Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2009, Az. II ZR 264/08

II. Zivilsenat | REWIS RS 2009, 1621

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[X.]/08 vom 21. September 2009 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: [X.] § 716 a) Bei den Namen und Anschriften der Gesellschafter einer [X.] handelt es sich um eine "Angelegenheit" der Gesellschaft im Sinne von § 716 Abs. 1 BGB. b) Sind die Informationen, hinsichtlich derer der Gesellschafter sich grundsätzlich durch Einsicht in die Bücher unterrichten darf, bei der [X.] gespeichert, kann der Gesellschafter zum Zwecke der Unterrichtung einen Ausdruck über die geforderten Informationen verlangen. c) Die Regelung in einem Gesellschaftsvertrag, die das Recht der Gesellschafter, Auskunft über die Namen und Anschriften ihrer Mitgesellschafter zu verlangen, ausschließt, ist unwirksam. Ein schützenswertes Interesse der Mitgesellschafter untereinander auf Anonymität besteht weder allgemein noch unter datenschutz-rechtlichen Gesichtspunkten. [X.], Beschluss vom 21. September 2009 - [X.]/08 - [X.] - 2 - [X.] [X.] hat am 21. September 2009 durch [X.] und [X.], [X.], [X.] und [X.] einstimmig beschlossen: Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der [X.] beab-sichtigt, die Revision der Beklagten gegen das [X.]eil des [X.] vom 13. November 2008 durch Beschluss ge-mäß § 552 a ZPO zurückzuweisen. Streitwert: 2.000,00 • Gründe: Zulassungsgründe liegen nicht vor; die Revision der Beklagten hat auch keine Aussicht auf Erfolg. 1 1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind die Voraussetzun-gen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt. 2 a) Grundsätzliche Bedeutung kommt der Rechtssache, anders als das Berufungsgericht meint, nicht bereits deshalb zu, weil bislang keine Entschei-dung des [X.] zu der Frage vorliegt, ob eine [X.] gegenüber einem Gesellschafter zur Auskunftserteilung über Namen und An-schriften der Mitgesellschafter verpflichtet ist. Grundsätzlichkeit gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO ist nur dann gegeben, wenn eine Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage 3 - 3 - aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und die deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwick-lung und Handhabung des Rechts berührt, wobei insbesondere erforderlich ist, dass die betreffende Rechtsfrage in einem gewissen Umfang umstritten ist (st. Rspr. siehe nur [X.] 154, 288, 291 m.w.Nachw.). Bis auf eine abweichende Entscheidung ([X.], [X.]. v. 26. Juni 2009 - 11 U 75/09) ist die Rechts-frage jedoch weder in der Rechtsprechung (siehe nur [X.], [X.] 2001, 375 ff.; [X.], [X.]. v. 12. Dezember 2002 - 23 U 132/07, juris [X.]. 34; [X.], [X.]. v. 8. Mai 2009 - 2-21 O 78/08, juris [X.]. 43 ff.) noch - soweit sie überhaupt behandelt wird - in der Literatur umstritten (siehe nur [X.]/[X.], HGB 33. Aufl. [X.]. § 177 a Rdn. 72; [X.]/[X.], BDSG 9. Aufl. § 28 Rdn. 27 a - zum Verein). b) Die Zulassung der Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts geboten (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO). Der vorliegende Einzelfall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszu-füllen. In Rechtsprechung und Literatur sind die Grundlagen des [X.] eines Gesellschafters einer [X.] ausreichend geklärt. Diese Grundsätze sind lediglich auf den vorliegenden Auskunftsanspruch anzuwen-den. 4 c) Entgegen der Ansicht der Revision ist die Zulassung nicht zur Siche-rung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz zur [X.]sentschei-dung vom 20. Juni 1983 ([X.], [X.], 910 ff.) geboten. Der [X.] hat dort lediglich entschieden, dass einem Kommanditisten in ähnlicher Weise wie bei § 118 HGB und § 716 BGB ein Auskunftsrecht dann zuzubilligen ist, wenn die erforderlichen Angaben nicht aus den Büchern oder Papieren der Gesell-schaft ersichtlich sind und sich demgemäß der Berechtigte nicht ohne die [X.] Klarheit über die Angelegenheit der Gesellschaft verschaffen kann. Zu 5 - 4 - diesem vom [X.] entschiedenen Fall hat das Berufungsgericht ersichtlich kei-nen abweichenden Obersatz im Sinne einer Divergenz (siehe hierzu [X.] 154 aaO Seite 292 f.) aufgestellt. 2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. 6 Das Berufungsgericht hat der Klägerin zu Recht einen Anspruch gegen die Beklagte auf Auskunft bezüglich der Namen und Anschriften ihrer [X.] aus § 716 Abs. 1 BGB zugesprochen. 7 a) § 716 BGB gewährt dem einzelnen Gesellschafter das Recht, sich durch Einsicht in die Bücher und Papiere der Gesellschaft "über deren [X.]" zu unterrichten. Bei den Namen und Anschriften der Gesellschafter handelt es sich um eine "Angelegenheit" der [X.]. 8 b) Sind - wie hier - die erforderlichen Informationen in einer [X.] gespeichert, kann der Gesellschafter zum Zwecke der [X.] einen Ausdruck über die geforderten Informationen verlangen ([X.]/ [X.]/[X.] 5. Aufl. § 716 Rdn. 8). 9 c) § 28 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages steht dem Auskunfts-recht nicht entgegen. Diese Regelung ist unwirksam. Sie hält der - auf den Ge-sellschaftsvertrag einer Publikumsgesellschaft anwendbaren (siehe bereits [X.] 64, 238, 241 f.) - Inhaltskontrolle gemäß § 242 BGB nicht stand. - Auch - bei einer Publikumsgesellschaft in Form einer [X.] handelt es sich um ein "Schuldverhältnis", d.h. die jeweiligen Gesellschafter schließen unter-einander einen Vertrag, mit dem sie sich zur Verwirklichung und Förderung ei-nes gemeinsamen Zwecks zusammenschließen (§ 705 BGB). Das Recht, sei-nen Vertragspartner zu kennen, ist in jedem Vertragsverhältnis derart selbstver-ständlich, dass es nicht wirksam ausgeschlossen werden kann. 10 - 5 - Hier kommt hinzu, dass § 28 Abs. 2 Satz 2 des Gesellschaftsvertrages u.a. ein wesentliches Gesellschafterrecht, nämlich dasjenige, eine außerordent-liche Gesellschafterversammlung einzuberufen, faktisch beseitigt. Die 5 %, die gemäß § 13 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages für eine solche Einberufung er-forderlich sind, kann ein Gesellschafter - soweit er nicht ausnahmsweise schon allein diese Schwelle mit seiner Beteiligung überschreitet - nur erlangen, wenn er sich mit anderen Mitgesellschaftern zusammenschließt, was zwingend vor-aussetzt, dass er deren Namen und Anschriften kennt. 11 Da die Vorschrift des § 28 schon der Inhaltskontrolle des § 242 BGB nicht standhält, braucht nicht entschieden zu werden, ob nicht auch § 716 Abs. 2 BGB dem gesellschaftsvertraglichen Ausschluss des Auskunftsrechts entgegensteht. 12 d) Zu Recht hat das Berufungsgericht den Mitgesellschaftern auch jegli-ches berechtigte "Geheimhaltungsinteresse" abgesprochen, auf das sich die Beklagte als angebliche Sachwalterin von deren Interessen u.a. zur [X.] ihrer Auskunftsverweigerung berufen hat. Ein schützenswertes Geheim-haltungsinteresse besteht weder allgemein noch unter datenschutzrechtlichen Gründen (siehe zu letzterem [X.]/[X.] aaO; im Übrigen auch [X.]/[X.] 2. Aufl. § 118 Rdn. 16). Derjenige, der mit einem anderen einen Vertrag, wie vorliegend den Gesellschaftsvertrag, schließt, hat keinen schützenswerten Anspruch darauf, dies anonym zu tun, worauf es hinausliefe, wenn er seinem Mitgesellschafter Namen und Anschrift verschweigen dürfte. Falls ein Gesellschafter die ihm mitgeteilten Namen der Mitgesellschafter [X.] verwenden sollte, ist er diesen gegenüber aus dem Gesichtspunkt der Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht ggf. zur Unterlassung und zum Schadensersatz verpflichtet. Eine solche abstrakte [X.] - 6 - rechtfertigt es allein nicht, dem einen gegenüber dem anderen Vertragspartner das Recht zuzugestehen, seinen Namen und seine Anschrift zu verheimlichen. Goette [X.]

[X.]

Drescher

Löffler Hinweis: Das Revisionsverfahren ist durch [X.] erledigt [X.]. Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.05.2008 - 163 C 28651/07 - [X.], Entscheidung vom 13.11.2008 - 30 S 10664/08 -

Meta

II ZR 264/08

21.09.2009

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2009, Az. II ZR 264/08 (REWIS RS 2009, 1621)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 1621

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