Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.10.2017, Az. 28 W (pat) 501/16

28. Senat | REWIS RS 2017, 3241

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "A-ÖFFNER" – Freihaltebedürfnis – keine Verkehrsdurchsetzung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2013 000 019.6

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein und der Richter [X.] und Dr. Söchtig am 26. Oktober 2017

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Anmelderin hat am 3. Januar 2013 beim [X.] beantragt, die Bezeichnung

2

A-ÖFFNER

3

für die nachgenannten Waren und Dienstleistungen als Wortmarke in das Markenregister einzutragen:

4

Klasse 7: Elektromotorische Antriebe für Schlösser;

5

Klasse 9: Elektrische und elektronische Schlösser; elektrische und elektronische Schließanlagen und Mehrfachverriegelungen, jeweils bestehend aus elektrischen und elektronischen Schlössern; elektrische und elektronische Schließzylinder; Transponder zur Betätigung elektrischer und elektronischer Schlösser, Schließanlagen und Mehrfachverriegelungen; elektronische Schlüssel mit einem eingebauten Transponder der genannten Art; elektronische Geräte für die Zutrittskontrolle an Gebäuden; elektronische Überwachungs- und elektronische Steuergeräte für Fenster- und Türverriegelungen; Chip- und Magnetkarten zur Betätigung elektronischer Steuergeräte für Fenster- und Türverriegelungen;

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Klasse 42: Technische Beratung bezüglich Schließanlagen, Türverriegelungs-anlagen, [X.], Schlössern, Schließzylindern, [X.], [X.] und [X.]; technische Planung von Schließanlagen, Türverriegelungsanlagen, [X.], Schlössern, Schließzylindern, [X.], [X.] und [X.];

7

Klasse 45: Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit, insbesondere für Gebäude; Überprüfung der Sicherheit von Fabriken.

8

Das [X.], Markenstelle für Klasse 7, hat die Anmeldung nach vorangegangener Beanstandung vom 8. Februar 2013 mit Beschlüssen vom 16. April 2013 und vom 11. August 2015, von denen letzterer im Erinnerungsverfahren ergangen ist, zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Anmeldezeichen der erforderlichen Unterscheidungskraft entbehre. Die Bezeichnung „[X.]“ werde von den angesprochenen Verkehrskreisen, nämlich Fachleuten und interessierten Endverbrauchern, als Kurzform der Angabe „[X.]“ verstanden. Dieses Wortverständnis werde durch verschiedene vom [X.] ermittelte [X.] belegt. Ferner liege diese Wortbedeutung auch deswegen nahe, weil sich die Angabe „[X.]“ erkennbar an die eingeführte Kurzbezeichnung „[X.]“, die einen elektrischen Türöffner benenne, anlehne. In der Bedeutung „[X.]“ werde das Anmeldezeichen in Verbindung mit den angemeldeten Waren und Dienstleistungen nicht als betrieblicher Herkunftshinweis, sondern als Sachangabe über ihre Art und Beschaffenheit bzw. über ihren Gegenstand aufgefasst. Es fehlten auch tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass sich das Anmeldezeichen infolge seiner Benutzung für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen in den beteiligten Verkehrskreisen als Marke durchgesetzt habe.

9

Ob das Anmeldezeichen darüber hinaus als schutzunfähige freihaltebedürftige Sachangabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] von der Eintragung ausgeschlossen sei, könne dahingestellt bleiben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 14. September 2015. Sie beantragt sinngemäß, die Beschlüsse des [X.]s vom 16. April 2013 und vom 11. August 2015 in vollem Umfang aufzuheben. Hilfsweise beantragt sie, die angegriffenen Beschlüsse insoweit aufzuheben, als die Anmeldung für die Waren „elektromotorische Antriebe für Schlösser von Gebäude-Außentüren“ zurückgewiesen worden ist und die Sache zur Feststellung der Verkehrsdurchsetzung des [X.] in Bezug auf die Waren

Zur Begründung weist sie darauf hin, dass die beanspruchten Schließanlagen, Schlösser und Geräte technisch komplexe und für die Gebäudesicherheit relevante Produkte seien. Deswegen sei vorliegend ausschließlich auf das Verständnis des Fachpublikums, insbesondere von Beschlagverarbeitern, abzustellen. Dieser Personenkreis erkenne in dem Anmeldezeichen nicht ohne weiteres eine Kurzform des Wortes „[X.]“. Die unter Fachleuten gebräuchliche Kurzform „[X.]“ lasse keine Folgerungen für das Verständnis der angemeldeten Bezeichnung „[X.]“ zu. So sei der erste Bestandteil „A“ keine gängige Abkürzung des Substantivs „Automatik“. In den durch das [X.] eingeführten [X.]n werde die Bezeichnung

Jedenfalls sei hinsichtlich der Waren „elektromotorische Antriebe für Schlösser von Gebäude-Außentüren“ die Verkehrsdurchsetzung des [X.] glaubhaft gemacht. Das Verfahren sei daher für weitere Ermittlungen zum Vorliegen der Verkehrsdurchsetzung an das [X.] zurückzuverweisen.

Den zunächst gestellten Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung hat die Anmelderin auf die Terminsladung vom 21. September 2017, in der der [X.] unter Bezugnahme auf verschiedene Belege (nachfolgend „Anlagen“ genannt) seine vorläufige Einschätzung der Sach- und Rechtslage dargestellt und insbesondere auf Anhaltspunkte für das Vorliegen einer freihaltebedürftigen Sachangabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] hingewiesen hat, zurückgenommen. Der [X.] hat daraufhin den vorgesehenen Verhandlungstermin aufgehoben.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung steht in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen jedenfalls das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen. Eine Verkehrsdurchsetzung des [X.] ist nicht glaubhaft gemacht. Die Markenstelle hat die Anmeldung daher im Ergebnis zu Recht gemäß § 37 Abs. 1 [X.] zurückgewiesen.

1. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, welche ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft, der [X.] der (beanspruchten) Waren oder der Erbringung der (beanspruchten) Dienstleistungen oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen können. Nach dem Zweck der auf Art. 3 Abs. 1 Buchstabe c) Markenrichtlinie beruhenden Regelung sollen Angaben, die Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreiben können, von allen Wettbewerbern frei verwendet werden können. Entscheidendes Kriterium für den Ausschluss der Eintragung ist allein die Eignung einer Bezeichnung zur beschreibenden Verwendung (vgl. [X.] GRUR 1999, 723, Rdnr. 25, 30, 32 - [X.]; [X.], 146, Rdnr. 31 f. - [X.]; [X.], 272, Rdnr. 9, 17 - Rheinpark-Center Neuss).

a) Der [X.] „Öffner“ bezeichnet im Bereich der [X.] einen Schalter oder eine andere Vorrichtung, der bzw. die eine Tür zum Öffnen frei gibt oder diese selbsttätig öffnet. Mit Strom betriebene „(Tür-) Öffner“ werden  „Elektroöffner“ oder „[X.]“ genannt (vgl. Anlagen 1a bis 1c und 4d). Auch die angemeldete Wortkombination „[X.]“, in der das Substantiv „Öffner“ durch den vorangestellten Buchstaben näher bestimmt wird, ist im Bereich der [X.] bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung am 3. Januar 2013 nachhaltig als Kurzbezeichnung der Angabe „[X.]“, „Automatik-Öffner“ oder „Automatischer Öffner“ verwendet worden. Bei derartigen Öffnern handelt es sich um motorbetriebene Vorrichtungen, die auf einen bestimmten Impuls hin, etwa einen Fingerscan, ein Schloss entriegeln (vgl. Anlagen 5 und 6). In einer beträchtlichen Anzahl von [X.] mehrerer Anbieter, insbesondere auch direkter Wettbewerber der Anmelderin, wird die Bezeichnung „[X.]“ in diesem eindeutig beschreibenden Sinne gebraucht.

So findet sich in dem Prospekt der [X.] - [X.], Ausgabe 09/2011 (Anlage 1a), und in dem Datenblatt der Firma [X.] vom 1. Oktober 2011 (Anlagen 1b und 1c) neben den Angaben „Türspaltsicherung“ und „Tagesentriegelung“ die Angabe „Elektrischer [X.]“ als Sachangabe. Das Datenblatt der Firma [X.] Beschläge aus dem [X.] (Anlage 2) erläutert die Funktionsweise eines [X.]s mit den Worten „[X.] geschlossen, mit [X.]“. In der Produktinformation der Firma [X.], Ausgabe 04/2007 (Anlage 3), wird mit dem Anmeldezeichen ein zentrales Bauteil von [X.] benannt („Hei-Secury Automatic mit [X.]“). Es bezeichnet vor dem Anmeldetag auch in Unterlagen der Firma [X.] ein optionales Ausstattungselement von Riegel-Fallenschlössern (Anlagen 4a bis 4d). Die Firma [X.] warb für [X.] am 7. Februar 2013, also erst kurz nach dem Anmeldetag, unter der Überschrift „Sonderausstattung Komfortpaket mit [X.]fingerprint mit [X.]“ (Anlage 5). In dem Produktblatt der Firma [X.], Ausgabe 07/2010 (Anlage 6), wird der Automatik-Öffner mit „[X.]“ abgekürzt und unter Verwendung der Begriffe „automatic opener“ und „gâche automatique“ mehrsprachig beschrieben. Am 12. Juli 2011 konnte im [X.] der Prospekt der Firma [X.] aufgerufen werden, in dem ein „Automatic-Schloß ohne bzw. mit [X.]“ für Compact-Haustüren angeboten wird (Anlagen 7a und 7b). Schließlich vertrieb die Firma [X.] am 10. November 2009 über das [X.] ein „[X.] mit [X.]“, das sich durch das automatische Öffnen mit dem Komfort der automatischen Verriegelung auszeichnet (Anlagen 8a und 8c).

b) Die genannten Belege lassen auf die allgemeine Eignung des Zeichens   „[X.]“ als Beschaffenheits- bzw. Bestimmungsangabe schließen, die nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] seiner Eintragung als Marke entgegensteht. Die umfangreiche Verwendung des Ausdrucks spricht zudem dafür, dass ihn [X.] und interessierte Endverbraucher bereits zum Anmeldezeitpunkt als Merkmalsbeschreibung im einschlägigen Produktbereich verstanden haben:

Mit Hilfe der Waren „elektromotorische Antriebe für Schlösser“ der Klasse 7 können Schlösser automatisch geöffnet werden, so dass es sich bei ihnen um „[X.]“ handelt. Die Beschaffenheit der Waren „elektrische und elektronische Schlösser; elektrische und elektronische Schließanlagen und Mehrfachverriegelungen, jeweils bestehend aus elektrischen und elektronischen Schlössern; elektrische und elektronische Schließzylinder; elektronische Geräte für die Zutrittskontrolle an Gebäuden“ (Klasse 9) wird durch die Angabe „[X.]“ dahingehend konkretisiert, dass sie mit einem [X.] ausgestattet sind. Die im Übrigen von der Anmeldung umfassten Waren „Transponder zur Betätigung elektrischer und elektronischer Schlösser, Schließanlagen und Mehrfachverriegelungen; elektronische Schlüssel mit einem eingebauten Transponder der genannten Art; elektronische Überwachungs- und elektronische Steuergeräte für Fenster- und Türverriegelungen; Chip- und Magnetkarten zur Betätigung elektronischer Steuergeräte für Fenster- und Türverriegelungen“ in Klasse 9 dienen der Ansteuerung von [X.]n, so dass das Wort „[X.]“ schlagwortartig ihren Verwendungszweck benennt. Mit der Angabe „[X.]“ wird zudem auf den zentralen Gegenstand der Beratungs- und Planungsdienstleistungen der Klasse 42 und der Dienstleistung „Beratung auf dem Gebiet der Sicherheit, insbesondere für Gebäude“ der Klasse 45 hingewiesen. Dies gilt auch für die allgemein gefasste Dienstleistung „Überprüfung der Sicherheit von Fabriken“, die Kontrollleistungen in Bezug auf [X.] einschließen kann.

Der Eintragung der angemeldeten Marke steht daher, worauf der [X.] im Ladungshinweis vom 21. September 2017 hingewiesen hat, für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen das Schutzhindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

2. Die Beschwerdeführerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass sich das Zeichen „[X.]“ gemäß § 8 Abs. 3 [X.] für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen in den beteiligten Verkehrskreisen durchgesetzt hat. Dies gilt insbesondere auch für die Waren „elektromotorische Antriebe für Schlösser von Gebäude-Außentüren“, die Gegenstand eines [X.] sein können (vgl. [X.], 701, Rdnr. 9 - Porsche 911).

Die Beschwerdeführerin hat zur Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung darauf hingewiesen, dass sie in den Jahren 2003 bis 2014 … elektromotorische Antriebe für Schlösser, die mit der Bezeichnung „[X.]“ versehen waren, in [X.] verkauft habe. Diese Angabe reicht ohne nähere Aussagen zum Marktanteil des Produkts und zur Wahrnehmung des Publikums nicht für eine Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung des Zeichens in den beteiligten Verkehrskreisen aus. Dieser Gesichtspunkt kann jedoch letztlich dahingestellt bleiben. Wie das [X.] zu Recht ausgeführt hat, kann den von der Anmelderin vorgelegten Unterlagen nämlich keine Verwendung des [X.] als Marke entnommen werden (vgl. § 8 Abs. 3 [X.]). Vielmehr handelt es sich um Sachhinweise auf einen motorischen Türöffner. So findet sich beispielsweise auf Seite 5 des mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2014 eingereichten Prospekts der Anmelderin der dem Produktnamen „[X.] Automatic“ folgende Zusatz „mit [X.]“, der mit den produktbeschreibenden Angaben „mit Sperrbügel“ und „mit Panikfunktion“ auf den Seiten 6 und 7 des Prospekts korrespondiert. Auch in den eingereichten Rechnungskopien finden sich keine ausreichenden Anhaltspunkte für den markenmäßigen Gebrauch der Angabe „[X.]“.

Mangels Glaubhaftmachung der Verkehrsdurchsetzung kommt eine Zurückverweisung der Sache an das [X.] gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 [X.] nicht in Betracht, so dass die Beschwerde zurückzuweisen war.

Meta

28 W (pat) 501/16

26.10.2017

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 26.10.2017, Az. 28 W (pat) 501/16 (REWIS RS 2017, 3241)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3241

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