Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. III ZR 165/11

III. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 901

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZR 165/11
vom

30. November 2011

in dem Rechtsstreit

-

2

-

Der III.
Zivilsenat des [X.] hat am
30. November 2011
durch den Vizepräsidenten [X.] und [X.], [X.], Seiters
und Tombrink

beschlossen:

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 5.
Mai 2011 -
10 [X.] -
aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Der Streitwert
wird auf 36.000

Gründe:

I.

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung von Maklerprovision in Höhe von 36.000

attge-geben und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger der Beklagten den spä-teren Vertragspartner
als Interessenten nachgewiesen
habe. Die Kenntnis der
Beklagten davon, dass der
Interessent durch den Kläger
nachgewiesen worden sei, ergebe sich daraus, dass ein Schreiben über die Interessenbekundung sei-tens des
späteren Vertragspartners
über deren eingeschaltete Makler an den 1
-

3

-

Kläger und von diesem an die Beklagte weitergeleitet worden sei. Dies sah das [X.] als erwiesen an aufgrund der Zeugenaussage des Zeugen E.

, der ausgesagt habe, dass er das Interessenbekundungsschreiben an den Kläger weitergeleitet habe und die Beklagte davon erfahren habe. Daraus ergebe sich, dass der Kläger dafür Sorge getragen haben müsse, dass dieses Schreiben der Beklagten zugegangen sei. Einen geeigneten Gegenbeweis
[X.], dass sich die spätere Käuferin direkt an sie gewandt habe,
habe die [X.] nicht angeboten.

Auf die Berufung der Beklagten hat das [X.] das landgericht-liche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Es hat sich nicht die Über-zeugung davon bilden können, dass eine Nachweismaklerleistung des [X.] gegenüber der Beklagten erbracht worden sei. Der Kläger habe nicht bewiesen, dass das Interessenbekundungsschreiben des späteren
Vertragspartners über ihn an die Beklagte weitergeleitet worden sei. Zwar habe der Zeuge E.

bekundet, dieses Schreiben an den Kläger weitergeleitet zu haben. Seine wei-tere Aussage, er "schätze", dass der Kläger das Schreiben an die Verkäuferin weitergeleitet habe, sei indes eine durch nichts belegte Vermutung. Einen [X.] für die Behauptung des [X.]
stelle
dies nicht dar. Auch sonst gebe es keine Anhaltspunkte für die Annahme des [X.]s, der Kläger müsse [X.] gesorgt haben, dass das Schreiben der Beklagten zugegangen sei. Es kön-ne nicht ausgeschlossen werden, dass das Schreiben der Beklagten auf ande-rem Wege als über den Kläger zugegangen sei.

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision. Er macht geltend, dass das Berufungsgericht zum einen nicht ohne erneute Vernehmung des Zeugen
E.

ein anderes Beweisergebnis als das des [X.]s hätte zugrunde legen dürfen. Darüber hinaus sei das Berufungs-2
3
-

4

-

gericht
dem weiteren Beweisantritt, die Vernehmung des
Zeugen M.

, nicht nachgegangen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist statthaft und im Übrigen auch zuläs-sig (§
543 Abs.
2 Satz
1 Nr.
2, §
544 ZPO; §
26 Nr.
8 EGZPO). Sie ist auch [X.] und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Be-rufungsgericht hat das Recht des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

Das Berufungsgericht hat den erstinstanzlich vernommenen Zeugen [X.] §
529 Abs.
1 Nr.
1, §
398 Abs.
1 ZPO nicht erneut vernommen, obwohl es dessen Aussagen anders gewürdigt hat als das [X.]. Diese rechts-fehlerhafte Anwendung des §
529 Abs.
1 Nr.
1 ZPO verletzt den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör nach Art.
103 Abs.
1 GG (vgl. [X.], Beschluss vom 14.
Juli 2009 -
VIII
ZR 3/09, NJW-RR 2009, 1291 Rn.
4
f). Nach §
529 Abs.
1 Nr.
1 ZPO ist das Berufungsgericht grundsätzlich an die Tatsachenfest-stellung des ersten Rechtszugs gebunden. Bei Zweifeln an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen ist eine erneute Beweisaufnahme zwingend geboten. Insbesondere muss das Berufungsgericht die bereits in erster Instanz vernommenen Zeugen nochmals gemäß §
398 Abs.
1 ZPO
vernehmen, wenn es
deren Aussagen anders würdigen will als die Vorinstanz ([X.] aaO mwN). Die nochmalige Vernehmung eines Zeugen kann allenfalls dann unterbleiben, wenn sich das Rechtsmittelgericht auf solche Um-stände stützt, die weder die Urteilsfähigkeit, das Erinnerungsvermögen oder die 4
5
-

5

-

Wahrheitsliebe des Zeugen noch die Vollständigkeit oder Widerspruchsfreiheit seiner Aussage betreffen (vgl.
[X.] aaO mwN).

Ein solcher
Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Zwar hat das Berufungsge-richt zu Recht hervorgehoben, dass der Zeuge lediglich gemutmaßt habe, dass der Kläger das Schreiben über die Interessenbekundung der späteren Ver-tragspartnerin an
die Beklagte weitergeleitet habe. Dies hat aber auch das [X.] nicht verkannt. Es hat bei seiner Überzeugungsbildung entschei-dend auf die (weitere) Erklärung des Zeugen abgestellt, dass ihn der Kläger auf das Objekt aufmerksam gemacht, er diese Information über den Käufermakler H.

an die Kaufinteressentin weitergegeben habe und dass deren
an die Be-klagte gerichtetes
Interessenbekundungsschreiben
"über dieselbe Kette"
an ihn gelangt sei; er habe daraufhin das Schreiben an den Kläger [X.]. Wenn das
Berufungsgericht angesichts dieser Aussage zu dem Ergebnis ge-langt, es gebe keinerlei Anhaltspunkte für die Annahme des [X.]s, wo-nach der Kläger für den Zugang des Schreibens an die Beklagte gesorgt haben müsse, so
stellt dies, wie die Beschwerde zu Recht gerügt hat, eine Abwei-chung von der Beweiswürdigung des [X.]s dar, die auf einer anderen Auffassung von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Aussage beruht. Diese Auffassung durfte das Berufungsgericht
nicht ohne erneute Vernehmung des Zeugen zu Grunde legen.

Im Übrigen liegt aber auch deshalb ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG vor, da das Berufungsgericht zu Lasten des [X.] eine Beweiswürdigung vorgenommen hat, ohne alle von ihm benannten Beweise erhoben zu haben. Der Kläger macht zu Recht geltend, dass er in erster Instanz bereits für den Zugang des Interessenbekundungsschreibens durch ihn an die Beklagte den Zeugen M.

benannt habe. Auch wenn dieser Zeugenbeweisantritt in der Be-6
7
-

6

-

rufungsinstanz nicht ausdrücklich wiederholt wurde, war er vom Berufungsge-richt zu beachten. Der Kläger hat in erster Instanz Erfolg gehabt und in der Be-rufungserwiderung auf die in erster Instanz vorgebrachten Beweismittel Bezug genommen. Dies ist ausreichend, um
die Beweisantritte in erster Instanz zum Gegenstand der Berufungsinstanz zu machen ([X.], Urteil vom 2.
Juli 1986
-
IVb
ZR 37/85, [X.], 1085). Das Übergehen eines sachdienlichen und erheblichen Beweisangebots verstößt gegen Art.
103 Abs.
1 GG (vgl. [X.] 105, 279, 311). Ausgehend von der Rechtsauffassung des Gerichts hätte es die von ihm vorgenommene Beweiswürdigung nicht ohne Erhebung des vom Klä-ger
angetretenen [X.] treffen dürfen.

[X.]

[X.]

[X.]

Seiters
Tombrink
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.05.2010 -
37 O 386/09 -

KG Berlin, Entscheidung vom 05.05.2011 -
10 [X.] -

Meta

III ZR 165/11

30.11.2011

Bundesgerichtshof III. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2011, Az. III ZR 165/11 (REWIS RS 2011, 901)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 901

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

III ZR 165/11 (Bundesgerichtshof)

Berufungsverfahren: Abweichende Würdigung einer Zeugenaussage durch das Berufungsgericht; Beweisantritt durch Bezugnahme auf die in erster …


4 U 24/04 (Oberlandesgericht Köln)


11 Sa 829/15 (Landesarbeitsgericht Köln)


XII ZR 273/99 (Bundesgerichtshof)


II ZR 20/20 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

III ZR 165/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.