Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.02.2011, Az. V B 64/09

5. Senat | REWIS RS 2011, 9500

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Gegenstand

(Entsprechende Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren; Steuerermäßigung für "Heilbäder"; Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie)


Leitsatz

1. NV: Eine Nichtzulassungsbeschwerde kann nach vorherigem Hinweis auf diese Möglichkeit in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 FGO als unbegründet zurückgewiesen werden, wenn sich die klageabweisende Entscheidung des FG aus anderen als den vom FG angeführten Gründen als zutreffend erweist .

2. NV: Die Steuerermäßigung für "Heilbäder" nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG betrifft zu therapeutischen Zwecken genutzte Bäder und setzt daher eine äußerliche Anwendung auf den Körper voraus .

3. NV: Hat ein Mitgliedstaat den ermäßigten Steuersatz nur für einen Teilaspekt der Kategorie Nr. 16 des Anhangs H zu Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der Richtlinie 77/388/EWG vorgesehen, kann der Unternehmer eine weiter gehende Begünstigung nicht durch Berufung auf diese Richtlinie erreichen .

Gründe

1

Die Beschwerde ist unbegründet.

2

Nach § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) ist die Revision u.a. zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 [X.]O) oder wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 [X.]O).

3

1. Im Streitfall kann offen bleiben, ob derartige Zulassungsgründe hinreichend dargelegt wurden und vorliegen. Denn nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) ist die Revision in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 [X.]O dann nicht zuzulassen, wenn sich die klageabweisende Entscheidung des Finanzgerichts ([X.]) aus anderen als den vom [X.] angeführten Gründen als richtig darstellt ([X.]-Beschlüsse vom 22. Oktober 2009 [X.]/08, [X.]/NV 2010, 225; vom 16. Juli 2008 [X.]/08, [X.]/NV 2008, 1673; vom 31. Januar 2007 [X.], [X.]/NV 2007, 1191; vom 15. Dezember 2004 [X.]/04, [X.]/NV 2005, 715; vom 19. Juli 1999 [X.], [X.]/NV 2000, 192). So liegen die Verhältnisse im Streitfall. Das [X.] hat die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Verabreichung der Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie nach Prof. von Ardenne im Ergebnis zu Recht abgelehnt.

4

Nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 des [X.]es 1993/1999 (UStG) ermäßigt sich die Steuer auf sieben vom Hundert für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie für die Verabreichung von Heilbädern.

5

a) "Heilbäder" sind zu therapeutischen Zwecken genutzte Bäder. Dabei erfordert ein "Bad" das Eintauchen des Körpers (Vollbad) oder bestimmter Körperteile ([X.]) in Wasser oder andere flüssige Medien; im übertragenen Sinne spricht man auch von Bad, wenn der unbekleidete Körper den Sonnenstrahlen (Sonnenbad), heißer oder kühler Luft ([X.], [X.]) ausgesetzt oder in heißen Sand (Sandbad) eingegraben wird (vgl. [X.], [X.], 21. Auflage "Bad"). Selbst bei weiter Auslegung des Begriffs ist in allen Fällen eine äußerliche Anwendung auf den Körper erforderlich. Die vom Rechtsvorgänger der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) verabreichte Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie beruht dagegen --neben der Verabreichung von Vitalstoffen und einem Bewegungstraining-- im Wesentlichen auf dem Inhalieren eines [X.] und fällt daher bereits nach dem Wortlaut nicht in den Anwendungsbereich des § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG.

6

b) Eine ermäßigte Besteuerung der Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie ergibt sich auch nicht aus einer Berufung auf Unionsrecht. Der zu Art. 12 Abs. 3 Buchst. a der [X.] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[X.] ergangene Anhang H ermöglicht den Mitgliedstaaten zwar in Kategorie 16 die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes u.a. für "medizinische Versorgungsleistungen", hierbei handelt es sich aber um eine "Kann"-Vorschrift. Die Mitgliedstaaten sind demnach nicht gezwungen, sämtliche in den Kategorien des [X.] genannten Umsätze ermäßigt zu besteuern, vielmehr ist eine "selektive Auswahl" zulässig (vgl. Urteil des Gerichtshofs der [X.] vom 6. Mai 2010 [X.]/09, [X.]/[X.], Rz 29, [X.]/NV 2010, 1401 Rdnr. 29). Hat der Mitgliedstaat --wie im [X.] nur für einen Teilaspekt der Kategorie Nr. 16 den ermäßigten Steuersatz vorgesehen, kann der Unternehmer eine weiter gehende Begünstigung nicht durch Berufung auf die Richtlinie erreichen (vgl. [X.] in [X.]/[X.], Kommentar zum [X.], § 12 Abs. 2 Nr. 9 Rz 6; [X.] in [X.]/ [X.]/[X.], Kommentar zum [X.], § 12 Rz 83).

7

c) Die Klägerin wurde mit Schreiben der Senatsvorsitzenden vom 21. Dezember 2010 auf die Möglichkeit einer Zurückweisung der Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 126 Abs. 4 [X.]O hingewiesen und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

8

2. Von einer weiter gehenden Begründung und der Darstellung des Sachverhalts sieht der Senat gemäß 116 Abs. 5 Satz 2 [X.]O ab. Im Hinblick auf die Anwendung von § 126 Abs. 4 [X.]O kam es insbesondere auf den geltend gemachten Verfahrensfehler nicht an.

Meta

V B 64/09

11.02.2011

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend Hessisches Finanzgericht, 2. März 2009, Az: 6 K 4/05, Urteil

§ 115 Abs 2 FGO, § 126 Abs 4 FGO, § 12 Abs 2 Nr 9 S 1 UStG 1993, § 12 Abs 2 Nr 9 S 1 UStG 1999, Art 12 Abs 3 Buchst a EWGRL 388/77, Anh H EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 11.02.2011, Az. V B 64/09 (REWIS RS 2011, 9500)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 9500

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