Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2011, Az. VIII ZR 241/10

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 6895

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VIII ZR 241/10

vom

10. Mai 2011

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat am 10.
Mai 2011
durch den Vorsitzenden [X.], [X.]
Frellesen, die Richterin Dr.
Hessel
sowie die
Richter Dr.
[X.] und Dr.
Schneider
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 10.
Zivilsenats des [X.] vom 25.
Mai 2010 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 80t-gesetzt.

Gründe:
I.
Der Kläger begehrt als Insolvenzverwalter vom [X.]n
die
Zahlung restlichen Kaufpreises in Höhe von 80.000

r-nehmenskaufvertrag vom 2.
Oktober 2007, mit dem der [X.] die "Assets" der Insolvenzschuldnerin zu einem Kaufpreis von 200.000

Ziff.
3.3 des Vertrages
lautet wie
folgt:
"Sollte sich bis zum 1.
April 2008 der Auftragsbestand des Erwer-bers, ausgehend von dem Basisumsatzwert für 280.000

unten bzw. oben verändern, gilt -
ausschließlich
-
hinsichtlich der 1
-
3
-
am 15.
April 2008 fällig werdenden Teilzahlung folgendes:
Je 10.000

6.000

nach unten abweichen."
Der [X.] verweigert die Zahlung unter Berufung auf diese Vertrags-bestimmung. Er
macht geltend, zwischen den Parteien habe vor der Unter-zeichnung des Kaufvertrags Einigkeit darüber bestanden, dass alle vor dem Stichtag gekündigten Aufträge
zu einer
Kaufpreisreduzierung führen sollten, auch wenn die
Kündigung erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam werde und sich deshalb erst nach dem Stichtag
auf den Umsatz auswirke.
Das [X.] hat der Klage nach durchgeführter Beweisaufnahme über den Inhalt der Vertragsverhandlungen stattgegeben. Auf die Berufung des [X.]n hat
das Oberlandesgericht die Klage
abgewiesen. Es hat die Ver-tragsauslegung des [X.]s im Wesentlichen mit der Begründung für [X.] gehalten, dass die Beweiswürdigung des [X.]s dem protokol-lierten Ergebnis der Beweisaufnahme in keiner Weise Rechnung trage und deshalb nicht haltbar sei. Gegen dieses Urteil richtet sich die Nichtzulassungs-beschwerde des [X.].

II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zuläs-sig (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2, §
544 ZPO; §
26 Nr.
8 EGZPO). Sie ist auch [X.] und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Das Berufungsgericht hat die erstinstanzlich vernommenen Zeugen [X.] §
529 Abs.
1 Nr.
1, §
398 Abs.
1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl 2
3
4
5
-
4
-
es deren Aussagen anders gewürdigt hat als das [X.]. Diese rechtsfeh-lerhafte Anwendung des §
529 Abs.
1 Nr.
1 ZPO verletzt den Anspruch des
Be-klagten auf rechtliches Gehör nach Art.
103 Abs.
1 GG (vgl. [X.], NJW 2005, 1487; [X.], Beschluss vom 5.
April 2006 -
IV
ZR 253/05, [X.], 946).
1. Nach §
529 Abs.
1 Nr.
1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfeststellungen des ersten [X.] gebunden. Bei [X.] an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Fest-stellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Anerkannt ist, dass das Berufungsgericht einen Zeugen gemäß §
398 Abs.
1 ZPO nochmals vernehmen muss, wenn es dessen Glaubwürdigkeit anders beurteilen oder den Bekundungen des Zeugen eine andere Tragweite oder ein anderes Gewicht geben, sie also anders verstehen oder würdigen will als die Vorinstanz. Die [X.] Vernehmung eines Zeugen kann [X.]falls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Umstände stützt, die weder die Urteilsfähig-keit, das Erinnerungsvermögen oder die Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (st. Rspr.; Senatsbeschlüsse
vom 14. Juli 2009
-
VIII
ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291
Rn.
5;
vom 24. März 2010 -
VIII
ZR 270/09, [X.], 1095 Rn. 6 f.).
2. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier entgegen der Auffassung der Be-schwerdeerwiderung nicht vor.
Das [X.] hat seinem Verständnis vom Regelungsgehalt der ver-traglich vereinbarten Anpassungsklausel die Aussage
des Zeugen Dr. W.

zugrunde gelegt und ihr ausschlaggebende
Bedeutung insbesondere unter dem Gesichtspunkt zugemessen, dass der Zeuge maßgeblichen Einfluss auf die in seine Zuständigkeit f[X.]de betriebswirtschaftliche Regelung genommen habe und bei [X.] diese Frage betreffenden Gesprächen vom Kläger hinzugezogen 6
7
8
-
5
-
worden sei, auch wenn der Zeuge bei der eigentlichen Vertragsunterzeichnung nicht anwesend gewesen sei. Während das [X.] die Aussage des [X.]
Dr. W.

als nachvollziehbar und widerspruchsfrei
angesehen hat, hat das Berufungsgericht an ihr einen "Mangel an Präzision"
beanstandet. Damit hat das Berufungsgericht die
Aussage des Zeugen für weniger ergiebig erachtet und ihr deshalb ein geringeres Gewicht
beigemessen als das [X.]. [X.] vom [X.] abweichende Würdigung hätte das Berufungsgericht nicht vornehmen dürfen, ohne sich durch erneute Vernehmung des Zeugen einen eigenen Eindruck von dessen Aussage verschafft zu haben
(vgl. Senatsbe-schluss vom 14. Juli 2009
-
VIII
ZR 3/09, aaO
Rn. 6).
Das gleiche gilt hinsichtlich der Aussagen der Zeugen B.

und G.

. Während die Aussage des Zeugen B.

nach Auffassung des [X.]s nicht zu überzeugen vermag,
weil dessen Darstellung nicht mit der Regelung in Ziff. 3.4 des Vertrages zu vereinbaren sei, und das [X.] die in Ansätzen vergleichbare Aussage des Zeugen G.

schon deshalb nicht für überzeugend
hält, weil der Zeuge -
wie auch die Zeugin K.

-
bei den maßgeblichen Vertragsverhandlungen nicht anwesend gewesen sei, hat das Berufungsgericht die
Aussage
des Zeugen G.

für "sehr ergiebig"
gehalten und ihr -
wie auch der Aussage des Zeugen B.

-
ausschlag-gebende Bedeutung mit der Begründung beigemessen, die protokollierten Be-kundungen der Zeugen seien jedenfalls zum Teil
anders zu verstehen, als sie vom [X.] verstanden worden seien. Auch insoweit hat das Berufungsge-richt die Aussagen der Zeugen hinsichtlich ihrer Ergiebigkeit und ihres Gewichts vom [X.] abweichend gewürdigt, ohne sich durch erneute Vernehmung der Zeugen einen eigenen Eindruck zu verschaffen.
3. Das angefochtene Urteil beruht auf dieser Verletzung des rechtlichen Gehörs. Es ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einer ab-9
10
-
6
-
weichenden Entscheidung gelangt wäre, wenn es die [X.] hätte.
Es kann deshalb dahingestellt bleiben, ob die -
nicht tragende
-
Er-wägung des Berufungsgerichts zutrifft, dass Unklarheiten der vertraglichen Re-gelung zu Lasten des [X.] gehen. Ebenso wenig kommt es im gegenwärti-gen Verfahrensstadium darauf an, ob das Berufungsgericht die -
von seinem
bisherigen Standpunkt aus entscheidungserhebliche
-
Höhe der [X.] infolge gekündigter Aufträge rechtsfehlerfrei festgestellt hat.
[X.]
Dr. Frellesen
Dr. Hessel

Dr. [X.]
Dr. Schneider
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.01.2009
-
5 O 39/08 -

OLG Frankfurt/Main, Entscheidung vom 25.05.2010 -
10 U 26/09 -

Meta

VIII ZR 241/10

10.05.2011

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.05.2011, Az. VIII ZR 241/10 (REWIS RS 2011, 6895)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 6895

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