Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2001, Az. XII ZR 183/98

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1865

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[X.] DES VOLKESURTEILXII ZR 183/98Verkündet am:18. Juli 2001Küpferle,[X.] Geschäftsstellein dem [X.] 2 -Der XII. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 18. Juli 2001 durch [X.] [X.] und [X.], [X.], Weber-Monecke und Fuchsfür Recht erkannt:Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] [X.] [X.]s vom 27. Mai 1998aufgehoben.Auf die Berufung der Beklagten wird das Grundurteil der 4. Zivil-kammer des [X.] vom 6. März 1997 abgeändert.Die Klage wird abgewiesen.Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.Von Rechts [X.]:Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte als Vermieterin der Kläge-rin den Eintritt eines von dieser bestimmten Mieters in einen Mietvertrag ver-weigern durfte.Mit [X.] überließ die Beklagte ein ihr gehö-rendes Grundstück dem Verein "[X.]und [X.]" mit einem auf 25 Jahre befristeten Vertrag zur Nutzung. Der [X.] 3 -schloß am 15. Oktober 1993 einen Unterpachtvertrag über einen Teil des [X.]. Dort betrieb der [X.] die Diskothek "K. ". Zwischen derKlägerin und dem [X.] und Betreiber der Diskothek kam es zu einemDarlehens- und Bierlieferungsvertrag.Am 14. Dezember 1993 unterzeichnete der erste Beigeordnete der [X.] eine "Mieteintrittsrechtserklärung". Darin räumte die Beklagte als Ver-mieterin für den Fall einer vorzeitigen Beendigung des Pachtvertrages der Klä-gerin das Recht ein, durch einseitige Erklärung in den "Mietvertrag" mit Wir-kung für die Zukunft einzutreten und einen [X.] einzusetzen oder ei-nen Dritten als zukünftigen Mieter zum Eintritt zu bestimmen. Der Verein löstesich am 11. Mai 1995 auf. Da der [X.] nicht bereit war, den [X.] die Beklagte zu zahlen, kündigte die Beklagte dem [X.]. [X.] daraufhin das Unterpachtobjekt am 14. August 1996 zurück.Am 6. Mai 1996 teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß sie von [X.] Gebrauch mache, und benannte [X.] als Mieter. [X.] lehnte den Eintritt des Vorgeschlagenen in den Mietvertrag ab.Mit ihrer Klage hat die Klägerin Schadensersatz in Höhe von125.000 DM geltend gemacht. Sie hat ihren Anspruch damit begründet, daßder [X.] und Betreiber der Diskothek den mit ihr geschlossenen Dar-lehens- und Bierlieferungsvertrag nicht mehr erfüllt habe. Der von ihr vorge-schlagene Interessent hätte die Restschulden des bisherigen [X.]sübernommen und seinerseits mit ihr einen Darlehens- und Bierlieferungsver-trag abgeschlossen. Durch die Weigerung der Beklagten, den Interessenten inden Mietvertrag eintreten zu lassen, sei ihr ein Schaden entstanden, der in derNichtrückführung des alten Darlehens und in entgangenem Gewinn bestehe.Das [X.] hat der Klage dem Grunde nach stattgegeben. Es ist davon- 4 -ausgegangen, daß die Beklagte ihre vertraglich übernommene Verpflichtung,einen von der Klägerin benannten Mieter zu akzeptieren, verletzt habe [X.] § 286 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig sei. Die Berufung der [X.] hat das [X.] zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die [X.] mit ihrer Revision.Entscheidungsgründe:Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Ur-teils und zur Abänderung des Urteils des [X.] sowie zur [X.] Das [X.] ist davon ausgegangen, daß die Klage wegenVerschuldens der Beklagten bei Vertragsschluß (c.i.c.) dem Grunde nach ge-rechtfertigt ist. Im einzelnen hat es ausgeführt: Die "[X.]" vom 14. Dezember 1993 sei unwirksam, weil sie die in § 67 Abs. 2 [X.] Gemeindeordnung verlangten Formerfordernisse nicht er-fülle. Die Schriftform sei nicht eingehalten. Darüber hinaus habe die Verpflich-tung der Beklagten der Unterschrift des hauptamtlich tätigen Bürgermeistersund des Vorsitzenden der Gemeindevertretung bedurft. Das Rechtsgeschäftgehöre nicht zu den Geschäften der laufenden Verwaltung. Die Beklagte hafteaus Verschulden bei Vertragsschluß. Der erste Beigeordnete der [X.] nach dem Inkrafttreten der [X.] Gemeindeordnung [X.], daß seine alleinige Unterschrift nicht ausreiche, um eine wirksameVerpflichtung der Beklagten zu begründen. Dieses Verschulden müsse sich [X.] zurechnen lassen und der Klägerin den [X.] [X.] 5 -Dazu gehöre auch der Ersatz des entgangenen Gewinns, wie ihn die [X.] gemacht habe.2. Dies hält - wie die Revision mit Recht geltend macht - in einem ent-scheidenden Punkt einer rechtlichen Nachprüfung nicht [X.]) Zutreffend geht das [X.] davon aus, daß die "Mietein-trittsrechtserklärung" der Beklagten vom 14. Dezember 1993 unwirksam ist.Nach § 67 Abs. 2 der Gemeindeordnung für das [X.], durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, der Schrift-form und sind vom hauptamtlichen Bürgermeister und vom Vorsitzenden [X.], somit von zwei Personen, zu unterzeichnen (sogenann-tes Vier-Augen-Prinzip; vgl. [X.] Kommentar zur [X.] § 67 Nr. 5). Die Nichteinhaltung der [X.] führt nicht zur Anwendung des § 125 BGB, sondern [X.] 177 ff. (ständige Rechtsprechung des [X.]; vgl. [X.] 32,375, 380;Soergel/Hefermehl [X.]. § 125 [X.]. 2). Unterzeichnet - wie hier - [X.] Vertretungsberechtigter, so überschreitet er seine Vertretungsmacht mit [X.], daß die Körperschaft nicht verpflichtet wird.Da das Berufungsgericht eine Genehmigung nicht festgestellt hat undausreichende Anhaltspunkte für eine solche auch nicht ersichtlich sind, ist [X.] unwirksam. Das wird von den Parteien in der Revisionsinstanznicht in Frage gestellt.b) Das Berufungsgericht bejaht unangegriffen eine Haftung aus c.i.c.und geht bei der Anwendung der Regeln der culpa in contrahendo von [X.] Rechtsgrundsätzen aus. Es nimmt mit Recht an, daß hier einer der- 6 -Fälle vorliegt, in denen die Rechtsprechung Ersatz des [X.]sgewährt, weil ein an den Vertragsverhandlungen [X.] (hier: die Beklagte)das berechtigte Vertrauen der Gegenseite (Klägerin) auf das [X.] Rechtsgeschäfts schuldhaft enttäuscht hat ([X.]Z 92, 164, 176; [X.]/[X.] BGB 13. Bearb. 1995 vor §§ 275 ff. [X.]. 66; [X.]/EmmerichBGB 3. Aufl. vor § 275 [X.]. 60 ff.). Die Beklagte muß sich das [X.] zurechnen lassen (§§ 31, 89 BGB). Ein Verschulden [X.] ist schon deshalb zu bejahen, weil er die für ihn geltenden [X.] und Zuständigkeitsvorschriften besser kennen mußte als die Klägerin([X.]Z 92 aaO S. 175).c) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der von der Klä-gerin hier geltend gemachte Schaden nach den Grundsätzen der c.i.c. [X.]) Ist aus einer c.i.c. Schadensersatz wegen [X.] wirksamen Rechtsgeschäfts zu leisten, beschränkt sich die Haftung - wieauch sonst - auf den Ersatz des [X.]s. Der Gläubiger ist so zustellen, wie er stünde, wenn er nicht auf die Gültigkeit des Geschäfts [X.] ([X.], Urteil vom 11. Juni 1992 - [X.]/91 - [X.]R BGB vor§ 1/Verschulden bei Vertragsschluß, öffentliche Hand 1; [X.]/[X.]aaO [X.]. [X.] in Höhe des positiven Interesses kann der [X.] in Ausnahmefällen verlangen (vgl. [X.]/[X.] BGB 60. Aufl. vor§ 249 [X.]. 17). Ein solcher liegt nicht schon deshalb vor, weil eine öffentlich-rechtliche Körperschaft bei Mißachtung der zu ihrem Schutz erlassenen [X.] aus c.i.c. schadensersatzpflichtig wird. Die [X.] -schriften gewähren Schutz vor rechtsgeschäftlichen Verpflichtungen und wollenvor den Bindungswirkungen unbedachter und übereilter Verpflichtungserklä-rungen bewahren ([X.], Urteil vom 8. Juli 1986 - [X.] - NJW 1986,2939, 2940). Insoweit können und dürfen sie durch die §§ 31, 89 BGB nichtüberspielt werden. Eine Haftung wegen Verschuldens bei [X.] dann ausgeschlossen, wenn der daraus abgeleitete [X.] auf das positive Interesse für eine unter Verstoß gegen die [X.] übernommene Verpflichtung gerichtet ist; insoweit kommtder Vertretungsordnung nach ständiger Rechtsprechung Vorrang zu ([X.],Urteil vom 11. Juni 1992, aaO). Der Vertragspartner der Körperschaft kann nurverlangen, so gestellt zu werden, wie er gestanden hätte, wenn er nicht auf [X.] des [X.]) Mit Recht rügt die Revision, daß die Klägerin hier das positive [X.] geltend macht. Sie will so gestellt werden, wie sie stünde, wenn ihr [X.] wirksam eingeräumt worden wäre. Dann wäre die Beklagteverpflichtet gewesen, den von der Klägerin vorgeschlagenen Mieter in [X.] eintreten zu lassen. Dieser Mieter hätte die vom Vormieter hinter-lassenen Verbindlichkeiten übernommen und der Klägerin weiterhin Gewinnermöglicht. Dieser Schaden fällt aber nicht unter das negative Interesse. Er istnicht deshalb entstanden, weil die Klägerin auf die Wirksamkeit ihres Bestim-mungsrechts vertraut hat, sondern wäre auch eingetreten, wenn die Beklagtedie "Mieteintrittsrechtserklärung" nicht abgegeben [X.] -cc) Die Entscheidung des Berufungsgerichts kann deshalb keinen [X.] haben. Der [X.] kann in der Sache selbst entscheiden. Sämtliche [X.] geltend gemachten Schadenspositionen unterfallen nicht dem negativenInteresse und sind deshalb nicht erstattungsfähig. Die Sache ist daher zur En-dentscheidung reif (§ 565 Abs. 3 Nr. 1 ZPO).[X.] Gerber[X.]Bundesrichterin [X.] im Urlaub und verhindert zuunterschreiben. [X.] Fuchs

Meta

XII ZR 183/98

18.07.2001

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.07.2001, Az. XII ZR 183/98 (REWIS RS 2001, 1865)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1865

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