Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2023, Az. VII ZR 881/21

7. Zivilsenat | REWIS RS 2023, 4736

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Gegenstand

Beendigung eines selbständigen Beweisverfahrens mit sachlicher Erledigung der beantragten Beweissicherung


Leitsatz

1. Ein selbständiges Beweisverfahren ist grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der beantragten Beweissicherung anderweitig beendet im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 28. Oktober 2010 - VII ZR 172/09 Rn. 11 m.w.N.).

2. Entscheidend für die Beurteilung der sachlichen Erledigung ist dabei grundsätzlich das Ende der gesamten Beweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbständigen Beweisverfahren die Sicherung des Beweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer - auch voneinander unabhängiger - Mängel stattfindet und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt (Aufgabe von BGH, Urteil vom 3. Dezember 1992 - VII ZR 86/92, BGHZ 120, 329).

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 10. Zivilsenats des [X.] vom 30. November 2021 wird zurückgewiesen.

Die Anschlussrevision der Klägerin wird verworfen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens tragen die Klägerin zu 76 % und die Beklagte zu 24 %. Die durch die [X.] verursachten Kosten trägt die Beklagte zu 24 %; im Übrigen tragen die [X.] ihre Kosten selbst.

Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Mängelrechte wegen Rissen in einer aus Betonfertigteilen hergestellten [X.] und wegen Durchbiegungen der an der [X.] angebrachten [X.] geltend.

2

Die Klägerin beauftragte die Beklagte am 1. August 2005 unter Einbeziehung der VOB/B mit der Herstellung einer [X.] am Bauvorhaben V.                              . Für [X.] wurde eine Verjährungsfrist von vier Jahren vereinbart. Zu den Leistungen der Beklagten gehörten unter anderem die Herstellung einer [X.] sowie Vorhangfassaden mittels Betonfertigteilelementen und Betonlamellen vor den Fenstern.

3

Die Klägerin nahm die Leistung hinsichtlich der [X.]elemente am 14. Dezember 2006 ab. Bezüglich der Betonlamellen erfolgte eine Abnahme unter Vorbehalt am 11. Dezember 2007. Mit der Beklagten am 22. Juni 2010 zugegangenem Schreiben vom 17. Juni 2010 rügte die Klägerin hinsichtlich der Leistung "[X.]n" eine Haarrissbildung an der Oberfläche, teilweise durchgehend auf der ganzen Materialstärke, und forderte die Beklagte zur Mängelbeseitigung bis zum 31. August 2010 auf.

4

Mit am 1. Dezember 2010 beim [X.] eingegangenem und der Beklagten am 21. Dezember 2010 zugestelltem Schriftsatz beantragte die Klägerin die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens. In diesem Verfahren wurde ein Gutachten nebst mehrerer Ergänzungsgutachten eingeholt. Der Sachverständige stellte unter anderem Risse im [X.]bereich sowie Durchbiegungen der [X.] fest. In der vom [X.] auf Antrag bis zum 19. April 2013 verlängerten Stellungnahmefrist zum ersten Ergänzungsgutachten nahm die Klägerin Stellung, ohne sich zu den Rissen in den [X.]elementen zu äußern. Das selbständige Beweisverfahren wurde sodann hinsichtlich der nach Auffassung der Klägerin mangelhaften [X.] fortgesetzt. Die Risse in den [X.]elementen waren nicht mehr Gegenstand der weiteren Ergänzungsgutachten. Die letzte in dem Verfahren vom [X.] gesetzte Frist zur Stellungnahme endete mit Ablauf des 23. März 2015, ohne dass die Parteien hiervon Gebrauch machten.

5

Mit der am 26. Juni 2015 eingereichten Klage hat die Klägerin die Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mängelbeseitigung in Höhe von 762.000 € bezüglich der [X.] sowie in Höhe von 67.200 € bezüglich der [X.], jeweils nebst Zinsen, hilfsweise für den Fall, dass die Nacherfüllung unmöglich sein sollte, die Zahlung von 436.736,07 € nebst Zinsen verlangt. Darüber hinaus hat sie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte einen gegebenenfalls verbleibenden Minderwert/Minderungsbetrag am Gebäude zu tragen habe, der dadurch entstehe, dass nach der Betonsanierung der Risse der Betonteilfassade im [X.]bereich ein optischer Mangel verbleibe. Das [X.] hat der Klage auf den Hilfsantrag betreffend die [X.] in Höhe von 101.905,08 € nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

6

Auf die wechselseitig eingelegten Berufungen hat das Berufungsgericht die Beklagte wegen Mängeln an der [X.] verurteilt, an die Klägerin 67.200 € nebst Zinsen zu zahlen. Außerdem hat es dem Feststellungsantrag stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage betreffend den Hauptantrag hinsichtlich der [X.] als derzeit unbegründet abgewiesen. Über den Hilfsantrag hat es mangels Bedingungseintritts nicht entschieden.

7

Mit ihrer vom Berufungsgericht insoweit zugelassenen Revision wendet sich die Beklagte allein gegen ihre Verurteilung im Hinblick auf die Risse in der [X.] und verfolgt insoweit ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Eine zunächst ebenfalls eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hinsichtlich des Komplexes betreffend die [X.] hat die Beklagte zurückgenommen.

8

Der Senat hat mit Beschluss vom 18. Januar 2023 festgestellt, dass das Berufungsgericht die Zulassung der Revision auf Ansprüche der Klägerin wegen der [X.]-Elemente wirksam beschränkt hat. Die von der Klägerin eingelegte Revision wegen der Abweisung ihrer Klage in Bezug auf Ansprüche hinsichtlich der [X.] hat er als unzulässig verworfen und ihre vorsorglich eingelegte Beschwerde gegen die teilweise Nichtzulassung der Revision im Urteil des Berufungsgerichts zurückgewiesen.

9

Mit der ebenfalls für den Fall der Verwerfung ihrer Revision hilfsweise eingelegten Anschlussrevision verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung eines Kostenvorschusses hinsichtlich der [X.] weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.] ist unbegründet. Die [X.] der Klägerin ist unzulässig.

A. Revision der [X.]

I.

Das [X.]erufungsgericht hat zur [X.]egründung seiner Entscheidung ([X.], Urteil vom 30. November 2021 - 10 U 58/21, [X.], 666), soweit für die Revision der [X.] von Relevanz, im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:

Die Klägerin habe gegen die [X.]eklagte einen Anspruch auf Zahlung von 67.200 € als Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung wegen Rissen in der [X.] gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 VO[X.]/[X.] (2002) sowie auf die begehrte Feststellung.

Der Anspruch sei entgegen der Auffassung des [X.] nicht verjährt. Die vierjährige Verjährungsfrist habe mit der Abnahme am 14. Dezember 2006 begonnen und hätte grundsätzlich am 14. Dezember 2010 geendet. Aufgrund der der [X.] am 22. Juni 2010 zugegangenen Mängelanzeige habe sich die Gewährleistungsfrist gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 VO[X.]/[X.] (2002) auf zwei Jahre ab diesem Zeitpunkt bis zum 22. Juni 2012 verlängert.

Das selbständige [X.]eweisverfahren vor dem [X.] habe die Verjährung hinsichtlich der Risse in der [X.] nicht lediglich bis zum Ende der am 19. April 2013 ablaufenden Stellungnahmefrist zum ersten Ergänzungsgutachten nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 [X.] gehemmt. Würden mehrere Mängel in einem einheitlichen [X.]eweisverfahren anhängig gemacht, richte sich das Ende der Verjährungshemmung für alle geltend gemachten Mängel nach dem Abschluss des gesamten selbständigen [X.]eweisverfahrens.

Die Gegenansicht, wonach das [X.]eweisverfahren und damit die Verjährungshemmung hinsichtlich mehrerer Mängel selbständig mit ihrer jeweiligen sachlichen Erledigung ende, überzeuge, was das [X.]erufungsgericht näher ausführt ([X.], Urteil vom 30. November 2021 - 10 U 58/21, [X.], 666, juris Rn. 171 ff.), nicht. Es sei daher vorzugswürdig, in [X.]ezug auf den Weiterlauf der Verjährung abzuwarten, bis das selbständige [X.]eweisverfahren einheitlich beendet werde.

Ein Hinweis des [X.] zur [X.]eendigung des selbständigen [X.]eweisverfahrens bezüglich der Risse in der [X.] sei nicht erfolgt. Damit sei das selbständige [X.]eweisverfahren auch in [X.]ezug auf diesen Mangel erst zum 23. März 2015 beendet worden. Wegen § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.] sei daher von der Hemmung der Verjährung bis zum 23. September 2015 auszugehen, weshalb die Klage vom 26. Juni 2015 in [X.] erhoben worden sei und diese zu einer erneuten Hemmung der Verjährung geführt habe.

II.

Die Verurteilung der [X.] hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision nicht in Frage gestellt hat das [X.]erufungsgericht angenommen, dass die Voraussetzungen eines Anspruchs der Klägerin gegen die [X.]eklagte gemäß § 13 Nr. 5 Abs. 2 und Nr. 6 VO[X.]/[X.] (2002) auf Zahlung eines Kostenvorschusses zur Mangelbeseitigung in Höhe von 67.200 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung eines etwaig verbleibenden Minderwerts/[X.] wegen der Risse in der [X.] vorliegen.

2. Die von der [X.] erhobene Einrede der Verjährung hat keinen Erfolg. Die Ansprüche sind nicht verjährt.

a) Ohne Rechtsfehler und von der Revision ebenfalls nicht angegriffen ist das [X.]erufungsgericht davon ausgegangen, dass die vierjährige Verjährungsfrist mit Abnahme der Leistung am 14. Dezember 2006 zu laufen begonnen hat und die Verjährung zunächst durch das selbständige [X.]eweisverfahren nach § 204 Abs. 1 Nr. 7 [X.] gehemmt worden ist.

b) Diese Hemmung dauerte gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.] bis zum Ablauf des 23. September 2015 an, so dass der vorherige Eingang der Klage am 26. Juni 2015 die Verjährung der Ansprüche gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.], § 167 ZPO ebenfalls gehemmt hat. Denn das eingeleitete selbständige [X.]eweisverfahren war - auch hinsichtlich der Risse in der [X.] - (erst) am 23. März 2015 beendet.

Ein selbständiges [X.]eweisverfahren ist grundsätzlich mit der sachlichen Erledigung der beantragten [X.]eweissicherung anderweitig beendet im Sinne von § 204 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 [X.] (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - [X.]/09 Rn. 11 m.w.N., [X.], 287 = NZ[X.]au 2011, 156). Erfolgt die [X.]eweiserhebung durch ein schriftliches Sachverständigengutachten, ist dies mit dessen Übersendung an die Parteien der Fall, wenn weder das Gericht nach § 492 Abs. 1, § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitteilen ([X.], Urteil vom 28. Oktober 2010 - [X.]/09 Rn. 11, [X.], 287 = NZ[X.]au 2011, 156). [X.] eine vom Gericht gesetzte Frist zur Stellungnahme ab, ohne dass die Parteien hiervon Gebrauch machen, endet das Verfahren grundsätzlich mit deren Ablauf.

Entscheidend für die [X.]eurteilung der sachlichen Erledigung ist dabei grundsätzlich das Ende der gesamten [X.]eweisaufnahme. Das gilt unabhängig davon, ob in einem selbständigen [X.]eweisverfahren die Sicherung des [X.]eweises hinsichtlich nur eines Mangels oder mehrerer - auch voneinander unabhängiger - Mängel stattfindet und auch ohne Rücksicht darauf, ob diese durch einen oder mehrere Sachverständige erfolgt. Soweit der Senat mit Urteil vom 3. Dezember 1992 ([X.], [X.]Z 120, 329) entschieden hat, dass die [X.]eweissicherung und damit die Unterbrechung der Verjährung bei mehreren, voneinander unabhängigen Mängeln desselben [X.]auvorhabens mit dem Abschluss der [X.]eweissicherung hinsichtlich eines jeden dieser Mängel ende, auch wenn die verschiedenen Mängel und Sachverständigengutachten Gegenstand nur eines, formal zusammengefassten Verfahrens geworden sind (dem folgend etwa [X.], [X.]eschluss vom 2. April 2020 - 12 U 77/19, [X.], 1170, juris Rn. 14 f.; [X.], Urteil vom 20. August 2019 - 13 U 60/16, juris Rn. 25; [X.], Urteil vom 17. Mai 2013 - 10 U 286/12, [X.], 1542, juris Rn. 41 ff.; [X.], Urteil vom 16. Dezember 2008 - 21 U 117/08, [X.], 1477, juris Rn. 10 f.; [X.], [X.]eschluss vom 28. Oktober 2008 - 9 U 1128/08, [X.] 2009, 0093; [X.], Urteil vom 13. Februar 2007 - 9 U 4100/06, [X.], 1095 = NZ[X.]au 2007, 375, juris Rn. 12 f.; [X.], Stand: 1. Mai 2023, § 204 Rn. 75; [X.] ZPO/[X.], Stand: 1. März 2023, § 494a Rn. 1.2; [X.]/[X.], 9. Aufl., § 204 Rn. 103; [X.], [X.], 16. Aufl., § 204 Rn. 45; [X.]/[X.] in Festschrift für Koeble, 2010, [X.], 636 ff.; a.[X.]/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 22. Aufl., [X.]. 2 Rn. 127; [X.], NZ[X.]au 2023, 215; Schmeel, [X.], 1564, 1565 ff.; [X.], jurisPR-Priv[X.] 6/2009 [X.] 5; Rast in Festschrift für [X.], 2022, [X.], 438 ff.; [X.] in Festschrift für Koeble, 2010, [X.], 628 ff.), hält er an dieser Auffassung aus den nachfolgenden Gründen nicht mehr fest.

aa) [X.]ereits der Wortlaut von § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.] spricht für diese Auslegung der Norm in [X.]ezug auf das selbständige [X.]eweisverfahren. Die [X.]estimmungen über die Verjährung enthalten eine formale Regelung; ihre Auslegung muss sich grundsätzlich eng an den Wortlaut anlehnen. Das gebietet die Rechtssicherheit ([X.], Urteil vom 20. Februar 2002 - [X.], [X.]Z 150, 55, juris Rn. 14; Urteil vom 6. November 1969 - [X.], [X.]Z 53, 43, juris Rn. 19).

Gemäß § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.] endet die Hemmung nach § 204 Abs. 1 [X.] sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder - wie bei einem selbständigen [X.]eweisverfahren - "anderweitigen [X.]eendigung des eingeleiteten Verfahrens". Danach muss das Verfahren insgesamt sachlich erledigt sein. Eine teilweise [X.]eendigung des Verfahrens im Hinblick auf einzelne von mehreren [X.]eweisgegenständen, insbesondere auf die konkret zu begutachtenden Mängel reicht nach dem Wortlaut von § 204 Abs. 2 Satz 1 [X.], wie im Übrigen auch der Vorgängervorschriften zum Kauf- (§ 477 Abs. 2 [X.] a.F.) und Werkvertrag (§ 639 Abs. 1 i.V.m. § 477 Abs. 2 [X.] a.F.), nicht aus (so auch [X.]/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 22. Aufl., [X.]. 2 Rn. 127; Schmeel, [X.], 1564, 1567; [X.] in Festschrift für Koeble, 2010, [X.], 631 f., 633).

Vielmehr knüpft die Norm durch ihren Wortlaut an die [X.]eendigung des prozessualen Verfahrens, das zur Hemmung geführt hat, an (vgl. [X.]/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 22. Aufl., [X.]. 2 Rn. 127; Schmeel, [X.], 1564, 1565 ff.; [X.] in Festschrift für Koeble, 2010, [X.], 633). Dessen Umfang beurteilt sich nach dem, einem verfahrenseinleitenden Antrag stattgebenden, [X.]eschluss des Gerichts gemäß § 490 Abs. 2 ZPO. Dieses so bestimmte Verfahren ist erst mit dessen sachlicher Erledigung beendet. Ein anderes, früheres Ende hat das in Gang gesetzte selbständige [X.]eweisverfahren, wenn der Antrag nicht zurückgenommen wird, grundsätzlich nicht.

Dieser Wortlaut entspricht dem in der Gesetzesbegründung zu § 204 Abs. 2 [X.] zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, wonach "die durch die in Absatz 1 genannten Rechtsverfolgungsmaßnahmen ausgelöste Hemmung […] während des gesamten Verfahrens" andauern soll ([X.]T-Drucks. 14/6040, S. 117).

Es handelt sich bei der [X.]egutachtung verschiedener Mängel nicht etwa um mehrere selbständige [X.]eweisverfahren, die nur äußerlich gemeinsam durchgeführt werden. Denn auch wenn die [X.]eweiserhebung im Hinblick auf einen selbständigen Mangel inhaltlich bereits abgeschlossen ist, im Übrigen aber noch fortgesetzt wird, kann der Antragsgegner mangels [X.]eendigung des selbständigen [X.]eweisverfahrens beispielsweise (noch) nicht nach § 494a Abs. 1 ZPO beantragen, dass der Antragsteller binnen einer zu bestimmenden Frist Klage zu erheben hat, um so im Fall des Unterbleibens die Kostenfolge des § 494a Abs. 2 ZPO auszulösen (vgl. [X.]/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 22. Aufl., [X.]. 2 Rn. 127; [X.] ZPO/[X.], Stand: 1. März 2023, § 494a Rn. 1.2; [X.], jurisPR-Priv[X.] 6/2009 [X.] 5). Auch wird - nicht anders als in einem Rechtsstreit - ein Gegenstandswert des gerichtlichen Verfahrens aus der Summe der Werte, die jedem Mangel zuzuordnen sind, gebildet.

bb) Sinn und Zweck von § 204 [X.] stützen ebenfalls diese Auslegung. Den verjährungshemmenden Tatbeständen des § 204 Abs. 1 [X.] liegt der [X.] zugrunde, dass der Gläubiger durch aktives [X.]etreiben seines Anspruchs seinen Rechtsverfolgungswillen so deutlich macht, dass der Schuldner gewarnt wird und sich auf eine Inanspruchnahme noch nach Ablauf der ursprünglichen Verjährungsfrist einstellen muss ([X.], Urteil vom 25. September 2015 - [X.] Rn. 30 m.w.N., [X.]Z 207, 40).

Dieser die Hemmung der Verjährung rechtfertigende Rechtsverfolgungswille des Gläubigers bleibt aber auch dann für den Schuldner weiter erkennbar, wenn im Rahmen eines selbständigen [X.]eweisverfahrens ein Mangel begutachtet worden ist, die Parteien keine Fragen mehr an den Sachverständigen stellen oder Einwendungen gegen dessen Gutachten haben, die [X.]egutachtung hinsichtlich weiterer in demselben Verfahren anhängiger Mängel jedoch noch nicht abgeschlossen ist. Es ist für den Schuldner absehbar, dass sein Gläubiger regelmäßig noch den Abschluss des gesamten Verfahrens abwarten möchte, um dann etwaige weitere Maßnahmen zur Durchsetzung seiner (Mängel-)Ansprüche auf Grundlage des vollständigen [X.]egutachtungsergebnisses zu ergreifen. Der Schuldner muss sich daher weiterhin, auch wenn die [X.]eweissicherung betreffend einen Mangel beendet ist, auf eine Inanspruchnahme einstellen.

cc) Auch prozessökonomische Erwägungen sprechen für dieses Ergebnis. Es wäre für die Parteien unnötig umständlich und zeitaufwändig, wenn der [X.]esteller gezwungen wäre, Ansprüche aus einzelnen im selbständigen [X.]eweisverfahren abschließend begutachteten Mängeln klageweise geltend zu machen, nur um ein Ende der Verjährungshemmung zu verhindern, während sich andere Mängel noch in der [X.]egutachtungsphase befinden, zumal dann die Notwendigkeit hinzukäme, sukzessive weitere Mängelansprüche nach Abschluss der [X.]egutachtung durch Klageerweiterung in den Rechtsstreit einzuführen (vgl. [X.]/[X.], VO[X.] Teile A und [X.], 22. Aufl., [X.]. 2 Rn. 127; Schmeel, [X.], 1564, 1569; [X.] in Festschrift für Koeble, 2010, [X.], 630). Dies läuft dem den Zivilprozess prägenden gesetzgeberischen Ziel zuwider, einen Rechtsstreit möglichst kompakt und zügig zu entscheiden (vgl. § 272 Abs. 1 ZPO). Zudem widerspricht es dem jedenfalls mit dem selbständigen [X.]eweisverfahren auch verfolgten Zweck der Vermeidung eines Rechtsstreits (§ 485 Abs. 2 Satz 2 ZPO; vgl. hierzu auch [X.], [X.]eschluss vom 14. Januar 2010 - VII Z[X.] 56/07 Rn. 12, [X.], 651 = NZ[X.]au 2010, 368), wenn der Antragsteller aus verjährungsrechtlichen Gründen frühzeitig zur Klageerhebung gezwungen wird. Eine gütliche Einigung zwischen den Parteien wird eher zustande kommen, wenn über alle vom [X.]esteller behaupteten Mängel Klarheit besteht, da erst dann ein umfassender, den gesamten Streit beendender Vergleich möglich wird (vgl. auch Schmeel, [X.], 1564, 1568; [X.], jurisPR-Priv[X.] 6/2009 [X.] 5; Rast in Festschrift für [X.], 2022, [X.], 442; [X.] in Festschrift für Koeble, 2010, [X.], 630).

dd) Die rechtliche Selbständigkeit von Mängeln und der aus ihnen resultierenden Ansprüche (vgl. etwa [X.], Urteil vom 17. Juni 2004 - [X.], [X.], 1650, juris Rn. 30) führt zu keinem anderen Ergebnis.

Ansprüche wegen mehrerer, voneinander unabhängiger Mängel der Werkleistung verjähren grundsätzlich selbständig. [X.]eginn, Dauer und Ende der Verjährung ist daher für jeden Mangelanspruch gesondert festzustellen (vgl. zu diesem Ausgangspunkt [X.], Urteil vom 3. Dezember 1992 - [X.], [X.]Z 120, 329, juris Rn. 7 f.). So hemmt ein selbständiges [X.]eweisverfahren die Verjährung nicht allgemein für Mängelansprüche aus dem betreffenden Werkvertrag. Eine Hemmung tritt vielmehr lediglich für Ansprüche aus denjenigen Mängeln ein, die zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden (vgl. [X.], Urteil vom 3. Dezember 1992 - [X.], [X.]Z 120, 329, juris Rn. 8 zum [X.]eweissicherungsverfahren der §§ 485 ff. ZPO in der bis zum 31. März 1991 geltenden Fassung). Daraus lässt sich indes nicht ableiten, dass die Hemmung der Verjährung von Ansprüchen aus solchen, gemeinsam zum Gegenstand eines Verfahrens gemachten mehreren verschiedenen Mängeln unterschiedlich enden könnte (anders noch [X.], Urteil vom 3. Dezember 1992 - [X.], [X.]Z 120, 329, juris Rn. 8). Denn für das Ende der Hemmung kommt es ausschließlich auf die [X.]eendigung des Verfahrens an; der rechtlichen Selbständigkeit eines [X.] kommt hierfür keine eigenständige rechtliche Relevanz zu. Es handelt sich - wie oben dargelegt - hinsichtlich aller geltend gemachten Mängel bei einem selbständigen [X.]eweisverfahren um ein einziges Verfahren. Dessen Ende insgesamt ist deshalb für die Dauer der Hemmung maßgebend, nicht anders als bei einer Klage wegen Ansprüchen aus mehreren, voneinander unabhängigen Mängeln die Dauer der Hemmung nach § 204 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.] bestimmt wird.

[X.]. [X.] der Klägerin

I.

Das [X.]erufungsgericht hat - anders als das [X.] - eine Nacherfüllung hinsichtlich des an den [X.]eton-Fensterlamellen bestehenden Mangels nicht für (subjektiv) unmöglich erachtet. Jedoch ständen der Klägerin derzeit keine Mängelansprüche aufgrund der durchgebogenen [X.]etonlamellen zu. Denn es fehle trotz mangelhafter Werkleistung der [X.] mangels Erfüllung einer Mitwirkungsobliegenheit der Klägerin an einer wirksamen Fristsetzung zur Nacherfüllung. Die Änderungen an den [X.]etonlamellen bedürften der planerischen Mitwirkung der Klägerin.

II.

Die hiergegen gerichtete [X.] der Klägerin, über die aufgrund des [X.]edingungseintritts zu entscheiden ist, ist unzulässig.

1. Eine [X.] gemäß § 554 ZPO ist nach der Rechtsprechung des [X.]undesgerichtshofs nur zulässig, wenn ihr Gegenstand in einem unmittelbaren rechtlichen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit demjenigen der Revision steht. Auf diese Weise wird einerseits der Wille des Gesetzgebers befolgt, wonach durch die [X.] dem [X.] die Möglichkeit eröffnet werden soll, eine Abänderung des [X.]erufungsurteils zu seinen Gunsten zu erreichen, wenn das Revisionsverfahren ohnehin durchgeführt werden muss (vgl. [X.]T-Drucks. 14/4722, [X.]). Andererseits wird der auch nach § 554 ZPO fortbestehenden Akzessorietät der [X.] als eines unselbständigen Rechtsmittels hinreichend Rechnung getragen (vgl. [X.], Urteil vom 9. Mai 2019 - [X.] Rn. 38 m.w.N., [X.], 1648 = NZ[X.]au 2019, 572).

2. Zwischen der Anschluss- und der Hauptrevision besteht kein derartiger hinreichender rechtlicher oder wirtschaftlicher Zusammenhang. Entgegen der Auffassung der [X.] reicht es hierfür nicht aus, dass die Ansprüche auf derselben Vertragsgrundlage beruhen und daher beide jeweils von Anfang an Gegenstand des Verfahrens waren (vgl. [X.], Urteil vom 6. Dezember 2018 - [X.] Rn. 31, [X.], 668 = NZ[X.]au 2019, 170). Hinsichtlich der von der Revision einerseits und der [X.] andererseits betroffenen Mängel stellen sich keine übergreifenden Fragen, die mit dem Umstand in Zusammenhang stehen, dass die Mängel an demselben von der [X.] ausgeführten, aufgrund eines Vertrags geschuldeten Gewerks aufgetreten sind. Die Frage der Anspruchsverjährung stellt sich hinsichtlich etwaiger Ansprüche wegen der mangelhaften [X.]eton-Fensterlamellen - unter anderem schon wegen deren späterer Abnahme - nicht in derselben Weise wie im Hinblick auf Ansprüche wegen der mangelhaften [X.]. Die [X.] greift das berufungsgerichtliche Urteil hinsichtlich letzterem auch nur wegen dessen Annahme, der Anspruch bestehe wegen einer fehlenden Mitwirkung der Klägerin im Rahmen der Nacherfüllung jedenfalls derzeit nicht, an. Diese rechtliche Wertung ist wiederum für die Ansprüche wegen der mangelhaften [X.] unerheblich.

C. Kosten

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO sowie der entsprechenden Anwendung von § 516 Abs. 3 ZPO.

[X.]     

      

Halfmeier     

      

Kartzke

      

Jurgeleit     

      

Sacher     

      

Meta

VII ZR 881/21

22.06.2023

Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend BGH, 18. Januar 2023, Az: VII ZR 881/21, Beschluss

§ 204 Abs 1 Nr 7 BGB, § 204 Abs 2 S 1 Alt 2 BGB, § 485 ZPO, § 494a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.06.2023, Az. VII ZR 881/21 (REWIS RS 2023, 4736)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4736

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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