Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.12.2010, Az. 29 W (pat) 25/10

29. Senat | REWIS RS 2010, 672

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Money Master Plan" - kein Freihaltungsbedürfnis – Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2008 006 911.2

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 8. Dezember 2010 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], des Richters Dr. [X.] und der Richterin Dorn

beschlossen:

Der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 1. September 2008 wird aufgehoben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistung der

Klasse 35: Werbung

zurückgewiesen worden ist.

Gründe

I.

1

Das Wortzeichen

2

[X.]

3

ist am 4. Februar 2008 zur Eintragung als Marke in das beim [X.] geführte Register für nachfolgende Dienstleistungen angemeldet worden:

4

Klasse 35: Werbung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Geschäftsführung;

5

Klasse 36: Versicherungswesen; Finanzwesen; Geldgeschäfte;

6

Klasse 41: Unterhaltung; Veranstaltung von Wettbewerben; Durchführen von Spielen und Wettbewerben im Internet.

7

Mit Beschluss vom 1. September 2008 hat die Markenstelle für Klasse 35 die Anmeldung gemäß §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] wegen fehlender Unterscheidungskraft zurückgewiesen. Sie hat ausgeführt, die angemeldete Wortfolge bestehe aus allgemein geläufigen Wörtern des [X.] Grundwortschatzes, nämlich aus dem Wort „Money“ mit der Bedeutung „Geld“ und dem mittlerweile auch in den [X.] Sprachgebrauch eingegangenen Wort „Masterplan“, der als Übersicht über die geplanten Schritte zur Umsetzung einer Strategie zu verstehen sei. Bei der Wortzusammensetzung „[X.]“ handele es sich aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise daher um einen beschreibenden Hinweis dahingehend, dass die beanspruchten Dienstleistungen der Entwicklung und Umsetzung einer Strategie für die Finanzen eines Unternehmens oder einer Privatperson dienten. Masterpläne zu finanziellen Angelegenheiten könnten nicht nur Gegenstand der in den Klassen 35 und 36 beanspruchten Dienstleistungen sein, sondern auch in Form von Unterhaltung, Spielen und Wettbewerben entwickelt werden, wenn man [X.] an Spiele wie [X.] denke. Das Anmeldezeichen gebe daher keinen Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen, sondern auf die Thematik aller hier in Frage stehenden Dienstleistungen.

8

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Nachdem sie im Beschwerdeverfahren mit Schreiben vom 16. September 2010, eingegangen am 17. September 2010, die Markenanmeldung hinsichtlich der beanspruchten Dienstleistungen der Klasse 36 zurückgenommen hat und vom Senat auf die fehlende Erfolgsaussicht ihrer Beschwerde hinsichtlich der in Klasse 35 angemeldeten Dienstleistungen „Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten; Geschäftsführung“ und der in Klasse 41 beanspruchten Dienstleistungen hingewiesen worden ist, beantragt sie nach teilweiser Rücknahme der Beschwerde nunmehr sinngemäß,

9

den Beschluss der Markenstelle vom 1. September 2009 aufzuheben, soweit die Anmeldung bezüglich der Dienstleistung der

Klasse 35: Werbung

zurückgewiesen worden ist.

Zur Begründung hat sie bis zum vorgenannten Hinweis des Senats vorgetragen, die Wortkombination „[X.]“ sei eine der Struktur nach ungewöhnliche Verbindung und werde in ihrer Zusammensetzung - auch aufgrund der Vielzahl von Übersetzungsmöglichkeiten der einzelnen Begriffe - nicht unmittelbar verstanden. Die angesprochenen Verkehrskreise hätten keine konkrete Vorstellung davon, was für eine Art von Plan gemeint sei und inwiefern eine Entwicklung und Umsetzung einer Strategie vorgenommen werden solle. Die angemeldete Wortkombination sei daher in ihrer Gesamtheit im Zusammenhang mit den in Rede stehenden Dienstleistungen nicht als beschreibend anzusehen, sondern vielmehr eine sprachliche Neuschöpfung mit herkunftshinweisendem Charakter.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist im beantragten und tenorierten Umfang begründet.

Der Eintragung des angemeldeten Wortzeichens „[X.]“ als Marke steht in Bezug auf die beschwerdegegenständliche Dienstleistung kein absolutes Schutzhindernis, insbesondere auch nicht das der fehlenden Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] oder des Freihaltebedürfnisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], entgegen.

1. Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese Waren oder Dienstleistungen somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.], 850, 854 Rdnr. 18 - [X.]; 2008, 1093, 1094 Rdnr. 13 - [X.]). Denn die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.], 233, 235 Rdnr. 45 - Standbeutel; 229, 230 Rdnr. 27 - BioID; [X.], 608, 611 Rdnr. 66 - [X.]; [X.] - [X.]; [X.], 417, 418 - [X.]; [X.], 710 Rdnr. 12 - [X.]; [X.], 949 Rdnr. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] - [X.]; a. a. O. - [X.]; [X.], 411 Rdnr. 8 - [X.]; 778, 779 Rdnr. 11 - Willkommen im Leben; a. a. O. - My World). Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft ist die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] GRUR 2004, 943, 944 Rdnr. 24 - [X.] 2; [X.], 411, 412 Rdnr. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] - [X.]). Ebenso ist zu berücksichtigen, dass der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen so aufnimmt, wie es ihm entgegentritt, ohne es einer analysierenden Betrachtungsweise zu unterziehen (vgl. [X.] GRUR 2004, 428, 431 Rdnr. 53 - [X.]; [X.], 420, 421 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch). Ausgehend hiervon besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] GRUR 2004, 674, 678 Rdnr. 86 - Postkantoor; [X.] - marktfrisch; GRUR 2001, 1153 - anti [X.]; a. a. O. - [X.]; a. a. [X.]. 19 - [X.]; [X.], 952, 953 Rdnr. 10 - [X.]) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] Sprache oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die - etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien - stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. [X.], 1043, 1044 - [X.]; [X.], 1050, 1051 - [X.]; a. a. O. - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft vor allem auch Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren und Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird und die sich damit in einer beschreibenden Angabe erschöpfen ([X.] 855 Rdnr. 28 f. - [X.]). Besteht eine Marke aus mehreren Elementen, ist bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von der Gesamtheit der Marke auszugehen ([X.] - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION; a. a. O. - anti Kalk).

Das angemeldete Wortzeichen weist für die tenorierte Dienstleistung weder einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsgehalt auf, noch handelt es sich um eine Angabe, durch die ein enger beschreibender Bezug zu ihr hergestellt werden kann.

a) Das angemeldete Zeichen setzt sich aus den [X.] Substantiven „Money“, „Master“ und „Plan“ zusammen. Der [X.] „money“ gehört zum [X.] Grundwortschatz, der in der [X.] Bevölkerung weit verbreitet ist, und wird mit „Geld“ übersetzt ([X.], 1. Aufl. 2002, Anlage 1a zum Schreiben des Senats vom 27. Oktober 2010 - sämtliche nachfolgend aufgeführten Anlagen beziehen sich auf das vorbezeichnete Schreiben; Duden-Oxford - Großwörterbuch [X.], 3. Aufl. 2005 [CD-ROM], Anlage 1b). Er kann aber auch mit der geläufigen Bedeutung „Bezahlung“, „Geldmittel“ oder „Verdienst“ übersetzt werden (vgl. [X.], a. a. O., Anlage 1a; [X.] Lexikon, Deutsch-[X.]es Wörterbuch, Anlage 1c).

„Master“ stammt ebenfalls aus dem [X.]en und wird als Substantiv im Wesentlichen mit „Herr“[X.]“, „Lehrer“ oder „Original“ und als Verb mit „meistern“, „überwinden“ oder „beherrschen“ übersetzt (vgl. [X.] a. a. O., Anlage 2a; Duden-Oxford - Großwörterbuch [X.] a. a. O., Anlage 2b). Ferner wird „master“ von den inländischen Verkehrskreisen wegen der klanglichen und schriftbildlichen Nähe überwiegend im Sinne von [X.]“ verstanden und vermittelt den Eindruck einer besonderen Qualität im Sinne eines meisterlichen Produkts ([X.] Beschluss vom 15. Dezember 2004 - 29 W (pat) 93/03 - AuditMaster).

Der dritte [X.] „plan“ ist als [X.] Substantiv analog dem gleich lautenden [X.] Begriff als „Plan“ zu verstehen, während er als Verb mit „planen“, vorbereiten“ oder „vorhaben“ zu übersetzen ist (vgl. [X.] a. a. O., Anlage 3).

Zudem stellt der [X.] Begriff „master plan“ eine feststehende Wortverbindung dar, die mit „Grundplan“, „Gesamtplan“ oder „[X.]“ übersetzt wird (vgl. [X.] a. a. O., Anlage 4a; dict.cc Online-Lexikon, Deutsch-[X.]-Wörterbuch, Anlage 4b; [X.] Lexikon, Deutsch-[X.]es Wörterbuch, Anlage 4c), wobei dieser Begriff auch Eingang in die [X.] gefunden hat und mit der Bedeutung „übergeordneter, weitreichender Plan“ geläufig ist (vgl. [X.], Anlage 5). Der Eingang dieser Bezeichnung in die [X.] ergibt sich im Übrigen auch aus den [X.] der Markenstelle (vgl. Anlagen zum Beschluss vom 1. September 2008).

Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist für den englischsprachigen Gesamtbegriff „[X.]“ von den Bedeutungen „[X.]“, „Verdienstgesamtplan“ oder „[X.]“ auszugehen.

b) Bei der noch beanspruchten Dienstleistung „Werbung“ ist nicht ohne näheres Nachdenken und analysierende Betrachtung ersichtlich, inwieweit „[X.]“ eine Merkmalsbeschreibung für sie darstellen könnte.

Es entspricht nicht den Branchengewohnheiten, dass [X.] durch ein beworbenes Produkt charakterisiert werden, weil eine solche Festlegung auf einen bestimmten Inhalt eine nicht gewollte Beschränkung bedeuten würde. Für die Werbung ist entscheidend, in welchem Medium sie platziert oder in welcher Branche sie eingesetzt wird ([X.] 951 Rdnr. 24 - My World). Hinsichtlich der Dienstleistung „Werbung“ kommt der Wortzusammensetzung „[X.]“ im Verkehr daher nicht die Bedeutung einer thematischen Sachangabe, sondern eines betrieblichen Herkunftshinweises zu.

2. Wegen der fehlenden Eignung zur Beschreibung der beschwerdegegenständlichen Dienstleistung kann bei dem Anmeldezeichen auch ein Freihaltebedürfnis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht bejaht werden.

Meta

29 W (pat) 25/10

08.12.2010

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 08.12.2010, Az. 29 W (pat) 25/10 (REWIS RS 2010, 672)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 672

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