Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2021, Az. V ZR 136/20

5. Zivilsenat | REWIS RS 2021, 7477

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Gegenstand

Wohnungseigentumssache: Beschwer einer Nichtzulassungsbeschwerde bei einer Klage auf Abberufung des Verwalters und Bestellung eines neuen Verwalters


Tenor

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] - 18. Zivilkammer - vom 10. Juni 2020 wird auf ihre Kosten als unzulässig verworfen.

Der Wert des [X.] beträgt 2.677,50 €.

Gründe

I.

1

Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft mit 127 Eigentumswohnungen in insgesamt 15 Gebäuden und 73 Teileigentumsrechten an Stellplätzen in zwei Tiefgaragen. Am 7. Mai 2018 lehnten die Wohnungseigentümer mehrheitlich den Antrag der Kläger ab, die am 8. Juni 2017 für den Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2020 wiederbestellte Verwalterin unter fristloser Kündigung des [X.] mit sofortiger Wirkung abzuberufen, an ihrer Stelle eine andere namentlich bezeichnete Verwalterin zu berufen und mit dieser einen Verwaltervertrag zu näher beschriebenen Bedingungen zu schließen.

2

Das Amtsgericht hat die auf Ersetzung der abgelehnten Beschlüsse gerichtete Klage abgewiesen. Die Berufung der Kläger ist erfolglos geblieben. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen, verfolgen die Kläger ihr Klageziel weiter.

II.

3

Die Beschwerde ist unzulässig, da der Wert der mit der Revision geltend zu machenden Beschwer den Betrag von 20.000 € nicht übersteigt (§ 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).

4

1. Für die Wertgrenze der Nichtzulassungsbeschwerde ist der Wert des [X.] in dem beabsichtigten Revisionsverfahren maßgebend. Der Wert der Beschwer bemisst sich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers an der Abänderung der angefochtenen Entscheidung. Dieses Interesse ist auch in wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bewerten (Senat, Beschlüsse vom 19. Januar 2017 - [X.], [X.], 635 Rn. 3 und vom 15. März 2018 - [X.], [X.], 391 Rn. 4). Es erhöht oder ermäßigt sich nicht dadurch, dass bei der Bemessung des Streitwerts auch eine Reihe von anderen Kriterien Berücksichtigung findet. Der - im vorliegenden wohnungseigentumsrechtlichen Verfahren nach § 48 Abs. 5 WEG noch nach Maßgabe des früheren § 49a [X.] zu bemessende - Streitwert entspricht in der Regel nicht der für die Zulässigkeit des Rechtsmittels maßgeblichen Beschwer (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Juli 2020 - [X.], [X.] 2020, 397 Rn. 4 mwN).

5

2. Der (bloße) Verweis der Nichtzulassungsbeschwerde auf den von dem Berufungsgericht auf 36.487,50 € festgesetzten Streitwert ist auch hier nicht dazu geeignet, die gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO für die Zulässigkeit erforderliche Beschwer darzulegen.

6

a) Das Interesse des Klägers an der vorzeitigen Abberufung des Verwalters ist - regelmäßig - nach seinem Anteil an dem restlichen [X.] zu bemessen. Der Anteil an dem [X.] ist auch für die Bestimmung der Rechtsmittelbeschwer beim Streit um die Bestellung eines neuen Verwalters maßgeblich. Die Entscheidung der Wohnungseigentümer über die Bestellung des Verwalters wird zwar wesentlich durch die Person, die Qualifikation und die zu erwartende bzw. bekannte Amtsführung des Verwalters bestimmt sein. Das [X.] ist aber ein ebenso wichtiger Aspekt und in der Regel das gegebene Hilfsmittel, um das jeweilige Interesse an einer Entscheidung über die Neu- oder Wiederbestellung des Verwalters einzuschätzen (vgl. Senat, Urteil vom 10. Februar 2012 - [X.], [X.], 1884 Rn. 20 und Beschlüsse vom 16. Juni 2016 - [X.], [X.], 3104 Rn. 4 und vom 15. März 2018 - [X.], [X.], 391 Rn. 6). Strebt der Rechtsmittelführer, wie die Kläger hier, neben der Abberufung des bisherigen Verwalters die Bestellung eines neuen Verwalters an, bestimmt sich seine Beschwer nach seinem Anteil an dem Resthonorar des bisherigen Verwalters und nach dem Honorar des neuen Verwalters, wobei in sich überschneidenden Zeiträumen nur das höhere Honorar maßgeblich ist (Senat, Beschluss vom 16. Juni 2016 - [X.], [X.], 3104 Rn. 5).

7

b) Wie hoch dieser Anteil der Kläger ist, wird in der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dargelegt. Dass er den Schwellenwert von 20.000 € übersteigt, lässt sich auch nicht anhand der Teilungserklärung und des [X.], die auf Grund von Bezugnahmen in den Urteilen der Vorinstanzen berücksichtigt werden können, feststellen oder schätzen. Das [X.] wird nach § 11 Abs. 3 der Gemeinschaftsordnung nicht nach [X.] umgelegt, sondern pro Einheit. Da der Verwaltervertrag danach unterscheidet, ob der Wohnungseigentümer eine „Wohnung“ oder ein „Stadthaus“ und ob er auch einen Stellplatz in den Tiefgaragen hat, lässt sich der Anteil des einzelnen Wohnungseigentümers nicht ohne entsprechende Angaben ermitteln. Ginge man davon aus, dass den Klägern ein Stadthaus und ein Stellplatz gehören, entspräche ihr Anteil an dem restlichen Gesamthonorar der bisherigen Verwalterin [12 € (Stadthaus) + 3 € (Stellplatz) x 30 Monate Restlaufzeit =] 450 € + 85,50 € [19% Mehrwertsteuer] = 535,50 €. Berechnete man den Anteil der Kläger an dem [X.] in Anlehnung an ihre von den Vorinstanzen übernommenen Angaben zum Streitwert im Schriftsatz vom 10. Juli 2018 - 17,50 € [durchschnittliche monatliche Vergütung] x 139 [Einheiten] ./. 2 = 36.487,50 € -, ergäbe sich ein Betrag von 620,67 €. Das restliche Gesamthonorar des bisherigen Verwalters beträgt [[17 € x 93 (= „Wohnungen“) + 12 € x 34 (= „Stadthäuser“) + 3 € x 73 (Stellplätze in den Tiefgaragen) =] 2.208 € x 30 Monate =]] 66.240 € + 12.585,60 € [19% Mehrwertsteuer] = 78.825,60 €. Teilt man diesen Betrag ohne Differenzierung nach der Art der Einheit durch die Zahl der Wohneinheiten, die nicht, wie die Kläger meinen, 139, sondern nach der Teilungserklärung nur 127 beträgt, ergibt sich der genannte Betrag. Beide Beträge liegen deutlich unter dem Schwellenwert. Dass und aus welchen Gründen der Anteil der Kläger an dem restlichen Gesamthonorar der Verwalterin diesen Schwellenwert überschreitet, ist weder dargelegt noch sonst erkennbar. Auf das Honorar der nach dem Antrag der Kläger neu zu bestellenden Verwalterin kommt es nicht an. Sie sollte für zwei Jahre, also bis Mitte 2020, bestellt werden; infolge der Überlappung der Zeiträume ist nur auf das Honorar der derzeitigen Verwalterin bis Ende 2020 abzustellen.

III.

8

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Den Streitwert hat der Senat gemäß § 49a Abs. 1 [X.] aF festgesetzt. Auszugehen ist von der Hälfte des restlichen Gesamthonorars der bisherigen Verwalterin von 78.825,60 € ./. 2 = 39.412,80 € (vgl. § 49a Abs. 1 Satz 1 [X.] aF). Der Wert des Beschwerdegenstands darf aber nach § 48 Abs. 5 WEG, § 49a Abs. 1 Satz 2 [X.] aF das Fünffache des Einzelinteresses der Kläger nicht übersteigen, das dann maßgeblich ist. So liegt es hier. Das Einzelinteresse der Kläger setzt der Senat mit dem oben erläuterten Betrag von 535,50 € an. Der Wert des [X.] beträgt deshalb das Fünffache dieses Betrags, mithin 2.677,50 €.

Stresemann     

        

Schmidt-Räntsch     

        

Brückner

        

Göbel     

        

Haberkamp     

        

Meta

V ZR 136/20

25.03.2021

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Hamburg, 10. Juni 2020, Az: 318 S 58/19

§ 26 WoEigG, § 48 Abs 5 WoEigG, § 544 Abs 2 Nr 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 25.03.2021, Az. V ZR 136/20 (REWIS RS 2021, 7477)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 7477

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