Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.03.2013, Az. VI R 31/10

6. Senat | REWIS RS 2013, 7160

STEUERRECHT AUTO BUNDESFINANZHOF (BFH) EINKOMMENSTEUER DIENSTWAGEN

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Gegenstand

Anwendungsvoraussetzung der 1 %-Regelung --Entkräftung des Anscheinsbeweises-- Übernahme von Beiträgen für die Mitgliedschaft in einem Golfclub als Arbeitslohn


Leitsatz

1. Die unentgeltliche oder verbilligte Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt unabhängig davon, ob und in welchem Umfang der Arbeitnehmer den betrieblichen PKW tatsächlich privat nutzt, zu einem lohnsteuerlichen Vorteil (Abgrenzung vom BFH-Urteil vom 7. November 2006 VI R 19/05, BFHE 215, 256, BStBl II 2007, 116).

2. Ob der Arbeitnehmer den Beweis des ersten Anscheins, dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch die substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts zu entkräften vermag, ist damit für die Besteuerung des Nutzungsvorteils nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG unerheblich (Änderung der Rechtsprechung).

3. Die Übernahme der Beiträge für die Mitgliedschaft eines angestellten GmbH-Geschäftsführers in einem Golfclub führt zu Arbeitslohn, auch wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge.

2

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Steuerberatungsgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Die Klägerin hatte zunächst zwei Geschäftsführer, nämlich Steuerberater/Rechtsanwalt [X.] und Steuerberater B. Seit 2001 war [X.] alleiniger Geschäftsführer der Klägerin, nicht aber Gesellschafter der Klägerin. Die Klägerin übernahm im Dezember 2000 für [X.] die [X.]ufnahmegebühr für den Golfclub X in Höhe von 3.250 DM. Im Januar 2001 übernahm sie für [X.] eine sog. Investitionsumlage in Höhe von 1.500 DM sowie den Jahresbeitrag in Höhe von 1.700 DM, ebenfalls für den Golfclub X. [X.]us diesen Vorgängen zog sie keine lohnsteuerlichen Konsequenzen. Darüber hinaus standen [X.] in den Streitjahren (1998 bis 2001) nacheinander zwei PKW zur Verfügung, die er nach seinem [X.]nstellungsvertrag auch für Privatfahrten nutzen durfte. Im Zeitraum Januar 1998 bis März 2000 nutzte er einen PKW [X.] mit einem Bruttolistenpreis in Höhe von 75.500 DM; im Zeitraum [X.]pril 2000 bis Oktober 2001 einen PKW [X.] mit einem Bruttolistenpreis in Höhe von 121.300 DM.

3

Die Klägerin versteuerte für die private PKW-Nutzung im Zeitraum Januar 1998 bis Dezember 2000 monatlich 130 DM (250 km x 0,52 DM/km) sowie im Zeitraum Januar 2001 bis Oktober 2001 monatlich 145 DM (250 km x 0,58 DM/km) als geldwerten Vorteil.

4

Im [X.]nschluss an eine Lohnsteuer-[X.]ußenprüfung erließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --F[X.]--) einen Haftungsbescheid, mit dem er die Klägerin nach § 42d des Einkommensteuergesetzes (EStG) als [X.]rbeitgeberin in [X.]nspruch genommen hat. Dem Prüfer folgend war er zu der [X.]uffassung gelangt, die Zahlungen an den [X.] seien steuerbarer [X.]rbeitslohn des [X.]. Weiterhin sei dessen Nutzungsvorteil aus der privaten Nutzung der betrieblichen PKW fehlerhaft lohnversteuert worden. Denn dieser sei nicht mit den tatsächlichen Kosten anzusetzen, sondern nach der sog. 1 %-Regelung zu bewerten.

5

Die nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) mit den in Entscheidungen der [X.]e 2010, 1185 veröffentlichten Gründen ab.

6

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

7

Sie beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen [X.] vom 25. Juni 2009  11 K 72/08 und den Haftungsbescheid vom 23. Mai 2003 i.d.[X.] vom 29. Januar 2008 aufzuheben.

8

Das F[X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

II. Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Der angefochtene Haftungsbescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

1. Nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 EStG bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn --auch soweit er durch einen [X.] gewährt [X.] für Rechnung des Arbeitnehmers einzubehalten und nach § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG abzuführen hat.

a) Überlässt der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer unentgeltlich oder verbilligt einen Dienstwagen auch zur privaten Nutzung, führt das nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zu einem als Lohnzufluss nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG zu erfassenden steuerbaren [X.] (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 6. November 2001 VI R 62/96, [X.], 142, [X.], 370; vom 7. November 2006 VI R 19/05, [X.], 256, [X.], 116; VI R 95/04, [X.], 252, [X.], 269; vom 4. April 2008 VI R 68/05, [X.], 17, [X.], 890; vom 28. August 2008 VI R 52/07, [X.], 12, [X.], 280; vom 21. April 2010 VI R 46/08, [X.], 228, [X.], 848; vom 6. Oktober 2011 VI R 56/10, [X.], 383, [X.], 362). Der Arbeitnehmer ist um den Betrag bereichert, den er für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er sich durch die Überlassung des Fahrzeugs durch den Arbeitgeber erspart (vgl. Senatsurteile vom 13. Dezember 2012 VI R 51/11, [X.], 69, [X.], 385, sowie vom 10. Februar 1961 VI 89/60 U, [X.], 376, [X.]I 1961, 139; vom 21. Juni 1963 VI 306/61 U, [X.], 191, [X.]I 1963, 387).

Die Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung führt damit unabhängig von den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers (Gröpl, in: [X.] [X.], EStG, § 8 Rz C 22; [X.]/[X.], § 8 EStG Rz 113; [X.] in [X.], § 8 EStG Rz 107; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 8 Rz 396; a.[X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 8 EStG Rz 80, 83). Denn der Vorteil aus der Nutzungsüberlassung umfasst das Zurverfügungstellen des Fahrzeugs selbst sowie die Übernahme sämtlicher damit verbundener Kosten wie Steuern, Versicherungsprämien, Reparatur–, Wartungs- und Treibstoffkosten und damit nutzungsabhängige wie -unabhängige Kosten (vgl. Senatsurteile in [X.], 69, [X.], 385, sowie in [X.], 376, [X.]I 1961, 139; in [X.], 191, [X.]I 1963, 387). Selbst wenn der Arbeitnehmer den hierzu überlassenen PKW tatsächlich nicht privat nutzen sollte, erspart er sich zumindest die (nutzungsunabhängigen) Kosten, die er für das Vorhalten eines betriebsbereiten Kfz verausgaben müsste (Abgrenzung vom [X.]-Urteil in [X.], 256, [X.], 116).

b) Der geldwerte Vorteil aus der unentgeltlichen bzw. verbilligten Überlassung eines Dienstwagens durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer für dessen Privatnutzung fließt dem Arbeitnehmer mit der Inbesitznahme des Dienstwagens und nicht (erst) mit der tatsächlichen privaten Nutzung des PKW zu.

[X.]) Allein der Anspruch auf eine vom Arbeitgeber zugesagte Leistung --etwa die arbeitsvertragliche Zusage, den dienstlichen PKW auch privat nutzen zu [X.] vermag den Zufluss von Arbeitslohn nicht zu begründen (vgl. [X.]-Urteile vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, [X.], 549, [X.] 2005, 766; VI R 10/03, [X.], 559, [X.] 2005, 770; vom 20. Juni 2001 VI R 105/99, [X.], 395, [X.] 2001, 689; vom 14. November 2012 VI R 56/11, [X.], 410, [X.], 382).

bb) [X.] ist eine Einnahme erst dann, wenn der Empfänger die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat (ständige Rechtsprechung, [X.]-Urteile vom 4. Mai 2006 VI R 19/03, [X.], 381, [X.] 2006, 832; vom 14. Juni 2005 VIII R 47/03, [X.] 2005, 2181; vom 18. Dezember 2001 IX R 74/98, [X.] 2002, 643; jeweils m.w.N.). Das ist regelmäßig der Fall, wenn der Leistungserfolg eingetreten ist. Deshalb ist bei [X.] der geldwerte Vorteil bereits mit der tatsächlichen Überlassung des jeweiligen Wirtschaftsgutes zum Gebrauch zugeflossen; einer tatsächlichen Nutzung des Gegenstands durch den Arbeitnehmer bedarf es in diesen Fällen nicht ([X.], [X.] 2007, 1032; vgl. [X.]-Urteil vom 12. April 2007 VI R 89/04, [X.], 555, [X.], 719).

cc) Ob die Klägerin den auf der allgemeinen Lebenserfahrung gründenden Beweis des ersten Anscheins (Anscheinsbeweis), dass dienstliche Fahrzeuge, die zu privaten Zwecken zur Verfügung stehen, auch tatsächlich privat genutzt werden, durch die substantiierte Darlegung eines atypischen Sachverhalts (Gegenbeweis) zu entkräften vermag, ist damit für die Besteuerung des [X.] unerheblich. An der gegenteiligen Rechtsauffassung, wie sie der Senat beispielsweise im Urteil in [X.], 228, [X.], 848 formuliert hat, hält der Senat nicht länger fest. Die belastbare Behauptung des Steuerpflichtigen, das betriebliche Fahrzeug nicht für Privatfahrten genutzt oder Privatfahrten ausschließlich mit anderen Fahrzeugen durchgeführt zu haben, genügt damit nicht, um die Besteuerung des [X.] auszuschließen. Davon kann nur abgesehen werden, wenn der Steuerpflichtige zur privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs nicht (länger) befugt ist.

2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat das [X.] den geldwerten Vorteil trotz des Vortrags der Klägerin, ihr Geschäftsführer habe den dienstlichen PKW nicht privat genutzt, zu Recht --ohne weitere Feststellungen zum [X.] als Arbeitslohn angesehen.

Dem Geschäftsführer der Klägerin stand nach den bindenden und unbestrittenen Feststellungen des [X.] (§ 118 Abs. 2 [X.]O) ein Firmenfahrzeug auch zur privaten Nutzung zur Verfügung. Mit der Zurverfügungstellung des Dienstwagens, dem Verschaffen der Sachherrschaft, ist dem Arbeitnehmer der streitgegenständliche Nutzungsvorteil zugeflossen. Denn damit ist ihm die umfassende Möglichkeit zur privaten Nutzung des Fahrzeugs eingeräumt worden. Eines weiteren Zutuns der Arbeitgeberin bedurfte es hierzu nicht. Diese hat vielmehr ihre arbeitsvertraglich geschuldete Leistung mit der Überlassung des PKWs erbracht.

3. Ebenfalls zutreffend hat das [X.] den Vorteil des Arbeitnehmers aus der privaten Nutzungsüberlassung mit der 1 %-Regelung bewertet.

a) Nach § 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 4 i.V.m. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist der Vorteil aus der privaten Nutzungsüberlassung eines betrieblichen PKW der Höhe nach mit der 1 %-Regelung zu bewerten, sofern nicht das Verhältnis der privaten Fahrten zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen wird.

[X.]) Die 1 %-Regelung ist insoweit eine grundsätzlich zwingende, stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung. Deshalb bleiben nach mittlerweile ständiger Senatsrechtsprechung individuelle Besonderheiten hinsichtlich der Art und der Nutzung des Dienstwagens bei der Bewertung der [X.] grundsätzlich ebenso unberücksichtigt wie nachträgliche Änderungen des Fahrzeugwertes (Urteil in [X.], 385, m.w.N.).

bb) Der Wortlaut der Norm steht dem nicht entgegen. Auch wenn § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG für die "private Nutzung" die entsprechende Anwendung von § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG anordnet, setzt § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG, anders als die Zuschlagsregelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG, die nur insoweit zur Anwendung kommt, als der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt hat ([X.]-Urteil vom 22. September 2010 VI R 57/09, [X.], 139, [X.] 2011, 359), keine entsprechende tatsächliche private Nutzung des Fahrzeugs voraus. § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG erklärt lediglich eine besondere Bewertungsregel für entsprechend anwendbar. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die betriebsfremde (private) Nutzung eines betrieblichen PKW nicht nach den allgemeinen Regeln und damit nicht mit dem durch die Nutzungsentnahme verursachten Aufwand, sondern pauschal nach der 1 %-Regelung zu bewerten. Die Geltungsanordnung des § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG erschöpft sich darin, dieses Bewertungsmaß auf die Bewertung eines lohnsteuerlichen Vorteils, der dem Grunde nach feststehen muss, zu erstrecken. Der private Nutzungsvorteil ist demnach nicht --wie bei Sachbezügen üblich-- nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG mit den üblichen Endpreisen am [X.] anzusetzen, sondern --entsprechend der Regelung in § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG-- pauschal mit 1 % des [X.]es zu bemessen.

cc) Nur eine derartige Auslegung von § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG trägt dem Sinn und Zweck der Regelung als pauschalierende und stark typisierende Bewertungsregelung hinreichend Rechnung. Ansonsten müssten die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse für die Anwendung der Vorschrift in den Blick genommen werden. Mit der Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an den [X.] hat der Gesetzgeber jedoch erkennbar davon Abstand genommen, den Nutzungsvorteil (auch) danach zu bestimmen. Vielmehr sollen mit dem Betrag, der nach der 1 %-Regelung als Einnahme anzusetzen ist, sämtliche geldwerten Vorteile, die sich aus der Möglichkeit zur privaten Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs ergeben, unabhängig von Nutzungsart und -umfang (pauschal) abgegolten werden ([X.]-Urteil vom 13. Oktober 2010 VI R 12/09, [X.], 540, [X.] 2011, 361).

dd) Ihre Rechtfertigung schöpft diese pauschale Bewertung aus dem allgemeinen Erfahrungssatz, dass bestimmte Kfz, sofern hierzu überlassen ([X.]-Urteil in [X.], 383, [X.], 362, m.w.N.), typischerweise und nicht nur vereinzelt und gelegentlich für private Zwecke genutzt werden ([X.]-Urteile vom 13. Februar 2003 [X.], [X.], 499, [X.] 2003, 472; in [X.], 228, [X.], 848).

b) [X.]) Der gesetzlich nicht weiter bestimmte Begriff des ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs i.S. des § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG ist durch die Rechtsprechung des [X.] dahingehend präzisiert, dass nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung die dem Nachweis des zu versteuernden Privatanteils an der Gesamtfahrleistung dienenden Aufzeichnungen eine hinreichende Gewähr für ihre Vollständigkeit und Richtigkeit bieten und mit vertretbarem Aufwand auf ihre materielle Richtigkeit hin überprüfbar sein müssen. Ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch muss zeitnah und in geschlossener Form geführt werden, um so nachträgliche Einfügungen oder Änderungen auszuschließen oder als solche erkennbar zu machen. Hierfür hat es neben dem Datum und den Fahrtzielen grundsätzlich auch den jeweils aufgesuchten Kunden oder Geschäftspartner oder --wenn ein solcher nicht vorhanden ist-- den konkreten Gegenstand der dienstlichen Verrichtung aufzuführen. Bloße Ortsangaben im Fahrtenbuch genügen allenfalls dann, wenn sich der aufgesuchte Kunde oder Geschäftspartner aus der Ortsangabe zweifelsfrei ergibt oder wenn sich dessen Name auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von Unterlagen ermitteln lässt, die ihrerseits nicht mehr ergänzungsbedürftig sind. Dementsprechend müssen die zu erfassenden Fahrten einschließlich des an ihrem Ende erreichten Gesamtkilometerstands im Fahrtenbuch vollständig und in ihrem fortlaufenden Zusammenhang wiedergegeben werden. Grundsätzlich ist dabei jede einzelne berufliche Verwendung für sich und mit dem bei Abschluss der Fahrt erreichten Gesamtkilometerstand des Fahrzeugs aufzuzeichnen. Besteht allerdings eine einheitliche berufliche Reise aus mehreren Teilabschnitten, so können diese Abschnitte miteinander zu einer zusammenfassenden Eintragung verbunden werden. Dann genügt die Aufzeichnung des am Ende der gesamten Reise erreichten Gesamtkilometerstands, wenn zugleich die einzelnen Kunden oder Geschäftspartner im Fahrtenbuch in der zeitlichen Reihenfolge aufgeführt werden, in der sie aufgesucht worden sind. Wenn jedoch der berufliche Einsatz des Fahrzeugs zugunsten einer privaten Verwendung unterbrochen wird, stellt diese Nutzungsänderung wegen der damit verbundenen unterschiedlichen steuerlichen Rechtsfolgen einen Einschnitt dar, der im Fahrtenbuch durch Angabe des bei Abschluss der beruflichen Fahrt erreichten Kilometerstands zu dokumentieren ist (vgl. [X.]-Urteile vom 9. November 2005 VI R 27/05, [X.]E 211, 508, [X.] 2006, 408; vom 16. November 2005 VI R 64/04, [X.]E 211, 513, [X.] 2006, 410; vom 16. März 2006 VI R 87/04, [X.]E 212, 546, [X.] 2006, 625; vom 14. Dezember 2006 IV R 62/04, [X.] 2007, 691; vom 10. April 2008 VI R 38/06, [X.], 39, [X.], 768).

Allerdings gibt ein Fahrtenbuch erst dann im gebotenen Umfang ohne die Möglichkeit nachträglicher Manipulation hinreichend Aufschluss über die Fahrten, wenn nicht nur die Anzahl der gefahrenen Kilometer in Form der zurückgelegten Strecke selbst, sondern auch die Anfangs- und Endpunkte der Fahrten hinreichend konkret benannt sind. Denn ohne diese Angaben ließe sich allenfalls die an den jeweiligen Tagen gefahrene Strecke ersehen und der Umkreis bestimmen, in dem sich das Fahrzeug aufgehalten haben könnte, ohne aber beurteilen zu können, welchem Zweck die jeweiligen Fahrten gedient haben. Diese Angaben sind im Fahrtenbuch selbst zu machen ([X.]-Urteil vom 1. März 2012 VI R 33/10, [X.]E 236, 497, [X.], 505; [X.], [X.], 1892).

bb) Dass das [X.] die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher als nicht ordnungsgemäß verworfen hat, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Die Beurteilung, ob das Fahrtenbuch ordnungsgemäß ist, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung des [X.] ([X.]-Urteil in [X.], 39, [X.], 768, m.w.N.). Dieses hat im Streitfall die Ordnungsmäßigkeit der Fahrtenbücher in den streitigen Zeiträumen Januar 1998 bis Oktober 2001 als mangelhaft erachtet, weil es u.a. festgestellt hat, dass in den Fahrtenbüchern aussagefähige Angaben zum Zweck der jeweiligen Fahrt fehlen und die Fahrten nach Ausgangs- und Endpunkten nicht vollständig wiedergegeben worden sind.

(2) Die Würdigung des [X.], dass die von der Klägerin vorgelegten Fahrtenbücher deshalb keine hinreichende Gewähr für die Vollständigkeit und Richtigkeit der dort getroffenen Angaben bieten und zum Nachweis des zu versteuernden privaten Anteils an der Gesamtfahrleistung ungeeignet sind, ist möglich und nachvollziehbar. Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen Erfahrungssätze, so dass der Senat hieran mangels zulässiger und begründeter Revisionsrügen gebunden ist (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

c) Eine andere Art, die tatsächlichen Nutzungsverhältnisse nachzuweisen, kennt das Gesetz nicht (vgl. [X.]-Urteil in [X.], 17, [X.], 890, m.w.N.). Vielmehr handelt es sich bei der 1 %-Regelung zur Ermittlung der privaten Nutzung eines [X.] --sofern kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt [X.] um eine zwingende Bewertungsregelung ([X.]-Urteil in [X.], 252, [X.], 269, m.w.N.). Deshalb sind --entgegen der Auffassung der [X.] insbesondere [X.], aber auch andere Unterlagen wie Werkstattrechnungen, Terminkalender, Fahrtaufzeichnungen in Form einer Excel-Tabelle sowie Angaben von Mitarbeitern, Arbeitskollegen oder Familienangehörigen zu den tatsächlichen Nutzungsverhältnissen nicht geeignet, das Verhältnis der privaten zur beruflichen Nutzung zu belegen.

4. Ebenfalls zu Recht hat das [X.] entschieden, dass die streitbefangenen Beiträge für die Mitgliedschaft ihres Geschäftsführers im [X.] zu Arbeitslohn führen und deshalb der angefochtene Haftungsbescheid auch hinsichtlich der auf diese Beiträge entfallenden Lohnsteuer (zuzüglich Annexsteuern) rechtmäßig ist.

a) Die Mitgliedschaft in einem Sport-, Geselligkeits- oder Freizeitverein betrifft die private Sphäre des Arbeitnehmers. Dies gilt auch dann, wenn eine solche Mitgliedschaft dem Beruf förderlich ist, weil sich auf diesem Weg Kontakte mit (zukünftigen) Kunden des Arbeitgebers anknüpfen oder vorhandene Geschäftsbeziehungen intensivieren lassen. Ein solcher beruflicher Bezug lässt sich vom privaten Bereich nicht trennen, da er oftmals eine Folgewirkung von privaten Kontakten (gemeinsame Unterhaltung, gemeinsamer Verzehr, sportliche Betätigungen im Verein) ist oder weil sich aus vorhandenen geschäftlichen Beziehungen private Freundschaften durch eine gemeinsame Mitgliedschaft in Vereinen entwickeln können, und zwar auch dann, wenn sich der Arbeitnehmer --wie im [X.] sportlich nicht betätigt oder beispielsweise mangels Platzreife nicht betätigen kann. Damit kommt auch eine Aufteilung der angefallenen Aufwendungen entsprechend einem beruflichen bzw. privaten Anteil der [X.] nicht in Betracht. Greifen --wie hier-- die --für sich gesehen jeweils nicht unbedeutenden-- beruflichen und privaten [X.] so ineinander, dass eine Trennung nicht möglich ist, fehlt es also an objektivierbaren Kriterien für eine Aufteilung, so kommt ein Abzug der Aufwendungen insgesamt nicht in Betracht (vgl. Beschluss des Großen Senats des [X.] vom 21. September 2009 GrS 1/06, [X.]E 227, 1, [X.], 672, m.w.N.).

b) Ersetzt daher die Klägerin A Beiträge (u.Ä.) für dessen Mitgliedschaft im Golfclub X, so wendet sie ihm Vorteile im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis zu, die als Arbeitslohn zu qualifizieren sind. Daran ändert --jedenfalls im [X.] der Umstand nichts, dass A aufgrund einer dienstlichen Weisung dem Verein beigetreten ist und dort im Interesse seiner Arbeitgeberin Kunden gewinnen sollte. Anders könnte die Rechtslage allenfalls dann sein, wenn eine aufgedrängte Bereicherung vorliegt, die Klägerin A den Beitritt zum [X.] derart aufgedrängt hätte, dass er sich dem nicht hätte entziehen können, ohne Nachteile in Kauf zu nehmen. Dies wurde von der Klägerin nicht vorgetragen und das [X.] hat solche Umstände auch nicht festgestellt; solche Umstände werden auch regelmäßig nicht gegeben sein (vgl. [X.]-Urteil vom 15. Mai 1992 VI R 106/88, [X.]E 168, 532, [X.] 1993, 840).

5. Dass das [X.] die streitbefangene Lohnsteuer nebst Annexsteuern durch einen Haftungsbescheid festsetzen durfte, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig. Ebenfalls zu Recht streiten die Beteiligten nicht um die Bemessung der Lohnsteuerschuld.

6. Die geltend gemachten Verfahrensrügen der mangelhaften Sachverhaltsaufklärung und des Verstoßes gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs greifen nicht durch. Von einer Begründung sieht der Senat ab (§ 126 Abs. 6 Satz 1 [X.]O).

Meta

VI R 31/10

21.03.2013

Bundesfinanzhof 6. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 25. Juni 2009, Az: 11 K 72/08, Urteil

§ 42d EStG 1997, § 41a Abs 1 EStG 1997, § 38 Abs 1 EStG 1997, § 38 Abs 3 EStG 1997, § 19 Abs 1 EStG 1997, § 8 Abs 1 EStG 1997, § 8 Abs 2 S 2 EStG 1997, § 8 Abs 2 S 3 EStG 1997, § 8 Abs 2 S 4 EStG 1997, § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG 1997, § 11 Abs 1 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.03.2013, Az. VI R 31/10 (REWIS RS 2013, 7160)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7160

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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