Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. 2 StR 131/13

2. Strafsenat | REWIS RS 2013, 2893

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
2 StR 131/13
vom
11.
September 2013
in der Strafsache
gegen

wegen Raubes

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 11.
Sep-tember 2013, an der teilgenommen haben:
[X.] am
[X.]
Dr. [X.] als Vorsitzender,

die [X.] am [X.]
Prof. [X.],
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.],

[X.] beim [X.]

als Vertreterin
der Bundesanwaltschaft,

Rechtsanwalt

als Vertreter des [X.],

[X.]

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
Auf die Revisionen
des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des [X.] vom 6.
November 2012 mit den Feststellungen aufgehoben.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Raubes zu einer Freiheits-strafe von zwei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete, auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten sowie die von der
Staatsanwalt-schaft zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision
führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils.
1.
Nach den Feststellungen beauftragte der Angeklagte die gesondert verfolgten [X.]

und P.

sowie einen
unbekannt gebliebenen
Drit-ten, den Nebenkläger und die Geschädigte [X.]

in einem Hotelzimmer
"abzu-ziehen". Der Angeklagte beabsichtigte dabei, Ware oder den mit ca. 4.000 bis 6.000
Euro erwarteten Verkaufserlös aus einem wenige Tage zuvor zum Nach-teil der Firma M.

begangenen Eigentumsdelikt zu er-beuten. Hintergrund war eine auf Veranlassung und unter Mithilfe des [X.] von

Ka.

und

A.

begangene Tat zu Lasten der M.

1
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-
4
-

,
bei der Süßwaren, Getränke und Tabakwaren im Wert von 8.352,73
Euro abhandengekommen waren. Die erbeutete Ware bzw. den dafür erzielten Erlös wollte der Angeklagte nach den Feststellungen

unter Ab-zug einer geringen Belohnung für die drei gedungenen Helfer

der mit ihm be-freundeten

Ka.

ohne eigene Vergütung zur Verfügung stellen, damit diese zivilrechtliche Ansprüche der M.

befriedigen könnte. Er hielt es ernstlich für möglich und nahm billigend in Kauf, dass es zu einer körperlichen Misshandlung der Opfer unter Beteiligung mehrerer Täter kommen könnte.
Nachdem [X.]

, P.

und der unbekannte Dritte unter einem Vorwand in das Hotelzimmer eingedrungen waren, wurde der Nebenkläger von zwei Tätern in das separate Bad verbracht, während einer der Täter zur Bewa-chung der Zeugin [X.]

im [X.] zurückblieb. Kurz darauf kehrte P.

aus dem Bad zurück und äußerte gegenüber der Zeugin [X.]

, sie werde jetzt "abgezogen". Sodann
entnahm er oder der unbekannte Mittäter die Geldbörse mit etwa 150 Euro aus der Handtasche der Zeugin. Etwa zeitgleich kamen [X.]

und der Nebenkläger aus dem Bad ins [X.] zurück. Alle drei [X.] schlugen nun auf den Nebenkläger mit den Fäusten ein; außerdem wurde er von dem unbekannten Mittäter mit einem Teleskopschlagstock, von dem der
Angeklagte keine Kenntnis hatte, auf den Kopf geschlagen, wodurch er u.a. eine stark blutende, längere Platzwunde auf der Oberseite des Kopfes erlitt. Als die Zeugin [X.]

ihr Mobiltelefon ergriff und eine Verbindung zur Polizei vor-täuschte, flohen die drei Täter aus dem Hotelzimmer. Während der Tat hatte der Angeklagte in unmittelbarer Nähe des Hotels gewartet.

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-
5
-
Vor der Hauptverhandlung kam es zu einer als "Täter-Opfer-Ausgleich"
übertitelten Übereinkunft zwischen dem geständigen Angeklagten und dem
Ne-benkläger,
nicht aber mit der Geschädigten [X.]

.
2.
Die Revision des Angeklagten hat Erfolg. Die Feststellungen des [X.] tragen nicht seine Verurteilung wegen vollendeten Raubes. Es ist nicht hinreichend belegt, dass die Tat zum Nachteil der Geschädigten [X.]

von der Drittzueignungsabsicht des Angeklagten umfasst war. Dem mit den unmittelbar vor Ort handelnden Mittätern abgesprochenen [X.] des Ange-klagten entsprach es, dem Nebenkläger die noch vorhandene Ware aus der Straftat zum Nachteil der M.

oder aus deren Verkauf erzielte Erlöse abzunehmen. Dass das bei der Geschädigten geraubte Geld aus dieser früheren Straftat stammte, ergibt sich aus den Feststellungen nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich der vom Angeklagten vorgegebene [X.] auch auf die erzwungene Wegnahme von der Zeugin [X.]

gehörenden
Geld erstreckte. Insofern ist nicht auszuschließen, dass es sich um einen Exzess der Mittäter handelte und

da auch bei dem Nebenkläger weder Ware noch Wa-renverkaufserlöse erbeutet wurden

die Tat für den Angeklagten somit recht-lich lediglich als versuchter Raub zu werten ist.
3.
Auch die zuungunsten des Angeklagten eingelegte Revision der Staatsanwaltschaft führt zur umfassenden Aufhebung des Urteils. Zwar hat sie ihre Revision auf den Strafausspruch beschränkt; diese Beschränkung ist hier indes unwirksam. Wie bereits zur Revision des Angeklagten ausgeführt, bele-gen die Feststellungen hier nicht den Schuldspruch wegen vollendeten Raubes, an den die von der Staatsanwaltschaft beanstandete Strafzumessung anknüpft.

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-
6
-
Das angefochtene Urteil weist im Schuldspruch auch Rechtsfehler zu-gunsten des Angeklagten auf. Das [X.] hat rechtsfehlerhaft eine Verur-teilung des Angeklagten wegen
gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil des [X.] nicht in Betracht gezogen. Nach den bisherigen Feststellungen hatte der Angeklagte drei Täter damit beauftragt, den Nebenkläger und die Ge-schädigte [X.]

"auszurauben". Dabei hat er es "ernstlich für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen", dass es "zu einer körperlichen Misshandlung der Opfer kommen und
sich daran mehrere Täter beteiligen"
könnten (UA
14). Damit war eine Gewaltanwendung mehrerer Personen gegenüber dem Neben-kläger von seinem Vorsatz umfasst (§
224 Abs.
1 Nr.
4 StGB).
4.
Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat darauf hin, dass die Staatsanwaltschaft zu Recht die Strafmilderung wegen des vertypten Milde-rungsgrunds des §
46a StGB beanstandet. Wenn

wovon das [X.] ausgegangen ist

durch eine Straftat mehrere Opfer betroffen sind, muss hin-sichtlich jedes Geschädigten zumindest eine Alternative des §
46a StGB erfüllt sein ([X.], Urteil vom 25.
Mai 2001

2
StR
78/01, [X.], 364, 365; Urteil vom 12.
Januar 2012

4
StR
290/11, [X.], 439, 440). Zwar ist die An-wendung des §
46a Nr.
1 StGB hinsichtlich des [X.] ohne Rechtsfeh-ler. Die Annahme eines erfolgreichen Täter-Opfer-Ausgleichs im Verhältnis zu der Geschädigten [X.]

begegnet jedoch durchgreifenden rechtlichen Beden-ken. Den Urteilsgründen ist nichts dafür zu entnehmen, dass

wie erforder-lich

ein kommunikativer Prozess im Sinne des §
46a Nr.
1 StGB zwischen der Geschädigten [X.]

und dem Angeklagten stattgefunden hat. Entgegen der Auffassung des [X.] genügte der bloße Verzicht des Angeklagten auf Rückgabe der bei ihm sichergestellten 150
Euro auch nicht den Anforderungen an eine Schadenswiedergutmachung im Sinne von §
46a Nr.
2 StGB. Aus den Feststellungen ergibt sich weder, dass dies

was ohnehin fern liegt

für den 7
8
-
7
-
Angeklagten eine erhebliche persönliche Leistung oder einen persönlichen Ver-zicht im Sinne der Vorschrift bedeutete, noch, dass sein Verhalten Ausdruck der Übernahme von Verantwortung war (vgl. [X.], Urteil vom 25.
Mai 2001

2
StR
78/01, [X.], 364, 365). Eine rein rechnerische Kompensation erlittenen materiellen Schadens ist hierfür nicht ausreichend (vgl. [X.]St 48, 134, 144). Auch ist den Urteilsgründen nicht zu entnehmen, dass die [X.] [X.]

in irgendeiner Weise in einen Prozess der möglichen Wiedergut-machung im Sinne von §
46a Nr.
2 StGB einbezogen wurde. Allein aus der [X.], dass der Angeklagte auf die Rückgabe des sichergestellten Betrages zugunsten der Zeugen [X.]

verzichtet hat, folgt nicht, dass die Geschädigte diese "Leistung"
auch als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert hat (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Februar 2008

2
StR
561/07, [X.]R StGB §
46a Voraussetzun-gen
1; Urteil vom 12.
Januar 2012

4
StR
290/11, [X.], 439, 440). Hier-gegen
spricht im Übrigen, dass "ein formeller Ausgleich nicht auch mit der Zeu-gin [X.]

gefunden wurde"
(UA
20).
[X.]
Schmitt
[X.]

Eschelbach
[X.]

Meta

2 StR 131/13

11.09.2013

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.09.2013, Az. 2 StR 131/13 (REWIS RS 2013, 2893)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 2893

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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