Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.06.2013, Az. VII ZR 188/11

7. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 4923

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Gegenstand

Verletzung des rechtlichen Gehörs durch fehlerhafte Nichtberücksichtigung einer Aufrechnung


Tenor

Der Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision wird stattgegeben.

Das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 9. August 2011 wird gemäß § 544 Abs. 7 ZPO im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist.

In diesem Umfang wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Streitwert: 27.590,60 €

Gründe

I.

1

Der Kläger verlangt Werklohn. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, die Mangelhaftigkeit der bis zur Kündigung erbrachten Werkleistung gewähre den Beklagten das Recht, gegenüber dem Werklohnanspruch des [X.] aus der Schlussrechnung die Einrede des nicht erfüllten Vertrages aus § 320 Abs. 1 BGB zu erheben, und zwar nach § 641 Abs. 3 BGB in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung hinsichtlich des dreifachen Betrages der für die Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten. Diese seien zutreffend vom [X.] mit 10.370,00 € netto in Ansatz gebracht worden. Dieses Leistungsverweigerungsrecht habe jedoch entgegen der Auffassung des [X.]s nicht zu dem Erlöschen der Werklohnforderung des [X.] nach § 389 BGB geführt. Vielmehr habe eine Zug-um-Zug-Verurteilung erfolgen müssen.

2

Einer Beurteilung der Frage, ob der durch den Kläger geltend gemachte Anspruch auf die Zahlung des [X.] aufgrund der durch die Beklagten im Schriftsatz vom 27. Oktober 2010 erklärten Aufrechnung erloschen sei, bedürfe es zur Entscheidung des [X.] nicht. Denn durch die unterbliebene Entscheidung des [X.]s über die durch die Beklagten in diesem Schriftsatz erklärte Aufrechnung sei für den Kläger mit dem angefochtenen Urteil eine Beschwer nicht begründet worden.

II.

3

Das Berufungsurteil ist aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, weil es insoweit auf einer Verletzung des Anspruchs der Beklagten auf rechtliches Gehör beruht.

4

1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, es bedürfe keiner Entscheidung der Frage, ob der durch den Kläger geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des [X.] aufgrund der durch die Beklagten mit Schriftsatz vom 27. Oktober 2010 erklärten Aufrechnung erloschen sei, findet im Prozessrecht keine Stütze. Mit der Begründung, durch die unterbliebene Prüfung dieser Aufrechnung durch das [X.] sei der Kläger nicht beschwert, hat sich das Berufungsgericht den Blick darauf verstellt, dass es sich um ein Verteidigungsmittel der Beklagten handelte und nicht diese Berufung eingelegt haben, sondern der unterlegene Kläger. Auf dieser Basis hat es das Vorbringen der Beklagten zur Aufrechnung inhaltlich gar nicht zur Kenntnis genommen.

5

Das [X.] hat den nach Auffassung des Berufungsgerichts schon in erster Instanz gehaltenen Vortrag der Beklagten zur Aufrechnung in diesem Schriftsatz nicht beschieden, weil es bereits aus anderen, vom Berufungsgericht zutreffend als unrichtig erkannten Gründen die Klageforderung für erloschen erachtet hat. Die Beklagten haben in der Berufungsinstanz auf ihren erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen ([X.] vom 29. April 2011, [X.], 58 ff.). Die Bezugnahme war zulässig, weil dieser Vortrag in erster Instanz aus Rechtsgründen vom Rechtsstandpunkt des erstinstanzlichen Gerichts aus nicht behandelt worden ist. Das Übergehen dieses erheblichen Vortrags begründet einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Mai 2006 - [X.], [X.], 1339 = NZBau 2006, 507; vom 13. Juli 2006 - [X.], [X.], 1782).

6

2. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beklagten. Denn es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht unter Berücksichtigung des Vortrags der Beklagten bei einer Prüfung der entsprechenden Voraussetzungen der geltend gemachten Gegenansprüche dazu kommt, dass der Werklohnanspruch ganz oder teilweise durch Aufrechnung erloschen ist.

7

Das Berufungsgericht erhält auch Gelegenheit zur prüfen, ob den Beklagten überhaupt noch ein Leistungsverweigerungsrecht wegen der Mängel zusteht, nachdem sie im Schriftsatz vom 27. Oktober 2010 unter Hinweis auf die abgelaufene Frist zur Mängelbeseitigung auch die Aufrechnung mit Mängelbeseitigungskosten erklärt haben, was bedeuten kann, dass sie nunmehr Schadensersatz statt der Leistung gewählt haben (§ 281 Abs. 4 BGB).

Kniffka                          [X.]

                  [X.]

Meta

VII ZR 188/11

19.06.2013

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, 9. August 2011, Az: 9 U 18/11

Art 103 Abs 1 GG, § 389 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.06.2013, Az. VII ZR 188/11 (REWIS RS 2013, 4923)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4923

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