Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.10.2013, Az. 11 W (pat) 28/09

11. Senat | REWIS RS 2013, 1864

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Patentbeschwerdeverfahren – „Strecke zum Doublieren und Verstrecken von Faserbändern“ – zu den Anforderungen an eine substantiierte Einspruchsbegründung


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend das Patent 195 48 840

hat der 11. Senat (Technischer Beschwerdesenat) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 17. Oktober 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.]. Höchst sowie [X.] v. Zglinitzki, [X.]. [X.] und [X.] (Univ.) Rothe

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Auf die am 27. Dezember 1995 beim [X.] (jetzt: [X.]) eingereichte Patentanmeldung ist die Erteilung des [X.] 840 mit der Bezeichnung

2

3

am 3. April 2008 veröffentlicht worden.

4

Gegen das Patent ist Einspruch erhoben worden, worauf die [X.] des [X.] den Einspruch durch Beschluss vom 25. Mai 2009 wegen nicht ausreichender Substantiierung als unzulässig verworfen hat.

5

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Einsprechenden. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, der Einspruch sei zulässig und der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 beruhe nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

6

Zur Stützung ihres Vortrags verweist sie auf folgende Druckschriften:

7

D1 [X.] 1 098 862 Auslegeschrift

8

[X.] EP 0 359 914 A1

9

[X.] [X.] 489 811.

Die Beschwerdeführerin beantragt,

den angefochtenen Beschluss aufzuheben und das angegriffene Patent zu widerrufen,

anderenfalls die Rechtsbeschwerde zuzulassen.

Die Patentinhaberin und Beschwerdegegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass der Einspruch unzulässig sei, jedenfalls aber die Gegenstände der erteilten Patentansprüche neu seien sowie auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhten.

Der geltende Anspruch 1 nach Hauptantrag (erteiltes Patent) lautet in gegliederter Fassung:

1.1     

Strecke (1) zum Doublieren und Verstrecken von Faserbändern (3) mit einem Streckwerk (2) mit in [X.] (20) gehaltenen [X.] (210, 220, 230) und mit den [X.] (210, 220, 230) zugeordneten Oberwalzen (211, 221, 231), mit [X.] (5) zum Belasten der Oberwalzen (211, 221, 231),

1.2     

mit schwenkbar angeordneten [X.]n (4) zum Zustellen der Druckmittel (5) zu den Oberwalzen (211, 221, 231),

1.3     

wobei pro Oberwalze (211, 221, 231) zwei Druckmittel (5) vorgesehen sind und

1.4     

wobei die Druckmittel (5) der einen Seite der Oberwalzen (211, 221, 231) von einem besagten Druckarm (4) und die Druckmittel (5) der anderen Seite der Oberwalzen (211, 221, 231) von einem anderen besagten Druckarm (4) aufgenommen sind, dadurch gekennzeichnet, dass

1.5     

die Schwenkachse (41) der [X.] (4) in Laufrichtung des [X.] (3) gesehen derart nach dem Streckwerk (2) angeordnet ist, dass nach dem Wegschwenken der [X.] (4) der gesamte Bereich des Streckwerkes (2) sowie der Bereich vor dem Streckwerk (2) frei zugänglich ist.

Zu den dem Anspruch 1 nachgeordneten Unteransprüchen wird auf die Patentschrift und wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten auf die Akten verwiesen.

II.

Die Beschwerde der Einsprechenden ist zulässig, aber unbegründet.

Die [X.] hat den Einspruch zu Recht als unzulässig verworfen.

Der Einspruch ist unzulässig, weil er innerhalb der Einspruchsfrist nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Weise substantiiert und mit Gründen versehen worden ist.

Nach § 59 Abs. 1 Satz 4 und 5 [X.] müssen die den Einspruch rechtfertigenden Tatsachen innerhalb der Einspruchsfrist im Einzelnen angegeben werden. Die Begründung eines Einspruchs genügt diesen gesetzlichen Anforderungen nach ausreichender Substantiierung nur dann, wenn die für die Beurteilung des behaupteten [X.] maßgeblichen Umstände so vollständig dargelegt sind, dass der technische Zusammenhang zwischen dem Gegenstand des Patents und dem diesem entgegengehaltenen Stand der Technik ersichtlich ist, so dass Patentinhaber und das Patentamt (hier: das Patentgericht) daraus zweckdienliche und abschließende Folgerungen in Bezug auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines [X.] ziehen können (vgl. [X.] [X.] 1972, 173 - Sortiergerät; [X.] 1993, 439 - Tetraploide Kamille). Insbesondere genügt eine Einspruchsbegründung den gesetzlichen Anforderungen dann nicht, wenn sie sich nur mit Teilaspekten der patentierten Lehre befasst (vgl. [X.] [X.] 1988, 250 – Epoxidation). Werden die Textstellen der [X.], aus denen sich die einzelnen Merkmale des Anspruchs ergeben sollen, nicht angegeben, so hat die Einsprechende nicht ausreichend dargetan, dass die Voraussetzungen eines der in § 21 [X.] genannten Widerrufsgründe vorliegen (vgl. [X.] [X.] 1988, 289 - Messdatenregistrierung).

[X.] und führt aus, die Druckschrift [X.] beschreibe eine Strecke mit den Merkmalen des Oberbegriffs des Anspruchs 1. Aus dieser Druckschrift sei es bekannt, dass die [X.] um eine zu den [X.] parallele Schwenkachse verschwenkbar seien. Bei dieser Strecke sei ein großzügiges Freilegen des Streckwerkes durch Abschwenken der [X.] verwirklicht.

[X.] beschrieben sei dadurch, dass die Schwenkachse der [X.] nach dem Streckwerk angeordnet sei. Der oben aufgeführte Unterschied ergebe sich zwangsläufig aus der Aufgabe, dass der gesamte Bereich des Streckwerkes frei zugänglich sei. In der Strecke nach der [X.] sei das großzügige Freilegen des Streckwerks schon berücksichtigt.

[X.] sieht und kommt zu dem Ergebnis, der Fachmann gelange durch eine Zusammenschau der Druckschriften [X.] und [X.] zum Gegenstand des Anspruchs 1 des Streitpatents, ohne erfinderisch tätig zu werden.

Hinsichtlich ihrer Behauptung, wonach der [X.] nicht mehr neu sei, fehlt jeglicher Vortrag; der Vortrag zur angeblich fehlenden erfinderischen Tätigkeit ist unzureichend.

[X.] allenfalls die Merkmale 1.1 und 1.2 gemäß Anspruch 1 des angegriffenen Patents.

derart nach dem Streckwerk angeordnet ist, dass nach dem Wegschwenken der [X.] der gesamte Bereich des Streckwerkes sowie der Bereich vor dem Streckwerk frei zugänglich ist.

Somit fehlt es an einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden, hinreichend substantiierten Darstellung des [X.]es. Eine Überprüfung, ob der von der Einsprechenden behauptete [X.] vorliegt oder nicht, ist auf Grund der Angaben in dem [X.] nicht möglich, sondern bedarf weitergehender Ermittlungen.

Auch die von der Beschwerdeführerin zitierten Entscheidungen enthalten keine anderen Beurteilungsgrundsätze. Die Entscheidung des 1[X.]s (17 W (pat) 303/05) bezieht sich ausdrücklich auf eine Ausnahme, bei der der technische Zusammenhang zwischen der genannten Entgegenhaltung und dem Gegenstand des Streitpatents sofort zu erkennen waren, nämlich bereits auf der Titelseite der Druckschrift. Bei der Entscheidung des 6. Senats (6 W (pat) 313/09) wurde bereits in der Patentschrift ausdrücklich darauf verwiesen, dass die Entgegenhaltung zur Abgrenzung herangezogen wurde, wie auch in der Entscheidung des 34. Senats (34 W (pat) 308/04). Bei der weiterhin genannten Entscheidung 6 W (pat) 334/07 geht der 6. Senat davon aus, dass auf jedes Merkmal der Lehre nach dem erteilten Patentanspruch 1 eingegangen wurde und auch Bezug auf Belegstellen genommen wurde. Letztlich geht auch der [X.] (7 W (pat) 17/11) davon aus, dass das Erfordernis, die Tatsachen „im Einzelnen“ anzugeben, nicht nur vom geltend gemachten [X.], sondern vor allem von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt. Folglich ist auch aus der sonstigen Rechtsprechung nicht abzuleiten, zur Substantiierung des Einspruchs reiche es aus, pauschal anzugeben, eine Druckschrift beschreibe die Merkmale des Oberbegriffs des Anspruchs 1 gemäß dem Streitpatent.

III.

Eine Veranlassung, die Rechtsbeschwerde zuzulassen, liegt nicht vor. Insbesondere war weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden, noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des [X.]. Die Beurteilungsgrundsätze hinsichtlich der Art und Weise sowie des Umfangs der notwendigen Substantiierung des patentrechtlichen Einspruchs sind in der bekannten Rechtsprechung des [X.] längst geklärt. In der Rechtsprechung der Technischen Beschwerdesenate des Patentgerichts lässt sich – entgegen der [X.] - eine prinzipiell unterschiedliche Handhabung der Anforderungen an eine hinreichende Substantiierung des Einspruchs nicht feststellen.

Meta

11 W (pat) 28/09

17.10.2013

Bundespatentgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 17.10.2013, Az. 11 W (pat) 28/09 (REWIS RS 2013, 1864)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1864

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

19 W (pat) 3/11 (Bundespatentgericht)

Patentbeschwerdeverfahren – „Verfahren zum Anschließen einer Anschlusseinrichtung an einer Heizeinrichtung“ – zu den Anforderungen an …


20 W (pat) 340/05 (Bundespatentgericht)

Patenteinspruchsverfahren – "Satellitenfernsehsignal-Empfangsanlage" – unzulässiger Einspruch – Einspruch stützt sich zu einzelnen Merkmalen eines Patentanspruchs …


20 W (pat) 390/05 (Bundespatentgericht)

Patenteinspruchsverfahren -"Messeinrichtung und Verfahren zur berührungslosen Positionsermittlung" – Widerrufsgrund der fehlenden Neuheit – Analyse der …


11 W (pat) 1/15 (Bundespatentgericht)

Patenteinspruchsbeschwerdeverfahren – "Verfahren, Steuergerät und Speichermedium zur Steuerung einer Harnstoffinjektion" – zur Zulässigkeit des Einspruchs …


19 W (pat) 344/06 (Bundespatentgericht)

Patenteinspruchsverfahren – "Erzeugen eines Signals an einer Strecke für Schienenfahrzeuge" - zur Substantiierung - Widerrufsgrund …


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.