Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2003, Az. 2 StR 92/03

2. Strafsenat | REWIS RS 2003, 2508

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[X.] DES [X.]/03vom2. Juli 2003in der Strafsachegegenwegen vorsätzlicher Körperverletzung u. [X.] 2 -Der 2. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 2. Juli 2003,an der teilgenommen haben:Vorsitzende Richterin am [X.]. [X.],[X.]in am [X.]. [X.],[X.] am [X.],Prof. Dr. [X.],[X.]in am [X.],Oberstaatsanwalt beim [X.]als Vertreter der [X.],Rechtsanwalt als Verteidiger,Rechtsanwalt als Vertreter der Nebenklägerin,Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,für Recht erkannt:- 3 -1. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 26. August 2002 wird verworfen.Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und diedadurch der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstande-nen notwendigen Auslagen zu tragen.2. Auf die Revision der Nebenklägerin wird das vorbezeichneteUrteil mit den Feststellungen aufgehoben, soweit der Ange-klagte wegen Körperverletzung verurteilt, soweit er freigespro-chen worden ist und im [X.].Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, aneine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.Von Rechts wegenGründe:Das [X.] hat den Angeklagten wegen Körperverletzung und we-gen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einemJahr und sechs Monaten verurteilt, eine isolierte Sperrfrist für die Erteilung ei-- 4 -ner Fahrerlaubnis von zwei Jahren verhängt und ihn von weiteren [X.]. Mit seiner Revision gegen dieses Urteil rügt der Angeklagte [X.] materiellen Rechts. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg. Die [X.] der Nebenklägerin erhebt eine Verfahrensrüge und wendet sich mit derSachrüge gegen die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteils. Letztere [X.].Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils fuhr der [X.] Zeitraum zwischen dem 16. Oktober und dem 20. November 2001 immerwieder mit seinem Pkw im Straßenverkehr, obwohl ihm die Fahrerlaubnis [X.] wußte [X.] bereits am 4. Juni 2000 entzogen worden war. Am 15. [X.] schlug der Angeklagte die Nebenklägerin mit der Faust so ins Gesicht,daß sie eine Gesichtsprellung und ein Hämatom am linken Auge davontrug.Außerdem schlug oder trat er sie so oder warf sie so gegen eine Wand, daßsie eine Beckenprellung rechts erlitt.Die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten außerdem festgestellten Fahren ohne Fahrerlaubnis vier weitere Straftaten vorge-worfen: (1.) Er soll die Nebenklägerin am Abend des 16. Oktober 2001 genötigthaben, in seiner Wohnung zu bleiben, indem er ihr androhte, er werde sie undihre Eltern umbringen oder schlagen. (2.) Er soll tateinheitlich die Nebenkläge-rin genötigt, sie eingesperrt, vergewaltigt, körperlich mißhandelt und fremdeSachen beschädigt oder zerstört haben, indem er sie am 22. Oktober 2001 inihrer Mittagspause abpaßte, sie unter der Drohung, anderenfalls ihr oder ihrerFamilie etwas anzutun, zwang, zu ihm in seine Wohnung zu ziehen und siedort bis zum 20. November 2001 gefangen hielt, sie am Abend des 22. [X.] mit Fäusten ins Gesicht schlug und gegen ihren Körper trat, ihr [X.] den Slip zerriß und mehrfach Geschlechtsverkehr sowie Oralverkehr er-- 5 -zwang. (3.) An einem nicht näher bestimmbaren Tag zwischen dem 22. Okto-ber 2001 und dem 20. November 2001, vermutlich am 15. November 2001, [X.] Angeklagte die Nebenklägerin mittels eines gefährlichen Werkzeugs kör-perlich mißhandelt und an der Gesundheit geschädigt haben sowie sie belei-digt haben, indem er mit einem Glas nach ihr warf und sie am Hals traf, sie aufden Boden schubste, mit den Fäusten ins Gesicht und auf den Körper schlug,sie trat und an die Wand stieß und sie dabei u. a. als —[X.] und —[X.], so daß die Nebenklägerin eine Gesichtsschädelprellung und eineBeckenprellung rechts erlitt. (4.) An einem weiteren nicht genauer [X.] zwischen dem 22. Oktober 2001 und dem 20. November 2001 soll [X.] die Nebenklägerin in der Küche der Wohnung seiner Eltern [X.] geschlagen und getreten haben.Der Angeklagte hat diese Tatvorwürfe bestritten. Das [X.] ist derbelastenden Aussage der Nebenklägerin lediglich im Fall 3 der Anklage ge-folgt, da hier die Verletzungen durch einen Arzt bestätigt worden sind. Im übri-gen hat es den Angeklagten freigesprochen, weil es Zweifel an der Glaubwür-digkeit der Nebenklägerin nicht überwinden konnte.[X.] des [X.] Überprüfung des Urteils auf Grund der Sachrüge deckt aus [X.] der Stellungnahme des [X.] keinen [X.] Nachteil des Angeklagten auf. Der Erörterung bedarf nur folgendes:Das [X.] hat in den Urteilsgründen die Frage, ob die gegen [X.] verhängte Gesamtfreiheitsstrafe gemäß § 56 Abs. 2 StGB [X.] ausgesetzt werden kann, nicht erörtert. Dies ist im Ergebnis hier- 6 -nicht zu beanstanden. Der Angeklagte ist bereits zweimal einschlägig wegenFahrens ohne Fahrerlaubnis und dreimal wegen gefährlicher bzw. gemein-schaftlicher gefährlicher Körperverletzung in Erscheinung getreten. Zuletztwurde er durch Urteil der erkennenden [X.] vom 28. Februar 2001wegen gefährlicher Körperverletzung und wegen räuberischer Erpressung, tat-einheitlich begangen mit Körperverletzung, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe vonzwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.Dies rechtfertigt die Versagung einer erneuten Strafaussetzung auch ohne nä-here Begründung.I[X.] der [X.] Revision der Nebenklägerin ist zulässig und begründet.1. Einer Erörterung der Verfahrensrüge bedarf es nicht, weil bereits [X.] zur Aufhebung und Zurückverweisung hinsichtlich der Straftaten zumNachteil der Nebenklägerin führt.2. Der Aufbau des angefochtenen Urteils entspricht nicht den [X.] des § 267 StPO. Auch bei einem Freispruch aus tatsächlichen Gründenmuß der Tatrichter nach § 267 Abs. 5 Satz 1 StPO im Urteil zunächst diejeni-gen Tatsachen bezeichnen, die er für erwiesen hält, bevor er in der Beweis-würdigung dartut, aus welchem Grund die Feststellungen nicht ausreichen (std.Rspr., vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Freispruch 2, 5). [X.] zu den unter Ziffern 1 bis 4 der Anklage angeklagten Taten [X.] das Urteil nicht. Es kann dahinstehen, ob dies hier einen sachlich-- 7 -rechtlichen Mangel darstellt oder ob hier tatsächlich keine Feststellungen zumeigentlichen Tatgeschehen möglich waren (vgl. BGHR StPO § 267 Abs. 5 Frei-spruch 12). Denn jedenfalls die Beweiswürdigung des angefochtenen Urteilshält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.3. Die Beweiswürdigung der [X.] begegnet in mehrfacher Hin-sicht durchgreifenden rechtlichen [X.]) [X.] geht davon aus, daß sich die Aussage der Neben-klägerin und die Einlassung des Angeklagten entgegenstehen und deshalbeine Verurteilung nur erfolgen konnte, —wenn die Aussage der [X.] sich heraus überzeugend gewesen wäre und zusammen mit weiteren Um-ständen und sonstigen Beweismitteln ein [X.] hätte festgestellt werdenkönnenfi, was nur hinsichtlich der Körperverletzung im Fall 3 der Anklage derFall gewesen sei ([X.]). Dieser Ausgangspunkt der Beweiswürdigungist so unzutreffend. Wenn Aussage gegen Aussage steht und die Entscheidungallein davon abhängt, welchen Angaben das Gericht folgt, muß die [X.] [X.] nicht in jedem Fall durch weitere Umstände und sonstige Be-weismittel belegt sein, um einen [X.] zu erbringen. Wird die Tat [X.] selbst in einer Zeugenaussage geschildert, so kann der [X.] dieser Grundlage verurteilt werden, wenn das Tatgericht von der Glaubhaf-tigkeit der Aussage nach einer besonderen Glaubwürdigkeitsprüfung dieseseinzigen Belastungszeugen überzeugt ist (std. Rspr., vgl. BGHR StPO § 261Beweiswürdigung 14).b) Bei der Frage, ob die Nebenklägerin am 22. Oktober freiwillig mit [X.] mitgefahren ist, hat die Kammer einen falschen Maßstab ange-legt, indem sie voraussetzt, die sonstigen Umstände der Begegnung müßten zueiner Annahme der [X.] ([X.] Seite 20). Damit stellt sie zu- 8 -hohe Anforderungen an den Nachweis der Glaubhaftigkeit der Aussage derNebenklägerin.c) Widersprüchlich und deshalb fehlerhaft ist die Beweiswürdigung auchhinsichtlich des weiteren Aufenthalts der Nebenklägerin in der Wohnung [X.]. Während es die Kammer auf [X.] Seite 23 als nicht zweifelsfreierwiesen ansieht, daß die Nebenklägerin nur gezwungenermaßen in der Woh-nung des Angeklagten blieb [X.] einen unfreiwilligen Aufenthalt mithin nicht aus-schließt [X.] legt sie in der weiteren Beweiswürdigung ausdrücklich ein freiwilligesZusammenwohnen zugrunde ([X.] Seite 24) und leitet hieraus Bedenken gegendie Wahrheit des Vergewaltigungsvorwurfs ab. Darüber hinaus setzt sich dieKammer in diesem Zusammenhang nicht mit dem Umstand auseinander, [X.] Nebenklägerin am 20. November 2001 mit einem Sprung von dem im [X.] gelegenen Balkon aus der Wohnung floh ([X.] Seite 30), was gegen einenfreiwilligen Aufenthalt dort sprechen könnte.d) [X.] geht allerdings davon aus, daß die [X.] von ihr geschilderten sexuellen Vorgänge nicht frei erfunden habe ([X.]Seite 29). Die weiteren Ausführungen, das Geschehen könne durchaus [X.] ein einverständlich angebahnter Geschlechtsverkehr vorgestellt werden,—bei dem sich der Angeklagte möglicherweise an der von sexueller Unerfah-renheit geprägten, seinen konkreten Vorstellungen nicht entsprechenden undihn unbefriedigt lassenden Verhaltensweise der Nebenklägerin störte und ihr inder ihm eigenen aufbrausenden Art unmißverständlich zeigen wollte, was [X.] tun habe, wobei er der Meinung gewesen sein kann, sie sei letztlich damiteinverstandenfi, entbehren einer tatsächlichen Grundlage in den [X.]; sie stellen sich als eine reine Vermutung zugunsten des Angeklagten dar.- 9 -4. Der Senat vermag nicht auszuschließen, daß der Freispruch und [X.] lediglich wegen vorsätzlicher Körperverletzung anstelle von ge-fährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung im Fall 3 der Anklageauf den aufgezeigten Fehlern beruhen, zumal die [X.] die [X.] Angeklagten teilweise für widersprüchlich, widerlegt oder unglaubhaft hält([X.] Seite 20, 21) und auch erhebliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit der [X.] mit dem Angeklagten bekannten oder verwandten Zeugen hat ([X.] Seite23).[X.] [X.] Rothfuß [X.] Roggenbuck

Meta

2 StR 92/03

02.07.2003

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.07.2003, Az. 2 StR 92/03 (REWIS RS 2003, 2508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2508

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