Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.10.2014, Az. IV ZR 303/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 1940

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
IV ZR 303/13

Verkündet am:

22. Oktober 2014

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 22.
Oktober 2014

für Recht erkannt:

Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 7. Zi-vilsenats des [X.] vom 22. Juli 2013 aufgehoben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 1.
November 2012 zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin, eine gesetzliche Krankenkasse, nimmt die Beklagte auf Leistung aus einer Vermögensschadenhaftpflichtversicherung in [X.], die auch Schäden umfasst, die der Versicherungsnehmer "in Folge eines bei Ausübung satzungsgemäßer Tätigkeit von seinen Orga-nen, Beamten und Angestellten fahrlässig begangenen Verstoßes [X.] erlitten hat (Eigenschaden)".

Diese Versicherung hatte die Klägerin im Jahre 1995 bei der [X.] als führendem Versicherer mit
einer Versicherungssumme von zunächst 250.000
DM je Schadensereignis abgeschlossen. Der Versi-cherung lagen "Allgemeine Versicherungsbedingungen zur Haftpflicht-1
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versicherung für Vermögensschäden ([X.])" und mehrere, zunächst [X.] für ein Jahr mit [X.] abgeschlossene "Rahmenab-kommen zur [X.]" zugrunde. Nach Ziffer 11 der [X.] waren neben dem füh-renden Versicherer mit einem Anteil von 50% drei weitere Versicherer mit Anteilen von zweimal 20% und einmal 10% beteiligt.

Nach Ziffer 5 dieser Rahmenabkommen umfasste der [X.] "die Folgen aller während der Versicherungsdauer began-genen Verstöße, die den [X.] nicht später als 3 Jahre nach Be-endigung des [X.] gemeldet werden."

Die Rahmenabkommen sind in der Folge verschiedentlich neu ver-einbart worden, wobei auch die Beteiligten, ihre [X.] und die Versicherungssumme geändert wurden. Nach dem Rahmenabkommen 1997 waren nur noch die Beklagte
mit jetzt 70% sowie zwei weitere [X.] mit je 15% beteiligt und die Versicherungssumme je [X.] betrug nur noch 100.000
DM. Nach dem Rahmenabkommen 2002 war neben der [X.] nur noch ein weiterer Versicherer betei-ligt; die Versicherungssumme betrug jetzt 52.000

und Versicherungsschutz bestand nunmehr für "die Folgen aller während der Versicherungsdauer gemeldeten Schäden".

Nach §
5 Nr. 3a) der vereinbarten [X.] ist der Versicherungsneh-mer u.a. verpflichtet, "unter Beachtung der Weisungen des Versicherers dabei nichts [X.] zugemutet wird" und hat "alle Tatumstände, wel-

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Im vorliegenden Rechtsstreit geht es um einen behaupteten Versi-cherungsfall, der sich daraus ergeben solle, dass eine Sachbearbeiterin der Klägerin im Jahre 1996 die Abmeldung des Arbeitgebers für eine Versicherte nicht ordnungsgemäß bearbeitete, weshalb die Klägerin im Jahre 1997 noch Sachleistungen von insgesamt 60.903 DM zu deren Gunsten erbrachte.

Den ihr dadurch entstandenen Schaden meldete die Klägerin über die von ihr beauftragte Maklerin im Jahre 2001 bei der [X.] an. Diese erbat mit Schreiben vom 13. August 2001 von der Klägerin weitere Angaben sowie eine Stellungnahme der 1996 tätig gewordenen Sachbe-arbeiterin. Die Klägerin antwortete unter dem 11. Februar 2002, fügte [X.] die erbetene Stellungnahme der Sachbearbeiterin nicht bei und er-klärte dazu, sie "wird nach mehr als 5 Jahren zu einer einzelnen Meldung keine Angaben machen können." Die Beklagte teilte daraufhin mit Schreiben vom 15. März 2002 mit, auf dieser Stellungnahme zu [X.], und erbat ferner weitere näher bezeichnete Angaben zu Eingang und Inhalt der Abmeldung des Arbeitgebers, zur Kenntnis vom Schaden und dem Unterlassen früherer Prüfung, ob zu Unrecht übernommene Kosten vorliegen. Hierauf reagierte die Klägerin bis 2010 nicht.

Mit ihrer Klage macht sie einen Betrag von 50% der um den m-

e-klagte geltend.

Die Beklagte hat das Vorliegen eines Versicherungsfalls bestritten; zumindest sei dieser nicht innerhalb der vertraglich vereinbarten Nach-haftungsfrist gemeldet worden, da der Abschluss neuer Rahmenabkom-6
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men als Novation anzusehen sei. Ferner hat sie sich auf Verjährung und Verwirkung sowie auf Leistungsfreiheit wegen Verletzung der [X.] berufen.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer [X.].

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet.

[X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt:

Ein Versicherungsfall liege vor. Es stehe zur Überzeugung des [X.] fest, dass die Sachbearbeiterin fahrlässig die Abmeldung des [X.] durch den Arbeitgeber nicht ordnungsgemäß bearbeitet, sondern versehentlich der Ablage zugeführt habe, wodurch die Klägerin unge-rechtfertigte Leistungen für die Versicherte in der geltend gemachten Höhe erbracht habe.

Der Anspruch der Klägerin scheitere nicht an der Frist in Ziffer 5 des [X.] 1996. Zwar sei der 1996 eingetretene Verstoß erst 2001 gemeldet worden; jedoch fehle es an einer zwischenzeitlichen Beendigung des [X.]. Entgegen der Auffassung der [X.] sei nicht mit jeder Vereinbarung eines neuen [X.] beendet und ein neuer Vertrag ge-10
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schlossen worden, sondern es habe sich jeweils nur um [X.] gehandelt.

Des Weiteren habe die Klägerin keine Obliegenheit verletzt. Ihren Verpflichtungen nach § 5 Ziff. 3a) [X.] sei sie ausreichend nachgekom-men. Sie sei nicht verpflichtet gewesen, eine Stellungnahme ihrer Sach-bearbeiterin einzuholen, weil der Ablauf der Vorgänge durch ihren Mitar-beiter H.

bereits vollständig ermittelt und mitgeteilt worden sei. Der [X.] sei es nur um einen zusätzlichen Beleg für bereits erteilte Auskünfte der Klägerin gegangen, worauf sie keinen Anspruch habe. Ebenso sei nicht zu beanstanden, dass einzelne weitere Fragen unbe-antwortet geblieben seien, da nicht ersichtlich sei, dass dies Auswirkun-gen auf die Feststellung des [X.] hätte haben können.

Der Anspruch sei auch weder verjährt noch verwirkt. Die zweijähri-ge Verjährungsfrist des hier maßgeblichen § 12 Abs. 1 [X.] a.F. habe mit Ablauf des Jahres 2002 begonnen, weil die den Versicherungsfall be-treffenden nötigen Feststellungen der [X.] unabhängig von ihren weiteren Fragen in jenem Jahr vorgelegen hätten. Indes sei mit dem Be-ginn der Verjährung aufgrund der vorherigen Anmeldung des Anspruchs sogleich die Hemmung der Verjährungsfrist eingetreten, die gemäß § 12 Abs. 2 [X.] a.F. erst mit Eingang der schriftlichen Entscheidung des Versicherers geendet hätte. Eine solche Entscheidung liege frühestens in einer E-Mail vom 10. Oktober 2011, so dass die Verjährung durch Zu-stellung des Mahnbescheids im Januar 2012 erneut rechtzeitig gehemmt worden sei. Das Ende der Hemmung sei nicht nach [X.] und Glauben vorzuverlegen, weil die Klägerin über lange Zeit untätig geblieben sei. Die Nichtbeantwortung der letzten Anfrage habe eher auf ein Versehen als auf einen Anspruchsverzicht hingedeutet; die Beklagte habe es in der 15
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Hand gehabt, an die Beantwortung der Fragen zu erinnern oder mit ei-nem Bescheid die Verjährungsfrist in Lauf zu setzen. Entsprechendes gelte für den Einwand der Verwirkung.

I[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

1. Von einem Versicherungsfall ist allerdings auszugehen.

a) Die tatsächlichen Feststellungen zur fahrlässig fehlerhaften Sachbearbeitung und dem dadurch entstandenen Schaden werden von der Revision nicht angegriffen.

b) Die Annahme des Berufungsgerichts, dass im Abschluss neuer Rahmenabkommen bloße Vertragsänderungen zu sehen sind, weshalb der Ausschluss nach Ziffer 5 der Rahmenabkommen nicht eingreife, lässt ebenfalls keine Rechtsfehler erkennen.

Maßgeblich dafür, ob eine bloße Vertragsänderung oder eine No-vation des Schuldverhältnisses vorliegt, ist der aus den gesamten [X.] zu ermittelnde Wille der Vertragsparteien, der seinen [X.] in den Vertragsverhandlungen und Vertragserklärungen gefunden haben muss. Dabei kann die Veränderung wesentlicher Vertragsinhalte, etwa des versicherten Risikos, des versicherten Objekts, der Vertrags-dauer, der Vertragsparteien und der Gesamtversicherungssumme zwar für einen neuen Vertrag sprechen (Senatsbeschlüsse vom 21. März 2012 -
IV ZR 204/10, [X.], juris Rn. 10; vom 21. September 2011 -
IV ZR 38/09 "[X.]", [X.], 1563 Rn. 21; jeweils m.w.[X.]). Ande-17
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rerseits sind der Umstand, dass die geänderten Rahmenabkommen nur über die Ausstellung von Nachträgen zum Versicherungsschein (in [X.] noch im Nachtrag Nr.
21 vom 8.
März 2004 als Vertragsbeginn [X.] der 1.
Januar 1995 genannt ist) einbezogen wurden, sowie der [X.], dass das versicherte Risiko gleich geblieben ist, Indizien für einen auf Fortführung des bestehenden Vertrages gerichteten Parteiwillen. Die Feststellung des Parteiwillens unter Berücksichtigung dieser Indizien ist grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Insoweit sind revisionsrechtlich beachtliche Fehler im Streitfall nicht ersichtlich.

2. Das Berufungsgericht hat weiter zu Recht eine Verjährung des geltend gemachten Anspruchs verneint.

Zutreffend hat es zugrunde gelegt, dass gleichzeitig mit dem Be-ginn der Verjährung eine Hemmung gemäß § 12 Abs. 2 [X.] a.F., der auf
den Schadenfall gemäß Art.
1 Abs.
2 EG[X.] Anwendung findet, ein-getreten ist, die bis zur Leistungsablehnung der [X.] im Oktober 2011 andauerte. Entgegen der Auffassung der Revision kommt eine vor-zeitige Beendigung dieser Hemmung im Hinblick auf die jahrelange Untä-tigkeit der Klägerin nicht in Betracht.

Zwar hat der [X.] zu der § 12 Abs. 2 [X.] a.F. ent-sprechenden Regelung des § 3 Nr. 3 Satz 3 PflVG a.F. entschieden, dass die Bestimmung, nach der die Verjährungshemmung nur durch schriftlichen Bescheid des Versicherers enden solle, dann keine Berech-tigung mehr habe, wenn die Erteilung eines schriftlichen Bescheids kei-nen Sinn mehr hätte und nur reine [X.] wäre, weil der Geschädigte die angemeldeten Ansprüche offensichtlich nicht weiterverfolge und auf einen endgültigen Bescheid des Versicherers gar nicht mehr warte ([X.], 22
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Urteil vom 14. Dezember 1976 -
VI ZR 1/76, [X.], 335 unter II 3 a); er hat aber auch klargestellt, dass allein die bloße Untätigkeit des Geschädigten über einen
längeren Zeitraum nicht genüge, um diese Vo-raussetzung zu bejahen ([X.] aaO). In ähnlicher Weise hat der Senat zu den Auswirkungen einer bloßen Untätigkeit des Gläubigers für die Frage des Verjährungsbeginns ausgeführt, dass es für einen vorzeitigen [X.] aufgrund treuwidrigen Verhaltens des Versicherungs-nehmers nicht ausreiche, wenn dieser einen Anspruch nur verspätet gel-tend mache (Senatsurteil vom 13. März 2002 -
IV ZR 40/01, [X.], 698 unter 2 b); auch danach müssten also weitere Umstände zu einer bloßen Untätigkeit hinzukommen.

Andere Umstände als die Untätigkeit der Klägerin sind aber auch im Streitfall nicht ersichtlich.

3. [X.] hat das Berufungsgericht jedoch eine Verletzung der Aufklärungsobliegenheit nach §
5 Nr. 3 a) [X.] durch die Klägerin verneint.

Die Klägerin hat diese Obliegenheit verletzt, indem sie dem Ver-langen der [X.], eine Stellungnahme der tätig gewordenen Sach-bearbeiterin vorzulegen, selbst nach wiederholter Aufforderung im Schreiben vom 15.
März 2002 nicht nachgekommen ist.

a) Durch §
5 Nr. 3a) [X.] wird die Auskunftspflicht des [X.] nach § 34 [X.] a.F. lediglich weiter präzisiert. Zur Reich-weite der Auskunftspflicht der Klägerin gilt deshalb, dass es grundsätz-lich Sache des Versicherers ist, welche Angaben er zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält, um seine Entscheidung über die Leis-25
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tungspflicht auf ausreichender und gesicherter Tatsachengrundlage tref-fen zu können. Dazu gehören auch Umstände, die lediglich Anhaltspunk-te für oder gegen das Vorliegen eines Versicherungsfalles liefern [X.]. Dagegen kommt es nicht darauf an, ob sich die vom Versicherungs-nehmer geforderten Angaben am Ende nach dem Ergebnis der Prüfung als für die Frage der Leistungspflicht tatsächlich wesentlich erweisen (Senatsurteil vom 16. November 2005 -
IV ZR 307/04, [X.], 258 unter II 1
b; vgl. zum inhaltlich unveränderten neuen Recht auch [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 31 Rn.
7). Somit ist die Frage der Erforderlichkeit der erbetenen Auskünfte ex [X.] zu beurteilen, wobei dem Versicherer ein erheblicher Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist.

Maßgeblich für die Zulässigkeit von Auskunftsersuchen des [X.] und die Reichweite der sich daraus ergebenden Auskunftspflicht des
Versicherungsnehmers ist der Zweck der Aufklärungsobliegenheit, die dem Versicherer die sachgerechte Prüfung seiner Leistungspflicht ermöglichen soll, was auch der durchschnittliche Versicherungsnehmer in Anbetracht der Regelung über die Weisungsbefugnis des Versicherers und die weite Fassung der Klausel mit Einbeziehung aller Tatumstände, die auch nur "Bezug" auf den Schadenfall haben, erkennen kann. [X.] erstreckt sich die Auskunftspflicht auf jeden Umstand, der zur Auf-klärung des Tatbestandes dienlich
sein kann (vgl. auch Senatsurteil vom 1.
Dezember 1999
[X.], [X.], 222), soweit dem [X.] nichts "[X.] zugemutet" wird.

b) Hieraus folgt im Streitfall, dass die Klägerin gehalten war, zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts auch mitzuteilen, was ihre frühere Sachbearbeiterin noch selbst zu den Gründen ihrer fehlerhaften Bearbei-tung angeben kann und hierzu die erbetene Stellungnahme ihrer frühe-29
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ren Sachbearbeiterin einzuholen oder sich wenigstens hierum zu [X.].

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war dies auch nicht deshalb entbehrlich, weil der äußere Ablauf der Vorgänge bereits von einem anderen Mitarbeiter der Klägerin ermittelt und mitgeteilt [X.] war. Für die Feststellung des Versicherungsfalles kam es nicht nur auf diesen äußeren Ablauf, sondern auch auf die Frage des Verschul-dens der Sachbearbeiterin an, da nur fahrlässige Pflichtverletzungen versichert sind, ein Versicherungsfall also sowohl bei vorsätzlichem als auch bei schuldlosem Handeln
ausschied. Deshalb musste sich die [X.]
anders als das Berufungsgericht meint

nicht mit dem Ermitt-lungsergebnis des Mitarbeiters der Klägerin zufrieden geben. Vielmehr war es in jedem Falle zweckdienlich, auch eine Äußerung der Handeln-den selbst herbeizuführen. Dies gilt sowohl im Hinblick auf einen etwai-gen Vorsatz, für dessen Feststellung anderenfalls nur auf Indizien, Er-fahrungssätze und Schlussfolgerungen zurückgegriffen werden könnte, als auch im Hinblick darauf, ob der Sachbearbeiterin die korrekte Ar-beitsweise bekannt war und warum sie nicht angewandt wurde, was für einen [X.] von Bedeutung ist. Mag auch die Wahr-scheinlichkeit groß sein, dass diese nach so vielen Jahren keine [X.] Erinnerung an den einzelnen Vorgang mehr
hatte, so kann dies doch nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Selbst wenn die [X.] der Klägerin, dass schon nach der Lebenserfahrung bei der [X.] Konstellation in jedem Falle von einem fahrlässigen Pflichtver-stoß auszugehen wäre, für den Regelfall zutreffen sollte, hätten durch eine Befragung der Sachbearbeiterin möglicherweise eventuelle beson-dere Umstände zutage gefördert werden können, die die nach der Le-benserfahrung naheliegende Fahrlässigkeit in die eine oder andere [X.]
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tung ausschließen konnten und deshalb gegebenenfalls eine vom [X.] abweichende Beurteilung erforderten. Zur Prüfung der Frage, ob hier eventuell ein solcher Ausnahmefall vorliegt, war die erbetene Stellung-nahme nicht von vornherein ungeeignet. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin im Berufungsverfahren zitierten Urteil des [X.] ([X.], 711), weil sich in dem dort ent-schiedenen Sachverhalt die Person des tätig gewesenen [X.] gerade nicht mehr feststellen ließ.

Der Annahme einer Obliegenheitsverletzung steht nicht entgegen, dass die Klägerin das, was sie an Tatsachen schon ermittelt hatte und deshalb positiv wusste, dem führenden Versicherer mit der Schadenan-zeige und dem Bericht ihres Mitarbeiters H.

bereits mitgeteilt [X.]. Der auskunftspflichtige Versicherungsnehmer muss sich über die [X.], zu denen der Versicherer berechtigt Auskunft verlangt, gegebe-nenfalls erkundigen (Senatsurteil vom 21. April 1993
[X.], [X.], 828 unter 2 c; vgl. auch [X.] in [X.]/[X.], [X.] 28. Aufl. § 31 Rn. 3; [X.]/[X.] in [X.]/[X.], [X.] 27. Aufl. § 5 AHB Rn. 6). Deshalb war die Klägerin verpflichtet, sich auch weiteres Tatsachenwissen zu verschaffen, indem sie ihre frühere Mitarbeiterin be-fragte, ob diese eine konkrete Erinnerung an den Vorgang habe oder sonst Angaben zur Art ihrer damaligen Sachbearbeitung und deren Gründen machen könne.

Schließlich ist es für die Annahme einer Obliegenheitsverletzung unerheblich, dass sich die Sachbearbeiterin im Zeitpunkt der Aufforde-rung des Versicherers im Erziehungsurlaub befand. Dieser Umstand ent-hob die Klägerin nicht ihrer Obliegenheit, sich um eine Stellungnahme ih-rer Mitarbeiterin wenigstens zu bemühen.
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c) Die Obliegenheitsverletzung der Klägerin ist auch nicht folgen-los geblieben, so dass es auf die weiteren Voraussetzungen der so ge-nannten Relevanzrechtsprechung des Senats (vgl. dazu Senatsurteile vom 28.
Februar 2007
IV ZR 231/05, [X.], 785 unter [X.]; vom 26.
Januar 2005
IV ZR 239/03, [X.], 493 unter [X.]; vom 21.
Januar 1998
IV ZR 10/97, [X.], 447 unter 2 b) nicht an-kommt. Denn es steht nicht fest, ob und ggf. welche weiteren [X.] eine Befragung der Mitarbeiterin der Klägerin erbracht hätte, so dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die Unterlassung auf die Möglichkeiten zur Feststellung des Versicherungsfalls ausgewirkt hat.

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d) Die danach anzunehmende Obliegenheitsverletzung führt ge-mäß §
6 Abs.
3 [X.] a.F. in Verbindung mit § 5 Nr.
3a), §
6 Nr.
1 [X.] zur Leistungsfreiheit der [X.], weshalb die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des [X.]s zurückzuweisen ist.

[X.]

[X.] [X.]

[X.] [X.]

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 01.11.2012 -
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OLG [X.], Entscheidung vom 22.07.2013 -
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Meta

IV ZR 303/13

22.10.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.10.2014, Az. IV ZR 303/13 (REWIS RS 2014, 1940)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1940

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
Wird zitiert von

20 U 149/15

Zitiert

IV ZR 303/13

IV ZR 38/09

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