Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.02.2015, Az. 29 W (pat) 524/13

29. Senat | REWIS RS 2015, 15086

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "EINANDER (Wort-Bild-Marke)" – Hessisches Landeswappen tritt in seiner hoheitlichen Bedeutung in der Marke in Erscheinung – Erlaubnis zum Führen des Hessischen Landeswappens durch den zuständigen Staatsminister - kein Vorliegen des absoluten Schutzhindernisses: Verbot der Benutzung staatlicher Hoheitszeichen


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2012 034 361.9

hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] im schriftlichen Verfahren am 24. Februar 2015 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin  [X.] und der Richterinnen [X.] und Akintche

beschlossen:

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 22. Januar 2013 aufgehoben.

Gründe

I.

1

Das [X.]

Abbildung

2

ist am 16. Mai 2012 zur Eintragung als Marke (in schwarz/weiß) in das beim [X.] ([X.]) geführte Register für zahlreiche Waren und Dienstleistungen aus den Klassen 16, 18, 24, 27, 28, 35, 36, 41 und 45 angemeldet worden.

3

Die Markenstelle für Klasse 35 des [X.]s hat die Anmeldung nach entsprechender Beanstandung mit Beschluss vom 22. Januar 2013 nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] zurückgewiesen, weil das Anmeldezeichen das Landeswappen des [X.] enthalte und die Befugnis zur Führung des [X.] in der Marke nicht nachgewiesen worden sei.

4

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin, mit der sie beantragt,

5

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 35 des [X.] vom 22. Januar 2013 aufzuheben.

6

Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie sei befugt, das Landeswappen zu benutzen, weil es sich bei ihr um eine am 28. November 2011 auf Initiative des [X.] vom [X.] gegründete [X.] handle.

7

Mit [X.] vom 7. August 2014 hat der Senat die Beschwerdeführerin zur Vorlage einer Bestätigung der zuständigen Stelle aufgefordert, dass sie zur Führung des [X.] in der Marke berechtigt ist.

8

Die Beschwerdeführerin hat daraufhin ein Schreiben des Staatsministers des [X.] und für Sport vom 4. Februar 2015 eingereicht, in dem dieser unter dem Betreff „Markenanmeldung Landesstiftung „Miteinander in [X.]“ u. a. folgendes erklärt: „…genehmige ich in Ausnahme zu der regelmäßigen Verwendung des [X.] nach § 1 der [X.] die Verwendung des Landeswappens für die Marke „Miteinander in [X.]“. Die Genehmigung bezieht sich ausschließlich auf die Verwendung im Rahmen der genannten Marke…“.

9

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde hat in der Sache nach der Vorlage der Erlaubnis zum Führen des [X.] im Sinne des § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] Erfolg.

Von der Eintragung in das Markenregister sind gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] Marken ausgeschlossen, die Staatswappen, Staatsflaggen, andere staatliche Hoheitszeichen oder bestimmte inländische Wappen enthalten. Diese Vorschrift ist gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 [X.] auch dann anzuwenden, wenn das Anmeldezeichen die Nachahmung eines dort genannten [X.] enthält, wobei es sich um eine Nachahmung im heraldischen Sinne handeln muss.

Das Führen von Hoheitszeichen symbolisiert staatliches oder staatlich autorisiertes Handeln. Die Entscheidung über die Berechtigung zum Führen von Hoheitszeichen ist deshalb dem Hoheitsträger vorbehalten. § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 [X.] dient der Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 Buchstabe h [X.], der wiederum Art. 6ter [X.] Rechnung trägt. Sein gesetzgeberischer Zweck liegt darin, zu verhindern, dass öffentliche Hoheitszeichen für geschäftliche Zwecke ausgenutzt oder gar missbraucht werden, zumal sie auch nicht Gegenstand von Monopolrechten einzelner Privater werden dürfen. Eine solche Eintragung oder Benutzung würde nämlich das Recht des Staates verletzen, die Verwendung der Symbole seiner Hoheitsgewalt zu kontrollieren, und könnte außerdem den Verkehr über den Ursprung der mit solchen Marken gekennzeichneten Waren irreführen ([X.] in [X.]/[X.], [X.], 11. Auflage, § 8 Rn. 788, 789; [X.], 705 - Euro-Billy).

Ausgehend von diesem Gesetzeszweck ist § 8 Abs. 2 Nr. 6 [X.] eng auszulegen und einer ausdehnenden Interpretation nicht zugänglich (vgl. zu § 4 Abs. 2 Nr. 2 [X.]: [X.], 47 (48) – [X.]; [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 790).

Um der ungerechtfertigten Ausnutzung hoheitlicher Symbole entgegenzuwirken, genügt es für die Schutzversagung nach § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 [X.] jedoch, wenn das Anmeldezeichen lediglich in einem seiner Bestandteile ein derartiges staatliches Hoheitszeichen enthält, welches aber innerhalb der Marke hinreichend deutlich - d. h. als solches - in Erscheinung treten muss. Ausgenommen vom Schutzbereich der Norm sind daher Abbildungen, bei denen [X.] wegen abweichender Größenverhältnisse, und/oder der Art der Darstellung bzw. der Einbindung in das [X.] gar nicht der Eindruck eines hoheitlichen Symbols entsteht, weil es sich auf eine rein dekorative Verwendung ohne Hinweis auf offizielle [X.] beschränkt (vgl. [X.], 17 - [X.]; [X.], 187 - Flaggenball; [X.] 30, 233, 235 - Verkleinertes Wappen; vgl. [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 791; [X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 8 Rn. 287). Maßgeblich ist daher, ob das beanspruchte Zeichen in seiner Gesamtheit unter Berücksichtigung der Auffassung der beteiligten Verkehrskreise den Eindruck eines hoheitlichen Bezugs ([X.] einer staatlichen Prüfung, Empfehlung) erweckt. Hiervon ist im vorliegenden Fall auszugehen.

Das verfahrensgegenständliche Zeichen enthält neben dem Wortbestandteil „[X.]“ und anderen grafischen Bildelementen auf der linken Brustseite der dargestellten personifizierten Figur die Wiedergabe des [X.]. Das [X.] Landeswappen

Abbildung

ist nach § 1 des Gesetzes über die Hoheitszeichen des [X.] vom 4. August 1948 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das [X.], GVBl. 1948, [X.]) als Hoheitssymbol des Staates geschützt; es zeigt im blauen Schilde einen neunmal silbern und rot geteilten steigenden Löwen mit goldenen Krallen. Auf dem Schilde ruht ein Gewinde aus goldenem Laubwerk mit von blauen Perlen gebildeten Früchten.

Zwar wurde das vorliegende [X.] abweichend von dieser festgelegten Farbgebung in [X.] angemeldet. Der hier in Rede stehende Bestandteil gibt das [X.] Landeswappen aber ansonsten unverändert wieder, so dass es sich um eine schwarz-weiße Wiedergabe des Landeswappens und damit um eine heraldische Nachahmung im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 4 Satz 1 [X.] handelt (vgl. [X.] in [X.]/[X.], a. a. [X.], § 8 Rn. 798).

Das [X.] Landeswappen tritt in dem Anmeldezeichen auch als solches, d. h. in seiner hoheitlichen Bedeutung, in Erscheinung. Im maßgeblichen Gesamteindruck wird der hoheitliche Bezug zum [X.] nicht aufgehoben, zumal die dargestellte personifizierte Figur über die Wiedergabe des Landeswappens hinaus weitere einzelne Elemente des Landeswappens aufnimmt bzw. andeutet wie [X.] die Querstreifen der Wappenfigur sowie die Schildform. Das [X.] erweckt - was von der Anmelderin offensichtlich so auch beabsichtigt ist - den Eindruck, die dadurch gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen hätten einen irgendwie gearteten Bezug zur staatlichen Gewalt.

Ein Schutzhindernis besteht vorliegend jedoch gemäß § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] deshalb nicht, weil die Beschwerdeführerin zur Führung des [X.] in der Marke befugt ist.

anmeldung Landesstiftung Miteinander in [X.]“ und im Hinblick auf den konkreten Wortlaut zu entnehmen, dass sich die Erlaubnis nicht nur auf eine bloße Verwendung des Landeswappens bezieht, sondern konkret auf die Verwendung für die Marke und im Rahmen der Marke, mithin zur Führung „in der Marke“, so dass die Berechtigung zur entsprechenden Markenanmeldung umfasst ist.

Zwar lag zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke, der für die Beurteilung der Schutzhindernisse nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 9 [X.] maßgeblich ist (vgl. [X.], 872 - [X.]; GRUR 2014, 565 Rn. 10 - smartbook; [X.], 1143 Rn. 15 - Aus Akten werden Fakten), eine solche Genehmigung noch nicht vor. Es kann ebenfalls als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, ob die Anmelderin - wie sie selbst geltend macht - von vornherein als Landesstiftung ohne Ausnahmegenehmigung zur Wappenführung berechtigt war.

Denn jedenfalls ist der Beschwerdeführerin vom [X.]n Innenminister nunmehr ausdrücklich in Ausnahme zu dem mittlerweile geltenden § 1 der Verordnung über die Hoheitszeichen des [X.] vom 12. September 2014 (GVBl. 2014, 212), der als wappenführende Stellen ausdrücklich (nur) den [X.]n Landtag sowie die Behörden und Gerichte des [X.] bestimmt, eine solche Genehmigung erteilt worden. Die Frage, ob eine öffentlich-rechtliche Genehmigung auch mit Rückwirkung erteilt werden kann, beurteilt sich nicht nach § 184 BGB, sondern nach dem Genehmigungserfordernis selbst und den mit ihm im Zusammenhang stehenden Bestimmungen (vgl. BSG, Urteil vom 21. Februar 2006 – [X.] KR 22/05 R; BVerwG, Urteil vom 21. Januar 2004 – 6 C 1/03 - BVerwGE 120, 54, 59).

Schon aus dem Wortlaut des Genehmigungsschreibens selbst, welches im Betreff ausdrücklich die – bereits erfolgte - Markenanmeldung nennt, ergibt sich eine Rückwirkung der erteilten Genehmigung auf den Anmeldezeitpunkt. Dem Gesetz über die Hoheitszeichen des [X.] oder der [X.] ist ein Verbot einer rückwirkenden Genehmigung nicht zu entnehmen. Auch der Sinn und Zweck der Vorschriften des § 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 [X.] sowie des § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] stehen der Annahme einer Rückwirkung nicht entgegen; ist die Entscheidung über die Berechtigung zum Führen von Hoheitszeichen kraft Natur der Sache dem Hoheitsträger vorbehalten, so muss dieser dann auch darüber entscheiden können, ob und zu welchem Zeitpunkt bzw. mit welcher Wirkung er eine Genehmigung erteilt. Zudem schließt § 8 Abs. 4 Satz 2 [X.] schon die

Ein Eintragungshindernis nach §§ 37 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 6, Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.] besteht nicht.

Der angefochtene Beschluss war daher aufzuheben.

Dem [X.] bleibt die weitere Überprüfung der Anmeldung, insbesondere im Hinblick auf die formellen Erfordernisse des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses vorbehalten.

Meta

29 W (pat) 524/13

24.02.2015

Bundespatentgericht 29. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.02.2015, Az. 29 W (pat) 524/13 (REWIS RS 2015, 15086)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15086

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