Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2000, Az. BLw 19/99

Senat für Landwirtschaftssachen | REWIS RS 2000, 1931

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[X.] 19/99vom16. Juni 2000in der [X.] die Zahlung einer Abfindung nach dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]:[X.] § 138 Aa Abs. 1Bei der Frage, ob eine Abfindungsvereinbarung aus Anlaß des Ausscheidens einesMitglieds aus einer Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft sittenwidrig ist(§ 138 Abs. 1 BGB), kommt es nicht auf die Grundsätze an, die für die Sittenwidrig-keit gegenseitiger Verträge gelten (Gedanke des besonders groben Mißverhältnis-ses von Leistung und Gegenleistung). Vielmehr ist entscheidend, ob der in der [X.] auf Ansprüche erheblich überdas hinausgeht, was die Genossenschaft nach der Vereinbarung zu zahlen bereitist, und ob der Verzicht bei einer Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck alsein in seinem Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu [X.] darstellt (im Anschluß an [X.]. v. 5. März 1999, [X.], [X.], 910 = [X.] 1999, [X.], [X.]. v. 16. Juni 2000 - [X.] - OLG NaumburgAG [X.]- 2 -Der [X.], [X.], hat am 16. Juni 2000durch [X.] [X.] und [X.] Vogt undProf. Dr. [X.] sowie [X.] [X.] und Gosebeschlossen:Die Rechtsbeschwerde gegen den [X.]uß des Landwirtschafts-senats des [X.] vom 16. Juni 1999 [X.].Auf die Anschlußrechtsbeschwerde der Antragsgegnerin wird dervorgenannte [X.]uß aufgehoben, soweit er zum Nachteil [X.] ergangen ist, und die Beschwerde des [X.] gegen den [X.]uß des Amtsgerichts - [X.] - [X.] vom 24. Januar 1997 zurückgewiesen.Die Kosten der beiden Rechtsmittelverfahren einschließlich deraußergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin trägt der [X.].Der Geschäftswert des [X.]:[X.] Großvater des Antragstellers war Mitglied der [X.] Antragsgegnerin, einer LPG ([X.]), in die er einen [X.] mit 10,80 ha Nutzfläche, einen Inventarbeitrag im Wert von15.893,10 Mark/[X.] und einen Anteil an einer LPG ([X.]) von49.433,67 Mark/[X.] eingebracht hatte. Davon waren ihm 5.400 Mark/[X.] aufden Inventarbeitrag und [X.]/[X.] auf den [X.] ange-rechnet worden.Der Großvater starb 1984 und wurde von der Mutter des Antragstellers,die ebenfalls [X.] war beerbt.Am 30. März 1993 schloß der Antragsteller mit Vollmacht seiner Mutter,die im Zusammenhang mit der Umwandlung der LPG in die Antragsgegnerinausgeschieden war, mit der Antragsgegnerin einen Barabfindungsvergleich,der die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung bereits gezahlter 11.590 [X.] Zahlung eines weiteren Betrages von 12.189,53 DM verpflichtete, den [X.] in fünf Jahresraten gezahlt hat. Der Antragsteller erklärte, daß damit alleRechte gegenüber der Antragsgegnerin erloschen sein sollten. Bei der [X.] zugrundeliegenden Berechnung war der dem Großvater seinerzeitgutgeschriebene [X.] von [X.]/[X.] nicht berücksichtigtworden. Ferner waren die Verzinsung des [X.] und der Wert fürdie Bodennutzung jeweils nur mit 16 % angesetzt worden. Bei der Bodenver-gütung war das von seinem Großvater eingebrachte Land allerdings rückwir-kend bis 1960 angerechnet worden.Der Antragsteller hat seine Mutter beerbt. Er hält den [X.],den er zudem angefochten hat, für unwirksam und macht darüber hinausge-hende [X.] geltend. Das Landwirtschaftsgericht hat [X.] auf Zahlung von 112.692,34 DM bezifferten Antrag zurückgewiesen.- 4 -Das [X.] hat den auf zuletzt 89.608,69 DM beschränkten [X.] von 47.495,67 DM, d.h. in Höhe des dem Großvater angerechneten[X.]s einschließlich Verzinsung, für gerechtfertigt erachtet und [X.] des Antragstellers im übrigen zurückgewiesen. Dagegen [X.] beide Beteiligte mit der - zugelassenen - Rechtsbeschwerde. Der [X.] erstrebt eine Verpflichtung zur Zahlung weiterer 47.495,67 DM nebstZinsen, die Antragsgegnerin die Wiederherstellung der Entscheidung [X.].[X.] Zur Rechtsbeschwerde des [X.]) In Höhe von 5.862,65 DM ist die Rechtsbeschwerde nicht zulässig.Dem vom Antragsteller zuletzt gestellten Antrag auf Zahlung [X.] DM hat das Beschwerdegericht in Höhe von 47.495,67 DM entspro-chen. Der Antragsteller ist durch diese Entscheidung daher nur in Höhe von42.113,02 DM beschwert. Soweit er mit seinem in der Rechtsbeschwerde ge-stellten Antrag 5.382,65 DM mehr verlangt, ist das Rechtsmittel mangels [X.] unzulässig.In Höhe von weiteren 480 DM ist die Rechtsbeschwerde unzulässig, [X.] nicht begründet worden ist. Der Antragsteller setzt sich in seiner [X.] nur mit dem Anspruch auseinander, den er als Erbe seiner Mutter ver-folgt. Er hat ursprünglich aber auch aus eigenem Recht einen Abfindungsan-spruch in Höhe von 480 DM geltend gemacht, den das Beschwerdegericht- 5 -nicht zugesprochen hat. Damit befaßt sich die [X.]) Im übrigen ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Die Annahme [X.], die Abfindungsvereinbarung vom 30. März 1993 sei nichtwegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig (§ 138 Abs. 1 BGB) hält [X.] der Rechtsbeschwerde im Ergebnis stand.aa) Der Umstand, daß der Anteil am Fondsvermögen bei der Berech-nung der Abfindungsleistung keine Berücksichtigung gefunden hat, kann nachder Rechtsprechung des [X.]s nur dann eine Sittenwidrigkeit begründen,wenn die Antragsgegnerin den Antragsteller hierbei schuldhaft übervorteilt hat([X.]. v. 5. März 1999, [X.], [X.], 910 = [X.] 1999, 248). [X.] verweist nicht auf Sachvortrag, der einen dahingehendenSchluß zuläßt. Dasselbe gilt für die von § 44 Abs. 1 Nr. 2 [X.] abweichen-de Berechnung der dort geregelten Ansprüche.bb) Soweit der Antragsteller die Sittenwidrigkeit aus einem besondersgroben Mißverhältnis zwischen gesetzlich geschuldeter und vertraglich verein-barter Abfindung herleiten will, bleibt die Rechtsbeschwerde ebenfalls erfolg-los. Allerdings ist ihr zuzugeben, daß die Begründung des [X.]nicht trägt. Es hat angenommen, es sei ungewiß, ob und in welchem Umfangnach dem Gesetz höhere [X.] bestanden hätten. Denn es seimöglich, daß die Beschränkung der Bodennutzungsvergütung und der Verzin-sung des Inventarbeitrags Folge eines zu geringen Eigenkapitals gewesen sei.Diese Überlegung entspricht weder den getroffenen Feststellungen noch [X.] der Beteiligten. Die Antragsgegnerin hat sich - wie das [X.] 6 -richt an anderer Stelle ausführt - auf eine Dürftigkeit des Eigenkapitals nichtberufen. Dies kann daher bei der Frage, ob ein Mißverhältnis besteht, der [X.] nicht zugrunde gelegt werden.Hierauf kommt es aber nicht an. Bei der Frage nach einem groben [X.] geht es um einen Vergleich zwischen Leistung und Gegenleistung.Das steht hier nicht in Rede. Vielmehr geht es darum, ob der in der Abfin-dungsvereinbarung liegende Verzicht des Antragstellers auf eine Forderungsittenwidrig ist, die erheblich über das hinausgeht, was die Antragsgegnerin inder Vereinbarung zu zahlen bereit war. So etwas ist möglich, setzt aber voraus,daß sich der Verzicht bei einer Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweckals ein in seinem Gesamtcharakter mit den guten Sitten nicht zu vereinbaren-des Geschäft darstellt (vgl. für den Erlaß [X.], Urt. v. 10. Oktober 1997,V [X.], NJW-RR 1998, 590). Das ist hier zu verneinen. Nach den getrof-fenen Feststellungen sind dem Antragsteller vor Abschluß des [X.] alle für seine Entscheidung bedeutsamen Umstände mitgeteilt worden.Bilanz und Vermögensauseinandersetzung sind ihm durch Fachleute erläutertworden. Die Berechnung des Abfindungsangebots ist offengelegt worden. [X.] ist deutlich geworden, daß die Ansprüche nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 [X.]für Bodennutzung und Inventarverzinsung nur mit 16 % angesetzt wurden unddaß der [X.] unberücksichtigt blieb. Statt dessen wurden zu [X.] die von seinem Großvater eingebrachten Flächen ihm bereits ab 1960angerechnet. Diese objektiven Umstände haben nicht den Charakter des sitt-lich Anstößigen. Auch in subjektiver Hinsicht ist nichts dafür ersichtlich, daß dieVereinbarung unter Ausnutzung wirtschaftlicher Schwäche oder geistiger Un-terlegenheit des Antragstellers zustande gekommen [X.] -cc) Die Vereinbarung ist auch nicht infolge Anfechtung unwirksam. [X.] das Beschwerdegericht zutreffend dargelegt. Für eine Unwirksamkeit nach§ 779 Abs. 1 BGB ist ebenfalls nichts ersichtlich.2. Zur Anschlußrechtsbeschwerde der [X.] ist begründet.Die Auslegung des [X.], die [X.] den [X.] nicht erfaßt, ist rechtsfehlerhaft. Sie geht nicht [X.] aus und berücksichtigt nicht alle Umstände des Falles (§§ 133, 157BGB). Sie bindet daher den [X.] nicht.Richtig ist, daß die Frage der Erstattungsfähigkeit des in die LPG [X.]eingebrachten Anteils an dem Fonds der LPG [X.] im Zeitpunkt der Vereinba-rung noch nicht völlig geklärt war. Sie war indes nicht "weitgehend unbekannt",wie das Beschwerdegericht meint. Der [X.] hatte bereits Ende 1992 die [X.] verrechneten Fondsanteils als einer "gleichste-henden Leistung" im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 [X.] bejaht ([X.]Z 120,349, 350 ff). In der Literatur wurde die Frage streitig diskutiert (vgl. die Nach-weise bei [X.]Z 123, 23, 25). Vor diesem Hintergrund gewinnen zwei [X.] an Bedeutung, die das Beschwerdegericht nicht bzw. nicht hinreichend [X.] hat.Zum einen sieht die Vereinbarung ausdrücklich vor, daß mit ihrem [X.] und ihrer vertragsgerechten Erfüllung alle Rechte gegenüber der An-tragsgegnerin erlöschen sollten. Zum anderen war dem Antragsteller schriftlich- 8 -erläutert worden, daß "für den [X.]" die von seinem Großvater indie LPG ([X.]) eingebrachten Flächen bei der Vergütung so behandelt werdensollten, als habe sie der Antragsteller im Jahre 1960 eingebracht. Daraus ergibtsich, daß die Frage der Verrechnung des Fondsanteils den Vertragsparteienvor Augen stand und daß sie ihr in der geschehenen Weise Rechnung trugen,nämlich durch eine in zeitlicher Hinsicht überobligationsmäßige Berücksichti-gung bei der Bodenvergütung und durch einen Ausschluß weitergehenderRechte. Damit ist nicht vereinbar die Annahme des [X.], [X.] habe den [X.] nicht erfaßt. Er hat ihn erfaßt, nicht andersals in der auch vom Beschwerdegericht zitierten [X.]sentscheidung [X.] ([X.], [X.], 910 = [X.] 1999, 248).III.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44, 45 LwVG.[X.]Vogt [X.]

Meta

BLw 19/99

16.06.2000

Bundesgerichtshof Senat für Landwirtschaftssachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.06.2000, Az. BLw 19/99 (REWIS RS 2000, 1931)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 1931

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