Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2003, Az. I ZR 94/01

I. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 508

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]Verkündet am:27. November 2003FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein[X.]R: jaMondpreise?UWG § 3Für die Behauptung, daß eine Werbung mit einer bestehenden unverbindlichenPreisempfehlung des Herstellers im Hinblick auf die Marktverhältnisse zur Irre-führung geeignet ist, trägt der Kläger die volle Darlegungs- und Beweislast.[X.], Urt. v. 27. November 2003 - [X.] - [X.] Köln- 2 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 27. November 2003 durch [X.] Dr. Ullmannund [X.] Recht erkannt:Die Revision gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 2. März 2001 wird auf Kosten des [X.] zurück-gewiesen.Von Rechts wegen- 3 -Tatbestand:Die Beklagte, die als Einzelhandelsunternehmen u.a. Geräte der Unter-haltungselektronik vertreibt, warb in einer Beilage zum "[X.]Wochenspiegel"vom 2. September 1998 - wie aus dem nachstehend wiedergegebenen Klage-antrag ersichtlich - für [X.] der Firma [X.](Modell"[X.] 802 DC") und der Firma [X.]([X.] "[X.]Cubus 5", "[X.]Bandit 200" und "[X.]Power Bull 250").Dabei stellte sie ihren eigenen Preisen jeweils ganz erheblich höhere unver-bindliche Preisempfehlungen der Hersteller gegenüber.Der klagende Verein zur Förderung gewerblicher Interessen hat [X.] als irreführend beanstandet. Die angegebenen Preisempfehlungender Hersteller seien nicht mehr gültig gewesen und hätten nicht den marktübli-chen Durchschnittspreisen entsprochen. Die Werbung mit solchen Phantasie-preisen ("Mondpreisen") sei geeignet, die Verbraucher über die Preiswürdigkeitder Angebote zu täuschen.Der Kläger hat beantragt,die Beklagte unter Androhung von [X.] zu verurteilen,es zu unterlassen, in der an den Endverbraucher gerichteten [X.], wie nachstehend wiedergegeben, Lautsprecher unter [X.] Verkaufspreises und der unverbindlichen Preisempfehlung [X.] -- 5 -Zudem hat der Kläger den Ersatz der Abmahnkosten in Höhe von250,56 DM nebst Zinsen verlangt.Die Beklagte hat vorgebracht, die in ihrer Werbung genannten unver-bindlichen Preisempfehlungen der Hersteller seien damals marktübliche Abga-bepreise gewesen.Das [X.] hat der Klage [X.] -Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht das landge-richtliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen ([X.], 239).Mit seiner (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die [X.], begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Urteils des Landge-richts.Entscheidungsgründe:Die Revision des [X.] bleibt ohne Erfolg.[X.] Das Berufungsgericht hat die Unterlassungsklage, die auf die Be-hauptung gestützt ist, die Beklagte habe irreführend mit unverbindlichen Her-stellerpreisempfehlungen geworben, und die Klage auf Ersatz der [X.] als unbegründet abgewiesen. Dazu hat es ausgeführt:Bei Erscheinen der [X.] seien die darin angegebenen unver-bindlichen Preisempfehlungen in den aktuellen Preislisten der Hersteller nochenthalten und damit gültig gewesen. Dies habe die dafür darlegungs- und [X.] Beklagte bewiesen.Dem Vorbringen des [X.] ließen sich keine zuverlässigen Anhalts-punkte dafür entnehmen, daß die unverbindlichen Preisempfehlungen "Mond-preise" gewesen seien und Werbung mit ihnen nur bezweckt habe, die [X.] Beklagten entgegen den tatsächlichen Marktverhältnissen als besonders- 7 -günstig erscheinen zu lassen. Der Umstand, daß die eigenen Preise der [X.] ganz erheblich - bis zu etwa 80 % - unter den Preisempfehlungen [X.] gelegen hätten, könne zwanglos damit erklärt werden, daß es [X.] als einem der bedeutenden Einzelhändler für Unterhaltungselektronikgelungen sei, einen großen Bestand der beworbenen Geräte zu einem beson-ders günstigen Preis zu beziehen. Eine abweichende Beurteilung ergebe sichauch nicht daraus, daß die in der Werbung vom 2. September 1998 genannteunverbindliche Preisempfehlung von 1.699 DM für das [X.] "[X.]Cubus 5" in der ab dem 15. September 1998 geltenden [X.] Firma [X.]nur noch auf 999 DM gelautet habe. Dies habe zwar zusammenmit dem Umstand, daß dieses Modell in beiden Preislisten mit denselben [X.] Artikelnummern gekennzeichnet gewesen sei, eine tatsächliche Vermutungdafür begründet, daß der "Mondpreis"-Vorwurf zutreffe, die Beklagte habe aberbewiesen, daß der niedrigere Preis des neueren Modells seinen Grund im Ein-satz billigerer Lautsprecher habe.Die Darlegungs- und Beweislast dafür, daß die angegebenen unverbind-lichen Preisempfehlungen unrealistische Phantasiegrößen seien, treffe den Klä-ger. Dieser habe jedoch zu den tatsächlichen Marktverhältnissen nicht vorge-tragen, obwohl ihm diese ebenso zugänglich seien wie der Beklagten.I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei entschieden, daß der Kläger [X.] habe, daß die Beklagte irreführend mit unverbindlichen [X.] geworben hat (§ 3 UWG).1. Die Bezugnahme auf eine kartellrechtlich zulässige (§ 23 GWB) un-verbindliche Preisempfehlung des Herstellers ist auch wettbewerbsrechtlich- 8 -grundsätzlich zulässig. Sie ist allerdings dann als irreführend anzusehen, wennnicht klargestellt wird, daß es sich bei der Herstellerempfehlung um eine unver-bindliche Preisempfehlung handelt, wenn die Empfehlung nicht auf der [X.] einer ernsthaften Kalkulation als angemessener Verbraucherpreis ermitteltworden ist oder wenn der vom Hersteller empfohlene Preis im Zeitpunkt derBezugnahme nicht als Verbraucherpreis in Betracht kommt (vgl. [X.], Urt. [X.] - [X.], [X.], 436, 437 = [X.], 383 - [X.]; Urt. v. 14.11.2002 - I ZR 137/00, [X.], 446 =[X.], 509 - Preisempfehlung für Sondermodelle).2. Die [X.] gegen die Feststellung des Berufungsgerichts,daß der Kläger auch hinsichtlich des [X.]s "M. Cubus 5" nicht bewiesen habe, daß die Werbung mit der unverbindlichen Preis-empfehlung des Herstellers zur Irreführung geeignet sei, haben keinen Erfolg.Die Revision würdigt den festgestellten Sachverhalt lediglich anders als dasBerufungsgericht, ohne Verfahrensfehler darzulegen oder geltend machen zukönnen, daß die Beurteilung des Berufungsgerichts erfahrungswidrig ist. [X.] hat nicht aufzeigen können, daß das Berufungsgericht relevantes tat-sächliches Vorbringen zu den maßgeblichen Marktverhältnissen im Einzelhan-del mit Unterhaltungselektronik (vgl. [X.], Urt. v. 1.10.1980 - I ZR 142/78,[X.] 1981, 137, 139 = WRP 1981, 86 - Tapetenpreisempfehlung), insbeson-dere zur Preisgestaltung der Wettbewerber, übergangen habe. Von einer weite-ren Behandlung der Revisionsrügen wird gemäß § 565a Satz 1 ZPO a.F. abge-sehen.3. Das Berufungsgericht hat zutreffend entschieden, daß die [X.] und Beweislast dafür, daß eine Werbung mit unverbindlichen Preisemp-fehlungen geeignet ist, die angesprochenen Verkehrskreise irrezuführen, grund-- 9 -sätzlich den Kläger trifft. Es gelten insoweit die allgemeinen Grundsätze [X.] der Darlegungs- und Beweislast, nach denen der Kläger als Verletz-ter die rechtsbegründenden Tatsachen zu behaupten und zu beweisen hat, [X.] (der Verletzer) dagegen diejenigen Umstände, die den [X.] Tatsachen ihre Bedeutung oder Grundlage nehmen (vgl. [X.], Urt. [X.], [X.], 229, 230 = [X.], 183 - Beratungs-kompetenz; [X.]/[X.], Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., § 3 [X.]. 119; [X.]/[X.], UWG, 3. Aufl., § 3 Rdn. 527). Für Ansprüche wegenirreführender Werbung mit bestehenden unverbindlichen Preisempfehlungenvon Herstellern gilt nichts anderes (vgl. [X.] [X.], 446 - Preisempfeh-lung für Sondermodelle; vgl. auch [X.], Wettbewerbsrechtliche [X.] Verfahren, 8. Aufl., [X.]. 47 Rdn. 30).Dem Kläger können allerdings - wovon auch das Berufungsgericht [X.] ist - Darlegungs- und Beweiserleichterungen zugute kommen, wennes um die Aufklärung von Tatsachen geht, die in den [X.] Beklagten fallen, und diesen deshalb nach dem Gebot redlicher Prozeßfüh-rung (§ 242 BGB) eine prozessuale Erklärungspflicht trifft (vgl. [X.] [X.]1997, 229, 230 - Beratungskompetenz; vgl. auch [X.]/[X.] aaO § [X.] Rdn. 120; [X.]/[X.] aaO § 3 Rdn. 530; [X.] aaO [X.]. 47Rdn. 31 f.). Hinsichtlich der Frage, ob die Werbung mit den unverbindlichenPreisempfehlungen der Hersteller wegen der Marktverhältnisse irreführend war,kommen solche Erleichterungen der Darlegungs- und Beweislast jedoch nicht [X.]. Der Kläger, der die gewerblichen Interessen von Wettbewerbern [X.] vertritt, kann die Marktverhältnisse ebenso ermitteln wie die [X.] -Zu Unrecht beruft sich die Revision demgegenüber auf die [X.] Beweiserleichterungen, die einem Anspruchsteller zugute kommen, dereine Werbung mit einer Gegenüberstellung eigener Preise des Werbenden- des nunmehr geforderten mit einem angeblich früher geforderten Preis - alsirreführend beanstandet (vgl. [X.], Urt. v. 28.6.1974 - [X.], [X.] 1975,78, 79 = [X.], 552 - Preisgegenüberstellung). Diese Rechtsprechung be-ruht darauf, daß ein Kläger bei einer derartigen Preisgegenüberstellung keinegenaue Tatsachenkenntnis haben kann, während der Werbende zu seiner ei-genen Preisgestaltung und deren Ernsthaftigkeit ohne weiteres - und ihm auchzumutbar - vortragen kann. Ein solches Ungleichgewicht in den [X.] besteht bei der Werbung mit unverbindlichen Preisempfeh-lungen jedenfalls insoweit nicht, als es um Feststellungen zu den Marktverhält-nissen geht.Der Umstand, daß die Beklagte vor ihrer Werbung gehalten war zu [X.], ob die unverbindlichen Preisempfehlungen (noch) als Verbraucherpreise [X.] kommen konnten, rechtfertigt eine Überwälzung von Darlegungs- [X.] auf die Beklagte ebenfalls [X.] Das Berufungsgericht hat auch den Anspruch auf Ersatz der [X.] zu Recht als unbegründet angesehen, weil dem Kläger der mit der Ab-mahnung geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 3 UWG nicht zu-steht.- 11 -II[X.] Danach war die Revision auf Kosten des [X.] zurückzuweisen(§ 97 Abs. 1 ZPO).Ullmannv. Ungern-Sternberg[X.][X.]Büscher

Meta

I ZR 94/01

27.11.2003

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.11.2003, Az. I ZR 94/01 (REWIS RS 2003, 508)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 508

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