X.] normierten Bemessungskriterien und die Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts Umstände vorliegen, die die Möglichkeit einer Milderung gegenüber der auf der ersten Stufe in Ansatz gebrachten [X.] eröffnen. Dabei ist vor allem angesichts der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens sowie dessen Auswirkungen zu klären, ob es sich angesichts der be- und entlastenden Umstände um einen schweren, mittleren oder leichten Fall der schuldhaften Pflichtverletzung handelt. Liegt kein mittlerer, sondern ein höherer bzw. niedrigerer Schweregrad vor, ist gegenüber dem Ausgangspunkt der [X.] die zu verhängende Disziplinarmaßnahme nach "oben" bzw. nach "unten" zu modifizieren. Für die Eigenart und Schwere des Dienstvergehens kann z.B. von Bedeutung sein, ob der Soldat eine herausgehobene Dienststellung hatte, einmalig oder wiederholt oder in einem besonders wichtigen Pflichtenbereich versagt hat. Bei den Auswirkungen des Fehlverhaltens sind die konkreten Folgen für den Dienstbetrieb sowie schädliche Weiterungen für das Außenbild der [X.] in der Öffentlichkeit zu berücksichtigen. Hinsichtlich des [X.]" hat der [X.] neben der Schuldform und der Schuldfähigkeit das Vorliegen von Erschwerungs- und Milderungsgründen in den [X.] in Betracht zu ziehen.

Vorliegend konnte der [X.] keinen minderschweren Fall erkennen, der es ausnahmsweise gebieten würde, von der Verhängung der [X.] abzusehen.

Ein minderschwerer Fall kann nicht allein aus dem Umstand abgeleitet werden, dass wegen der bindenden Feststellungen des [X.]s nur ein Fall des [X.] in Rede steht. Die Einstufung eines konkreten Dienstvergehens als minderschwer verlangt eine Gesamtbetrachtung der bemessungsrelevanten Kriterien und kann nicht schematisch von der Zahl der einen Straftatbestand erfüllenden Handlungen abhängig gemacht werden. Der [X.] hatte im Urteil vom 6. Oktober 2010 (BVerwG 2 [X.] 33.09 - Rn. 35) einen minderschweren Fall des [X.] nicht allein damit begründet, dass [X.] eine Datei kinderpornografischen Inhalts versendet worden war, sondern zusätzlich auf die Motivation der Versendung abgestellt. Dort war festgestellt worden, dass "die einmalige Versendung lediglich im Zusammenhang mit dem Versuch einer Kontaktaufnahme zu Frauen erfolgte und mithin nicht von der Absicht getragen war, eigene oder pädophile Neigungen anderer zu befriedigen." Vergleichbar liegt der Fall hier nicht. Das Zugänglichmachen der Datei kinderpornografischen Inhalts war notwendig mit der Teilnahme an der [X.] verbunden, was der Soldat als Fachinformatiker auch wusste und zumindest billigend in Kauf nahm. Die Teilnahme an der [X.] diente der Befriedigung der eigenen, auf die Darstellung von Sexualstraftaten an Kindern gerichteten Neugier. Der Soldat nahm die Befriedigung pädophiler Neigungen Dritter in unbestimmter Vielzahl und in der Anonymität des [X.] billigend in Kauf, um für sich die Nutzung der [X.] zur Befriedigung einer sozialschädlichen Neugier zu ermöglichen, wobei die Anzahl der Zugriffsmöglichkeiten auch in keiner Weise beschränkt war. Da es sich hier um den typischen Fall der Nutzung einer [X.] mit kinderpornografischen Inhalten handelt, sind die Gesamtumstände des konkret in Rede stehenden [X.] nicht geeignet, von einem im Vergleich zum Durchschnittsfall weniger gewichtigen Fehlverhalten auszugehen. Hinzu kommt noch, dass auch der hohen Zahl gespeicherter kinderpornografischer Dateien Rechnung zu tragen ist (vgl. Urteil vom 6. Oktober 2010 - BVerwG 2 [X.] 35.09 - juris Rn. 42

Auch die weiteren, für den Soldaten sprechenden Aspekte sind nicht hinreichend gewichtig, um eine Milderung gegenüber der [X.] zu rechtfertigen:

Der Verteidiger weist zutreffend darauf hin, dass der Soldat nicht gewerbsmäßig handelt. Wäre dies der Fall gewesen, hätte er in strafrechtlicher Hinsicht ein noch höheres Unrecht verwirklicht, für das der Strafrahmen weiter reicht (§ 184b Abs. 3 StGB). Das Fehlen eines zusätzlichen Verschärfungsgrundes begründet aber keinen [X.]. Dies gilt auch für den Umstand, dass der Soldat weder Kameraden in das Unrecht verstrickt noch seinen Dienstrechner hierfür eingesetzt hat.

Dass die dienstlichen Auswirkungen des Fehlverhaltens im konkreten Fall nicht gravierend gewesen sein mögen, steht der Verhängung der [X.] nicht entgegen, weil das besondere Gewicht des Fehlverhaltens nicht die dienstlichen Auswirkungen, sondern die gravierende Verletzung der Menschenwürde und der Persönlichkeitsrechte der für die Herstellung der in Rede stehenden Bilder missbrauchten Kinder begründen.

Die guten Leistungen des Soldaten vor dem Dienstvergehen und seine Nachbewährung während des anhängigen Disziplinarverfahrens lassen die Verhängung der [X.] nicht unangemessen werden: Die persönliche Integrität eines Soldaten steht gleichberechtigt neben dem Erfordernis der fachlichen Qualifikation, so dass gravierende Defizite an der persönlichen Integrität, die bei objektiver Betrachtung zu einem endgültigen Vertrauensverlust des Dienstherrn führen müssen (Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 [X.] 20.09 - juris Rn. 51 m.w.N. und vom 16. Juni 2011 - BVerwG 2 [X.] 11.10 - juris Rn. 40), auch nicht durch fachliche Kompetenz ausgeglichen werden können.

Dass das Vertrauen seiner ehemaligen und gegenwärtigen Disziplinarvorgesetzten in seine künftige Zuverlässigkeit nach deren Bekundungen in der Berufungshauptverhandlung nicht vollständig zerstört ist, steht der Verhängung der [X.] nicht entgegen. Denn nach der ständigen [X.]srechtsprechung hängt die Beantwortung der Frage nach der erforderlichen fortbestehenden Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten nicht entscheidend von den Erwägungen und Entscheidungen der jeweiligen Einleitungsbehörde oder der Einschätzung der unmittelbaren Vorgesetzten ab. Ob das Vertrauen in die Zuverlässigkeit und persönliche Integrität des betroffenen Soldaten erschüttert oder gar zerstört ist, ist nach einem objektiven Maßstab, also aus der Perspektive eines objektiv und vorurteilsfrei den Sachverhalt betrachtenden [X.] zu prüfen und zu bewerten (Urteile vom 28. April 2005 - BVerwG 2 [X.] 25.04 - juris Rn. 20 - [X.] 2007, 28 und vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 2 [X.] 43.09 - juris Rn. 48).

Dass der Soldat bislang straf- und disziplinarrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, kann das Absehen von der [X.] nicht rechtfertigen. Damit hat der Soldat keine besondere Leistung erbracht, die ihn aus dem Kameradenkreis heraushebt, sondern nur die Mindesterwartungen des Dienstherrn pflichtgemäß erfüllt.

Es trifft zwar zu, dass sich die im sachgleichen Strafverfahren verhängte Geldstrafe am unteren Rand des gesetzlichen Strafrahmens bewegt. Die in einem konkreten Einzelfall verhängte [X.] hat für die Bemessung der Disziplinarmaßnahme aber grundsätzlich keine Bedeutung: Steht § 16 [X.] der Zulässigkeit des Ausspruchs einer Disziplinarmaßnahme nicht entgegen, ist die Art oder Höhe einer [X.] oder sonstigen [X.] für die Gewichtung der Schwere des sachgleichen Dienstvergehens regelmäßig nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Strafverfahren und Disziplinarverfahren verfolgen unterschiedliche Zwecke. Die [X.] unterscheidet sich nach Wesen und Zweck grundlegend von der Disziplinarmaßnahme. Während erstere neben Abschreckung und Besserung der Vergeltung und Sühne für begangenes Unrecht gegen den allgemeinen Rechtsfrieden dient, ist die disziplinarische Ahndung darauf ausgerichtet, unter Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes einen geordneten und integren Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen, indem sie denjenigen, der die ihm obliegenden Dienstpflichten schuldhaft verletzt hat, entweder durch eine erzieherische Maßnahme zu künftig pflichtgemäßem Verhalten mahnt oder ihn aus dem Dienstverhältnis entfernt bzw. die sonst gebotene [X.] ausspricht (vgl. Urteile vom 13. Januar 2011 - BVerwG 2 [X.] 20.09 - und vom 4. Mai 2011 - BVerwG 2 [X.] 2.10 - jeweils juris und jeweils m.w.N.). Daher misst der [X.] zwar der in den Strafrahmen des Strafgesetzbuches zum Ausdruck kommenden Gewichtung des Unrechtsgehaltes einer Tat durch den Gesetzgeber eine indizielle Bedeutung für die Schwere auch des Dienstvergehens bei, nicht aber der Höhe einer konkreten strafrechtlichen Sanktion.

[X.] [X.] bewertet der [X.] aus den oben genannten Gründen nicht so hoch, dass von der [X.] ausnahmsweise abgewichen werden müsste.

Die Gewährung des Unterhaltsbeitrages nach § 63 Abs. 2 [X.] ist nicht über den Zeitraum von sechs Monaten zu verlängern, weil angesichts der wirtschaftlichen Lage des Soldaten dies nicht zur Vermeidung einer unbilligen Härte notwendig wäre (§ 63 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Der [X.] sieht auch keinen Grund für einen Ausschluss eines Unterhaltsbeitrages nach § 63 Abs. 3 Satz 1 [X.]. Insbesondere liegt eine Unwürdigkeit im Sinne der Norm nicht schon in den Umständen, die die Notwendigkeit der Verhängung der [X.] begründen. Vielmehr können nur solche Umstände eine "Nichtwürdigkeit" begründen, die nach der Art und dem Gewicht des Fehlverhaltens sowie nach der Persönlichkeit des Soldaten und dem Maß seiner Schuld jeden Grund für die nachwirkende Fürsorgepflicht des Dienstherrn entfallen lassen. Dies kommt insbesondere in Fällen besonders treuwidrigen Verhaltens und vor allem dann in Betracht, wenn das Gesamtverhalten des (früheren) Soldaten den Schluss zulässt, dass er jedes ernsthafte Interesse für die dienstlichen Belange vermissen lässt und dass es bei ihm bereits seit längerem an dem unabdingbaren Mindestmaß an Verantwortung für die dienstlichen Bedürfnisse fehlt (vgl. Urteile vom 21. September 2004 - BVerwG 2 [X.] 11.04 - [X.] 2005, 39 = [X.], 345 = [X.] 2005, 211 m.w.N. und vom 27. Oktober 2005 - BVerwG 2 [X.] 4.05 - [X.] 235.01 § 63 [X.] 2002 Nr. 1). Hieran fehlt es.

Da die Berufung der [X.] erfolgreich ist, sind die Kosten des Berufungsverfahrens gemäß § 139 Abs. 1 Satz 2 1. HS [X.] dem Soldaten aufzuerlegen. Es besteht kein Anlass, ihn aus Billigkeitsgründen (§ 139 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]) ganz oder teilweise davon oder von den ihm in dem Berufungsverfahren erwachsenen notwendigen Auslagen (§ 140 Abs. 3 Satz 3 [X.]) zu entlasten.

Meta

2 WD 14/11

02.05.2012

Bundesverwaltungsgericht 2. Wehrdienstsenat

Urteil

Sachgebiet: WD

vorgehend Truppendienstgericht Süd, 15. März 2011, Az: S 2 VL 25/10, Urteil

§ 38 Abs 1 WDO 2002, § 58 Abs 1 Nr 5 WDO 2002, § 58 Abs 7 WDO 2002, § 17 Abs 2 S 2 SG, § 184b Abs 1 Nr 2 StGB, § 184b Abs 2 StGB, § 184b Abs 4 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 02.05.2012, Az. 2 WD 14/11 (REWIS RS 2012, 6807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6807

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