Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.11.2011, Az. XII ZR 210/09

12. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1145

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Rechtsnatur einer Garagengemeinschaft nach DDR-Recht; Anforderungen an die Kündigung eines mit einer Außen-GbR geschlossenen Mietvertrags


Leitsatz

1. Zur Rechtsnatur einer Garagengemeinschaft nach § 266 ZGB-DDR.

2. Für die Kündigung eines mit einer Außen-GbR abgeschlossenen Mietvertrages genügt es, wenn sich aus der Kündigungserklärung entnehmen lässt, dass das Mietverhältnis mit der Gesellschaft gekündigt werden soll und die Kündigung einem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht.

3. Das gilt auch dann, wenn den Gesellschaftern die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich zusteht.

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 21. April 2009 wird auf Kosten der Beklagten zu 1 zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin verlangt von der [X.] zu 1 die Räumung und Herausgabe einer mit einer Garagenanlage bebauten Grundstücksfläche im Beitrittsgebiet.

2

Mit Vereinbarung vom 19. September 1979 überließ die Rechtsvorgängerin der Klägerin der [X.] zu 1 eine Teilfläche eines Grundstücks zur unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung, damit diese hierauf Garagen errichten kann.

3

Zu diesem Zweck schlossen die 16 Mitglieder der [X.] einen "Vertrag über die Bildung der Garagengemeinschaft S.    W.    ". Nach Ziff. 1 dieses Vertrages bildeten die Bestimmungen des [X.] über [X.]en von Bürgern (§§ 266-273 [X.]) die Grundlage dieses Vertrages. Ziff. 3 Satz 1 des Vertrages sah vor, dass die Vertretung der [X.] allen Vertragspartnern gemeinschaftlich zusteht. Für die Erfordernisse der Praxis der gesellschaftlichen, insbesondere der rechtlichen Beziehungen wurde gemäß Ziff. 3 Satz 3 des Vertrages vier in einer Anlage 2 zu dem Vertrag benannten Mitgliedern als Vorstand der [X.] Generalvollmacht zur Erledigung von Rechtsgeschäften erteilt, wobei je zwei der Bevollmächtigten gemeinschaftlich zur Zeichnung berechtigt sein sollten.

4

In der Folgezeit wurden von der [X.] zu 1 auf dem Gelände 16 Garagen errichtet.

5

Im August 2007 kündigte die Klägerin den Nutzungsvertrag ordentlich zum 30. November 2007, hilfsweise zum nächst möglichen Zeitpunkt. Die [X.] ließ die Klägerin den ihr bekannten 16 Mitgliedern der [X.] zu 1 jeweils durch den Gerichtsvollzieher zustellen. Gegenüber der [X.] zu 1 als solcher erfolgte keine ausdrückliche Kündigung des Vertrags.

6

Die Klägerin hat erstinstanzlich die Beklagte sowie neun weitere Mitglieder der Garagengemeinschaft auf Herausgabe und Räumung der Grundstücksfläche in Anspruch genommen. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die allein von der [X.] zu 1 eingelegte Berufung ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision möchte die Beklagte weiter die Abweisung der Klage erreichen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

I.

8

Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte sei befugt gewesen, die Berufung auch ohne ihre Gesellschafter einzulegen, weil sie als [X.] parteifähig sei. Die Beklagte habe sich als eine Garagengemeinschaft nach § 266 [X.] gebildet. Mit der [X.] nach dem 2. Oktober 1990 habe die Bürgergemeinschaft nach § 266 [X.] nicht nach Art. 232 § 1 EGBGB fortbestehen können, so dass sie der Gesetzgeber gemäß § 4 Abs. 2 SchuldRAnpG seit dem Wirksamwerden des Beitritts als eine Art der [X.] angesehen und so ihren Fortbestand kraft Gesetzes angeordnet habe. Als [X.] erfülle die Beklagte auch das Erfordernis, im Rechtsverkehr unter ihrem Namen aufzutreten.

9

In der Sache habe das Amtsgericht die Beklagte zu Recht sowohl gem. § 546 BGB als auch gem. § 985 BGB zur Räumung und Herausgabe des Garagengrundstücks und der Garagen verurteilt. Die Klägerin sei nämlich gemäß § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG i. V. m. § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB zur Kündigung des Nutzungsvertrags berechtigt gewesen.

Der Nutzungsvertrag sei nach Art. 232 § 4 a EGBGB mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes am 1. Januar 1995 in einen Mietvertrag überführt worden. Dies folge aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG, da der Nutzungsvereinbarung eine Grundstücksüberlassung nach den §§ 312 ff. [X.] zum Zwecke der Errichtung von Garagen zu Grunde gelegen habe.

§ 2 Abs. 2 SchuldRAnpG stehe dem nicht entgegen. Vom Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes würden nur Verträge ausgeschlossen, die § 71 Abs. 2 des Gesetzes über das [X.] in der [X.] Wirtschaft vom 25. März 1982 ([X.]; nachfolgend zitiert als: [X.]) unterfielen. Im vorliegenden Fall sei nicht erkennbar, woraus sich die für die Anwendbarkeit des [X.]es maßgebliche Eigenschaft der [X.] als Wirtschaftseinheit ergeben könne. Allein der Umstand, dass das Mitglied der Garagengemeinschaft K. als "Vorsitzender des Wohnbezirksausschusses" bezeichnet worden sei, führe nicht dazu, dass die Beklagte zu einer Wirtschaftseinheit im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] geworden sei und damit Rechtsfähigkeit erlangt habe. Auch die Vertragsgestaltung in Form der Unentgeltlichkeit und der sog. "Unbegrenztheit der Nutzung" führe nicht zwingend zur Anwendbarkeit des [X.]es der [X.].

Die Klägerin sei auch berechtigt gewesen, das Nutzungsverhältnis gemäß § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG zu kündigen. Gemäß § 23 Abs. 6 Nr. 1 SchuldRAnpG habe nämlich der Kündigungsschutz für Verträge über [X.] mit Ablauf des 31. Dezember 1999 geendet.

Das Kündigungsrecht zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien sei nicht durch den Abschluss einer Individualvereinbarung ausgeschlossen worden, die nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG weiterhin Geltung beanspruchen würde. Der Wortlaut des zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien geschlossenen Nachtrags habe mit der Formulierung "unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung" nicht zu einem individuell verabredeten Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts geführt. Die Parteien hätten sich insoweit an den Wortlaut der damals geltenden Musterverträge für die Überlassung von Erholungs- und Freizeitgrundstücken gehalten und den Gesetzeswortlaut zum Inhalt der Abrede gemacht. Dies reiche für die Annahme einer Individualvereinbarung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG nicht aus.

Die Kündigungserklärung der Klägerin sei der [X.] auch wirksam zugegangen. Zwar gelte grundsätzlich, dass bei einer Mehrheit von Mietern die Kündigungserklärung gegenüber allen Personen auf [X.] erklärt werden müsse. Deshalb sei es bei einer [X.] als Mieterin erforderlich, die Kündigung allen Gesellschaftern zukommen zu lassen.

Etwas anderes gelte dann, wenn die Beklagte - wie hier - eine [X.] sei. Die Kündigungserklärung sei in diesem Fall an sich an die Beklagte zu adressieren gewesen und wäre mit Zugang an die vertretungsberechtigten Gesellschafter wirksam geworden. Es sei aber ausreichend, wenn die Kündigungserklärung an alle Gesellschafter der [X.] adressiert werde und diesen die Kündigungserklärung zugehe. Voraussetzung sei nur, dass aus der Kündigungserklärung ersichtlich werde, dass das bestehende Mietverhältnis mit der [X.] als Mieterin gekündigt werden solle.

So verhalte es sich im vorliegenden Fall. Die Klägerin habe nämlich in ihrem an die einzelnen Mitglieder der [X.] gerichteten [X.] vom 22. August 2007 allein den Nutzungsvertrag mit der [X.] vom 19. September 1979 nebst Nachträgen gekündigt und so zum Ausdruck gebracht, dass dieser Vertrag durch die Kündigung beendet werden solle.

Der Wirksamkeit der Kündigungserklärung könne die Beklagte nicht entgegenhalten, dass einige Adressaten der Kündigungserklärung nicht Gesellschafter der [X.] gewesen seien bzw. dass ihnen die Kündigungserklärung nicht zugegangen sei. Den Sachvortrag der [X.] hierzu habe das Berufungsgericht nicht berücksichtigen dürfen, da das Amtsgericht den entsprechenden Sachvortrag in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18. April 2008 zu Recht gemäß § 296 a ZPO zurückgewiesen habe. Soweit die Beklagte vortrage, die Klägerin habe in ihrem Schriftsatz vom 6. März 2008 mit der Behauptung, die Kündigungserklärungen seien wirksam zugestellt worden, eine neue Tatsachenbehauptung aufgestellt, verkenne sie, dass es sich hierbei allenfalls um eine - untaugliche - Rechtstatsachenbehauptung handeln könne. Die Frage des rechtswirksamen Zugangs der Kündigungserklärung habe sich für die Beklagte schon nach Zustellung der Klageschrift stellen müssen.

Schließlich habe das Amtsgericht zutreffend das von der [X.] im Hinblick auf die von ihr und ihren Mitgliedern errichteten Garagen behauptete Recht zum Besitz nach Art. 232 § 1 a BGB (richtig: Art. 233 § 2 a EGBGB) verneint, da diese Norm mit dem Inkrafttreten des [X.] zum 1. Januar 1995 aufgehoben worden sei und die Rechtslage nunmehr nach dem Schuldrechtsanpassungsgesetz beziehungsweise dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz zu beurteilen sei.

II.

Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Die Klägerin hat den [X.] wirksam gekündigt (§ 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG). Die Beklagte zu 1 ist daher gemäß § 546 Abs. 1 i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG, § 985 Abs. 1 BGB zur Herausgabe und Räumung des Garagengrundstücks verpflichtet.

1. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass auf den von den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossenen [X.] die Bestimmungen des am 1. Januar 1995 in [X.] getretenen Schuldrechtsanpassungsgesetzes (SchuldRAnpG) vom 21. September 1994 ([X.]) anwendbar sind. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich um einen Vertrag zur Überlassung eines Grundstücks zur Errichtung von Garagen nach §§ 312 Abs. 1, 313 Abs. 2 [X.] (Ministerium der [X.] Komm. zum ZGB § 312 ZGB [X.]. 1.2.; vgl. auch [X.] 1996, 1262), der gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfällt.

Soweit die Revision hiergegen einwendet, bei der Vereinbarung handele es sich um einen Nutzungsvertrag nach § 71 [X.], der nach § 2 Abs. 2 SchuldRAnpG vom Anwendungsbereich des Schuldrechtsanpassungsgesetzes ausgenommen ist, kann dem nicht gefolgt werden. Die Beklagte zu 1 ist keine Wirtschaftseinheit im Sinne von § 2 Abs. 1 [X.], so dass das [X.] auf den zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossenen Nutzungsvertrag keine Anwendung findet.

a) Das [X.] der [X.] bildete die Rechtsgrundlage für Kooperationsvereinbarungen zwischen staatlichen Organen der [X.] und den in § 2 Abs. 1 [X.] genannten Wirtschaftseinheiten, die der Koordinierung der Wirtschaftstätigkeit sowie der gemeinschaftlichen Lösung von Aufgaben dienen sollten (vgl. § 1 Abs. 1 [X.]). Deshalb war in personeller Hinsicht der Anwendungsbereich des [X.]es auf staatliche Organe und die in § 2 Abs. 1 [X.] als Wirtschaftseinheiten bezeichneten Vereinigungen und Organisationseinheiten beschränkt (vgl. [X.] beim Ministerrat der [X.] Kommentar zum Gesetz über das [X.] in der [X.] Wirtschaft 2. Aufl. [X.]. zu §§ 1- 5 [X.]. 2.).

Soweit die Revision meint, die Garagengemeinschaft "S.      W.   " sei ursprünglich als ein gemeinschaftliches Wirtschaftssubjekt zwischen dem zuständigen Wohnbezirksausschuss der [X.] ([X.]) und der Rechtsvorgängerin der Klägerin als damaliger [X.] Genossenschaft gebildet worden, verkennt sie die Rechtsnatur des Vertrages über die Bildung der Garagengemeinschaft "S.  W.".

b) Nach § 266 [X.] konnten sich Bürger zur Verbesserung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen durch Vertrag zu einer [X.] zusammenschließen, um durch Arbeitsleistungen und materielle Mittel Einrichtungen und Anlagen für die kollektive und individuelle Nutzung zu schaffen und zu unterhalten. [X.]en im Sinne dieser Bestimmung waren insbesondere die sog. Garagengemeinschaften (Ministerium der [X.] Komm. zum ZGB § 266 ZGB [X.]. 1.; vgl. ausführlich dazu [X.] 1996, 1262, 1276). In dieser Rechtsform wollten sich auch die Mitglieder der Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1 organisieren. Bereits in § 1 des Vertrages wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Bestimmungen des Zivilgesetzbuches der [X.] über die [X.]en von Bürgern (§§ 266-273 [X.]). Mitglieder der Garagengemeinschaft sollten allein die in der Anlage 1 zu dem Vertrag aufgeführten Personen werden. Auch in seinem weiteren Inhalt entspricht die Vereinbarung den Vorgaben, die § 267 Abs. 1 [X.] für einen [X.] einer [X.] von Bürgern i. S. v. § 266 [X.] beinhaltete.

c) Die von der Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1 gebildete [X.] von Bürgern gemäß § 266 [X.] ist indes nicht als Wirtschaftseinheit i. S. v. § 2 Abs. 1 [X.] zu qualifizieren. Zwar konnten nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] auch sozialistische [X.]en und gemeinschaftliche Einrichtungen eine Wirtschaftseinheit sein, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass sie Rechtsfähigkeit besaßen (vgl. [X.] beim Ministerrat der [X.] Kommentar zum Gesetz über das [X.] in der [X.] Wirtschaft 2. Aufl. [X.]. zu §§ 1- 5 [X.]. 2.). Der [X.] nach § 266 [X.] wurde jedoch gerade keine Rechtsfähigkeit zuerkannt (vgl. Ministerium der [X.] Komm. zum ZGB § 266 ZGB [X.]. 3.).

d) Die von der [X.] zu 1 vorgelegten Unterlagen führen zu keiner anderen Beurteilung. Bei der Prüfung, ob die Vorschriften des Schuldrechtsanpassungsgesetzes im vorliegenden Fall Anwendung finden, ist zwischen dem [X.] und dem anschließend von der [X.] abgeschlossenen Nutzungsvertrag zu unterscheiden. § 71 [X.] erfasste Nutzungsbeziehungen zwischen Wirtschaftseinheiten der [X.] Planwirtschaft ([X.] in [X.] [Hrsg.] SchuldRAnpG § 2 Rn. 21). Einen Nutzungsvertrag im Sinne dieser Vorschrift konnte die Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1 somit bereits deshalb nicht abschließen, weil sie keine Wirtschaftseinheit gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 7 [X.] bildete und daher schon nicht von dem personellen Anwendungsbereich des [X.]es der [X.] erfasst wurde. Der von der [X.] zu 1 vorgelegte Prüfbericht und die weiteren Schreiben beziehen sich nur auf den Nutzungsvertrag und führen deshalb zu keiner anderen Beurteilung der Rechtsnatur der Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1.

e) Das Berufungsgericht hat daher zu Recht angenommen, dass der Nutzungsvertrag mit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes zum 1. Januar 1995 nach § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG in einen Mietvertrag überführt worden ist. Dabei ist unerheblich, dass der zwischen den Rechtsvorgängern der Parteien abgeschlossene Nutzungsvertrag eine unentgeltliche Überlassung der Grundstücksfläche vorgesehen hatte. Denn § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG findet auf sämtliche von § 1 Abs. 1 Nr. 1 SchuldRAnpG erfasste [X.] Anwendung, unabhängig davon, ob für die Nutzung die Erbringung einer Gegenleistung vereinbart war (vgl. dazu auch [X.]/Kühnholz 4. Aufl. § 20 SchuldRAnpG Rn. 1). Wurde ein Grundstück zur Errichtung von Garagen überlassen, ist auf das Vertragsverhältnis regelmäßig Mietrecht anzuwenden (vgl. [X.] 1996, 1262, 1273; [X.] in [X.] [Hrsg.] SchuldRAnpG § 6 Rn. 15).

2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht angenommen, dass das Recht der Klägerin zur Kündigung des Vertrages nicht durch den Abschluss einer Individualvereinbarung ausgeschlossen wurde.

a) Zwar bleiben nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG Vereinbarungen, die die Beteiligten bis zum Ablauf des 2. Oktober 1990 getroffen haben, von den jeweiligen Bestimmungen des Schuldrechtsanpassungsgesetzes unberührt, wenn sie vom Inhalt eines Vertrages vergleichbarer Art abweichen, nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung eines Beteiligten führen und wenn von ihnen anzunehmen ist, dass die Beteiligten sie auch getroffen hätten, wenn sie die durch den Beitritt bedingte Änderung der wirtschaftlichen und [X.] Verhältnisse vorausgesehen hätten. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass es sich um nichttypisierte Vereinbarungen handelt, die einen individuellen, von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Inhalt haben ([X.] 1996, 1262, 1270). Abreden, die sich nur auf die Wiedergabe des Gesetzeswortlauts beschränken oder in den seinerzeit häufig verwendeten Musterverträgen vorgedruckt wiederzufinden waren, reichen nicht aus ([X.] in [X.] [Hrsg.] SchuldRAnpG § 6 Rn. 43; vgl. auch [X.]/Kühnholz 4. Aufl. § 6 SchuldRAnpG Rn. 5). Denn mit § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG beabsichtigte der Gesetzgeber, solche individuell vertraglichen Abreden zwischen Grundstückseigentümern und Nutzern aus der typisierten Übergangsregelung des Schuldrechtsanpassungsgesetzes auszunehmen, bei denen die Interessen der Beteiligten im Einzelfall angemessene Berücksichtigung gefunden haben und die Vereinbarung auch unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen getroffen worden wäre ([X.] Urteil vom 25. November 1999 - [X.] - [X.], 312, 316 f.; vgl. auch Begründung zum Regierungsentwurf des [X.]- SchuldRÄndG, BT-Drucks. 12/7135 S. 40).

b) Eine solche Individualvereinbarung ergibt sich aus den Feststellungen des Berufungsgerichts indes nicht.

Im 2. Nachtrag zu der Vereinbarung vom 19. September 1979 haben die Rechtsvorgänger der Parteien unter der Ziff. 2 vereinbart, dass der Garagengemeinschaft die Grundstücksfläche zur unbefristeten und unentgeltlichen Nutzung überlassen wird. Entgegen der Auffassung der Revision kann hierin kein individualvertraglich vereinbarter Ausschluss des Rechts der Klägerin zur ordentlichen Kündigung des Nutzungsvertrages gesehen werden. Diese Vereinbarung entspricht inhaltlich bereits der in § 312 Abs. 2 Satz 2 [X.] vorgesehenen Regelung, wonach ein Vertrag zur Überlassung von land- und forstwirtschaftlich nicht genutzten Bodenflächen zu Zwecken der kleingärtnerischen Nutzung, Erholung und Freizeitgestaltung nur dann befristet abgeschlossen werden darf, wenn dafür gesellschaftlich gerechtfertigte Gründe vorliegen, die nach § 312 Abs. 2 Satz 3 [X.] im Vertrag anzugeben waren. Die unbefristete Überlassung von Grundstücksflächen war daher die Regel (vgl. Ministerium der [X.] Komm. zum ZGB § 312 ZGB [X.]. 2). Hinzu kommt, dass eine ordentliche Kündigung des [X.]es durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin bereits aufgrund der Regelung des § 314 Abs. 4 Satz 3 [X.] nicht möglich war. Nach dieser Vorschrift konnte das Nutzungsverhältnis, wenn der Nutzungsberechtigte in Ausübung des Nutzungsrechts auf der Bodenfläche ein Wochenendhaus oder eine Garage errichtet hatte, gegen seinen Willen nur durch gerichtliche Entscheidung aufgehoben werden. Selbst wenn also, wie die Revision meint, die Rechtsvorgängerin der Klägerin mit der in dem 2. Nachtrag gewählten Formulierung einen Verzicht auf das Recht zur ordentlichen Kündigung hätte zum Ausdruck bringen wollen, wäre dies keine von der vertragstypischen Regelung abweichende Individualvereinbarung gewesen, weil der Rechtsvorgängerin der Klägerin schon nach der gesetzlichen Regelung kein ordentliches Kündigungsrecht zugestanden hat. Damit läge, das Vorbringen der Revision hierzu unterstellt, keine individuell ausgehandelte Vertragsbestimmung mit einem von den gesetzlichen Vorgaben abweichenden Inhalt vor, die nach § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 SchuldRAnpG fortbestehen würde. Deshalb war das Berufungsgericht auch nicht gehalten, den Zeugen [X.] zum Inhalt der Vereinbarung zu vernehmen.

3. Der Nutzungsvertrag wurde von der Klägerin wirksam gemäß § 580 a Abs. 1 Nr. 3 BGB i. V. m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG gekündigt. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Kündigungserklärung der [X.] wirksam zugegangen ist.

a) Auf die vormals als [X.] von Bürgern i. S. v. § 266 [X.] gegründete Garagengemeinschaft sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 SchuldRAnpG die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die [X.] anzuwenden. Da die Rechtsvorgängerin der [X.] zu 1 durch den Bau und die Unterhaltung der auf der Grundstücksfläche errichteten [X.] am allgemeinen Rechtsverkehr teilgenommen hat, ist sie seit dem Inkrafttreten des Schuldrechtsanpassungsgesetzes als eine [X.] zu qualifizieren, die nach der Rechtsprechung des [X.] Rechtsfähigkeit besitzt, soweit sie - wie hier - durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet ([X.]Z 146, 341 = NJW 2001, 1056 ff.). Partei des ursprünglich mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossenen Nutzungsvertrags ist daher nach der Schuldrechtsanpassung allein die Beklagte zu 1, so dass ihr gegenüber die Kündigung des Nutzungsvertrages zu erklären war.

b) Entgegen der Auffassung der Revision muss jedoch die Kündigungserklärung eines mit einer [X.] abgeschlossenen Mietvertrags nicht allen Gesellschaftern zugehen. Lässt sich aus der Kündigungserklärung entnehmen, dass das Mietverhältnis mit der [X.] gekündigt werden soll, genügt es, wenn die Kündigung einem vertretungsberechtigten Gesellschafter zugeht (§ 164 Abs. 3 BGB; vgl. [X.] Mietrecht 10. Aufl. § 542 BGB Rn. 27; [X.] in [X.]/Sonnenschein Miete 10. Aufl. § 542 BGB Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.] Miete 3. Aufl. § 542 Rn. 26; [X.] in [X.]/[X.]/Stellmann Geschäftsraummiete 2. Aufl. [X.]. 15 Rn. 70; [X.] in [X.]/[X.] [Hrsg.] Mietrecht 4. Aufl. § 542 BGB Rn. 24; [X.]/[X.] Aufl. § 542 Rn. 18). Das gilt auch dann, wenn den Gesellschaftern gemäß §§ 709 Abs. 1, 714 BGB die Vertretungsbefugnis gemeinschaftlich zusteht ([X.]/[X.] [2003] § 714 BGB Rn. 11; Prütting/Wegen/Weinreich/von [X.] BGB 6. Aufl. § 714 Rn. 4; [X.]/Sprau BGB 70. Aufl. § 714 Rn. 4; [X.]/[X.] [2010] § 542 BGB Rn. 38; [X.]/[X.]. § 542 Rn. 15). Aus den § 125 Abs. 2 Satz 3 HGB, § 78 Abs. 2 Satz 2 AktG, § 35 Abs. 2 Satz 3 GmbHG, § 25 Abs. 1 Satz 3 [X.] und §§ 26 Abs. 2, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB wird zu Recht der allgemeine Rechtsgrundsatz abgeleitet, dass einer Personenmehrheit eine Willenserklärung durch Abgabe gegenüber einem der Gesamtvertreter zugeht ([X.] Urteil vom 17. September 2001 - [X.] - ZIP 2001, 2227 mwN; [X.]/[X.] 5. Aufl. § 164 BGB Rn. 87; [X.]/[X.] Aufl. § 167 Rn. 14).

c) Auf dieser rechtlichen Grundlage ist von einem wirksamen Zugang der Kündigungserklärung auszugehen.

(1) Aus dem an die ihr bekannten Gesellschafter der [X.] zu 1 gerichteten [X.] ergibt sich, dass die Klägerin den mit der Garagengemeinschaft abgeschlossenen Nutzungsvertrag vom 19. September 1979 kündigen wollte und sich die Kündigung nicht nur auf die Vertragsbeziehung mit einzelnen Gesellschaftern beziehen sollte. Insbesondere weist die Klägerin in den gleichlautenden [X.] die Gesellschafter der [X.] zu 1 auf deren gesamtschuldnerische Haftung für die Räumungs- und Herausgabeverpflichtung als Mitglieder der Garagengemeinschaft hin. Aus der maßgeblichen Sicht der Erklärungsempfänger (§ 133 BGB) war daher diesen Schreiben klar zu entnehmen, dass die Klägerin den Nutzungsvertrag mit der Gesellschaft kündigen wollte.

(2) Da die Kündigungserklärung nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, die von der Revision nicht angegriffen werden, jedenfalls auch den Gesellschaftern [X.] (den ehemaligen [X.] zu 5. und 6.) zugestellt worden ist und diese zu ständigen Vertretern der Garagengemeinschaft bestellt worden waren (vgl. Anlage 2 zum [X.] ), ist jedenfalls ein wirksamer Zugang bei einem vertretungsberechtigten Gesellschafter der [X.] zu 1 erfolgt. Ob darüber hinaus an andere Gesellschafter der [X.] zu 1 eine wirksame Zustellung erfolgte, kann daher ebenso dahingestellt bleiben wie die Frage, ob das Amtsgericht das Vorbringen der [X.] zu 1, die Kündigungserklärung sei nicht allen Gesellschaftern wirksam zugegangen, zu Recht gemäß § 296 a ZPO als verspätet zurückgewiesen hat.

4. Schließlich hat das Berufungsgericht auch zu Recht ein Zurückbehaltungsrecht der [X.] zu 1 verneint.

Unabhängig von der von der Revision angesprochenen Frage, wann der Entschädigungsanspruch nach § 12 SchuldRAnpG entsteht (vgl. dazu [X.] 2001, 448), scheitert ein Zurückbehaltungsrecht der [X.] zu 1 wegen eines möglichen Entschädigungsanspruchs für die von ihren Gesellschaftern errichteten Garagen jedenfalls an den §§ 578 Abs. 1, 570 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1 SchuldRAnpG. Nach diesen Vorschriften kann der Mieter gegenüber dem Rückgabeanspruch des Vermieters ein Zurückbehaltungsrecht nicht geltend machen. Dieser Ausschluss erstreckt sich auch auf gesetzliche Ansprüche, die neben dem Anspruch auf Rückgabe gemäß § 546 BGB bestehen ([X.]/[X.] Mietrecht 10. Aufl. § 570 BGB Rn. 5 mwN).

Hahne                                              [X.]                                                 Schilling

                         [X.]

Meta

XII ZR 210/09

23.11.2011

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Frankfurt (Oder), 21. April 2009, Az: 6a S 65/08, Urteil

§ 542 Abs 1 BGB, § 709 Abs 1 BGB, § 714 BGB, § 266 ZGB DDR, § 1 Abs 1 Nr 1 SchuldRAnpG, § 6 Abs 1 SchuldRAnpG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 23.11.2011, Az. XII ZR 210/09 (REWIS RS 2011, 1145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1145

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 210/09 (Bundesgerichtshof)


V ZR 114/04 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 238/02 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 12/19 (Bundesgerichtshof)

(Anspruch auf Entschädigung für errichtetes Bauwerk nach Beendigung des Grundstücksnutzungsverhältnisses)


XII ZR 208/06 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

XII ZR 210/09

13 U 1305/19

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.