Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.02.2018, Az. 30 W (pat) 513/16

30. Senat | REWIS RS 2018, 14627

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "OLYMPIA (Wort-Bild-Marke)" – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis – keine sonstigen gesetzlichen Benutzungsverbote


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2015 040 482.9

hat der 30. Senat (Marken- und [X.]) des [X.] in der Sitzung vom 1. Februar 2018 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]s Prof. Dr. Hacker sowie der [X.] [X.] und Dr. von Hartz

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.] vom 31. August 2015 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das [X.] (grau, rot)

Abbildung

2

ist am 27. Mai 2015 zur Eintragung in das beim [X.] ([X.]) geführte Register unter der Nummer 30 2015 040 482.9 für nachfolgende Waren der Klasse 9 angemeldet worden:

3

"Smartphones; Mobiltelefone; [X.]; Zentraleinheiten für Alarmanlagen, Alarmanlagen mit automatischer [X.] oder Festnetzwähleinrichtung; Elektrische und elektronische Einbruchalarmgeräte; Einbruchalarmanlagen; Einbruchsmelder [ausgenommen für Fahrzeuge]; Bewegungsmelder; Rauchmelder; Tor- und Fenstersensoren für Alarmanlagen; Wassermelder; Glasbruchmelder; Notruf-Fernbedienungen; [X.] insbesondere Überwachungskameras; Sirenen; Fernsteuerungen insbesondere Fernsteuerungen über Datennetzwerke oder das [X.] zur Steuerung oder Kontrolle von elektrischen oder elektronischen Geräten, insbesondere elektrischen Haushaltsgeräten, Kühlgeräten, Herden, Beleuchtungskörpern oder Beleuchtungsanlagen, Rollladen-, Tür- oder [X.], Klimageräten und Klimaanlagen, Beschattungsvorrichtungen (Markisen) sowie Heizungen und Heizungsanlagen".

4

Die mit einem Beamten des gehobenen Dienstes besetzte Markenstelle für Klasse 9 hat die Anmeldung mit Beschluss vom 31. August 2015 zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, das angemeldete Zeichen sei nicht unterscheidungskräftig. Die Unterscheidungskraft sei nicht nur bei Zeichen zu verneinen, die einen beschreibenden Begriffsinhalt oder Bezug aufwiesen, sondern auch bei Angaben, die der Verkehr - unabhängig von den beanspruchten Waren und Dienstleistungen - nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstünde. Ein solcher Fall liege hier vor, da es sich bei dem Anmeldezeichen um einen gebräuchlichen Begriff der [X.] handele, welcher wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solcher verstanden werde. Das Anmeldezeichen werde aufgrund der häufigen Verwendung als Hinweis auf die [X.] verstanden. Der angesprochene Verkehr erkenne daher in dem Anmeldezeichen keinen individualisierenden Bedeutungsgehalt mehr. Dies gelte umso mehr aufgrund der herausragenden Bedeutung der [X.] als Großereignis. Ferner weise die grafische Gestaltung keine Besonderheiten auf, die dem Anmeldezeichen einen schutzfähigen Gesamteindruck verliehen.

5

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin.

6

Sie macht geltend, dass die angemeldete Bezeichnung über die erforderliche Unterscheidungskraft verfüge. Wie der angesprochene Verkehr die angemeldete Bezeichnung verstehe, lasse sich im [X.]zeitalter sehr leicht durch die Eingabe dieser Bezeichnung als Suchbegriff bei den großen [X.]-Suchmaschinen feststellen. Suchmaschinen sortierten die Ergebnisse nach Relevanz, um dem Anwender die Benutzung der Suchmaschine zu erleichtern. Der [X.] habe am 11. Oktober 2015 bei den Suchmaschinen "[X.]" und "[X.]" eine entsprechende Suche durchgeführt. Bei ersterer sei an dritter Stelle der Hinweis auf die [X.]seite [X.], der Schwestergesellschaft der Anmelderin, aufgeführt gewesen. Bei der anderen Suchmaschine sei dieser Hinweis bereits an der zweiten Stelle erfolgt. Der Verkehr verstehe das Wort "[X.]" keineswegs nur als Hinweis auf die [X.]. Dem Verkehr sei vielmehr bekannt, dass unter dieser Bezeichnung seit vielen Jahrzehnten insbesondere Waren der [X.] vertrieben würden.

7

Die Anmelderin beantragt sinngemäß,

8

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 des [X.]s vom 31. August 2015 aufzuheben.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ist die dem Zeichen innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die von der Anmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und diese somit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. [X.] [X.] 2012, 610 Rn. 42 - [X.]; [X.] 2008, 608 Rn. 66 f. - [X.]; [X.] [X.] 2016, 934 Rn. 9 - [X.]; [X.] 2013, 731 Rn. 11 - [X.]; [X.] 2012, 1143 Rn. 7 - [X.]). Denn die Hauptfunktion einer Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. [X.] [X.] 2006, 233 Rn. 45 - Standbeutel; [X.] 2006, 229 Rn. 27 - BioID; [X.] [X.] 2008, 710, Rn. 12 - [X.]; [X.] 2009, 949, Rn. 10 - My World). Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein [X.] begründet, ist nach der Rechtsprechung des [X.] ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (vgl. [X.] [X.] 2012, 1143, Rn. 7 - [X.]; [X.] 2012, 1044, 1045, Rn. 9 - [X.]; [X.] 2012, 270, Rn. 8 - Link economy).

Maßgeblich für die Beurteilung der Unterscheidungskraft sind einerseits die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und andererseits die Auffassung der beteiligten inländischen Verkehrskreise, wobei auf die Wahrnehmung des Handels und/oder des normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen [X.] bzw. -abnehmers der fraglichen Waren oder Dienstleistungen abzustellen ist (vgl. [X.] [X.] 2006, 411 Rn. 24 - Matratzen Concord/[X.]; [X.] 2004, 943 Rn. 24 - SAT.2; [X.] [X.] 2014, 376 Rdnr. 11 - [X.]; [X.] 2010, 935 Rn. 8 - Die Vision).

Hiervon ausgehend besitzen Wortmarken dann keine Unterscheidungskraft, wenn ihnen die maßgeblichen Verkehrskreise lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnen (vgl. [X.] [X.] 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor; [X.] [X.] 2012, 1143 Rn. 9 - [X.]; [X.] 2012, 270, 271 Rn. 11 - Link economy; [X.] 2001, 1151, 1152 - marktfrisch) oder wenn diese aus gebräuchlichen Wörtern oder Wendungen der [X.] oder einer geläufigen Fremdsprache bestehen, die etwa wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung oder in den Medien stets nur als solche und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden werden (vgl. u. a. [X.] [X.] 2006, 850, 854 Rn. 19 - [X.]; [X.] 2003, 1050, 1051 - [X.]). Darüber hinaus besitzen keine Unterscheidungskraft auch solche Zeichen, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen zwar nicht unmittelbar betreffen, durch die aber ein enger beschreibender Bezug zu diesen hergestellt wird (vgl. [X.] [X.] 2010, 1100 Rn. 23 - [X.]!; [X.] 2006, 850 Rn. 28 f. - [X.]). Hierfür reicht es aus, dass ein Wortzeichen, selbst wenn es bislang für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen nicht beschreibend verwendet wurde oder es sich gar um eine sprachliche Neuschöpfung handelt, in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal dieser Waren oder Dienstleistungen bezeichnen kann ([X.] [X.] 2004, 146 Rdnr. 32 - DOUBLEMINT).

Diesen Anforderungen genügt das angemeldete Zeichen.

a) Mit den hier maßgeblichen Waren der [X.] werden [X.] und Endverbraucher angesprochen, wobei es sich um Produkte handelt, die mit Bedacht und auch nach fachkundiger Beratung erworben oder nachgefragt werden.

Der [X.][X.]" gehört zum allgemeinen Sprachgebrauch ([X.] [X.] „014, 1215 Rn. 44 - [X.]-Rabatt). Er bezeichnet eine antike Kultstätte des [X.] und der [X.] in der [X.] Landschaft [X.] auf dem [X.]. In der Antike war [X.] der Schauplatz der alt[X.] [X.]. Davon abgeleitet bezeichnet der Begriff "[X.]" auch die modernen [X.]. Ferner ist "[X.]" die Hauptstadt des Bundesstaates [X.] in den [X.] sowie der Name weiterer Städte. Der Begriff ist ferner ein weiblicher Vorname (vgl. [X.], [X.], 3. Aufl., Stichwort: [X.]). Insoweit schränkt sich das Verständnis des [X.] entgegen der Auffassung der Markenstelle nicht dahingehend ein, dass der Begriff "[X.]" stets nur mit den [X.]n gleichgesetzt und somit nur als Synonym verstanden werden würde.

c) Für die beanspruchten Waren kann das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht festgestellt werden.

aa) Mit den oben dargelegten Bedeutungen beschreibt das Anmeldezeichen keine Merkmale der angemeldeten Waren unmittelbar. Auch besteht kein enger beschreibender Bezug, da die Waren jedenfalls in keinem näheren Zusammenhang zu den [X.]n stehen (vgl. hierzu [X.] W (pat) 119/00 - [X.]; [X.], [X.] für Veranstaltungen, [X.] 2010, S. 201).

Alleine die Tatsache, dass auch die beanspruchten Waren "

bb) Aber auch aus sonstigen Gründen fehlt dem angemeldeten Zeichen nicht die Unterscheidungskraft. Das angemeldete Zeichen wird trotz seiner allgemeinen Bekanntheit nicht nur als solches in den Bedeutungen "[X.]de" oder "[X.]" im Sinne des Sportereignisses verstanden. Der beanspruchte Begriff "[X.]" ist inhaltlich für sich genommen nicht eindeutig auf ein bestimmtes sportliches Großereignis beschränkt (vgl. in diesem Sinne [X.], 30 W (pat) 255/03 - [X.]/[X.]; vgl. auch [X.], [X.], [X.] 2007, S. 91). Dies gilt trotz des Umstandes, dass der Begriff "[X.]" zum Teil synonym für die [X.] oder die [X.]de verwendet wird. Je nach Sachzusammenhang hat er unterschiedliche Bedeutungen. Ferner lässt sich der Begriff auch nicht einer [X.]de in einem konkreten Jahr zuordnen, mithin fehlt es daran, dass der Verkehr in der angemeldeten Bezeichnung in Bezug auf die beanspruchten Waren allein einen Hinweis auf ein zeitlich bestimmtes (Sport-)Ereignis sieht.

2. Aus vorstehenden Gründen liegt auch das [X.] nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht vor.

3. Das [X.] des § 8 Abs. 2 Nr. 9 [X.] besteht ebenfalls nicht.

Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 9 [X.] sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, deren Benutzung ersichtlich nach "sonstigen Vorschriften" im öffentlichen Interesse untersagt werden kann. Unter die „sonstigen Vorschriften“ im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 9 [X.] fällt auch das [X.]schutzgesetz ([X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Aufl., § 8 Rn. 890). Vorliegend fehlt es jedoch zumindest an der Voraussetzung, dass die Benutzung

§ 1 Abs. 3 OlympSchG schützt u. a. den Begriff "[X.]". § 3 Abs. 2 S. 1 OlympSchG verbietet die Verwendung der olympischen Bezeichnungen u. a. zur Kennzeichnung von Waren oder Dienstleistungen, wenn hierdurch die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Bezeichnung mit den [X.]n oder der [X.] gedanklich in Verbindung gebracht wird. Gleiches gilt nach Satz 2, wenn durch die Verwendung die Wertschätzung der [X.] oder der [X.] ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt oder beeinträchtigt wird. Es kann dahingestellt bleiben, ob vorliegend die unterschiedlichen Varianten des Verbotstatbestandes eingreifen. Es kann jedenfalls nicht festgestellt werden, dass jede Benutzung des Anmeldzeichens

Die von der angemeldeten Marke beanspruchten Waren weisen, wie bereits ausgeführt, keinen spezifischen Bezug zur den [X.]n oder zur [X.] auf. Schon deshalb ist es eher unwahrscheinlich, jedenfalls aber nicht ersichtlich, dass die Verwendung der angemeldeten Marke zu irgendwelchen Verwechslungen mit den olympischen Bezeichnungen führt. Auch eine Ausnutzung oder Beeinträchtigung deren Wertschätzung liegt fern, zumal die grafische Gestaltung keinerlei Anklänge an das olympische Emblem im Sinne von § 1 Abs. 2 OlympSchG aufweist. Hinzu kommt, worauf die Anmelderin zutreffend hingewiesen hat, dass insbesondere Gerätschaften der Klasse 9 in [X.] seit Jahrzehnten unter der Marke "[X.]" beanstandungsfrei auf den Markt gebracht worden sind.

Meta

30 W (pat) 513/16

01.02.2018

Bundespatentgericht 30. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 01.02.2018, Az. 30 W (pat) 513/16 (REWIS RS 2018, 14627)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 14627

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