Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2015, Az. VIII ZR 360/13

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2015, 13484

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
V[X.]I ZR 360/13
Verkündet am:

25. März 2015

Vorusso,

Justizhauptsekretärin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der V[X.]I.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2015 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Richterinnen Dr.
Hessel und Dr.
Fetzer sowie die Richter [X.] und Kosziol
für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 7. Zivilsenats des [X.] vom 12. No-vember 2013 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin, ein Energieversorgungsunternehmen, versorgte die [X.], eine aus den Eigentümern von dreißig privat genutzten Wohneinheiten be-stehende Wohnungseigentümergemeinschaft, auf der Grundlage eines am 23.
Dezember 1997/8.
Januar 1998 mit der Rechtsvorgängerin der Klägerin geschlossenen Sondervertrags leitungsgebunden mit Erdgas. Bei [X.] war die Beklagte durch einen Haus-
und Wohnungsmakler vertreten, der eine gewerbliche Hausverwaltung betrieb.
Der [X.] enthält unter anderem folgende Regelungen:
1
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-
3
-
"§ 4 Preise und Preisänderungen

[1]
Für die Bereithaltung und Lieferung des Erdgases zahlt der Kunde ei-nen [X.] und
einen Arbeitspreis.

[3]
Der [X.] ([X.]) beträgt ab 20 Wohneinheiten für Raumheizung

mit Warmwasserbereitung

3,00 Pf/kWh

ohne Warmwasserbereitung

3,10 Pf/kWh

Der jeweilige [X.] erhöht sich um die jeweils geltende
Mineralölsteuer gemäß § 8 Absatz 2 Nr. 3a aa) Mineral-
ölsteuergesetz (Erdgassteuer) Stand 01.07.1991

0,36 Pf/kWh
Preisabschlag, zur Zeit

0,16 Pf/kWh

H.

[= Rechtsvorgängerin der Klägerin] behält sich das Recht vor, den
Preisabschlag ohne Angabe von Gründen
zu widerrufen. Die Regelung
des Preisabschlages kommt nicht mehr zur Anwendung, wenn die [X.] entfallen oder reduziert werden sollte.

Der Arbeitspreis ([X.]) ändert sich wie folgt:

[X.]
= [X.]
+ 0,09133 ([X.] -
34,42 [X.]/hl)

In der [X.] bedeuten:

[X.]
=
Preis leichtes Heizöl, veröffentlicht vom Statistischen
Bundesamt in der Fachserie 17, Reihe 2; Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeu-gerpreise); 3 Erzeugerpreise ausgewählter gewerb-licher Produkte; Warenbezeichnung leichtes Heizöl in [X.]/hl bei Lieferung in [X.] an Verbraucher, 40-50 hl pro Auftrag (einschließlich Mineralölsteuer und EBV), frei Verbraucher, für den Berichtsort Ham-burg.

[4]

mit Wirkung ab 1. Oktober eines Jahres vorgenommen.

Als Folgewert gilt:

der Durchschnitt aus den vom [X.] veröffentlichten Werten für das 2. Halbjahr des vorhergegangenen Kalenderjahres sowie der Durchschnitt aus den veröffentlichten Werten für das 1. Halbjahr des laufenden Kalenderjahres.
-
4
-

[6]
Bei Vertragsbeginn gelten die Folgewerte der letzten vorhergehenden Preisüberprüfung.

Die Klägerin stellte der [X.] für die im Zeitraum vom 29. Dezember 2006 bis zum 31. Dezember 2008 erbrachten Gaslieferungen unter Berücksich-tigung offener Restforderungen aus vorherigen Abrechnungsperioden sowie der geleisteten Vorauszahlungen 11.256,87

den auf der Grundlage von § 4 des [X.]s errechneten Arbeits-
und Leistungspreis zugrunde. Die Beklagte hält die Preisanpassungsregelung für unwirksam und zahlte den Rechnungsbetrag nicht.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Zahlung dieses Betrages nebst Zin-n-sen stattgegeben. Die Berufung der [X.] ist mit Ausnahme der Zinshöhe erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision ver-folgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen ausgeführt:
3
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-
5
-
Die Beklagte schulde gemäß § 433 Abs. 2 BGB für die im streitgegen-ständlichen Zeitraum erbrachten Gaslieferungen das rechnerisch unstreitige gelegten [X.] in § 4 des [X.] seien wirksam, selbst wenn zu Gunsten
der [X.] unterstellt werde, dass es sich hierbei um Allgemeine Geschäftsbedingungen handele.
Allgemeine Geschäftsbedingungen unterlägen grundsätzlich einer In-haltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB. Hierfür sei nicht entscheidend, ob die Beklagte als Unternehmerin oder als Verbraucherin einzustufen sei. Denn gemäß § 310 Abs. 1 Satz 1 BGB finde § 307 BGB auch dann Anwendung, wenn Allgemeine Geschäftsbedingungen gegenüber einem Unternehmer ver-wendet worden seien.
Die Preisregelung in § 4 des [X.]s benachteilige die [X.] aber nicht unangemessen. Sie verstoße nicht gegen das Transparenz-gebot des §
307 Abs. 1 Satz 2 BGB, denn die Berechnung des [X.] und des [X.] knüpften an objektive, nachprüfbare Be-zugspunkte an, so dass die Preise anhand der nicht von der Klägerin beein-flussbaren Werte ausgerechnet werden könnten. Die jeweiligen Variablen seien den im Vertragstext genannten Veröffentlichungen des [X.] unschwer zu entnehmen. Die mathematischen Gleichungen seien im [X.] mit den Erläuterungen der einzelnen Faktoren klar und verständlich.
Die Preisregelung in § 4 des [X.]s unterliege gemäß §
307 Abs. 3 Satz 1 BGB keiner weitergehenden Inhaltskontrolle.
In § 4 des
[X.]s sei für den Vertragsbeginn und die wei-tere Vertragslaufzeit ein aus [X.] und Arbeitspreis zusammen-gesetzter variabler Preis bestimmt. Der anfängliche und der spätere Jahresleis-7
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tungs-
und Arbeitspreis würden jeweils nach denselben Formeln berechnet. Bei Vertragsbeginn gälten laut § 4 Abs. 6 die Folgewerte der letzten vorhergehen-den Preisüberprüfung. Feste Beträge seien nicht genannt. Lediglich ein Basis-[X.] und ein [X.] seien in § 4 beziffert. Hierbei handele es sich nicht um Endpreise, sondern um [X.], die in die Formeln für die Preisänderungen eingebunden seien. Mithin sei § 4 des [X.]s nur so zu deuten, dass die Parteien für die zu [X.] geltenden Preise und für spätere Preisänderungen eine einheitlich und variabel gestaltete [X.] getroffen hätten. Diese [X.] lege für den gesamten [X.] die für die Ermittlung des Preises maßgeb-lichen Bewertungsfaktoren und das hierbei einzuhaltende Verfahren fest. Sie gehöre deshalb zum Kernbereich privatautonomer Vertragsgestaltung und [X.] keiner über § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB hinausgehenden Inhaltskontrolle.
Entgegen der Auffassung der [X.] unterschieden sich die den Ur-teilen des [X.] vom 24. März 2010 ([X.] und [X.]) zu Grunde liegenden Vertragsklauseln wesentlich von den im Streitfall vereinbarten [X.]n. Denn in jenen Verträgen habe die eigentliche [X.] aus der maßgeblichen Sicht des Kunden in einem fest bezifferten Arbeitspreis oder Arbeits-
und Grundpreis bestanden. Die Abhängigkeit des [X.] vom Heizölpreis habe sich dort erst aus den beigefügten Liefer-bedingungen ergeben, während sie vorliegend unmittelbar in § 4
des [X.] geregelt sei.
Die Klage sei nur insoweit unbegründet, als die Klägerin Zinsen in Höhe von mehr als fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz verlange (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein Anspruch auf Zinsen in Höhe von acht Prozent-punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 288 Abs. 2 BGB bestehe nicht, da die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft -
wie die einzelnen Woh-12
13
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nungseigentümer -
als Verbraucher anzusehen sei. Die Beklagte habe unwider-sprochen vorgetragen, der Zweck der Wohnungseigentümergemeinschaft sei ausschließlich privates Wohnen, so dass sie den [X.] zu priva-ten Zwecken der Wohnungseigentümer abgeschlossen habe.

[X.].
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch gemäß § 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung restlichen Entgelts für die im streitgegenständlichen Zeitraum erfolgten Erdgaslieferungen nicht bejaht werden. Das Berufungsgericht hat, wie die Revi-sion mit Recht rügt, verkannt, dass die Regelung in § 4 Abs. 3 des [X.], auf deren Grundlage die Klägerin die Gaslieferungen gegenüber der [X.] abgerechnet hat, gemäß § 307 Abs. 1 Satz
1 BGB unwirksam ist, soweit sie auch künftige Preisänderungen betrifft.
1. Bei den Bestimmungen in § 4 des [X.]s handelt es sich um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Das Berufungsgericht hat dies zwar nicht ausdrücklich festgestellt, son-dern lediglich im Rahmen der rechtlichen Würdigung zu Gunsten der [X.] unterstellt. Es bedarf jedoch hierzu keiner weiteren tatrichterlichen [X.], weil der [X.] diese anhand des unstreitigen Inhalts der Akten selbst tref-fen kann (vgl. [X.], Urteile vom 14. Mai 1992 -
V[X.] ZR 204/90, [X.]Z 118, 229, 237 ff.; vom 9. Dezember 1999 -
IX
ZR 129/99, [X.], 1263 unter I 3; vom 6. Juli 2011 -
V[X.]I ZR 37/10, NJW 2011, 3219 Rn. 26; vom 14. Mai 2014
-
V[X.]I ZR 266/13, [X.], 1509 Rn. 25; [X.], Beschluss vom 18. Mai 2006
-
I [X.], [X.], 702 Rn.
21). Dass die in § 4 des Gaslieferungsver-14
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8
-
trags enthaltenen Preisregelungen formularvertragliche Klauseln darstellen und wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind, steht zwischen den Parteien nicht im Streit und wird auch von der Revisionserwiderung nicht in Abrede ge-stellt.
2. Entgegen der Auffassung der Revision genügen, wie das Berufungs-gericht rechtsfehlerfrei ausgeführt hat, die für die streitgegenständliche Gasab-rechnung relevanten Vertragsbestimmungen den Anforderungen des [X.] (§
307 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2 BGB). Dies gilt insbesondere für die in § 4 Abs. 3 enthaltene Berechnungsformel und die sie erläuternden Rege-lungen. Denn ihr Regelungsgehalt, also die Art und Weise der erstmaligen Be-rechnung sowie der Änderung des [X.], ist aus sich heraus klar und verständlich (vgl. [X.]surteil vom heutigen Tage -
V[X.]I ZR 243/13, zur [X.] in [X.]Z bestimmt, unter [X.], sowie [X.]surteile vom [X.] 2014 -
V[X.]I ZR 258/13, NJW 2014, 3508 Rn. 16; vom 14.
Mai 2014 -
V[X.]I ZR 114/13, [X.]Z 201, 230 Rn. 13, und [X.], [X.] 2014, 212 Rn.
16
f.; jeweils zu vergleichbaren [X.]).
Anders als die Revision meint, ist eine andere Beurteilung auch nicht deshalb geboten, weil als Folgewert für die Berechnung gemäß § 4 Abs. 4 des [X.]s jeweils ein Durchschnittswert aus den vom [X.] veröffentlichten Werten für das zweite Halbjahr des vorhergegan-genen Kalenderjahres sowie den veröffentlichten Werten für das erste Halbjahr des laufenden Kalenderjahres zu bilden ist. Denn auch insoweit ist der [X.] hinreichend nachvollziehbar.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts unterliegt die in § 4 Abs.
3 des [X.]s enthaltene Berechnungsformel, soweit sie künftige Veränderungen des bei Vertragsbeginn geltenden [X.] zum 16
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Gegenstand hat, aber einer über das Transparenzgebot hinausgehenden In-haltskontrolle gemäß §
307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Sie ist insoweit nicht gemäß §
307 Abs. 3 Satz
1
BGB einer weiter gehenden Inhaltskontrolle entzogen.
Denn wie der [X.] nach Erlass des Berufungsurteils entschieden hat, handelt es sich bei derartigen Bestimmungen hinsichtlich künftiger Preisände-rungen um kontrollfähige Preisnebenabreden und nicht, wie das Berufungsge-richt gemeint hat, um die gemäß §
307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht kontrollfähige [X.] (vgl. [X.]surteile vom 14. Mai 2014 -
V[X.]I ZR 114/13, aaO Rn. 14 ff., und [X.], aaO Rn. 18 ff.; vom 17. September 2014
-
V[X.]I ZR 258/13, aaO Rn. 17 ff., sowie [X.]surteil vom heutigen Tage -
V[X.]I ZR 243/13, aaO unter [X.] 3).
4. [X.] erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO). Denn die in § 4 Abs. 3 des [X.] enthaltene Berechnungsformel hält einer Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, soweit sie dieser nach den vorstehend genannten Maßstäben unterliegt, nicht stand, da sie die Beklagte unangemessen benach-teiligt.
a) Für [X.] mit Verbrauchern hat der [X.], dass [X.] der vorliegenden Art, nach denen sich der [X.] für Gas entsprechend der Preisentwicklung für leichtes Heizöl ändert, wegen unangemessener Benachteiligung der Kunden unwirksam sind ([X.]s-urteile vom 24. März 2010 -
[X.], [X.]Z 185, 96 Rn. 25, 32, 36 ff., und [X.], [X.], 1050 Rn. 32, 36 ff.). Ein berechtigtes Interesse an der Verwendung derartiger [X.] gegenüber Verbrauchern hat der [X.] in diesen Entscheidungen nur anerkannt, wenn sie gewährleisten, dass der geschuldete Preis mit dem jeweiligen Marktpreis für die zu erbringen-19
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de Leistung übereinstimmt und es sich damit um eine Bezugsgröße handelt, die den Gegebenheiten des konkreten Geschäfts nahe kommt und deshalb für [X.] akzeptabel sein kann ([X.]surteile vom 24. März 2010
-
[X.], aaO Rn. 30, und [X.], aaO Rn.
38).
Diese Voraussetzungen hat der [X.] bei einer ölpreisindexierten Preis-gleitklausel in einem Verbrauchervertrag verneint, weil die erforderliche [X.], dass sich der Marktpreis für die geschuldete Leistung typischerweise ähnlich wie der Marktpreis für das [X.] entwickelt, bereits daran schei-tert, dass ein -
durch eine Spannungsklausel zu wahrender -
Marktpreis für Gas damals nicht feststellbar war ([X.]surteile vom 24.
März 2010 -
[X.], aaO Rn. 31, und [X.], aaO Rn.
39; vom 14. Mai 2014
-
V[X.]I ZR 114/13, aaO Rn. 40).
Diese Rechtsprechung ist, wie der [X.] inzwischen entschieden hat, [X.] nicht auf den unternehmerischen Geschäftsverkehr übertragbar. Dort hält eine Preisanpassungsklausel in einem Erdgassondervertrag, nach der sich der Arbeitspreis für die Lieferung von Gas zu bestimmten Zeitpunkten aus-schließlich in Abhängigkeit von der vertraglich definierten Preisentwicklung für Heizöl ändert, der Inhaltskontrolle gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand (Se-natsurteile vom 14. Mai 2014 -
V[X.]I ZR 114/13, aaO Rn. 41 ff., und [X.], aaO Rn. 39; vgl. [X.], NJW 2014, 2714).
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze hält die in § 4 Abs. 3 enthaltene Preisregelung im Streitfall einer Inhaltskontrolle, soweit sie ihr unterliegt, nicht stand. Denn für eine gemäß § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB gebotene Berücksichti-gung der im unternehmerischen Geschäftsverkehr geltenden Besonderheiten ist hier schon deshalb kein Raum, weil nach den Feststellungen des [X.] der Zweck der allein aus privaten Wohnungseigentümern beste-22
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henden beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft ausschließlich privates Wohnen ist -
die Beklagte mithin im Rahmen des § 13 BGB einer natürlichen Person gleichzustellen ist -, sie mit dem Abschluss des streitgegenständlichen [X.]s allein private Zwecke ihrer Mitglieder verfolgt hat und sie deshalb nicht als Unternehmer im Sinne des § 14 Abs. 1 BGB, sondern als Verbraucher im Sinne des § 13 BGB anzusehen ist.
aa) In der Rechtsprechung der Instanzgerichte und in der Literatur ist [X.] umstritten, ob und unter welchen Voraussetzungen Wohnungseigen-tümergemeinschaften als Verbraucher oder Unternehmer anzusehen sind (zum [X.] [X.]surteil vom heutigen Tage -
V[X.]I ZR 243/13, aaO unter [X.] 4 [X.] mwN).
[X.]) Wie der [X.] in seinem Urteil vom heutigen Tage (V[X.]I ZR 243/13, aaO unter [X.] 4 [X.] mwN) näher ausgeführt hat, ist die [X.] für sich genommen zwar weder eine natürliche noch eine juristi-sche Person und unterfällt deshalb bei einer allein auf den Gesetzeswortlaut gestützten Auslegung keiner der in §§
13, 14 BGB enthaltenen Definitionen. Sie ist aber regelmäßig einem Verbraucher gleichzustellen, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder einer gewerblichen noch einer selbständigen beruflichen Tätigkeit dient. Hiervon ist -
wie im Streitfall -
bei einem zur Deckung des eigenen [X.] abgeschlossenen formularmäßigen [X.] regelmäßig auszugehen.
[X.]) Hiernach ist die Beklagte im Hinblick auf den Abschluss des streitge-genständlichen [X.]s als Verbraucherin zu behandeln und [X.] die nach §
310 Abs. 1 Satz 2 BGB für den unternehmerischen Geschäfts-verkehr entwickelten Maßstäbe für die Inhaltskontrolle einer Preisanpassungs-25
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klausel, bei der sich der Arbeitspreis ausschließlich in Abhängigkeit von der Preisentwicklung für Heizöl ändert, keine Anwendung. Denn nach den vom Be-rufungsgericht getroffenen Feststellungen
verfolgt die Beklagte allein den Zweck privaten Wohnens und hatte sie den streitgegenständlichen [X.] ausschließlich zu privaten Zwecken der Wohnungseigentümer abgeschlossen. Gegen diese Würdigung bringt die Revisionserwiderung keine Einwände vor und ist auch aus Rechtsgründen nichts zu erinnern. Denn zwi-schen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte sich allein aus privaten Wohnungseigentümern zusammensetzt.
[X.]) Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung ist eine andere Beurteilung auch nicht deshalb geboten, weil die Beklagte nach den [X.] bei Abschluss des [X.]s durch einen Haus-
und Wohnungsmakler vertreten war, der eine gewerbliche Haus-verwaltung betrieb. Denn für die Abgrenzung von unternehmerischem und pri-vatem Handeln im Sinne der §§
13, 14 BGB kommt es im Falle einer Stellver-tretung grundsätzlich auf die Person des Vertretenen -
hier der [X.] -
an. Etwas anderes gilt nur dann, wenn eine verbraucherschützende Norm
gerade an die Umstände des Vertragsschlusses anknüpft, also einen situativen Überei-lungsschutz gewährleistet, den der Gesetzgeber aufgrund der mit der [X.] verbundenen Gefahr einer unzulässigen oder unangemessenen Beeinflussung für erforderlich gehalten hat ([X.]surteil vom heutigen Tage
-
V[X.]I ZR 243/13, aaO unter [X.] 4 b ee mwN). Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
c) Nach alledem ist die Berechnungsformel in § 4 Abs. 3 des [X.] gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, soweit sie nicht den bei Vertragsbeginn geltenden Arbeitspreis betrifft, sondern die während der Vertragsdauer eintretenden periodischen Preisanpassungen regelt.
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-
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwi-derung aus den im [X.]surteil vom heutigen Tage (V[X.]I ZR 243/13, aaO unter [X.] 4 b ff (1) mwN) im Einzelnen ausgeführten Gründen auch nicht daraus, dass bei einem Verbrauchervertrag, von dessen Vorliegen hier nach den [X.] des Berufungsgerichts auszugehen ist, bei der Beurteilung der unange-messenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 BGB auch die den [X.] begleitenden Umstände zu berücksichtigen sind (§ 310 Abs. 3 Nr.
3 BGB).
Da die Berechnungsformel bereits aus dem eingangs genannten Grund unwirksam ist, kommt es auf die von der [X.] geltend gemachten weiteren Unwirksamkeitsgründe nicht an.
5. Ob und in welcher Höhe der Klägerin dennoch ein Anspruch auf [X.] restlicher Vergütung zusteht, hängt von dem für die streitgegenständlichen Gaslieferungen geschuldeten Preis ab. Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.]s kommt eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht, wenn sich die mit dem Wegfall einer unwirksamen Preisänderungsklausel entstehende Lücke nicht durch [X.] Gesetzesrecht füllen lässt und dies zu einem Ergebnis führt, das den beiderseitigen Interessen nicht mehr in vertretbarer Weise Rechnung trägt, sondern das Vertragsgefüge völlig einseitig zugunsten des Kunden verschiebt. Eine solche nicht mehr hinnehmbare Störung des [X.] ist dann anzunehmen, wenn es sich um ein langjähriges Energie-versorgungsverhältnis handelt, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen hat und nunmehr auch für länger zurückliegende Zeitab-schnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend macht ([X.]surteile vom 14.
März 2012 -
V[X.]I [X.], [X.]Z 192, 372 Rn. 23, und V[X.]I ZR 93/11, 30
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ZNER 2012, 265 Rn. 28; vom 15. Januar 2014 -
V[X.]I ZR 80/13,
NJW 2014, 1877 Rn. 20).
Unter diesen Voraussetzungen kann -
sowohl im Falle der Rückforde-rung als auch im Falle der Restforderung von Entgelt für Energielieferungen ([X.]surteil vom 14.
März 2012 -
V[X.]I ZR 93/11, aaO Rn. 29) -
die durch den Wegfall der unwirksamen Preisänderungsklausel entstehende Lücke durch er-gänzende Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB in der Weise geschlos-sen werden, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen kann, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhö-hung erstmals berücksichtigt worden ist, beanstandet hat ([X.]surteile vom 14.
März 2012 -
V[X.]I [X.], aaO Rn. 21 ff.; und V[X.]I ZR 93/11, aaO Rn. 26 ff.; vom 23. Januar 2013 -
V[X.]I ZR 80/12, NJW 2013, 991 Rn. 23, und V[X.]I ZR 52/12, [X.] 2013, 225 Rn. 21 ff.; vom 31. Juli 2013 -
V[X.]I ZR 162/09, [X.]Z 198, 111 Rn. 64).
Das Berufungsgericht hat -
aus seiner Sicht folgerichtig -
keine Feststel-lungen zu dem Zeitpunkt des Zugangs der jeweiligen Jahresabrechnung sowie des -
nach den Ausführungen der Revision mit Schreiben der [X.] vom 15. September 2005 erfolgten -
erstmaligen Widerspruchs der [X.] gegen die Preiserhöhungen getroffen.

[X.]I.
Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, so-weit zum Nachteil der [X.] entschieden worden ist; es ist daher insoweit 33
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-
aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist, da der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif ist, im Umfang der Aufhebung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen zum Zugang der Jahresabrechnungen und dem Zeitpunkt der erstmaligen Beanstandung der Preiserhöhungen durch die Beklagte getroffen werden können (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Vorsorglich weist der [X.] für das weitere Verfahren darauf hin, dass von einem Widerspruch gegen die Preiserhöhung auch dann auszugehen ist, wenn der Kunde sich nur gegen die Billigkeit der Preiserhöhung wendet. Auf die tatsächlichen oder von dem Versorgungsunternehmen vermuteten Gründe für den Widerspruch kommt es nicht an ([X.]surteile vom 22. Februar 2012
-
V[X.]I ZR 34/11, [X.], 2061 Rn. 31; vom 15. Januar 2014 -
V[X.]I ZR 80/13, aaO Rn. 22; jeweils mwN).
[X.]
Dr. Hessel
Dr. Fetzer

[X.]
Kosziol
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.04.2010 -
309 [X.]/09
-

O[X.], Entscheidung vom 12.11.2013 -
7 [X.] -

36

Meta

VIII ZR 360/13

25.03.2015

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.03.2015, Az. VIII ZR 360/13 (REWIS RS 2015, 13484)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 13484

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