Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2018, Az. I ZR 253/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2018, 10885

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[X.]:[X.]:BGH:2018:120418BIZR253.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I [X.]
Verkündet am:
12. April 2018
Bürk
Amtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja

Deutscher Balsamico
Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 Art. 1; Verordnung ([X.]) Nr. 1151/2012 Art. 13 Abs. 1; [X.] § 135 Abs. 1
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung von Art. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 der [X.] vom 3. Juli 2009 zur Eintra-gung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten [X.] und der geschützten geografischen Angaben (Aceto Balsamico di Modena [g.g.A.], ABl. Nr. L 175 vom 4. Juli 2009, [X.]) folgende Frage zur Vor-abentscheidung vorgelegt:
Erstreckt sich der Schutz der Gesamtbezeichnung "Aceto Balsamico di
Modena" auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung ("Aceto", "Balsamico", "Aceto Balsamico")?
BGH, Beschluss vom 12. April 2018 -
I [X.] -
[X.]

[X.]

-
2
-
[X.]:[X.]:BGH:2018:120418BIZR253.16.0
Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 1. Februar
2018 durch die
Richter Prof.
Dr.
Koch, Dr.
Löffler, die Rich-terin Dr.
[X.], [X.] Feddersen
und die Richterin Dr. Schmaltz

beschlossen:
[X.]
Das Verfahren wird ausgesetzt.
I[X.]
Dem Gerichtshof der [X.] wird zur Auslegung von Art. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 der [X.] vom 3. Juli 2009 zur Eintragung einer Bezeichnung in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben (Aceto Balsamico di Modena [g.g.A.], ABl. Nr. L 175 vom 4. Juli 2009, [X.]) folgen-de Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Erstreckt sich der Schutz der Gesamtbezeichnung "Aceto Bal-samico di Modena"
auf die Verwendung der einzelnen nicht-geografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung ("Aceto", "Balsamico", "Aceto Balsamico")?
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Gründe:
A. Die Klägerin stellt auf Essig basierende Produkte her und vermarktet diese im Raum [X.]. Sie vertreibt seit mindestens 25 Jahren
Produkte unter der Bezeichnung "Balsamico"
und "Deutscher Balsamico"
mit den nachfolgend abgebildeten Etiketten, die die Aufschrift tragen
"[X.], Holz-fassreifung, Deutscher Balsamico traditionell, naturtrüb aus [X.] Weinen"
oder "[X.], Premium, 1868, Balsamico, Rezeptur No.
3".

Der
Beklagte ist ein Zusammenschluss von Erzeugern der mit der Be-zeichnung "Aceto Balsamico di Modena"
versehenen Erzeugnisse. Bei dieser Bezeichnung handelt es sich um eine nach der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 der [X.] vom 3. Juli 2009 zur Eintragung der Bezeichnung "Aceto Bal-samico di Modena" in das Verzeichnis der geschützten [X.] und der geschützten geografischen Angaben
(g.g.A.) für Essig aus der [X.] Modena.
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Der Beklagte ist der Ansicht, die Verwendung der Bezeichnung "Balsa-mico"
durch die Klägerin verletze
die geschützte geografische Angabe "Aceto Balsamico di Modena", und hat sie
deshalb
abgemahnt.
Die
von der Klägerin gegen den Beklagten erhobene negative Feststel-lungsklage hatte keinen Erfolg ([X.], [X.] 2015, 202).
In der Berufungsinstanz hat die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass die Klägerin nicht gegenüber dem Beklagten verpflichtet ist, die Verwendung der Bezeichnung "Balsamico"
für in [X.] hergestellte und auf Essig basierende Produkte zu unterlassen, wenn die Verwendung in der nachstehend wiedergegebenen Form erfolgt
[es folgt die Einblendung der oben abgebildeten Etiketten].
Das Berufungsgericht hat der Klage stattgegeben
([X.], [X.], 626). Der Beklagte verfolgt mit seiner vom Berufungsgericht zugelasse-nen Revision, deren Zurückweisung die
Klägerin
beantragt, seinen auf Abwei-sung der
Klage gerichteten Antrag weiter.
B. Der Erfolg der Revision hängt
von der Auslegung
des Art. 1 der [X.] ([X.]) Nr. 583/2009 ab. Vor einer Entscheidung über das Rechtsmittel ist deshalb das Verfahren auszusetzen und gemäß Art. 267 Abs. 1 [X.]. b und Abs. 3 A[X.]V eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] einzuholen.
[X.] Das Berufungsgericht hat die Klage als zulässig und begründet ange-sehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Der Feststellungsantrag sei zulässig. Der Antrag
sei auch begründet, weil dem Beklagten gegenüber der Klägerin kein Anspruch darauf
zustehe, die Bezeichnung "Balsamico"
für Essig zu unterlassen. Ein Anspruch nach § 135 Abs. 1 [X.] bestehe nicht, weil die Verwendung dieser Bezeichnung nicht 3
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gegen Art. 13 Abs. 1
Unterabs.
1
[X.]. b der Verordnung ([X.]) Nr. 1151/2012
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 über Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel (Grundverordnung) verstoße. Der durch die Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 gewährte Schutz für die Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena"
komme nur der Gesamtbezeich-nung zu, nicht aber den nichtgeografischen Begriffen der zusammengesetzten Bezeichnung, auch wenn diese zusammen verwendet würden. Aus [X.] 10 der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 sei abzuleiten, dass die Zu-lässigkeit der Verwendung einzelner nichtgeografischer Begriffe der zusam-mengesetzten Bezeichnung nicht am Maßstab des Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Grundverordnung zu messen sei.
Ein Anspruch bestehe ferner nicht gemäß § 126 Abs. 1, § 127 Abs. 1 [X.], weil die Klägerin keine mit der geografischen Herkunftsangabe iden-tische Bezeichnung benutzt habe. Eine nach § 127 Abs. 4 [X.] verbotene Irreführung über die geografische Herkunft liege nicht vor, weil auf den angegrif-fenen Etiketten deutlich darauf hingewiesen werde, dass
das Produkt aus deut-scher Herstellung stamme.
I[X.]
Die Revision hat Erfolg, wenn die von der Klägerin verwendeten
Be-zeichnungen "Balsamico"
und "Deutscher Balsamico"
gegen §
135 Abs.
1 [X.]
in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 Unterabs.
1 [X.]. a oder b der Grundverordnung verstoßen.
1. Nach Art. 13 Abs. 1
Unterabs.
1
[X.]. a und b der Grundverordnung werden eingetragene Namen geschützt gegen ([X.]. a) jede direkte oder [X.] kommerzielle Verwendung für Erzeugnisse, die nicht unter die Eintra-gung fallen, wenn diese Erzeugnisse mit den unter diesem Namen eingetrage-nen Erzeugnissen vergleichbar sind oder wenn durch diese Verwendung das Ansehen des geschützten Namens ausgenutzt wird, auch wenn diese Erzeug-nisse als Zutaten verwendet werden,
sowie
([X.]. b) jede widerrechtliche An-10
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eignung, Nachahmung oder Anspielung, selbst wenn der tatsächliche Ursprung des Erzeugnisses oder der Dienstleistung angegeben ist oder wenn der ge-schützte Name in Übersetzung oder zusammen mit Ausdrücken wie "Art", "Typ", "Verfahren", "[X.]", "Nachahmung"
oder dergleichen verwendet wird, auch wenn dieses Erzeugnis als Zutat verwendet wird.
Enthält eine geschützte Ursprungsbezeichnung oder eine geschützte geografische Angabe den als Gat-tungsbezeichnung angesehenen Namen eines Erzeugnisses, so gilt die Ver-wendung dieser Gattungsbezeichnung nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Grundverordnung nicht als Verstoß gegen Art. 13 Abs. 1
Unterabs.
1
[X.]. a oder b
der Grundverordnung.
Der mit der negativen Feststellungsklage bekämpfte Unterlassungsan-spruch
der Beklagten setzt damit voraus, dass sich der durch Art. 1 der [X.] ([X.]) Nr. 583/2009 gewährte Schutz der Gesamtbezeichnung "Aceto Bal-samico di Modena"
auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen [X.] ("Aceto", "Balsamico", "Aceto Bal-samico") erstreckt.
2. Nach Art. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 ist die im Anhang
I die-ser Verordnung genannte Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena (g.g.A.)"
in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der [X.] geografischen Angaben eingetragen
worden.
Die als "Balsamico"
bezeich-neten Erzeugnisse der Klägerin fallen nicht unter diese Eintragung, weil sie nicht die im Anhang
II dieser Verordnung enthaltenen Produktspezifikationen eines "Aceto Balsamico di Modena"
erfüllen.
3. Die Frage, ob sich der Schutz der gemäß Art. 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 eingetragenen Gesamtbezeichnung "Aceto Balsamico di Modena
(g.g.A.)"
auf die Verwendung der einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zu-sammengesetzten Bezeichnung ("Aceto", "Balsamico", "Aceto Balsamico")
er-streckt, bedarf der Klärung durch den Gerichtshof der [X.].
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a)
Dass eine geschützte geografische Angabe, die aus mehreren Begriffen besteht, nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.]. a oder b der Grundverordnung nicht nur gegen eine Verwendung der vollständigen Angabe, sondern auch ge-gen eine Verwendung einzelner Begriffe dieser Angabe geschützt sein kann, ergibt sich aus
Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Grundverordnung und der
Recht-sprechung des Gerichtshofs der [X.].
aa) Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Grundverordnung
regelt den besonde-ren Fall, dass eine geschützte geografische Angabe den als Gattungsbezeich-nung angesehenen Namen eines Erzeugnisses enthält und bestimmt für diesen Fall, dass die Verwendung dieser Gattungsbezeichnung nicht als Verstoß ge-gen Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.]. a oder b der Grundverordnung gilt. [X.] Bestimmung setzt demnach voraus, dass die Verwendung des in einer ge-schützten geografischen Angabe enthaltenen Begriffs (nämlich des Namens eines Erzeugnisses) gegen Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.]. a oder b der Grundverordnung verstoßen kann.
bb) Aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen
[X.] geht gleichfalls hervor, dass sich der Schutz einer als Ursprungsbezeichnung
oder geografische Angabe eingetragenen Gesamtbezeichnung auf ihre einzel-nen Bestandteile erstrecken kann. Der Gerichtshof der [X.] hat entschieden, dass nach Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 [X.]. [X.] (damals
Verordnung [[X.]]
Nr. 2081/92, sodann
Verordnung [[X.]] Nr.
510/2006, jetzt Verordnung [[X.]] Nr. 1151/2012) die geschützte Ursprungs-bezeichnung "Parmigiano Reggiano"
durch die Verwendung des Wortes "Par-mesan"
beeinträchtigt wird (vgl. [X.], Urteil vom 26.
Februar 2008 -
C-132/05, [X.]. 2008, [X.] = [X.], 524 Rn.
20 bis 57 -
Parmigiano Reggiano). Der Gerichtshof hat ferner entschieden, dass die Frage, ob die geschützte geografi-sche Angabe "Bayerisches Bier"
durch die Verwendung einer Marke "[X.]"
verletzt wird, am Maßstab des Art. 13 der Grundverordnung
zu prüfen ist (vgl. 16
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[X.], Urteil vom 2. Juli 2009 -
C-343/07, [X.]. 2009, [X.] = GRUR 2009, 961 Rn. 125 -
Bayerischer Brauerbund/[X.] Italia).
b) Der Umfang des Schutzes einer geschützten geografischen Angabe, die aus mehreren Begriffen besteht, kann jedoch durch den von der [X.] zur Eintragung des Namens erlassenen Durchführungsrechtsakt dahin be-schränkt werden, dass er sich nicht auf die Verwendung einzelner Begriffe die-ser Angabe erstreckt.
aa) So enthält die Verordnung ([X.]) Nr. 1122/2010 der [X.] vom 2. Dezember 2010 zur Eintragung der Bezeichnung "[X.]" in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der geschützten geografischen Angaben in Art. 1 Satz 2 die Feststellung, dass die Bezeichnung "[X.]"
im Gebiet der [X.] weiter verwendet werden könne, sofern die im Rahmen der Rechtsordnung der [X.] geltenden Grundsätze und Vorschriften eingehalten würden. In Erwägungsgrund 8 der Verordnung heißt es hierzu:
Offensichtlich haben die Einspruchführer bei der Behauptung, die Eintragung würde sich auf das Bestehen von Namen, Marken oder Erzeugnissen auswir-ken und bei dem zur Eintragung vorgeschlagenen Namen würde es sich um ei-ne Gattungsbezeichnung handeln, nicht auf die gesamte Bezeichnung "[X.]", sondern nur auf einen Teil davon ("[X.]") Bezug genommen. Der Schutz wird jedoch für die Bezeichnung "[X.]"
insgesamt verliehen. Gemäß Artikel 13 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung ([X.]) Nr. 510/2006 darf die Bezeichnung "[X.]"
weiterverwendet werden, sofern die im Rahmen der Rechtsordnung der [X.] geltenden Grundsätze und [X.] werden. Der Klarheit halber wurden die Spezifikation und die [X.] entsprechend geändert.
Entsprechende Regelungen enthält die Verordnung ([X.]) Nr. 1121/2010 der [X.] vom 2. Dezember 2010 zur Eintragung der Bezeichnung "[X.]"
in das Verzeichnis der geschützten geografischen Angaben.
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Der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist zu entnehmen, dass diese Beschränkung des Schutzumfangs einer geschützten geografischen Angabe wirksam ist. Der Gerichtshof hat für die durch die ge-nannten Verordnungen eingetragenen geschützten geografischen Angaben "[X.]"
und "[X.]"
im Hinblick auf die Regelungen in Art. 1 und Erwägungsgrund 8 dieser Verordnungen ausgesprochen, dass diese An-gaben allein gegen eine Verwendung der Gesamtbezeichnung und nicht gegen eine Verwendung der Bestandteile "[X.]"
und "[X.]"
geschützt sind (vgl. [X.], Beschluss vom 6. Oktober 2015 -
C-519/14 P, juris Rn. 21 -
[X.] [X.]; Beschluss vom 6. Oktober 2015 -
C-517/14 P, [X.] 2016, 46 Rn. 21

[X.]).
bb) Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die [X.] könne den Anwendungsvorrang der Grundverordnung nicht durch bloße Bemerkungen über den Schutzbereich der zusammengesetzten Bezeichnung in den [X.] mit der [X.]ge außer [X.] setzen, dass den Gerichten eine Prüfung verwehrt
wäre, ob es sich bei dem in einer geschützten Angabe enthaltenen Namen eines Erzeugnisses um eine Gat-tungsbezeichnung handelt.
Es trifft zwar zu, dass nach dem Grundsatz der Normenhierarchie
mit [X.] nicht von der höherrangigen Grundverordnung abgewichen werden darf (vgl. EuG, Urteil vom 13. April 2011 -
T-576/08, [X.]. 2011, [X.] Rn. 100 mwN). Die hier in Rede stehenden [X.] weichen jedoch nicht von der Grundverordnung ab, wenn sie den Umfang des Schutzes der einzutragenden Bezeichnung bestimmen.
Die [X.] ist nach dem System der Grundverordnung befugt, in Fällen, in denen Einsprüche
erhoben werden und es nicht zu
einer Einigung kommt, eine
Ent-scheidung über die Eintragung der Angabe zu treffen (vgl.
Art.
51, Art.
52
Abs.
3 [X.].
b
der Grundverordnung).
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cc) Dass der aufgrund der Eintragung der Bezeichnung gewährte Schutz beschränkt sein kann, ergibt sich auch daraus, dass
der Antragsteller zum Aus-druck bringen
kann, keinen Schutz für Teile einer Gesamtbezeichnung zu [X.]. So wird in zahlreichen Fußnoten der Verordnung ([X.]) Nr. 1107/96 der [X.] vom 12. Juni 1996 zur Eintragung geographischer Angaben und Ursprungsbezeichnungen gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 der [X.] ([X.]) Nr. 2081/92 darauf hingewiesen, dass Schutz von Einzelbestand-teilen -
etwa "Camembert"
in der Gesamtbezeichnung "[X.]"
oder "[X.]"
in der Gesamtbezeichnung "[X.] de Savoie"
-
nicht beantragt ist.
Ferner ist etwa in Erwägungsgrund 5 der Verordnung ([X.]) Nr. 737/2005 der [X.] vom 13. Mai 2005 zur Ergänzung des Anhangs der [X.] ([X.]) Nr. 2400/96 zur Eintragung der Bezeichnung
"[X.]"
in das Verzeichnis der geschützten Ursprungsbezeichnungen und der [X.] geografischen Angaben
klargestellt, dass der Antrag nur den Schutz der zusammengesetzten Bezeichnung "[X.]"
betrifft und der Begriff "Ricotta"
frei verwendet werden darf.
Die Nichterstreckung
des Schutzes auf Einzelbestandteile der Gesamtbezeichnung folgt in diesen Fällen aus der Ein-tragungsverordnung selbst (vgl. Hacker
in Ströbele/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 135 Rn. 40).
In der Entscheidung "Fromagerie [X.] und [X.]"
hat der Gerichtshof der [X.] ausgesprochen, dass sich der Schutz einer zusam-mengesetzten Ursprungsbezeichnung nicht zwangsläufig auf alle ihre Bestand-teile bezieht, wenn in der Eintragungsverordnung keine Fußnote vorhanden ist, der zufolge für einen Teil der Bezeichnung kein Schutz beantragt ist (vgl. [X.], Urteil vom 9. Juni 1998

[X.]/97, [X.]/97, [X.]. 1998, [X.] = [X.]. 1998, 790 Rn. 34 bis 39).

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c)
Im Streitfall sprechen für eine Beschränkung des Schutzumfangs auf die Gesamtbezeichnung
"Aceto Balsamico di Modena"
unter Ausschluss ein-zelner nichtgeografischer Bestandteile die Erwägungsgründe 3, 5 und 10 der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009, die wie folgt lauten:
[3] Der von [X.] eingelegte Einspruch konzentriert sich darauf, dass sich
die Eintragung der geschützten geografischen Angabe "Aceto Balsamico di Modena"
nachteilig auf das Bestehen von Erzeugnissen auswirkt, die sich be-reits seit mehr als fünf Jahren rechtmäßig unter der Handelsbezeichnung Bal-samessig/Aceto balsamico in Verkehr befinden, sowie darauf, dass sich diese Bezeichnungen als Gattungsbezeichnungen darstellen. [X.] hat außer-dem darauf hingewiesen, dass die einzelnen Herstellungsphasen in dem [X.] klarer dargestellt werden müssten.
[5] [X.] wiederum weist auf die Bedeutung der Erzeugung von Bal-samessig auf seinem Staatsgebiet hin, der unter anderem unter den [X.] "balsamico"
oder "[X.]"
in Verkehr gebracht wird, und auf die nachteilige Auswirkung, die die Eintragung der Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena"
auf das Bestehen dieser Erzeugnisse haben würde, die sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig in Verkehr befinden. [X.] schließt sich der Auffassung an, dass die Begriffe "aceto balsamico", "balsamic"
usw. Gattungsbezeichnungen sind.
[10] Offensichtlich haben [X.] und [X.] in ihren Beschwerden dagegen, dass es sich bei dem zur Eintragung vorgeschlagenen Namen um ei-ne Gattungsbezeichnung handele, nicht die Gesamtbezeichnung, d. h. "Aceto Balsamico di Modena"
berücksichtigt, sondern nur Teile davon, wie "aceto", "balsamico"
und "aceto balsamico", bzw. die jeweiligen Übersetzungen. [X.] wurde aber die zusammengesetzte Bezeichnung "Aceto Balsamico di Modena". Die einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung, auch wenn diese zusammen verwendet werden, sowie ihre Übersetzung, können unter Einhaltung der Grundsätze und Vorschriften des [X.]srechts im gesamten Gebiet der [X.] verwendet wer-den.
Mit den Ausführungen in Satz 3 des
Erwägungsgrunds
10 könnte die [X.] zum Ausdruck gebracht haben, dass sich der Schutz der Gesamt-bezeichnung nicht auf deren einzelne nichtgeografische Bestandteile bezieht, die nach dem Vorbringen [X.]s und [X.]s im Einspruchsver-fahren Gattungsbezeichnungen darstellten.
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Das Fehlen eines ausdrücklichen Hinweises auf Art. 13 Abs. 1 Unter-abs.
2 der Grundverordnung in der im Streitfall maßgeblichen Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 lässt auch mit Blick auf die vorgenannten Verordnungen, in die ein entsprechender Hinweis aufgenommen worden ist, keine eindeutige Klärung der Rechtsfrage zu. Vielmehr könnte die Formulierung in Erwägungsgrund 10 der Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009, wonach
die einzelnen nichtgeografischen Begriffe der zusammengesetzten Bezeichnung "unter Einhaltung der [X.] und Vorschriften des [X.]srechts im gesamten Gebiet der Gemein-schaft verwendet werden"
können, mit Blick etwa auf die entsprechende Formu-lierung in Art. 1 Satz 2 der Verordnungen ([X.]) Nr.
1121/2010
und 1122/2010 im Sinne einer Beschränkung des [X.] verstanden werden.
d) Die Annahme einer Beschränkung des Schutzes auf die Gesamtbe-zeichnung bedeutete -
entgegen der Ansicht der Revision -
keinen Wertungswi-derspruch zu der durch die Verordnung ([X.]) Nr. 813/2000 des Rates vom 17.
April 2000 zur Ergänzung des Anhangs der Verordnung ([X.]) Nr. 1107/96 der [X.] zur Eintragung geographischer Angaben und [X.] gemäß dem Verfahren nach Artikel 17 der Verordnung ([X.])
Nr.
2081/92 erfolgten Eintragung der geschützten Ursprungsbezeichnungen "Aceto Balsamico Tradizionale di Modena"
und "[X.]". Zwar enthält diese Verordnung -
anders als die Verordnung ([X.]) Nr. 583/2009 -
keinen Hinweis auf die freie Verwendbarkeit der nichtgeo-grafischen Bestandteile der Gesamtbezeichnungen, so dass die Zulässigkeit der Verwendung ihrer nichtgeografischen Bestandteile in jedem Einzelfall nach Maßgabe des Art. 13 Abs. 1 Unterabs.
1 [X.]. b und Unterabs. 2 der [X.] zu prüfen ist.
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Das Unterbleiben von Hinweisen auf einen beschränkten Schutzumfang in der
Verordnung ([X.]) Nr. 813/2000, das darauf zurückzuführen sein mag, dass
im vorangehenden Eintragungsverfahren Einsprüche von Mitgliedstaaten nach Art. 7 der Verordnung ([X.]) Nr. 2081/92 (jetzt Art.
51 und 52 der [X.]) nicht erfolgt sind, steht jedoch einer Beschränkung der Schutzwir-kung der im Streitfall relevanten, später eingetragenen Gesamtbezeichnung nicht entgegen.
Koch
Löffler
[X.]

Feddersen
Schmaltz
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 15.09.2015 -
2 O 187/14 -

[X.], Entscheidung vom 09.11.2016 -
6 [X.] -

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Meta

I ZR 253/16

12.04.2018

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.04.2018, Az. I ZR 253/16 (REWIS RS 2018, 10885)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10885

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 253/16

6 U 176/15

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