Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.07.2012, Az. 6 AZR 701/10

6. Senat | REWIS RS 2012, 4244

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Gegenstand

Anrechnung des Unterschiedsbetrags auf Strukturausgleich - vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit - persönliche Zulage


Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 8. Oktober 2010 - 6 Sa 1086/10 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Anrechnung einer persönlichen Zulage auf den [X.] nach § 12 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten des [X.] in den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ([X.]) und zur Regelung des Übergangsrechts ([X.]) vom 13. September 2005.

2

Die Klägerin ist seit 1986 bei der [X.], einer bundesunmittelbaren Anstalt des öffentlichen Rechts, bzw. deren Rechtsvorgängern beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes in der für den [X.] geltenden Fassung Anwendung.

3

Zur Zahlung des [X.]s bestimmt § 12 [X.] ua.:

        

„§ 12 [X.]

        

(1) 1Aus dem Geltungsbereich des [X.]/[X.]-O übergeleitete Beschäftigte erhalten ausschließlich in den in Anlage 3 TVÜ-[X.] aufgeführten Fällen zusätzlich zu ihrem monatlichen Entgelt einen nicht dynamischen [X.]. 2Maßgeblicher Stichtag für die anspruchsbegründenden Voraussetzungen (Vergütungsgruppe, Lebensalterstufe, Ortszuschlag, Aufstiegszeiten) ist der 1. Oktober 2005, sofern in Anlage 3 TVÜ-[X.] nicht ausdrücklich etwas anderes geregelt ist.

        

(2) Die Zahlung des [X.]s beginnt im Oktober 2007, sofern in Anlage 3 TVÜ-[X.] nicht etwas anderes bestimmt ist.

        

...     

        

(5) Bei Höhergruppierungen wird der Unterschiedsbetrag zum bisherigen Entgelt auf den [X.] angerechnet.

        

...     

        

Niederschriftserklärungen:

        

…       

        

6. zu § 12:

        

1. 1Die Tarifvertragsparteien sind sich angesichts der Fülle der denkbaren Fallgestaltungen bewusst, dass die Festlegung der [X.]e je nach individueller Fallgestaltung in Einzelfällen sowohl zu überproportional positiven Folgen als auch zu Härten führen kann. 2Sie nehmen diese Verwerfungen im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten hin.

        

…“    

4

Seit dem 1. Oktober 2007 zahlte die Beklagte der Klägerin einen [X.] iHv. 50,00 Euro brutto. Mit Wirkung zum 1. Juli 2008 übertrug die Beklagte der Klägerin die mit der [X.] 9 höher bewertete Tätigkeit einer Objektmanagerin zunächst probeweise zur Einarbeitung und zahlte ihr seitdem gemäß § 14 [X.] eine persönliche Zulage iHv. [X.] des individuellen Tabellenentgelts, dh. 109,77 Euro brutto monatlich. Daneben zahlte sie ihr den [X.] weiter.

5

Zur vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit bestimmt § 14 [X.] ua.:

        

„§ 14 Vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit

        

(1) Wird der/dem Beschäftigten vorübergehend eine andere Tätigkeit übertragen, die den Tätigkeitsmerkmalen einer höheren als ihrer/seiner Eingruppierung entspricht, und hat sie/er diese mindestens einen Monat ausgeübt, erhält sie/er für die Dauer der Ausübung eine persönliche Zulage rückwirkend ab dem ersten Tag der Übertragung der Tätigkeit.

        

…       

        

(3) … 2Für Beschäftigte, die in eine der [X.]n 1 bis 8 eingruppiert sind, beträgt die Zulage 4,5 v.H. des individuellen Tabellenentgelts der/des Beschäftigten.“

6

Zum 1. Januar 2009 übertrug die Beklagte der Klägerin die Tätigkeit als Objektmanagerin auf Dauer und gruppierte sie in die [X.] 9 höher. Darüber, dass der Klägerin seitdem kein Anspruch auf [X.] mehr zusteht, besteht zwischen den Parteien kein Streit.

7

Mit Schreiben vom 13. Januar 2009 forderte die Beklagte unter Wahrung der Ausschlussfrist einen Betrag von 273,54 Euro (Steuerbrutto) von der Klägerin zurück, weil im Zeitraum der vorübergehenden Übertragung der Tätigkeit als Objektmanagerin versehentlich die Anrechnung der persönlichen Zulage auf den [X.] unterblieben sei. Die Beklagte behielt den zurückgeforderten Betrag vom Entgelt der Klägerin für November 2009 ein.

8

Mit ihrer unter Wahrung der tariflichen Ausschlussfrist erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 273,54 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß §§ 247, 286, 288 BGB seit dem 1. Dezember 2009 zu zahlen.

9

Die Beklagte vertritt zu ihrem Klageabweisungsantrag unter Hinweis auf das Rundschreiben des [X.]ministeriums des Innern ([X.]) vom 10. August 2007 ([X.] 2 - 220 210 1/12) die Auffassung, § 12 Abs. 5 [X.] ermögliche auch die Anrechnung einer persönlichen Zulage nach § 14 [X.]. Jedenfalls enthalte die Norm für den Fall einer vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit eine unbewusste Regelungslücke. Diese ergebe sich aus dem Wertungswiderspruch zwischen dem Ergebnis einer Höhergruppierung und einer vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit. Erst eine Tarifauskunft lasse erkennen, ob sich die Tarifvertragsparteien von Überlegungen hätten leiten lassen, die eine Ungleichbehandlung beider Gruppen rechtfertigten. Die im Rundschreiben des [X.] vom 10. August 2007 vertretene Auffassung einer Tarifvertragspartei lege nahe, dass eine Ungleichbehandlung beider Gruppen nicht habe erfolgen sollen. Dann sei aber eine Schließung der Regelungslücke insbesondere in den Fällen, in denen der Arbeitnehmer endgültig auf der höherwertigen Stelle verbleibe, durch entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 5 [X.] geboten.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben und die Berufung zugelassen. Das [X.] hat die Berufung der [X.] zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

I. Die Revision ist unbegründet. Die Klägerin hatte auch in der [X.] der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit Anspruch auf Zahlung des [X.] von 50,00 Euro brutto monatlich. Die Beklagte hat deshalb zu Unrecht mit einer vermeintlichen Überzahlung die Aufrechnung (§§ 387, 388 BGB) erklärt und 273,54 Euro vom Entgelt der Klägerin für November 2009 einbehalten.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung des [X.] ist nicht bereits aufgrund der Zahlung der persönlichen Zulage nach § 14 Abs. 3 Satz 2 [X.] seit dem 1. Juli 2008 entfallen, sondern erst durch die Höhergruppierung in die [X.] 9 zum 1. Januar 2009. § 12 Abs. 5 [X.] findet auf die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit keine Anwendung. Eine Anrechnung der persönlichen Zulage nach § 14 Abs. 3 [X.] auf den [X.] hätte einer besonderen Anrechnungsbestimmung bedurft, wie sie die Tarifvertragsparteien in § 8 Abs. 2 Satz 3 [X.] für Beschäftigte geschaffen haben, die nach den Maßgaben des § 8 Abs. 2 Satz 1 bzw. Abs. 3 Satz 2 [X.] in ihrer [X.] ein höheres Entgelt erhalten.

a) Ob Anspruch auf die Zahlung eines [X.] besteht, bestimmt sich gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] und der [X.]tabelle grundsätzlich nach den Verhältnissen bei Inkrafttreten des [X.]. Ausnahmen von diesem Grundsatz bedürfen nach dem Willen der Tarifvertragsparteien einer ausdrücklichen Regelung (vgl. [X.] 14. April 2011 - 6 [X.] - Rn. 15, [X.] § 12 Nr. 1 = [X.] 300 [X.] § 12 Nr. 2).

b) Dieses strikte Regel-Ausnahme-Prinzip des [X.] zwingt zu einer eng am Wortlaut orientierten Auslegung des in § 12 Abs. 5 [X.] verwendeten Begriffs der „Höhergruppierung“. Die wortlautorientierte Auslegung ergibt, dass eine Anrechnung des [X.] zum bisherigen Entgelt auf den [X.] erst erfolgt, wenn der Beschäftigte dauerhaft in eine höhere [X.] eingruppiert wird und eine Vergütung aus dieser [X.] erhält.

aa) Bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch liegt eine Höhergruppierung erst vor, wenn eine Zuordnung zu einer höheren Lohngruppe erfolgt ([X.] [X.] [X.] 3. Aufl. Stichwort: „hoch“ unter 4.).

bb) Auch die Tarifvertragsparteien haben den von ihnen in § 12 Abs. 5 [X.] verwendeten Begriff der „Höhergruppierung“ in diesem Sinne verstanden.

(1) Die Höhe der bei Fortführung von schon vor Inkrafttreten des [X.] vorübergehend übertragenen höherwertigen Tätigkeiten zu zahlenden Zulage bemisst sich gemäß § 10 Satz 8 [X.] nach der Differenz zwischen dem am 1. Oktober 2005 zustehenden Entgelt und dem „Tabellenentgelt nach der Höhergruppierung“. In § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 [X.] sind die vergütungsrechtlichen Folgen für übergeleitete Beschäftigte geregelt, die bei Inkrafttreten des [X.] „die für eine Höhergruppierung erforderliche [X.] der Bewährung“ in einem bestimmten Umfang erfüllt hatten. § 17 Abs. 4 Satz 1 [X.] regelt die Stufenzuordnung von Beschäftigten „bei Eingruppierung in eine höhere [X.]“. Gemäß § 17 Abs. 4 Satz 4 [X.] beginnt die [X.] „in der höheren [X.]“ mit dem Tag der „Höhergruppierung“. Bei der Übertragung von Führungspositionen auf Probe oder auf [X.] ist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 2 bzw. § 32 Abs. 3 Satz 2 [X.] eine Zulage in Höhe des [X.] zwischen dem Tabellenentgelt der bisherigen [X.] und dem sich „bei Höhergruppierung nach § 17 Abs. 4 Satz 1 und 2 ergebenden Tabellenentgelt“ (gemäß § 32 Abs. 3 Satz 2 [X.] noch zuzüglich eines weiteren Zuschlags) zu gewähren.

(2) In all diesen Vorschriften ist der Begriff der „Höhergruppierung“ entsprechend dem allgemeinen Wortgebrauch im Sinne einer dauerhaften Übertragung von Tätigkeiten einer höheren [X.] verwendet worden (vgl. [X.] 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 21, [X.] § 1 Tarifverträge: Versorgungsbetriebe Nr. 2 = [X.] 600 [X.] § 5 Stufenzuordnung Nr. 4; vgl. auch [X.]/[X.]/Kiefer/Lang/Langenbrinck [X.] Stand Juni 2008 § 17 [X.] Rn. 51; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.] Stand September 2011 § 17 [X.]-AT Rn. 34). Mit der Verwendung des Begriffs „Höhergruppierung“ in § 12 Abs. 5 [X.] knüpfen die Tarifvertragsparteien eindeutig an dieses einheitliche Begriffsverständnis an.

cc) Wird dem Beschäftigten nur vorübergehend eine höherwertige Tätigkeit übertragen und eine Zulage gemäß § 14 [X.] gezahlt, liegt keine Höhergruppierung im Sinne dieses tariflichen Begriffsverständnisses vor ([X.] in [X.] Band IV Stand August 2011 F § 12 Rn. 29; [X.]/[X.]/[X.]/Wiese [X.] Stand Juni 2011 Teil IV/3 [X.]/[X.] Rn. 154; [X.] 2011, 23; aA Kom[X.]/Litschen Stand Juni 2012 § 12 [X.] Rn. 12). Die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit iSv. § 14 [X.] hat eindeutig einen anderen Wortsinn und andere tarifliche Auswirkungen als eine Höhergruppierung. Der Beschäftigte bleibt im Fall der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit der [X.] zugehörig, in die er eingruppiert ist. Zu einer höheren Eingruppierung im rechtlichen Sinne führt die vorübergehende Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit gerade nicht, sondern nur zum Anspruch auf die persönliche Zulage nach § 14 [X.] (vgl. zum [X.]: [X.] 14. Dezember 2005 - 4 [X.] - Rn. 17, [X.]E 116, 319). Soweit Ansprüche an eine [X.] anknüpfen, sind dafür die (niedrigere) [X.] und deren Tabellenentgelt weiter maßgeblich. Dies gilt etwa für die Bemessung der [X.]zuschläge nach § 8 Abs. 1 [X.], der Grundvergütung bei Mehrarbeit nach § 8 Abs. 2 [X.] oder für die Differenzierung bei der Jahressonderzahlung nach § 20 Abs. 2 Satz 2 iVm. Satz 3 [X.] ([X.] in [X.] Band IV Stand Februar 2009 E § 14 Rn. 2 und Stand Februar 2011 E § 14 Rn. 74).

c) Entgegen der Auffassung der [X.] führt diese wortlautorientierte Auslegung nicht zu von den Tarifvertragsparteien nicht gesehenen und von ihnen nicht in Kauf genommenen Wertungswidersprüchen zwischen dem Ergebnis einer Höhergruppierung und einer nur vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit.

aa) Die Tarifvertragsparteien haben bei den Überleitungsbestimmungen in den [X.] bedacht, dass es bereits unmittelbar nach Inkrafttreten des [X.] zum 1. Oktober 2005 und nach dem Wirksamwerden des [X.] zum 1. Oktober 2007 Beschäftigte geben würde, die eine Zulage nach § 14 [X.] erhielten. Für die Beschäftigten, denen zum Stichtag 1. Oktober 2005 vorübergehend höherwertige Tätigkeiten übertragen waren, und die diese Tätigkeiten über den 30. September 2007 hinaus fortsetzten, fand gemäß § 10 Satz 2 [X.] mit Wirkung ab dem 1. Oktober 2007 § 14 [X.] Anwendung. Bei einer vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten zwischen dem 1. Oktober 2005 und dem 30. September 2007 haben die Tarifvertragsparteien in § 18 Abs. 1 [X.] die Geltung des [X.] und damit auch des § 14 [X.] angeordnet. Gleichwohl haben sie in § 12 Abs. 5 [X.] ausdrücklich nur für „Höhergruppierungen“ die Anrechnung des [X.] zum bisherigen Entgelt auf den [X.] vorgesehen.

bb) Darüber hinaus war den Tarifvertragsparteien bei der Regelung der Anspruchsvoraussetzungen für den [X.] bewusst, dass die Regelungen des [X.] je nach individueller Fallgestaltung in Einzelfällen sowohl zu überproportional positiven Folgen als auch zu Härten führen können, (Nr. 1 Satz 1 der [X.] zum [X.] Ziff. 6: zu § 12). Im Interesse einer für eine Vielzahl von Fallgestaltungen angestrebten Abmilderung von Exspektanzverlusten haben sie gleichwohl derartige Verwerfungen in Einzelfällen ausdrücklich hingenommen (Nr. 1 Satz 2 der [X.] zum [X.] Ziff. 6: zu § 12). Wenn die Tarifvertragsparteien in § 12 Abs. 5 [X.] nur bei späteren Höhergruppierungen eine Anrechnung der Entgeltsteigerung auf den [X.] vorgesehen haben, nicht aber in den Fällen der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit, zeigt dies, dass Änderungen des Einkommens durch die Ausübung bloßer höherwertiger Tätigkeiten ohne Änderung der Eingruppierung für den Anspruch auf [X.] und die Höhe des [X.] auch dann ohne Bedeutung sein sollen, wenn sie zu den von den Tarifvertragsparteien in Kauf genommenen überproportional positiven Folgen führen (vgl. [X.] 14. April 2011 - 6 [X.] - Rn. 19, [X.] § 12 Nr. 1 = [X.] 300 [X.] § 12 Nr. 2).

d) Diese Auslegung führt entgegen der Annahme der Revision auch nicht zu einer von Art. 3 Abs. 1 GG untersagten Ungleichbehandlung zwischen den Beschäftigten, die (endgültig) höhergruppiert werden und dadurch den Anspruch auf den [X.] verlieren, und den Beschäftigten, die während der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit ungeachtet der Zulage nach § 14 Abs. 3 [X.] den [X.] weiter erhalten.

aa) Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden. Die Schutzfunktion der Grundrechte verpflichtet die Arbeitsgerichte jedoch dazu, Tarifregelungen die Durchsetzung zu verweigern, die zu gleichheits- und sachwidrigen Differenzierungen führen und deshalb Art. 3 GG verletzen. Dabei kommt den Tarifvertragsparteien als selbstständigen Grundrechtsträgern allerdings aufgrund der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Tarifautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu ([X.] 18. Dezember 2008 - 6 [X.] - Rn. 21, [X.]E 129, 93).

bb) Art. 3 GG untersagt zwar auch einen gleichheitswidrigen Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird ([X.] 16. Dezember 2010 - 6 [X.] - Rn. 19, [X.] § 1 Tarifverträge: [X.] Nr. 4). Eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes scheidet hier jedoch bereits deshalb aus, weil die beiden von der [X.] herangezogenen Personengruppen nicht vergleichbar sind.

(1) Verfassungsrechtlich relevant ist nur die Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem bzw. die Gleichbehandlung von wesentlich [X.]. Dabei ist es grundsätzlich dem Normgeber überlassen, die Merkmale zu bestimmen, nach denen Sachverhalte als hinreichend gleich anzusehen sind, um sie gleich zu regeln ([X.] 23. September 2010 - 6 [X.]/09 - Rn. 14, [X.]E 135, 313).

(2) Nach dem Konzept der Tarifvertragsparteien liegen hinsichtlich der von § 12 Abs. 5 [X.] und § 14 [X.] erfassten Personengruppen keine wesentlich gleichen Sachverhalte vor. Bei der vorübergehenden Übertragung einer höherwertigen Tätigkeit wird im Unterschied zu der Höhergruppierung der fiktive Verlauf der Vergütungsentwicklung, wie sie sich nach dem [X.] entwickelt hätte, noch nicht unterbrochen, so dass es bei den typisierend auszugleichenden Expektanzverlusten verbleibt (vgl. zu dieser Funktion des [X.] [X.] 14. April 2011 - 6 [X.] - Rn. 25, [X.] § 12 Nr. 1 = [X.] 300 [X.] § 12 Nr. 2). Insbesondere besteht für die Beschäftigten, denen eine Tätigkeit nur vorübergehend übertragen wird, das Risiko, dass es zu keiner dauerhaften Übertragung der höherwertigen Tätigkeit kommt und sie in die frühere Position „zurückfallen“ (vgl. [X.] in [X.] Band IV Stand September 2006 E § 14 Rn. 45; [X.]/[X.]/Kiefer/Lang/Langenbrinck [X.] Stand Dezember 2007 § 14 [X.] Rn. 40). Darüber hinaus werden [X.]en der vorübergehenden Ausübung einer höherwertigen Tätigkeit auch dann nicht auf die [X.] in der höheren [X.] angerechnet, wenn es später zu einer dauerhaften Aufgabenübertragung kommt. Die [X.] beginnt vielmehr gemäß § 17 Abs. 4 Satz 4 [X.] mit dem [X.] neu zu laufen (vgl. zu § 5 Abs. 2 Satz 2 [X.] [X.] 27. Januar 2011 - 6 [X.] - Rn. 27, 42, [X.] § 1 Tarifverträge: Versorgungsbetriebe Nr. 2 = [X.] 600 [X.] § 5 Stufenzuordnung Nr. 4).

cc) Soweit es in Einzelfällen bei der vorübergehenden Übertragung höherwertiger Tätigkeiten über einen längeren [X.]raum hinweg zu Entgeltvorteilen der später endgültig höhergruppierten Beschäftigten kommen mag, haben die Tarifvertragsparteien nicht deutlich gemacht, dass sie diese Entgeltvorteile beim [X.] berücksichtigen wollen. Darüber hinaus kann der Arbeitgeber durch seine Beförderungspraxis derartigen Verzerrungen entgegenwirken.

e) Entgegen der Auffassung der [X.] enthält § 12 Abs. 5 [X.] für den Fall der Gewährung einer Zulage nach § 14 [X.] keine unbewusste Regelungslücke.

aa) Die Beklagte entnimmt die von ihr angenommene Regelungslücke einem Wertungswiderspruch zwischen den finanziellen Folgen einer endgültigen Höhergruppierung und der Gewährung einer Zulage nach § 14 Abs. 3 [X.], der, wie ausgeführt, nicht besteht. Damit entfällt auch die Notwendigkeit der Einholung einer Tarifauskunft. Eine solche wird von der [X.] nur für erforderlich gehalten, um zu klären, ob die Tarifvertragsparteien sich von Überlegungen hatten leiten lassen, die die Bevorzugung der Beschäftigten, denen eine höherwertige Tätigkeit nur vorübergehend übertragen ist, rechtfertigen könnten. Wie ausgeführt, sind die von § 12 Abs. 5 [X.] erfassten Beschäftigten und die Beschäftigten, denen eine Zulage nach § 14 Abs. 3 [X.] gezahlt wird, bereits nicht vergleichbar, so dass es auf mögliche Rechtfertigungsgründe nicht mehr ankommt.

bb) Ohnehin könnten die Gerichte für Arbeitssachen die von der [X.] gesehene unbewusste Regelungslücke selbst dann nicht schließen, wenn eine solche Regelungslücke tatsächlich vorläge. Es lassen sich keine hinreichend sicheren Anhaltspunkte feststellen, wie die Tarifvertragsparteien die Lücke geschlossen hätten (zu den Anforderungen an die Schließung einer unbewussten Regelungslücke durch die Gerichte zuletzt [X.] 28. Juni 2012 - 6 [X.] - Rn. 30). Dafür genügt es nicht, dass das [X.] im Rundschreiben vom 10. August 2007 die Auffassung vertreten hat, [X.] nach § 14 [X.] seien für die Dauer der Übertragung „im Sinne des § 12 Abs. 5“ auf den [X.] anzurechnen. Zum einen gibt dieses Schreiben nicht die Auffassung einer Tarifvertragspartei, sondern lediglich die Meinung seiner Verfasser wieder (vgl. [X.] 23. September 2010 - 6 [X.] - Rn. 18, [X.]E 135, 318). Zum anderen ist nicht ersichtlich, in welcher Weise die Tarifvertragsparteien eine unbewusste Regelungslücke geschlossen hätten. Dafür kommt nicht nur die von der [X.] befürwortete entsprechende Anwendung des § 12 Abs. 5 [X.] in Betracht. Genauso gut hätten sich die Tarifvertragsparteien bewusst gegen eine Anrechnung der persönlichen Zulage nach § 14 Abs. 3 [X.] auf den [X.] entscheiden können, wie es inzwischen offenbar von der [X.] [X.] vertreten wird (vgl. [X.] berichtet Nr. 13/2011). Schließlich wäre auch eine differenzierte Regelung denkbar, bei der die persönliche Zulage, etwa unter Berücksichtigung der Entgeltnachteile, die ungeachtet der Zulage nach § 14 Abs. 3 [X.] durch die weitere Zugehörigkeit zu der niedrigeren [X.] entstehen, nur teilweise auf den [X.] angerechnet würde.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2 [X.].

II. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Spelge    

        

        

        

    Wollensak    

        

    M. Jostes    

                 

Meta

6 AZR 701/10

26.07.2012

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Berlin, 15. April 2010, Az: 50 Ca 22368/09, Urteil

§ 12 Abs 5 TVÜ-Bund, § 14 Abs 3 TVöD, Art 3 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.07.2012, Az. 6 AZR 701/10 (REWIS RS 2012, 4244)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4244

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