Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2015, Az. 4 StR 99/15

4. Strafsenat | REWIS RS 2015, 6714

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
4 [X.]/15
vom
13. August
2015
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen versuchten besonders schweren Raubes u.a.-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 13. August
2015, an der teilgenommen haben:
Vorsitzende [X.]in
am Bundesgerichtshof
Sost-Scheible,

[X.]in
am Bundesgerichtshof
Roggenbuck,
[X.] am Bundesgerichtshof
Cierniak,
[X.],
Bender

als beisitzende [X.],

[X.] beim Bundesgerichtshof

als Vertreter des
Generalbundesanwalts,
Rechtsanwalt

und
Rechtsanwältin

jeweils in der Verhandlung

als Verteidiger
des Angeklagten [X.]

,
Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger des Angeklagten D.

,
Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger des Angeklagten K.

,
Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Vertreter des [X.],
Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Dem Angeklagten K.

wird auf seinen Antrag nach Ver-
säumung der Frist zur Begründung der Revision gegen das Urteil des [X.] vom 12.
November 2014 [X.] in den vorigen Stand gewährt.
Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Angeklagte.
2.
Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 12.
November 2014 mit den Fest-stellungen aufgehoben.
3.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten des versuchten besonders schwe-ren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung schuldig gesprochen und den Angeklagten [X.]

zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren, den An-
geklagten D.

zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten und
den Angeklagten K.

zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs
Monaten verurteilt.
Dagegen richten sich die Revisionen der Angeklagten [X.] mit der Sachrüge; der Angeklagte D.

hat zudem Verfahrensrügen er-
hoben. Die Rechtsmittel haben Erfolg.
1
-
4
-
I.
Nach den Feststellungen des angefochtenen Urteils hatte der [X.] mit

H.

in einem Nebenraum der Gaststätte des Angeklagten
[X.]

um Geldbeträge Karten
gespielt. H.

verlor sein gesamtes Geld und
warf dem
Nebenkläger
vor, ihn betrogen zu haben. Aus Wut schlug er dem
Nebenkläger mit einem Bierkrug zweimal gegen die linke Stirnseite, so dass dieser zwei heftig blutende Platzwunden erlitt. H.

ging dann in den Gast-
raum und beschwerte sich lautstark, dass der Nebenkläger ihn betrogen habe
und ihm das vom Nebenkläger eingesteckte Geld zustehe. Der Angeklagte
[X.]

, der dies hörte,
kam mit den Angeklagten D.

und K.

überein,
dem Nebenkläger das eingesteckte Geld

gewaltsam abzunehmen, um es für sich zu behalten. Sie gingen zu dritt in den Nebenraum und erklärten dem Ne-benkläg
.

nahm einen Stuhl und schlug damit im Einver-
ständnis mit den beiden
anderen
Angeklagten
mehrfach auf den
Kopf
des Ne-benklägers, der dadurch zu Boden ging. Danach hielt er die Tür des Neben-raums von innen zu, während der Angeklagte K.

dem Nebenkläger
mehr-
fach mit der Faust ins Gesicht schlug und ihn auch wiederholt
gegen den Kopf trat. Der Nebenkläger kam wieder auf die Beine und versuchte, aus dem [X.] zu flüchten. Der Angeklagte [X.]

packte ihn mit der Hand an der Kehle

durchsuchte
die Taschen, ohne Geld zu finden. Auch sonst gelangten die [X.] nicht in den Besitz des Geldes.
Der Angeklagte [X.]

verließ schließlich
den Nebenraum
und ließ die
Tür geöffnet. Die Zeugin W.

bot an, dem Geschädigten Erste Hilfe zu leis-
ten
und ging in den Nebenraum. Der Angeklagte [X.]

brachte ihr auf ihre
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3
-
5
-
Aufforderung Verbandszeug, warmes Wasser und Tücher in den Nebenraum. Während sich Frau W.

um den Geschädigten kümmerte, versuchte der
Angeklagte [X.]

, dessen Jackentaschen zu durchsuchen. Der Geschädigte
wehrte sich gegen die Bemühungen der Zeugin und die Griffe des Angeklagten
[X.]

und verließ die Gaststätte. Er wurde mit dem Krankenwagen ins Kran-
kenhaus gebracht, wo Polizeibeamte 1.145

in seiner
innenliegenden [X.] fanden.
Das [X.] hat nicht auszuschließen
vermocht, dass die aufgefun-denen 1.145

gesamte
Geld aus dem Spiel mit H.

waren. Es hat des-
halb nicht feststellen können, dass die Angeklagten dem Geschädigten Geld abnahmen, und hat sie wegen versuchten besonders schweren Raubes in [X.] mit gefährlicher Körperverletzung verurteilt.
II.
1.
Dem Angeklagten K.

war auf seinen Antrag nach Versäumung
der Revisionsbegründungsfrist des §
345 Abs.
1 StPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da die Fristversäumung ihre Ursache allein im Or-ganisationsbereich des beauftragten Verteidigers hatte.
2.
Die Überprüfung des Urteils auf die Sachrüge führt zu dessen [X.],
weil das [X.] weder das Vorliegen eines fehlgeschlagenen Versuchs noch die Frage eines strafbefreienden Rücktritts gemäß §
24 Abs.
1
und 2
StGB geprüft hat.
Auf die vom Angeklagten D.

erhobenen Verfah-
rensrügen kommt es deshalb nicht an.
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5
6
-
6
-
a)
Fehlgeschlagen ist ein Versuch, wenn die Tat nach [X.] des zunächst vorgestellten Tatablaufs mit den bereits eingesetzten oder anderen nahe liegenden Mitteln objektiv nicht mehr vollendet werden kann und der Täter dies erkennt oder wenn er subjektiv die Vollendung nicht mehr für möglich hält. Dabei kommt es auf die Sicht des [X.] nach Abschluss der letzten Ausfüh-rungshandlung an (Rücktrittshorizont). Wenn der Täter zu diesem Zeitpunkt erkennt oder die subjektive Vorstellung hat, dass es zur Herbeiführung des Er-folgs eines erneuten Aussetzens bedürfte, etwa mit der Folge einer zeitlichen Zäsur und einer Unterbrechung des unmittelbaren Handlungsfortgangs, liegt ein Fehlschlag vor. Ist dies der Fall, scheidet ein Rücktritt vom Versuch nach allen Varianten des §
24 Abs.
1 oder Abs.
2 StGB aus. Umgekehrt kommt es nur dann, wenn ein Fehlschlag nicht gegeben ist, auf die Unterscheidung zwischen unbeendetem und beendetem Versuch an, die für die vom Täter zu erbringende Rücktrittsleistung in Fällen des §
24 Abs.
1 StGB stets,
in solchen des §
24 Abs.
2 StGB mittelbar dann von Bedeutung ist, wenn sich die (gemeinsame) [X.] von Versuchsbeteiligten in einem einverständlichen Un-terlassen des Weiterhandelns erschöpft. Allen Fällen ist gemeinsam, dass es auf das Vorstellungsbild des [X.] im entscheidungserheblichen Zeitpunkt an-kommt. Diese Vorstellung ist gegebenenfalls auch für die Beurteilung der Frei-willigkeit eines Rücktritts von Bedeutung. Lässt sich den Urteilsfeststellungen das entsprechende Vorstellungsbild
des Angeklagten, das zur revisionsrecht-lichen Prüfung des Vorliegens eines freiwilligen Rücktritts vom Versuch uner-lässlich ist, nicht hinreichend entnehmen, hält das Urteil sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand (zum Ganzen: [X.], Urteil vom
19.
März 2013

1
StR 647/12, [X.], 273, 274; zur revisionsgerichtlichen Überprüfung ferner: [X.], Beschlüsse vom 11.
März 2014

1
StR
735/13, [X.], 201, 202; vom 27.
November 2014

3
StR 458/14, [X.], 105, 106; vom
4.
Juni 2014

4
StR
168/14 jeweils mwN). Dies gilt umso mehr, wenn es sich 7
-
7
-
um ein mehraktiges Tatgeschehen handelt und auch die Prüfung der Annahme nur einer Tat im Rechtssinne vorzunehmen ist. Denn würde man eine Zäsur annehmen, wäre die Mitteilung des [X.] des
Angeklagten nach der jeweils letzten Ausführungshandlung geboten ([X.], Urteil vom 19.
März 2013

1
StR
647/12, [X.], 273, 274).
b)
Diesen Anforderungen werden die Darlegungen in den Urteilsgründen nicht gerecht.
Denn das [X.] hat weder
ausdrückliche Feststellungen zum Rücktrittshorizont der Angeklagten getroffen noch aus den getroffenen [X.] Rückschlüsse auf das Vorstellungsbild der Angeklagten nach Abschluss der

jeweiligen

letzten Ausführungshandlung gezogen. Vielmehr hat
es zum ersten Handlungsabschnitt lediglich festgestellt, dass die Angeklagten das Geld bei der Durchsuchung der Taschen des Opfers nicht fanden und nicht in den Besitz des Geldes gelangten. Dass es infolge der erfolglosen Durchsuchung des [X.] nicht zur Vollendung der Tat kam, begründet indes allein weder einen Fehlschlag des Versuchs, noch können hieraus derart sichere Schlüsse zur Frage der Freiwilligkeit des [X.] gezogen wer-den, dass es dem Senat möglich ist, die vom Tatrichter nicht ausdrücklich ge-troffenen Feststellungen selbst zweifelsfrei dem Gesamtzusammenhang des Urteils zu entnehmen. Denn die Angeklagten wussten, dass der Nebenkläger das gewonnene Geld eingesteckt und

nach den Feststellungen ersichtlich

noch bei sich hatte. Entsprechendes gilt bezüglich des zweiten Handlungsab-schnitts. Insoweit bleibt offen,
ob das erneute Durchsuchen des Opfers in An-wesenheit der Zeugin W.

Teil eines mit dem ersten Handlungsabschnitt
einheitlichen
Geschehens
darstellt, oder ob eine Zäsur eingetreten war, als (nur?) der Angeklagte [X.]

den Nebenraum verließ. Auch hier bleibt
unerör-
8
9
-
8
-
tert, welche Vorstellungen der Angeklagte [X.]

bzw. die Angeklagten im
Moment des Entkommenlassens des Opfers hatten.
3.
Der Darlegungs-
und Erörterungsmangel nötigt insgesamt zur [X.] des Urteils, wenngleich die tateinheitliche Verurteilung der
Angeklagten wegen gefährlicher Körperverletzung gemäß §
224 Abs.
1 StGB rechtsfehlerfrei erfolgt ist.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Cierniak

Mutzbauer
Bender
10

Meta

4 StR 99/15

13.08.2015

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.08.2015, Az. 4 StR 99/15 (REWIS RS 2015, 6714)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6714

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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4 StR 99/15

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