Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2004, Az. II ZR 300/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 830

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/02 Verkündet am: 8. November 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

GmbHG §§ 30, 31

Eine eigenkapitalersetzende Gesellschafterhilfe darf nach den [X.] zum Eigenkapitalersatz im GmbH-Recht nur dann zurückgezahlt werden, wenn wieder genügend freies, die Stammkapitalziffer übersteigendes Vermögen vorhanden ist. Das gleiche gilt für Zinsen und - nach Umwandlung der Gesellschafterhilfe in eine stille Einlage - Gewinnanteile.
[X.], Urteil vom 8. November 2004 - [X.]/02 - OLG Hamm

LG Bochum

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. November 2004 durch [X.] und [X.], [X.], [X.] und Caliebe für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 8. Zivilsenats des [X.] vom 4. September 2002 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger war Gesellschafter der beklagten GmbH. Mit Vertrag vom 16. September 1994 übertrug er seinen Geschäftsanteil [X.]. 200.000,00 DM zu je 50 % auf den Mitgesellschafter [X.] und den Geschäftsführer M.. Als Gegenleistung traten die Erwerber jeweils einen gegen die Beklagte gerichteten Darlehensrückzahlungsanspruch [X.]. 50.000,00 DM an den Kläger ab. Mit [X.] wurde der Kläger stiller Gesellschafter der - 3 - [X.]. Seine Einlage sollte 200.000,00 DM betragen. Sie wurde [X.] durch Umwandlung eines von ihm an die Beklagte gegebenen Darlehens [X.]. 100.000,00 DM und durch Umwandlung der beiden an ihn abgetretenen Darlehensrückzahlungsansprüche [X.]. je 50.000,00 DM. In § 6 des [X.] heißt es, daß für die Gewinnbeteiligung des stillen Gesellschafters von dem Gewinn auszugehen sei, der sich aus dem Jahresab-schluß der [X.] ergebe, und daß eine Beteiligung am Verlust ausge-schlossen sei.
Mit der Klage macht der Kläger den Gewinnanspruch für 1997 geltend. Er berechnet diesen Anspruch auf der Grundlage des in dem Jahresabschluß ausgewiesenen Jahresüberschusses und läßt einen - höheren - Verlustvortrag außer Betracht. Die Beklagte ist dagegen der Auffassung, Jahresüberschuß und Verlustvortrag müßten verrechnet werden mit der Folge, daß dem Kläger kein Anspruch zustehe. Außerdem meint die Beklagte, einer Gewinnausschüt-tung an den Kläger stünden jedenfalls die [X.] entgegen, weil die in die Einlage umgewandelten Darlehen eigenkapitalersetzenden Charakter gehabt hätten.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Dagegen richtet sich die auf die Beschwerde der [X.] zugelassene Revision. Entscheidungsgründe:

Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur [X.] an das Berufungsgericht. - 4 - [X.] Ohne Erfolg bleibt allerdings der Angriff der Revision gegen die Fest-stellung des Berufungsgerichts, unter dem für die Beteiligung des [X.] Gewinn im Sinne von § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages sei der Jahresüberschuß - ohne Berücksichtigung eines Verlustvortrags - zu verstehen.
Das Berufungsgericht hat dazu ausgeführt: Unter Gewinn im Sinne des § 231 Abs. 1 HGB sei der nach Rücklagenbildung von den Gesellschaftern als Überschuß erklärte und damit gleichzeitig freigegebene Anteil am Gesell-schaftsvermögen zu verstehen. Hier hätten die Parteien aber vereinbart, daß eine Beteiligung des stillen Gesellschafters am Verlust ausgeschlossen sein solle. Diese Regelung würde unterlaufen, wenn der Begriff Gewinn im Sinne des Jahresüberschusses abzüglich eines Verlustvortrags verstanden werde. Daher falle darunter nur der Jahresüberschuß. Daß die Parteien bei Abschluß des Vertrages etwas anderes vereinbart hätten, sei durch die Aussagen der vernommenen Zeugen nicht bewiesen.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Auslegung eines Vertrages ist grundsätzlich Sache des Tatrichters. Das Revisi-onsgericht prüft nur nach, ob gesetzliche oder allgemein anerkannte [X.], Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzt sind oder wesentli-cher Auslegungsstoff außer acht gelassen wurde (st.Rspr., vgl. [X.].Urt. v. 3. April 2000 - [X.], [X.], 2099). Das ist hier nicht der Fall.
Die Parteien haben den [X.] in dem Gesellschaftsvertrag nicht näher umschrieben. Was darunter zu verstehen ist, muß daher aufgrund einer Auslegung des Vertrages ermittelt werden. Dabei hat das Berufungsgericht zu Recht dem vereinbarten [X.] eine wichtige Bedeutung [X.]. Die Regelung in § 6 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages, daß der stille Ge-- 5 - sellschafter am Verlust nicht beteiligt sein soll, kann zwar allein auf den [X.] bezogen sein und dann eine Ausnahme von der Regel des § 232 Abs. 2 HGB darstellen. Ebenso gut kann damit aber auch - wie das Berufungsgericht angenommen hat - ein Ausschluß des Verlustvortrags bei der Bemessung des jährlichen Ge-winnanspruchs gemeint sein. Dafür spricht hier sogar, daß die stille Einlage nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages zu verzinsen ist, auch wenn das Privatkonto des stillen Gesellschafters im Soll geführt wird. Durch diese Verzin-sung könnte sich ein Verlustvortrag in das nächste Geschäftsjahr ergeben. Die Verzinsung würde dann dort - bei Berücksichtigung des Verlustvortrags - zu einer Verringerung des möglichen Gewinnanspruchs führen. Das aber würde der Regelung einer verlustunabhängigen Verzinsung widersprechen.
I[X.] Die Revision hat dennoch Erfolg, weil nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht ausgeschlossen werden kann, daß dem Zahlungsanspruch des [X.] die [X.] zu den eigenkapitalersetzenden Gesellschafterleistungen entgegenstehen.
Das Berufungsgericht hat dies verneint. Eine Insolvenzreife der [X.] sei nicht dargelegt. Sie ergebe sich nicht schon aus dem Vorliegen einer Unterbilanz. Auch fehle es an einer Kreditunwürdigkeit. Dabei könne offen blei-ben, ob die Beklagte im Jahre 1994 [X.] gewesen sei. Sie habe [X.] nicht substantiiert vorgetragen, daß diese Kreditunwürdigkeit auch noch im Jahre 1997, für das der Kläger seinen Gewinnanspruch geltend mache, [X.] habe. Dagegen spreche, daß die [X.] den Kläger im Jahre 1996 aus einer von ihm übernommenen Bürgschaft entlassen habe.
Diese Ausführungen begegnen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. - 6 - 1. Zutreffend ist lediglich die Annahme, daß die Rechtsprechungsgrund-sätze zum Eigenkapitalersatz in der vorliegenden Fallgestaltung zur Anwen-dung kommen können. Danach sind Darlehen und ähnliche Leistungen, die ein Gesellschafter der sonst nicht mehr lebensfähigen GmbH anstelle von [X.] zuführt oder beläßt, wie gebundenes Stammkapital zu behandeln, soweit diese Kredithilfen verlorenes Stammkapital oder eine darüber hinausgehende Überschuldung abdecken (st.Rspr. des [X.]ats, siehe etwa [X.] 31, 258, 268 ff.; 76, 326, 328 ff.; 90, 370, 376 ff.). Dieser Bindung kann sich der [X.] nicht dadurch entziehen, daß er - wie hier der Kläger - aus der Gesell-schaft ausscheidet ([X.]at, [X.] 69, 274, 280 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - [X.], [X.], 538, 539). War das Darlehen zu diesem [X.]punkt eigenkapitalersetzend, bleibt es der Bindung auch nach dem Ausscheiden des Gesellschafters unterworfen. Wird es im Rahmen der Gründung einer stillen Gesellschaft in eine Einlage des stillen Gesellschafters umgewandelt, ändert sich auch dadurch an der Bindung nichts.
Danach durften das Darlehen des [X.] [X.]. 100.000,00 DM und das Darlehen des Mitgesellschafters [X.] [X.]. 50.000,00 DM nicht zu- rückgezahlt werden, wenn die Beklagte bei Hingabe der Darlehen - oder bei einem "Stehenlassen" ([X.] 75, 334, 337 f.) in der [X.] bis zu dem Ausschei-den des [X.] als GmbH-Gesellschafter - insolvenzreif oder [X.] war. Ebenso durften unter diesen Voraussetzungen keine Zinsen auf die Darle-hen gezahlt werden ([X.]at, [X.] 67, 171, 179 f.; 109, 55, 66), was nach der Umwandlung der Darlehen in die Einlage des [X.] als stiller Gesellschafter auch für die darauf entfallenden Gewinnanteile gilt. Das Darlehen des damali-gen Geschäftsführers der [X.], M., war dagegen im Zweifel nicht nach den oben dargestellten Grundsätzen gebunden, weil M. bis zu dem Erwerb des (Teil-) Geschäftsanteils des [X.] noch nicht Gesellschafter der Beklag-- 7 - ten war. Sein Darlehen wäre nur dann nach den Regeln des Eigenkapitalersat-zes zu beurteilen, wenn in seiner Person ausnahmsweise die Voraussetzungen für die Einbeziehung gesellschaftsfremder Dritter erfüllt waren (vgl. [X.]at, [X.] 31, 258, 264 ff.; 75, 334, 335 f.; Urt. v. 15. Februar 1996 - [X.], [X.], 538, 539). Dazu fehlen Feststellungen des Berufungsgerichts.
2. [X.] ist aber die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die [X.] seien schon deshalb nicht anwendbar, weil bezüglich des Jahres 1997 weder eine Insolvenzreife noch eine Kreditunwürdigkeit der [X.] dargelegt sei, ohne daß es darauf ankomme, ob eine Unterbilanz bestehe.
Ist ein Darlehen oder eine sonstige Gesellschafterleistung eigenkapital-ersetzend, darf eine Rückzahlung oder eine Zinsleistung erst dann erfolgen, wenn wieder so viel Gesellschaftsvermögen vorhanden ist, daß die Stammkapi-talziffer nicht angegriffen wird ([X.] 67, 171, 174 ff.; 69, 274, 280 f.; 76, 326, 332 ff.; 81, 365, 367; 109, 55, 66; Urt. v. 6. April 1995 - [X.], NJW 1995, 1962, 1964). Das gleiche gilt für Gewinnanteile auf eine aus der Um-wandlung einer solchen Darlehensforderung entstandene Einlage eines stillen Gesellschafters. Die Rechtsprechungsregeln zum Eigenkapitalersatz beruhen, anders als die [X.] der §§ 32 a, [X.], jedenfalls ursprünglich auf einer analogen Anwendung der §§ 30 f. GmbHG. Dafür ist aber gerade das Stammkapital die entscheidende Messgröße. Damit stünde im Widerspruch, die Eigenkapitalbindung schon vor Auffüllung des Stammkapitals entfallen zu [X.]. Danach hätte das Berufungsgericht nicht offen lassen dürfen, ob die [X.] zunächst eigenkapitalersetzend waren und ob das Stammkapital der [X.] mittlerweile wieder aufgefüllt ist. - 8 - II[X.] Die Sache ist daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die erforderlichen Feststellungen nachgeholt werden können.
Dabei ist aufgrund einer den Anforderungen des § 42 GmbHG entspre-chenden Bilanz zu fortgeführten Buchwerten festzustellen, ob eine Unterbilanz besteht (vgl. [X.].Urt. v. 11. Mai 1987 - [X.], [X.], 1113, 1114; [X.] 106, 7, 12). Sollte sich herausstellen, daß die Beklagte mittlerweile [X.] über ein die Stammkapitalziffer entsprechend übersteigendes Vermögen verfügt, ist die Klage in vollem Umfang begründet. Der [X.] führt lediglich dazu, daß die Zinsen und damit - nach Um-wandlung in die Einlage - die [X.] während der Bindung nicht durchgesetzt werden können. Entfällt die Bindung, können auch die [X.] geltend gemacht werden ([X.].Urt. v. 15. Februar 1996 - [X.], [X.], 538, 540; [X.] 140, 147, 153; 146, 264, 272).

Die mittlerweile eingetretene Beendigung der stillen Gesellschaft schließt die Durchsetzbarkeit der [X.] nicht aus. Zwar muß bei [X.] zunächst eine Auseinandersetzung stattfinden, bei der die [X.] unselbständige Rechnungsposten werden. Eine Zahlungs-klage ist aber ausnahmsweise schon vor Abschluß der Auseinandersetzung begründet, wenn der stille Gesellschafter - wie hier der Kläger - am Verlust der Gesellschaft nicht beteiligt ist und daher auch ohne Auseinandersetzung fest- - 9 - steht, daß er einen Betrag in Höhe des Gewinnanspruchs verlangen kann ([X.].Urt. v. 29. Juni 1992 - [X.], [X.], 1552, 1553).
Röhricht Goette [X.]

Strohn Caliebe

Meta

II ZR 300/02

08.11.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.11.2004, Az. II ZR 300/02 (REWIS RS 2004, 830)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 830

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