Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2012, Az. 4 StR 494/12

4. Strafsenat | REWIS RS 2012, 186

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4
StR 494/12

vom
19. Dezember
2012
in der Strafsache
gegen

wegen
Raubes u.a.

-
2
-
Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 19. Dezember
2012
gemäß
§
349 Abs. 2 und 4 StPO
beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24.
Juli 2012 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,
a)
soweit der Angeklagte im Fall
II.
3 der Urteilsgründe wegen Raubes verurteilt worden ist,
b)
im gesamten Rechtsfolgenausspruch.
2.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Land-gerichts zurückverwiesen.
3.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen sexueller Nötigung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Raub (Fall
II.
6 der Urteilsgründe), in einem weiteren Fall in Tateinheit mit Diebstahl (Fall
II.
1 der Urteilsgründe), in einem weiteren Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung (Fall
II.
2 der Urteilsgründe), wegen Raubes in drei Fällen (Fälle
II.
3, 4 und 7 der [X.]
-
3
-
gründe) und wegen versuchter Nötigung in zwei Fällen (Fälle
II.
5 und 8
der Urteilsgründe) schuldig gesprochen und seine Unterbringung in einem psychia-trischen Krankenhaus angeordnet. Von der Verhängung einer Jugendstrafe hat es nach §
5 Abs.
3 [X.] abgesehen. Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Angeklagte die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Sein Rechtsmittel hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übri-gen ist es offensichtlich unbegründet im Sinne des §
349 Abs.
2 StPO.
I.
Nach den Feststellungen hatte der bei den jeweiligen Taten 17
Jahre
alte Angeklagte den Wunsch, sich Designerkleidung kaufen zu können, um nicht hinter seinen Freunden zurückstehen zu müssen. Da er nicht über die hierfür erforderlichen Geldmittel verfügte, entschloss er sich, Frauen, die in den späten Nachmittags-
oder Abendstunden allein unterwegs waren, bis zu ihren Wohnungen zu verfolgen und dort zu überfallen, um Bargeld oder sonstige Wertgegenstände an sich zu bringen. Von einem Überfall der Frauen in ihren Wohnungen versprach er sich größere Beute, weil er
dort über die in den Hand-taschen mitgeführten Bargeldbeträge und Wertsachen hinaus weiteres Bargeld und weitere Wertgegenstände vermutete. In Ausführung dieses Entschlusses verfolgte und überfiel der Angeklagte in der [X.] vom 25.
September 2011 bis zum 28.
Dezember 2011 acht Frauen. Im ersten Fall versuchte der Angeklagte aufgrund eines spontan gefassten Entschlusses die 39
Jahre alte P.

G.

, der er zuvor bis in ihre Wohnung gefolgt war, gewaltsam zur Duldung
des vaginalen Geschlechtsverkehrs zu zwingen. Nachdem er mit seinem [X.] gescheitert war, ejakulierte er auf ihren nackten Körper und entwendete 100
Euro (Fall
II.
1 der Urteilsgründe). Im zweiten Fall griff der Angeklagte die 2
-
4
-
Verlagskauffrau S.

B.

im Treppenhaus eines Mehrfamilienhauses an
und nahm sie in einen Würgegriff. Dabei betastete er sein Opfer über der Klei-dung an den [X.] und im Schambereich. Durch den Angriff erlitt S.

B.

eine blutende Wunde im Nasenbereich (Fall
II.
2 der Urteilsgründe). Im
dritten Fall versuchte der Angeklagte die zuvor von ihm verfolgte 59
Jahre alte Kunstlehrerin B.

K.

in ihre Wohnung zu drücken, als sie deren Tür auf-
schließen wollte. Bei dem anschließenden Gerangel im Treppenhaus entriss der Angeklagte B.

K.

-
mutete und flüchtete. In der Tasche befanden sich eine Blockflöte, Ballerina-Schuhe, ein Ringbuch, Textmarker und eine Schachtel mit Aufklebern. Vier Ta-ge nach diesem Vorfall entriss der Angeklagte der 73
Jahre alten Rentnerin
I.

Ka.

deren Einkaufstasche, nachdem er sie bis in das Treppen-
haus eines Mehrfamilienhauses verfolgt hatte. In der Tasche befanden sich Bargeld, ein Handy und diverse Ausweise (Fall
II.
4 der Urteilsgründe). Weitere vier
Tage später verschaffte sich der Angeklagte unter einem Vorwand Zutritt zur Wohnung der 84
Jahre alten Pensionärin M.

U.

. Aufgrund
eines spontanen Entschlusses riss er M.

U.

die Kleidung vom
Körper und warf sie auf ihr Bett. Anschließend setzte er sich mit erigiertem
Penis rittlings auf sie und versuchte mit ihr gewaltsam den vaginalen [X.] zu vollziehen. Nachdem ihm dies nicht gelungen war, weil
M.

U.

zwei künstliche Hüftgelenke hatte und deshalb ihre Beine
nicht spreizen konnte, verlangte der Angeklagte erfolglos die Ausübung des Handverkehrs. Schließlich entwendete er aus der Wohnung 75
Euro, wobei er die Angst seines Opfers vor weiteren Gewalttätigkeiten für sich ausnutzte (Fall
II.
6
der Urteilsgründe). Nachdem der Angeklagte am 4.
Dezember 2012 bei der Verfolgung einer älteren Frau von Polizeibeamten gestellt, erkennungs-dienstlich behandelt und als Beschuldigter vernommen worden war, stieß er am 20.
Dezember 2012 die zuvor von ihm verfolgte 68
Jahre alte Rentnerin M.

-
5
-
Sch.

in den Flur ihrer Wohnung, als sie deren Tür öffnete. Anschließend ent-
riss er ihr die Handtasche, in der sich 290
Euro, eine Kreditkarte und ein Mobil-telefon befanden (Fall
II.
7 der Urteilsgründe). In zwei weiteren Fällen scheiterte der Angeklagte bei dem Versuch, gewaltsam in die Wohnungen zuvor verfolg-ter Frauen einzudringen (Fälle
II.
5 und 8 der Urteilsgründe).
II.
Die Verurteilung wegen vollendeten Raubes (§
249 Abs.
1 StGB) im Fall
II.
3 der Urteilsgründe wird von den Feststellungen nicht getragen.
Ein vollendeter Raub gemäß §
249 Abs.
1 StGB läge
nur dann vor, wenn sich der Angeklagte die seinem Opfer entrissene Tasche und die darin befind-lichen Sachen zueignen wollte. Nimmt der Täter

wie hier der Angeklagte

ein Behältnis nur deshalb an sich, weil er darin Bargeld vermutet, das er für sich behalten will, eignet er sich das Behältnis nicht zu ([X.], Beschluss vom 17.
November 2009

3
StR
425/09, [X.], 75; Beschluss
vom 8.
September 2009

4
StR
354/09, [X.], 48; Urteil
vom 14.
Juni 2006

2
StR
65/06, [X.], 686, 687; Beschluss vom 31.
Oktober 1986

3
StR
470/86, [X.], 245). Befinden sich in dem Behältnis anstatt des
erwarteten Bargeldes andere Gegenstände, die der Täter aufgrund eines [X.] für sich behält, liegt darin lediglich eine Unterschlagung (§
246 StGB), die neben den auch weiterhin nur versuchten Raub tritt [X.], StGB,
60.
Aufl., §
242 Rn.
41b).
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass noch weitere zur Annahme eines vollendeten Raubes oder einer Unterschla-gung führende Feststellungen getroffen werden können, hat der Senat
den 3
4
-
6
-
Schuldspruch im Fall
II.
3 der Urteilsgründe nicht auf versuchten Raub abgeän-dert, sondern insgesamt aufgehoben.
III.
Der Rechtsfolgenausspruch hat keinen Bestand, weil das [X.] die Voraussetzungen für die Anordnung einer Unterbringung in einem psychia-trischen Krankenhaus nach §
63 StGB nicht rechtsfehlerfrei dargelegt hat. Dadurch verliert auch die auf §
5
Abs.
3 [X.] gestützte Entscheidung zum [X.] von der Verhängung einer Jugendstrafe ihre Grundlage.
1.
Die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus nach §
63 StGB
darf nur angeordnet werden, wenn zweifelsfrei feststeht, dass der [X.] bei der Begehung der [X.] aufgrund einer nicht nur vor-übergehenden psychischen Störung schuldunfähig oder vermindert schuldfähig war und die Tatbegehung auf diesem Zustand beruht (st. Rspr.; vgl. [X.],
Beschluss vom 26.
September
2012

4
StR
348/12, Tz.
6;
Beschluss vom 25.
September
2003

4
StR
316/03, [X.], 38; Beschluss vom 8.
April
2003

3
StR
79/03, NStZ-RR 2003,
232).
Davon ist das [X.] zwar ausgegangen. Seine Erwägungen zum Vorliegen einer anderen schweren seelischen Abartigkeit im Sinne von §
20 StGB und einer daraus resultierenden erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit (§
21 StGB) weisen jedoch durchgreifende Rechtsfehler auf.
a)
Der vom [X.] angehörte
psychiatrische Sachverständige
hat ausgeführt, bei dem
durchschnittlich intelligenten und nicht an einer krankhaf-ten seelischen Störung leidenden Angeklagten liege eine
schizoide Persönlich-5
6
7
-
7
-
keitsstörung mit Krankheitswert
([X.]
F
60.1) vor. Diese Störung äußere sich bei den Betroffenen in massiven Auffälligkeiten in der Emotionalität und im zwi-schenmenschlichen Kontakt. Der Angeklagte erfülle wesentliche Kriterien [X.] flacher Affektivität aufweise und nur über geringe empathische Fähigkeiten verfüge. Bei ihm bestehe ein Mangel, warme oder zärtliche Gefühle, aber auch Ärger gegenüber anderen zu zeigen, wenn er sich nicht unter einen [X.] emotionalen Druck gesetzt fühle (UA

-chbrüchen kommen, wie sich insbesondere bei den Taten zum Nachteil der Geschädigten G.

und U.

(Fälle
II.
1 und 6 der Ur-
teilsgründe) gezeigt habe. Bei dem Angeklagten handele es sich um einen dis-tanzierten und in sich gekehrten Menschen, dem diese Seite seiner Persönlich-keit krankheitsbedingt nicht bewusst sei (UA
26). Bei ihm müsse deshalb von einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des §
20 StGB ausge-gangen werden, die in den jeweiligen [X.] zu einer erheblichen Ver-minderung der Steuerungsfähigkeit bei gleichzeitig vorhandener Einsichtsfähig-keit geführt habe (§
21 StGB). Dem hat sich das [X.] angeschlossen (UA
28).
b)
Diese Ausführungen lassen besorgen, dass das [X.] mit dem Sachverständigen rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, dass die Diagnose einer schizoiden Persönlichkeitsstörung mit Krankheitswert gemäß [X.] F
60.1 ohne weitere wertende Erwägungen zur Annahme einer schweren ande-ren seelischen Abartigkeit gemäß §
20 StGB führt. Zudem fehlt es an der erfor-derlichen tatbezogenen Beurteilung der durch die festgestellte Störung hervor-gerufenen Verminderung der Steuerungsfähigkeit.
8
-
8
-
aa)
Die in den gebräuchlichen Klassifikationssystemen [X.] und
[X.] zusammengefassten diagnostischen Kategorien sind keine psychiatri-schen Äquivalente zu den Eingangsmerkmalen des §
20 StGB. Sie erfassen lediglich die klinischen Attribute des [X.] des Betroffenen und sind eine Richtlinie zur Unterstützung des daran anknüpfenden

dem [X.] obliegenden

klinischen Urteils ([X.]/Wittichen/[X.]/[X.], [X.] und Statistisches Manual Psychischer Störungen

Textrevision

[X.]-TR, 2003, S.
980
ff.). Auch wenn sich die gelisteten Kategorien be-stimmten gesetzlichen Merkmalen zuordnen lassen (vgl. Rasch, Forensische Psychiatrie,
3.
Aufl.,
S.
52
ff.), sagt daher die Vergabe einer entsprechenden Diagnose durch den psychiatrischen Sachverständigen noch nichts über die forensische Bewertung des psychischen Zustands des Betroffenen aus (vgl. [X.], Beschluss vom 18. Januar 2005

4
StR
532/04, [X.], 137, 138; Urteil
vom 21.
Januar 2004

1
StR
346/03, [X.]St 49, 45, 52; Beschluss vom 14.
Juli 1999

3
StR
160/99, [X.]R StGB §
63 Zustand
34; [X.],
Forensische Psychiatrie,
4.
Aufl.,
S.
127;
Maatz, [X.] 2007, 147, 149; [X.]/[X.], [X.], 126, 127; [X.]/[X.], [X.], 80, 81; [X.]/[X.], Schuldfähigkeit bei schwerer anderer seelischer Abartig-
keit, S.
13). Ihr kann lediglich entnommen werden, dass es sich um eine
nicht ganz geringfügige Beeinträchtigung handelt, mit der sich der Tatrichter
bei der Schuldfähigkeitsbeurteilung im Hinblick auf ihren Schweregrad und
ihre Tatrelevanz auseinandersetzen muss ([X.], Urteil
vom 21.
Januar

2004

1
StR
346/03, [X.]St 49, 45, 54; Beschluss vom 19.
März
1992

4
StR
43/92, [X.], 380; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 57, 58).
Ob eine von
dem Sachverständigen diagnostizierte schizoide Persön-lichkeitsstörung gemäß [X.] F
60.1 und [X.] 301.20 die Voraussetzun-9
10
-
9
-
gen einer schweren anderen seelischen Abartigkeit im Sinne des §
20 StGB erfüllt, ist eine Rechtsfrage, die der Tatrichter wertend zu entscheiden hat ([X.], Urteil vom 14.
April 1999

3
StR
45/99, [X.], 395). Dabei kommt es maßgebend auf den Ausprägungsgrad der Störung und ihren Einfluss auf die [X.] Anpassungsfähigkeit des Betroffenen an. Hierfür ist die [X.] (etwa hinsichtlich der Wahrnehmung der
eigenen und dritter Personen, der emotionalen Reaktionen, der Gestaltung
zwischenmenschlicher Beziehungen und der Impulskontrolle) durch die fest-gestellten Verhaltensmuster zu untersuchen und mit den Folgen von psycho-tischen oder ähnlichen pathologischen Zuständen zu vergleichen, die als krankhafte seelische Störung anerkannt sind ([X.], Urteil
vom 21.
Januar
2004

1
StR
346/03, [X.]St 49, 45, 52
f.; vgl. Beschluss vom 18.
Januar
2005

4
StR
532/04, [X.], 137, 138; Beschluss vom 21.
September 2004

3
StR
333/04, [X.], 326, 327;
Beschluss vom 26.
Juli
2000

2
StR
278/00, [X.]R StGB §
21 Seelische Abartigkeit
35; Beschluss vom 14.
Juli
1999

3
StR
160/99, [X.]R StGB §
63 Zustand
34; [X.]/[X.], Schuldfähigkeit bei schwerer anderer seelischer Abartigkeit, S.
44). In diesem Zusammenhang ist es von wesentlicher Bedeutung, ob es infolge der die [X.] begründenden Verhaltens-
und Erlebnisbesonderheiten auch im Alltag außerhalb der angeklagten Delikte zu Einschränkungen des be-ruflichen und [X.]n Handlungsvermögens gekommen ist. Erst wenn sich
das Muster des Denkens, Fühlens oder Verhaltens, das gewöhnlich im frühen
Erwachsenenalter in Erscheinung tritt, im [X.]verlauf als stabil erwiesen hat, können die psychiatrischen Voraussetzungen vorliegen, die rechtlich als
Urteil
vom 21.
Januar 2004

1
StR
346/03, [X.]St 49, 45, 52
f.).

-
10
-

n-genommenen schizoiden Persönlichkeitsstörung
hat das [X.] nicht er-kennbar vorgenommen. Die von dem Sachverständigen übernommene und auf eine Äquivalenz mit krankhaften seelischen Störungen hindeutende formelhafte gekraft [X.], StGB,
60.
Aufl., §
20 Rn.
38), weil die zugrunde liegenden Wertungen nicht [X.] werden. Sie kann die an dieser Stelle erforderliche umfassende Darlegung daher nicht ersetzen. Soweit davon die Rede ist, dass die Persönlichkeit des Angeklagten k-tivität aufweise und er nur über geringe empathische Fähigkeiten verfüge, fehlt es an der gebotenen Darstellung der hiermit verbundenen Auswirkungen auf das alltägliche Leben und den Werdegang des Angeklagten. Gleiches gilt für die pauschale Beschreibung des Angeklagten als distanzierten und in sich ge-kehrten Menschen. Ob es infolge der festgestellten Auffälligkeiten bei dem [X.] zu zeitlich stabilen und gewichtigen Beeinträchtigungen der [X.]n Kompetenz gekommen ist, kann den Urteilsgründen auch im Übrigen nicht ent-nommen werden. Die getroffenen Feststellungen zur Person des Angeklagten (Schulbesuch, gute Einbindung in eine große Familie mit übernommener [X.] für jüngere Geschwister, eine geringfügige Vorahndung wegen Diebstahls, intensiver Mannschaftssport, Freundeskreis etc.) geben keine Hin-weise auf eine gravierende Einschränkung der [X.]n Anpassungsfähigkeit.
bb)
Auch die Frage, ob die Steuerungsfähigkeit bei der Tat infolge [X.] Abart

21 StGB erheblich vermindert war, hat der Tatrichter ohne Bindung an die Äuße-rungen des Sachverständigen wertend zu beantworten (st. Rspr.; vgl. [X.],
Beschluss vom 28.
Oktober 2009

2
StR
383/09, [X.], 73, 74; Urteil
vom 21.
Januar 2004

1
StR
346/03, [X.]St 49, 45, 53; Urteil vom 26.
April 11
12
-
11
-
1955

5
StR
86/55, [X.]St 8, 113, 124; [X.], StGB, 60.
Aufl.,
§
21 Rn.
7 mwN)
und in den Urteilsgründen darzulegen. Wird die Annahme einer anderen schweren seelischen Abartigkeit aus dem Vorliegen einer schizoiden Persön-lichkeitsstörung hergeleitet, bedarf es dabei einer erkennbaren Abgrenzung gegenüber Verhaltensweisen, die sich noch innerhalb der Bandbreite mensch-lichen Verhaltens bewegen und Ursache für [X.] sein können, ohne dass sie die Schuldfähig

21 StGB berühren ([X.], Beschluss vom 25.
September 2003

4
StR
316/03, [X.], 38, 39). Auch insoweit fehlt es an ausreichenden Darlegungen. Nach den [X.] beging der Angeklagte sämtliche Taten, um sich Geld für den Kauf von [X.] zu verschaffen. Warum sich in dieser [X.] die geschilderten Auffälligkeiten widerspiegeln, lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen.
2.
Die Aufhebung des [X.]s hat
aufgrund des bestehen-den inneren Zusammenhangs (vgl. [X.], Beschluss vom 2.
Dezember 1997

4
StR
581/97, [X.], 342, 343) auch die Aufhebung der Entscheidung nach §
5 Abs.
3 [X.] zur Folge.
Der Umstand, dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, steht dem nicht entgegen. Wird die Anordnung einer Unterbringung nach §
63 StGB allein auf eine Revision des Angeklagten hin aufgehoben, hindert das Schlechterstel-lungsverbot den neuen Tatrichter nicht daran, an Stelle der Unterbringung eine Strafe zu verhängen (§
358 Abs.
2
Satz
2 StPO). Dies gilt nach §
2 Abs.
2 [X.] auch im Jugendverfahren (Diemer/[X.]/Sonnen, [X.],
6.
Aufl.,
§
55 Rn.
50).
Hat der erste Tatrichter wegen der Anordnung der Unterbringung in einem psy-chiatrischen Krankenhaus nach §
5 Abs.
3 [X.] von der Verhängung einer
13
14
-
12
-
Jugendstrafe abgesehen, ist dem neuen Tatrichter die Verhängung einer an die Stelle der Unterbringungsanordnung tretenden Jugendstrafe aber nur dann möglich, wenn auf die Revision des Angeklagten mit dem rechtsfehlerhaften [X.] auch die Entscheidung nach §
5 Abs.
3 [X.] in Wegfall kommt. Die Rechtslage unterscheidet sich hier nicht durchgreifend von den be-reits mehrfach entschiedenen Fällen, in denen auf die erfolgreiche Revision eines wegen Schuldunfähigkeit freigesprochenen, aber nach §
63 StGB unter-gebrachten Angeklagten auch der Freispruch aufzuheben ist, um dem neuen Tatrichter die durch §
358 Abs.
2 Satz
2 StPO eröffnete Möglichkeit einer
Bestrafung zu erhalten, wenn sich nunmehr die Schuldfähigkeit des Ange-klagten herausstellen sollte (vgl. [X.], Beschluss vom 26.
September
2012

4
StR
348/12, Tz.
13; Beschluss vom 29.
Mai 2012

2
StR
139/12, [X.], 306, 307; Beschluss vom 14.
September 2010

5
StR
229/10, Tz.
11; Beschluss vom 27.
Oktober 2009

3
StR
369/09, Tz.
9). Der Umstand, dass der Gesetzgeber bei der Einführung
des §
358 Abs.
2 Satz
2 StPO nur die letztgenannte Fallkonstellation vor Augen hatte (vgl. BT-Drs.
16/1344, S.
17; [X.], [X.], 68, 73), stellt eine Anwendung dieser Vorschrift nicht in Frage. Erklärtes Ziel der Regelung des §
358 Abs.
2 Satz
2 StPO ist es, die nicht hinnehmbare Konsequenz zu vermeiden, dass eine Straftat nur deshalb ohne strafrechtliche Sanktion bleibt, weil nach dem durch eine erfolgreiche Re-vision des Angeklagten bewirkten Wegfall der alleinigen Anordnung der Unter-bringung in einem psychiatrischen Krankenhaus die Art der Rechtsfolgen auf-grund des Verschlechterungsverbots (§
358 Abs.
1 Satz
1 StPO) nicht mehr
-
13
-
zum Nachteil des Angeklagten verändert werden darf (vgl. BT-Drs.
16/1344, S.
17). Dem entspricht auch der hier zu entscheidende Fall.
Ri[X.] Dr.
Mutzbauer ist
Roggenbuck
Franke
urlaubsabwesend und da-
her an der Unterschrift ge-hindert.
Roggenbuck

Quentin
Reiter

Meta

4 StR 494/12

19.12.2012

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.12.2012, Az. 4 StR 494/12 (REWIS RS 2012, 186)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 186

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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