Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2011, Az. 6 AZR 634/09

6. Senat | REWIS RS 2011, 9133

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Gegenstand

Diakonische Einrichtung - Bezugnahme auf Arbeitsordnung


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 21. April 2009 - 7 Sa 1821/08 - wird hinsichtlich des Zeitraums September 2006 bis einschließlich Dezember 2007 verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob auf ihr Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] ([X.]) nach Maßgabe der von der [X.] beschlossenen Arbeitsrechtsregelung ([X.]) auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung finden.

2

Die [X.] erbringt Leistungen zur beruflichen Rehabilitation junger Menschen mit Behinderungen. Sie ist Mitglied des [X.] ([X.]) [X.] In der Satzung dieses Vereins heißt es [X.].:

        

„§ 2   

Zuordnung zur [X.], den Freikirchen und zum [X.] der [X.]

        

…       

                 
        

§ 7     

Rechte und Pflichten der Mitglieder gegenüber dem [X.]

        

…       

        

(4)     

Die Mitglieder sind verpflichtet,

                 

…       

                 

6.    

das Arbeitsrecht eines gliedkirchlichen [X.]es oder des [X.] oder einer der beteiligten Kirchen zu übernehmen. Der [X.] kann von dieser Verpflichtung Ausnahmen zulassen und außerdem Arbeitsvertragsrichtlinien bzw. Tarifverträge dem Arbeitsrecht der [X.] zuordnen. …

                 

…       

        
                 
        

§ 9 Organe

        

Organe des [X.]es sind

        

…       

        
        

2.    

der [X.],

        

…“    

        

3

Die Schieds- und Schlichtungsstelle des [X.] untersagte der [X.]n am 16. Febr[X.]r 2007, bis zum Vorliegen einer rechtswirksamen Ausnahmegenehmigung eine von der [X.]n verfasste Arbeitsordnung ([X.]) auf bestehende und künftig zu begründende Arbeitsverhältnisse anzuwenden. Am 15. Mai 2007 verpflichtete sich die [X.] in einem Vergleich vor der Schieds- und Schlichtungsstelle des [X.] gegenüber der Mitarbeitervertretung, ab dem 1. Mai 2007 bis zur Aufhebung des Beschlusses der Schiedsstelle vom 16. Febr[X.]r 2007 bzw. bis zum Wegfall der Verpflichtung aus § 7 Abs. 4 der Satzung des [X.] die [X.] auf alle zur Verlängerung oder Entfristung anstehenden Dienstverhältnisse anzuwenden.

4

Die Klägerin ist Heilerziehungspflegerin. Sie war zunächst befristet bei der [X.]n beschäftigt. Vom 1. August 2005 bis zum 31. August 2006 richtete sich das Arbeitsverhältnis hinsichtlich der Vergütung nach der [X.] und im Übrigen nach den [X.]. Für die [X.] vom 1. September 2006 bis zum 31. Juli 2007 vereinbarten die Parteien die Anwendung der [X.]. Seit dem 1. August 2007 ist die Klägerin aufgrund eines unbefristeten Arbeitsvertrags vom 4. Juli 2007 bei der [X.]n tätig. § 2 dieses Vertrags regelt [X.].:

        

„§ 2 Arbeitsordnung

        

Auf das Arbeitsverhältnis findet die Arbeitsordnung der [X.] ([X.]) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung, sofern in diesem Dienstvertrag nichts anderes vereinbart wurde. ...“

5

Die [X.] bat die Klägerin in einem Schreiben vom 5. Juli 2007 mit dem Betreff „Ihr Dienstverhältnis - Umsetzung des Vergleichs vom 15.05.2007“, mit ihrer Unterschrift ihr Einverständnis zu erklären, dass auf das Arbeitsverhältnis bis zum Ende ihrer Verpflichtung gegenüber der Mitarbeitervertretung aus dem Vergleich vom 15. Mai 2007 die [X.] angewendet wird. Die Klägerin entsprach dieser Bitte. Die [X.] wandte daraufhin auf das Arbeitsverhältnis von August 2007 bis Dezember 2007 die [X.] an.

6

Mit einem Schreiben vom 16. November 2007 beantragte die [X.] gemäß § 7 Abs. 4 Nr. 6 Satz 2 der Satzung des [X.] beim [X.], statt der [X.] die [X.] anzuwenden. Am 10. Dezember 2007 beschloss der [X.], dem Antrag der [X.]n vom 16. November 2007 zu entsprechen. Ab Jan[X.]r 2008 wandte die [X.] daraufhin statt der [X.] die [X.] auf das Arbeitsverhältnis an. Mit einem Beschluss vom 23. Febr[X.]r 2010 (- [X.]/[X.]-09 -) wies der [X.] [X.] der [X.] in einem mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschwerdeverfahren [X.]. den Antrag der Mitarbeitervertretung zurück, der [X.]n die Anwendung der [X.] zu untersagen.

7

Die Klägerin hat gemeint, die [X.] habe über Dezember 2007 hinaus die [X.] bzw. die [X.] auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden. Die der [X.]n vom [X.] erteilte Ausnahmegenehmigung sei nicht wirksam, weil die [X.] im Genehmigungsverfahren nicht ordnungsgemäß beteiligt worden sei. Die staatlichen Gerichte seien nicht an die Entscheidung des [X.] gebunden. Im Arbeitsvertrag vom 4. Juli 2007 sei zwar die Anwendung der [X.] vereinbart worden, diese Vereinbarung sei jedoch durch die konkludent getroffene Abrede ersetzt worden, dass sich das Arbeitsverhältnis nach der [X.] bzw. den [X.] bestimmt. Eine arbeitsvertragliche Verweisung auf die [X.] in der jeweils geltenden Fassung wäre wegen Verstoßes gegen § 308 Abs. 1 Nr. 4 BGB und § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Aufgrund der Unwirksamkeit der [X.] fänden die [X.] bzw. die [X.] auf das Arbeitsverhältnis Anwendung. Bei Abschluss des Arbeitsvertrags seien über 80 % der Gesamtbelegschaft der [X.]n nach der [X.] vergütet worden. Selbst wenn die [X.] nicht als Taxe iSd. § 612 Abs. 2 BGB anzusehen sei, stelle die in ihr geregelte Vergütung doch die übliche Vergütung dar. Vor dem Hintergrund der Rechtsfigur der ergänzenden Vertragsauslegung könne für die übrigen Arbeitsbedingungen nichts anderes gelten. Angesichts der seit vielen Jahren üblichen Anwendung der [X.] bei der [X.]n hätten die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der Verweisung auf die [X.] nicht nur gesetzliche Mindeststandards, sondern die [X.] vereinbart.

8

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

        

festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung seit dem 1. September 2006 nicht die Arbeitsordnung [X.], sondern im Hinblick auf die Vergütungsregelungen die Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] in ihrer jeweils geltenden Fassung, auf die übrigen Arbeitsbedingungen die Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden,

        

hilfsweise

        

festzustellen, dass auf ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung seit dem 1. August 2007 nicht die Arbeitsordnung [X.], sondern die Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] in der jeweils geltenden Fassung Anwendung finden.

9

Die [X.] hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Ansicht vertreten, die [X.] sei im Arbeitsvertrag vom 4. Juli 2007 wirksam in Bezug genommen worden. Die ihr vom [X.] am 10. Dezember 2007 erteilte Genehmigung zur Anwendung der [X.] habe ihre Verpflichtung zur Anwendung der [X.] beendet.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter. Die [X.] beantragt, die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig, soweit sich der Klageantrag auf die [X.] bis zum 31. Dezember 2007 bezieht. Im Übrigen ist die Revision der Klägerin zwar zulässig, jedoch unbegründet. Die Vorinstanzen haben zutreffend angenommen, dass sich das Arbeitsverhältnis der Parteien ab dem 1. Januar 2008 nicht nach der [X.] bzw. nicht nach den [X.] richtet.

I. Die Revision ist mangels einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils unzulässig, soweit die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sich das Arbeitsverhältnis vor dem 1. Januar 2008 nach der [X.] bzw. den [X.] bestimmt hat.

1. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den angenommenen Rechtsfehler des [X.]s so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des [X.] erkennbar sind. Die Revisionsbegründung hat sich daher mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll ([X.] 19. März 2008 - 5 [X.] - Rn. 13, [X.] ZPO § 551 Nr. 65 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 8). Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Revisionskläger das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage durchdenkt. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen (vgl. [X.] 27. Juli 2010 - 1 [X.] - Rn. 13, [X.], 1446).

2. Hiernach enthält die Revisionsbegründung der Klägerin keine den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils, soweit das [X.] die Klage bezüglich des vor dem 1. Januar 2008 liegenden [X.]raums mangels eines Feststellungsinteresses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO als unzulässig abgewiesen hat. Die Revisionsbegründung der Klägerin erschöpft sich insoweit in dem bloßen Hinweis auf die vom [X.] angenommene teilweise Unzulässigkeit der Klage.

II. Im Übrigen ist die Revision der Klägerin zulässig, aber unbegründet.

1. Soweit der Feststellungsantrag die [X.] ab dem 1. Januar 2008 erfasst, ist die Klage zulässig.

a) Der Antrag bedarf allerdings der Auslegung dahingehend, dass die Klägerin nur festgestellt haben will, dass auf das Arbeitsverhältnis die [X.] bezüglich der Vergütung und die [X.] hinsichtlich der übrigen Arbeitsbedingungen in der jeweils gültigen Fassung Anwendung finden. Soweit die [X.] die [X.] erfasst, begehrt die Klägerin nicht im Wege einer eigenständigen negativen Feststellungsklage die Feststellung, dass sich das Arbeitsverhältnis nicht nach der [X.] richtet. Der [X.] schließt ein solches Verständnis zwar nicht aus. Der Umstand, dass die auf die [X.] bezogene Formulierung im Hilfsantrag wiederholt wird, spricht jedoch dafür, dass sie nur der Klarstellung dient. Ein eigenständiger, auf die Nichtanwendung der [X.] bezogener Feststellungsantrag wäre von dem Eventualverhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag nicht betroffen. Die Wiederholung der auf die Nichtanwendung der [X.] bezogenen Formulierung im Hilfsantrag ist deshalb nur dann nicht sinnwidrig, wenn diese Formulierung nicht als eigenständiger Klageantrag verstanden wird. Auch die gebotene [X.]e Auslegung des Klageantrags gibt dieses Ergebnis vor. Wird davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem Klageantrag das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht (vgl. [X.] 12. Dezember 2006 - 3 [X.] - Rn. 17, [X.] [X.] § 1 Berechnung Nr. 32 = EzA [X.] § 1 Nr. 88), muss der Klageantrag als einheitlicher Feststellungsantrag ausgelegt werden. Eine negative Feststellungsklage wäre mangels des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses nicht zulässig, weil mit der Feststellung, dass die [X.] auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet, noch nicht geklärt wäre, nach welchen anderen Regelungen sich das Arbeitsverhältnis richtet.

b) Der Antrag ist ausreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Die Abgrenzung zwischen der beanspruchten Anwendung der [X.] einerseits und den [X.] andererseits kann dem Antrag selbst allerdings nicht mit der an sich erforderlichen Eindeutigkeit entnommen werden. Zwischen den Parteien besteht jedoch kein Streit über die Abgrenzung. Die Beklagte hat im Arbeitsvertrag der Parteien vom 31. Juli 2005 für die [X.] vom 1. August 2005 bis zum 31. August 2006 selbst keine andere, detailliertere Abgrenzung vorgenommen. Im Übrigen regelt § 1a Abs. 2 Satz 1 [X.], dass die Arbeitsvertragsrichtlinien nach Maßgabe der gliedkirchlich-diakonischen Arbeitsrechtsregelung gelten, wenn für den Bereich eines oder mehrerer gliedkirchlich-diakonischer Werke eine Arbeitsrechtliche Kommission gebildet ist. Von dieser Abgrenzung gehen auch die Parteien aus.

c) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. In der Rechtsprechung des [X.] ist anerkannt, dass die Anwendbarkeit eines bestimmten Tarifvertrags oder [X.] auf ein Arbeitsverhältnis Gegenstand einer Feststellungsklage sein kann (10. August 2000 - 6 [X.] -; 25. Februar 1999 - 6 [X.] -; 23. Februar 1995 - 6 [X.] - [X.]E 79, 224, 226; 22. Oktober 2008 - 4 [X.] - Rn. 11, [X.]E 128, 165). Für die Frage der Anwendung einer kirchlich-diakonischen Arbeitsvertragsregelung gilt in Bezug auf das Feststellungsinteresse nichts anderes. Der teilweise Vergangenheitsbezug der Feststellungsklage steht dem Feststellungsinteresse nicht entgegen. Der von § 256 Abs. 1 ZPO verlangte Gegenwartsbezug wird dadurch hergestellt, dass die Klägerin insoweit aus der Anwendung der [X.] Vergütungsansprüche aus einem in der Vergangenheit liegenden [X.]raum und damit einen gegenwärtigen rechtlichen Vorteil erstrebt.

2. Die Klage ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich weder nach der [X.] noch nach den [X.]. Für die Anwendung dieser Regelungen fehlt eine rechtliche Grundlage.

a) Kirchliche Arbeitsvertragsregelungen entfalten nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] keine normative Wirkung, sondern können als vom jeweiligen Arbeitgeber gestellte Allgemeine Geschäftsbedingungen nur kraft einzelvertraglicher Bezugnahme auf ein Arbeitsverhältnis Anwendung finden (vgl. 22. Juli 2010 - 6 [X.] - [X.], 658; 10. Dezember 2008 - 4 [X.] - [X.]E 129, 1; 26. Oktober 2006 - 6 [X.] - Rn. 12, [X.]E 120, 55; 13. September 2006 - 4 [X.] - Rn. 20, ZMV 2007, 148; 17. November 2005 - 6 [X.] - Rn. 17, [X.] BGB § 611 Kirchendienst Nr. 45 = [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 7; 8. Juni 2005 - 4 [X.] - Rn. 53 ff., [X.] MitarbeitervertretungsG-EK Rheinland-Westfalen § 42 Nr. 1 = [X.] 2002 § 611 Kirchliche Arbeitnehmer Nr. 6).

b) Die Parteien haben im Arbeitsvertrag vom 4. Juli 2007 nicht vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach der [X.] bzw. den [X.] richtet. Vielmehr haben sie in diesem Vertrag geregelt, dass die [X.] in der jeweils geltenden Fassung auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung findet, sofern nichts anderes vereinbart ist.

c) Mit dem Schreiben vom 5. Juli 2007 hat die Beklagte der Klägerin zwar die Anwendung der [X.] auf das Arbeitsverhältnis angetragen. Die Klägerin hat dieses Angebot der [X.] auch angenommen. Die Vereinbarung wurde jedoch unter einer auflösenden Bedingung getroffen. Diese ist mit der Erteilung der Ausnahmegenehmigung durch den [X.] am 10. Dezember 2007 eingetreten. Damit wurde gemäß § 158 Abs. 2 BGB der frühere Rechtszustand wieder hergestellt mit der Folge, dass die im Arbeitsvertrag vom 4. Juli 2007 getroffenen Vereinbarungen wieder maßgebend sind.

aa) Mit den Worten „Bis zum Ende der Verpflichtung aus dem geschlossenen Vergleich“ haben die Parteien die Anwendung der [X.] in zeitlicher Hinsicht an die Verpflichtung der [X.] gegenüber der Mitarbeitervertretung aus dem Vergleich vom 15. Mai 2007 gebunden. Dies wird auch aus dem Betreff „Ihr Dienstverhältnis - Umsetzung des Vergleichs vom 15.05.2007“ deutlich. Damit hat sich die Beklagte gegenüber der Klägerin nicht auf Dauer, sondern nur so lange zur Anwendung der [X.] verpflichtet, wie sie dazu gegenüber der Mitarbeitervertretung aus dem Vergleich vom 15. Mai 2007 verpflichtet war.

bb) Die Verpflichtung der [X.] gegenüber der Mitarbeitervertretung zur Anwendung der [X.] ist mit dem Beschluss des [X.]es vom 10. Dezember 2007 entfallen, mit dem der [X.] die Genehmigung zur Anwendung der [X.] erteilt wurde. Der [X.] Kirchengerichtshofs der [X.] hat am 23. Februar 2010 in einem mitarbeitervertretungsrechtlichen Beschwerdeverfahren (- [X.]/[X.]-09 -) die Wirksamkeit dieser Genehmigung festgestellt. Er hat ausdrücklich angenommen, dass die Ausnahmegenehmigung des [X.]es vom 10. Dezember 2007 die Befugnis der [X.] umfasst, die [X.] anzuwenden. Die Beklagte war gegenüber der Mitarbeitervertretung damit nur bis zur Erteilung der Ausnahmegenehmigung am 10. Dezember 2007 zur Anwendung der [X.] verpflichtet. Eine Anfechtung des Beschlusses des [X.] der [X.] vom 23. Februar 2010 durch die Mitarbeitervertretung ist nicht vorgesehen. Die Mitarbeitervertretung kann damit nicht mehr geltend machen, dass der [X.] die Genehmigung zur Anwendung der [X.] rechtswidrig erteilt worden ist. Dies bewirkt, dass die Klägerin aufgrund der Vereinbarung vom 5. Juli 2007 auch dann keinen Anspruch auf die Anwendung der [X.] hätte, wenn die der [X.] vom [X.] erteilte Ausnahmegenehmigung entgegen der Annahme des [X.] des Kirchengerichtshofs der [X.] nicht wirksam wäre. Maßgebend ist, dass die Verpflichtung der [X.] aus dem Vergleich vom 15. Mai 2007 und damit auch die am 5. Juli 2007 gegenüber der Klägerin eingegangene Verpflichtung zur Anwendung der [X.] mit der am 10. Dezember 2007 vom [X.] erteilten Genehmigung zur Anwendung der [X.] geendet hat.

cc) Die Bindung der Anwendung der [X.] an die gegenüber der Mitarbeitervertretung im Vergleich vom 15. Mai 2007 eingegangene Verpflichtung der [X.] zur Anwendung der [X.] ist nicht gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam.

(1) Nach dieser Vorschrift sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus, wobei ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen ist (vgl. [X.] 11. April 2006 - 9 [X.] - Rn. 23, [X.]E 118, 36).

(2) Hiernach war es sach- und [X.], abweichend von der im Arbeitsvertrag vereinbarten Bezugnahme auf die [X.] die Anwendung der [X.] nur so lange zu vereinbaren, bis die Verpflichtung der [X.] zur Anwendung der [X.] gegenüber der Mitarbeitervertretung endete. Es entsprach einem begründeten und billigenswerten Interesse der [X.], einerseits an den Vereinbarungen festzuhalten, die sie ab dem 1. September 2006 in den Arbeitsverträgen mit ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern getroffen hat, andererseits aber nicht gegen Vorgaben der Satzung des [X.] und gegen die gegenüber der Mitarbeitervertretung im Vergleich vom 15. Mai 2007 eingegangene Verpflichtung zu verstoßen. Dieses Interesse der [X.] überwiegt das Interesse der Klägerin an der unbedingten und unbefristeten Anwendung der [X.], mit der sie aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 4. Juli 2007 getroffenen Regelung und aufgrund der in § 7 Abs. 4 Nr. 6 Satz 2 der Satzung des [X.] vorgesehenen Erteilung einer Ausnahmegenehmigung durch den [X.] nicht auf Dauer rechnen durfte.

d) Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe mit der [X.] die Anwendung der [X.] konkludent vereinbart, steht dem entgegen, dass die Parteien die Anwendung der [X.] in der Vereinbarung vom 5. Juli 2007 ausdrücklich an die Verpflichtung der [X.] gegenüber der Mitarbeitervertretung aus dem Vergleich vom 15. Mai 2007 gebunden haben. Zwar hat diese Verpflichtung bereits mit der vom [X.] am 10. Dezember 2007 erteilten Genehmigung zur Anwendung der [X.] geendet. Wenn die Beklagte die [X.] über diesen Tag hinaus bis zum 31. Dezember 2007 angewandt hat, kann daraus aber noch keine konkludente Vereinbarung der Parteien abgeleitet werden, dass sich das Arbeitsverhältnis auf Dauer nach der [X.] richten sollte.

e) Eine Anwendung der [X.] bzw. der [X.] auf das Arbeitsverhältnis folgt nicht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Ungeachtet seiner umstrittenen dogmatischen Herleitung wird dieser Grundsatz inhaltlich durch den Gleichheitssatz bestimmt ([X.]/[X.] 11. Aufl. Art. 3 GG Rn. 29 mwN). Er knüpft an eine verteilende Entscheidung des Arbeitgebers an und gebietet dem Arbeitgeber, seine Arbeitnehmer oder Gruppen seiner Arbeitnehmer, die sich in vergleichbarer Lage befinden, bei Anwendung einer selbst gesetzten Regelung gleich zu behandeln. Damit verbietet der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer innerhalb einer Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (Senat 17. Dezember 2009 - 6 [X.] - Rn. 29, [X.] BGB § 620 Nr. 41 = [X.] 2002 § 623 Nr. 10). Eine solche hat die Beklagte nicht dadurch vorgenommen, dass sie ab dem 1. September 2006 in neuen Arbeitsverträgen nicht mehr die Anwendung der [X.], sondern der [X.] vereinbart hat. Es handelt sich um eine zulässige Stichtagsregelung, ohne die eine Umstellung eines Vergütungssystems nicht durchführbar wäre (Senat 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 33; 11. Dezember 2003 - 6 [X.] - [X.]E 109, 110, 120). Soweit die Beklagte auf vor dem Stichtag begründete Arbeitsverhältnisse die [X.] anwendet, liegt keine Begünstigung einer Beschäftigtengruppe aufgrund einer verteilenden Entscheidung der [X.] vor. Damit erfüllt die Beklagte nur ihre vor dem Stichtag eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen.

f) Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich ihr Anspruch auf Anwendung der [X.] bzw. der [X.] auch nicht aus § 612 Abs. 2 BGB. Nach dieser Vorschrift ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen, wenn die Höhe der Vergütung nicht bestimmt ist. Die Vorschrift ist auch anwendbar, wenn die Vergütungsvereinbarung unwirksam ist (Senat 21. April 2005 - 6 [X.] - Rn. 19; [X.] 28. September 1994 - 4 [X.] - [X.] BeschFG 1985 § 2 Nr. 38 = [X.] § 612 Nr. 17). Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Die Vergütung der Klägerin ist in der [X.] geregelt, auf die im Arbeitsvertrag vom 4. Juli 2007 verwiesen wurde. Darüber hinaus wäre die in der [X.] vorgesehene Vergütung auch nicht die übliche Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB.

aa) Das [X.] hat unter Hinweis auf die Entscheidung des [X.] vom 11. Februar 2009 (- 10 [X.]/08 - Rn. 24, [X.] 2002 § 308 Nr. 9) zutreffend angenommen, dass eine Unwirksamkeit der [X.] im Arbeitsvertrag vom 4. Juli 2007 nicht insgesamt die Unwirksamkeit der Bezugnahme auf die [X.] begründen würde. Die [X.] ist teilbar. Die Teilbarkeit einer Klausel ist mittels einer Streichung des unwirksamen Teils mit einem „blauen Stift“ zu ermitteln (vgl. zum sog. blue-pencil-Test [X.] 12. März 2008 - 10 [X.]/07 - Rn. 28, [X.] BGB § 305 Nr. 10 = [X.] 2002 § 307 Nr. 33; 21. April 2005 - 8 AZR 425/04 - [X.] BGB § 307 Nr. 3 = [X.] 2002 § 309 Nr. 3). Ist die verbleibende Regelung weiterhin verständlich, bleibt sie bestehen. So verhält es sich hier. Werden die Worte „in der jeweils geltenden Fassung“ in § 2 Satz 1 des Arbeitsvertrags vom 4. Juli 2007 gestrichen, wird die [X.] in der zum [X.]punkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags gültigen Fassung in Bezug genommen, so dass sich die Vergütung der Klägerin danach bestimmt.

bb) Selbst wenn zugunsten der Klägerin angenommen würde, dass die Bezugnahme im Arbeitsvertrag auf die [X.] insgesamt unwirksam und damit die Höhe der Vergütung der Klägerin iSv. § 612 Abs. 2 BGB nicht bestimmt wäre, würde daraus nicht die von der Klägerin beanspruchte Anwendung der [X.] bzw. der [X.] auf das Arbeitsverhältnis folgen.

(1) Soweit die Klägerin die Anwendung von Vorschriften der [X.] oder der [X.] auf ihr Arbeitsverhältnis begehrt, die nicht die Höhe der Vergütung regeln, scheidet § 612 Abs. 2 BGB als Anspruchsgrundlage von vornherein aus.

(2) Die [X.] beinhaltet keine taxmäßige Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB. Taxen sind nach Bundes- oder Landesrecht festgelegte Vergütungssätze. Für Arbeitsverhältnisse bestehen solche Taxen nicht ([X.]/Preis 11. Aufl. § 612 BGB Rn. 36).

(3) Die in der [X.] vorgesehene Vergütung wäre auch nicht die gemäß § 612 Abs. 2 BGB übliche Vergütung. Üblich im Sinne dieser Vorschrift ist die Vergütung, die am gleichen Ort in gleichen oder ähnlichen Gewerben oder Berufen für entsprechende Arbeit unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Dienstleistenden bezahlt zu werden pflegt, wobei für Arbeitnehmer häufig die tarifliche Vergütung die übliche Vergütung ist (MünchKommBGB/Müller-Glöge 5. Aufl. § 612 Rn. 29 [X.]). Maßgeblich ist damit nicht die vom Arbeitgeber anderen Arbeitnehmern gezahlte Vergütung, sondern die verkehrsübliche Vergütung in dem vergleichbaren Wirtschaftskreis ([X.] 26. April 2006 - 5 [X.] - Rn. 26, [X.]E 118, 66; 24. März 2004 - 5 [X.] - [X.]E 110, 79, 83). Deshalb käme es nicht darauf an, ob die Behauptung der Klägerin zutrifft, wonach die Beklagte zum [X.]punkt des Abschlusses des Arbeitsvertrags am 4. Juli 2007 über 80 % der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach der [X.] vergütet hat.

(4) Der Annahme der Klägerin, die in der [X.] geregelte Vergütung sei die übliche Vergütung iSv. § 612 Abs. 2 BGB, steht entgegen, dass die Einrichtungen des [X.] nicht einem Wirtschaftskreis, sondern einer Vielzahl von Wirtschaftskreisen angehören. Diese Einrichtungen erbringen nicht ausschließlich wie die Beklagte Leistungen zur beruflichen Rehabilitation junger Menschen mit Behinderungen. Sie bieten sehr unterschiedliche Pflege-, Betreuungs-, Beratungs- und Serviceleistungen an, insbesondere im Bereich der [X.]. Maßgeblich für die Üblichkeit der Vergütung wäre der Wirtschaftskreis der Berufsbildungswerke in [X.]. Dafür, dass der [X.] in diesem Wirtschaftskreis eine ähnliche Funktion zukommt wie einem regionalen, branchenspezifischen Vergütungstarifvertrag für Berufsbildungswerke, fehlt jeder Anhaltspunkt. Die Klägerin hat eine solche Funktion der [X.] auch nicht behauptet.

3. Über den Hilfsantrag war nicht zu entscheiden. Die Klägerin hat ihn für den Fall gestellt, dass ihrem Hauptantrag nicht stattgegeben wird, weil sich dieser sowohl auf die Anwendung der [X.] als auch auf die Anwendung der [X.] bezieht. Aus diesem Grund ist der Hauptantrag nicht abgewiesen worden. Der spätere [X.]punkt, ab dem die Klägerin die Anwendung der [X.] nach ihrem Hilfsantrag begehrt, hat keine eigenständige Bedeutung. Wäre der Hauptantrag zwar nicht ab dem 1. September 2006, jedoch ab dem 1. August 2007 begründet gewesen, hätte der Klägerin dieses „Weniger“ auch ohne den Hilfsantrag zuerkannt werden müssen (vgl. [X.] 6. Juni 2007 - 4 [X.] - Rn. 16 [X.], [X.] [X.] 1975 §§ 22, 23 Nr. 308 = [X.] 400 Eingruppierung [X.] Allg. Verwaltungsdienst VergGr. [X.] 1).

III. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    Lorenz    

        

    Matiaske    

        

        

Meta

6 AZR 634/09

24.02.2011

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Potsdam, 22. April 2008, Az: 2 Ca 67/08, Urteil

§ 307 Abs 1 S 1 BGB, § 611 Abs 1 BGB, § 612 Abs 2 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.02.2011, Az. 6 AZR 634/09 (REWIS RS 2011, 9133)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9133

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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16 Sa 368/03 (Landesarbeitsgericht Hamm)


5 Sa 167/15 (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern)


Referenzen
Wird zitiert von

11 Ca 6767/11

2 Ca 4258/11

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