Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.06.2013, Az. 24 W (pat) 534/11

24. Senat | REWIS RS 2013, 4959

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "om store" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2010 044 253.0

hat der 24. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 18. Juni 2013 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.] sowie der Richterin [X.] und des Richters Heimen

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Mit Beschluss vom 20. Mai 2011 hat die Markenstelle für Klasse 42 des [X.] die für die Waren und Dienstleistungen

2

„Klasse 20: Kissen, insbesondere Yogakissen, Chakra-Kissen, [X.], [X.], [X.], [X.], Yogarollen;

3

Klasse 27: Teppiche, Fußmatten, Matten, insbesondere Yogamatten, Gymnastikmatten, Meditationsmatten, vorgenannte Waren nicht als Auslegeware;

4

Klasse 28: [X.], Spielzeug; Turn- und Sportartikel, insbesondere für den [X.], soweit in Klasse 28 enthalten; Sandsäcke; Yogagurte;

5

Klasse 42: Design und Erstellung von Homepages und Internetseiten, Beratung bei der Gestaltung von Homepages und Internetseiten, Aktualisierung von Internetseiten, Styling (industrielles Design), insbesondere für Textilien, Kissen, Teppiche, Fußmatten sowie Turn- und Sportartikel“

6

angemeldete Wortmarke 30 2010 044 253.0

7

om store

8

nach Beanstandung durch eine Beamtin des gehobenen Dienstes zurückgewiesen.

9

Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Zeichen verstoße gegen die guten Sitten, § 8 Abs. 2 Nr. 5 [X.]. „[X.]“ (auch: „Aum“) sei eine Silbe, die bei Hindus, Jainas und Buddhisten als heilig gelte. „[X.]“ stehe für den transzendenten Urklang, aus dessen Vibrationen nach [X.] Verständnis das gesamte Universum entstanden sei. Es bezeichne die höchste Gottesvorstellung, das formlose [X.]n, die unpersönliche Weltseele. „[X.]“ sei das umfassendste und erhabenste Symbol der hinduistischen Metaphysik. Als Verbindung der drei Klänge „a“, „u“, „m“ sei „[X.]“ zum Objekt mystischer Meditation geworden. Unter anderem symbolisiere es die Triade von [X.], [X.] und [X.]. In allen hinduistischen Religionen gelte es als das heiligste aller Mantras. Vor diesem Hintergrund sei davon auszugehen, dass eine Verbindung der heiligen Silbe mit einer bloßen Geschäftsbezeichnung als kommerzielle Waren- oder Dienstleistungskennzeichnung religiösen oder ethischen Wertvorstellungen beachtlicher Teile der angesprochenen inländischen Verkehrskreise widerspreche und als anstößig empfunden werde.

Darüber hinaus fehle dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]. „[X.] store“ könne zur Bezeichnung eines Ortes verwendet werden, an der Waren verkauft und Dienstleistungen angeboten würden, die mit dem hinduistischen Kulturraum bzw. Religion in einem engen Zusammenhang stünden, etwa weil sie in [X.] in traditioneller Ausführung hergestellt würden oder bei Meditations- und Gebetsritualen oder Yoga Verwendung fänden oder sich inhaltlich-thematisch mit dem Hinduismus bzw. Buddhismus befassten und im Zusammenhang mit Informationsmöglichkeiten eingesetzt werden könnten. Gleiches gelte für Produkte aus dem Bereich der Esoterik, weil dieser wesentlich durch Vorstellungen fernöstlicher Religionen beeinflusst sei. Die hier angesprochenen Verkehrskreise entnähmen der [X.] gebildeten Wortmarke „om store“ mit dem fachterminologischen Aussagegehalt „[X.]“ keinen betrieblichen Herkunftshinweis, sondern lediglich einen Sachhinweis darauf, dass die beanspruchten Waren und Dienstleistungen einen Bezug zum hinduistischen Kulturraum aufwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich der Anmelder mit seiner Beschwerde. Seiner Auffassung nach hat sich das religiöse Empfinden der hier angesprochenen Durchschnittsverbraucher in den letzten Jahren verändert: „[X.]“ werde hauptsächlich als mantrische Silbe und Objekt mystischer Meditation aufgefasst. Ein Hinweis auf die höchste Gottesvorstellung erschließe sich den Gläubigen erst durch die Verwendung des Zeichens in der [X.]. Der Anmelder verweist auf einige [X.] der Silbe „om“ als Bestandteil kommerzieller Bezeichnungen wie beispielsweise „om records“. Ein direkter Bezug von „om“ zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen bestehe nicht. Der [X.] „store“ werde schließlich nicht notwendig i. S. v. „Kaufhaus“ aufgefasst, sondern könne auch „Speicher, speichern, sichern“ bedeuten.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für Klasse 42 des [X.] vom 20. Mai 2011 aufzuheben.

Ergänzend wird auf die Verfahrensakten Bezug genommen. Der Anmelder hat um eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren gebeten.

[X.] 

Die gemäß § 66 Abs. 1, 2, § 64 Abs. 6 [X.] zulässige Beschwerde der Anmelderin hat in der Sache keinen Erfolg.

Zu Recht hat die Markenstelle dem angemeldeten Zeichen die Eintragung versagt. Für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen fehlt ihm das hierzu notwendige Mindestmaß an Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Unterscheidungskraft i. S. dieser Vorschrift bedeutet die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, [X.]. 45 - Standbeutel; [X.] GRUR 2003, 604, 608, [X.]. 62 - [X.]). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 55, 57 f., [X.]. 51 - [X.]; [X.], 395, 397, [X.]. 18 - [X.], [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, [X.]. 59 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 943, 944, [X.]. 26 - SAT.2; [X.] GRUR 2003, 604, 608, [X.]. 60 - [X.]). Bezeichnungen für

„[X.]“ bezeichnet, transkribiert aus dem [X.], eine heilige Silbe (Mantra) des Hinduismus und Buddhismus. Diese Silbe, der kein Begriff zugeordnet wird, gilt als Manifestation [X.] des Absoluten und ist als Schriftzeichen Symbol für die Dreiheit von körperlicher und geistiger Welt und der Welt des Unbewussten; in westlichen Interpretationen besonders für die Trinität der Götter [X.], [X.] und [X.] ([X.]). Im tibetischen Buddhismus findet sie sich in der Formel „om mani padme hum“ (vgl. [X.], [X.], 21. Aufl. 2006, [X.] 335).

Die angemeldete Wortkombination „om store“, eine Verbindung mit dem zweiten, im [X.] inzwischen allgemein verständlichen Wortbestandteil „store“ (englisch u. a. für „Vorrat, Speicher, speichern, Warenlager, Warenhaus, Magazin“, http://dict.leo.org), kann ein Fachgeschäft, einen Internetversandhandel oder ein Lager bezeichnen, das bzw. der Hilfsmittel zur Meditation und/oder für hinduistische und/oder [X.] Kulthandlungen anbietet (vgl. ergänzend 26 W (pat) 508/10, Entsch. v. 26. Januar 2011 - istore, [X.] (pat) 87/01, Entsch. v. 17. Dezember 2001 - [X.]). Das Wort „store“ ist allgemeinen Verkehrskreisen im [X.] aus Zusammensetzungen wie „Flagshipstore“, „[X.]“, „[X.]“ oder „Outlet-Store“ bekannt. In dem [X.] nach diesen Mustern gebildeten Anmeldezeichen „om store“ wird „store“ ebenfalls nachgestellt hinter einem Bestimmungswort verwendet, das die fachliche Ausrichtung eines bestimmten Geschäfts bezeichnet.

Bei den in den Klassen 20 und 27 beanspruchten Waren sowie bei den in Klasse 28 beanspruchten „Turn- und Sportartikel, insbesondere für den [X.], soweit in Klasse 28 enthalten; Sandsäcken; Yogagurten;“ kann es sich um Waren handeln, die der Meditation dienen können. Yogaformen wie beispielsweise der [X.], der [X.], der [X.] oder der [X.] gehören zu den Meditationstechniken und werden mit dem Ziel praktiziert, nach einem veränderten, höheren oder erweiterten Bewusstseinszustand zu streben. Im Zusammenhang mit diesen Waren wird der Verkehr „om store“ lediglich als Sachhinweis auf eine Verkaufsstätte für Meditationsbedarf wahrnehmen.

Die in Klasse 28 angemeldeten Waren „[X.]“ wie beispielsweise [X.] können der Meditation dienen oder sich thematisch mit dem Hinduismus oder dem Buddhismus befassen. Bei „Spielzeug“ (Klasse 28) kann es sich um Zubehör für diese [X.] oder um figürliche Nachbildungen von Tempeln oder Gottheiten handeln, die mit der Ausübung der hinduistischen Religion oder bestimmter hinduistischer Kulthandlungen in Zusammenhang stehen.

Die in Klasse 42 beanspruchten Dienstleistungen können speziell auf einen „om store“ zugeschnitten sein, weil sie zur Einrichtung und Gestaltung eines Verkaufsportals für [X.] bestimmt sein können. Ihre Anbieter können sich dadurch auszeichnen, dass sie nicht nur über die zur Einrichtung eines Internetportals notwendigen [X.] verfügen, sondern diese auch mit branchenspezifischen Fachkenntnissen zu verknüpfen vermögen, die ihnen Beratungsleistungen im Hinblick auf graphische Oberflächengestaltung, erfolgversprechende Vertriebswege und die Entwicklung eines anbieterspezifischen Brandings für die im „om store“ feilgebotenen Waren ermöglichen.

Als zentraler Fachbegriff aus dem Hinduismus und dem Buddhismus ist die Silbe „om“ sowohl dem hier angesprochenen Fachverkehr für [X.], als auch dem Fachverkehr für wissenschaftliche und Designerdienstleistungen mit Bezügen zum Hinduismus und Buddhismus in seiner Bedeutung bekannt (vgl. [X.], [X.], 4. Aufl., [X.]). Das Verständnis dieser Fachverkehrskreise kann für die Unterscheidungskraft einer Marke allein von ausschlaggebender Bedeutung sein (vgl. hierzu [X.] [X.] 2010, 85 - Prana Haus; [X.] GRUR 2006, 411 - Matratzen Concord/Hukla).

Entgegen der vom Anmelder geäußerten Auffassung führt der Umstand, dass dem Wortbestandteil „store“ zusätzlich auch die Bedeutung „Speicher“ zukommen kann, nicht zur Schutzfähigkeit des [X.]. Denn für eine Schutzversagung reicht es bereits aus, wenn ein Wortzeichen in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der beanspruchten Waren und Dienstleistungen bezeichnen kann (vgl. [X.] GRUR 2003, 58, 59 ([X.]. 21) - [X.]; [X.] 2003, 450, 453 ([X.]. 32) - [X.], [X.] 2004, 99, 109 ([X.]. 97) - Postkantoor; [X.] 2004, 111, 115 ([X.]. 38) - Biomild).

Einen Hinweis auf einen bestimmten Anbieter eines dort hergestellten bzw. für den „Store“ bestimmten Produkts oder auf eine für diesen bestimmte oder dort erbrachte Dienstleistung wird zumindest der Fachverkehr in „om store“ daher nicht sehen. Dem Zeichen fehlt mithin jegliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

Mit ähnlicher Begründung haben das [X.] und das Gericht der [X.] auch die Markenanmeldungen „[X.]“ (vgl. [X.] (pat) 177/97, Entsch. v. 23. Juni 1998), „[X.]“ (BPatG 28 W (pat) 543/10, Entsch. v. 25. August 2010) und „[X.]“ ([X.], [X.]/07, Entsch. v. 17. September 2008; ihn bestätigend [X.] [X.] 2010, 85 ff.) die Schutzfähigkeit versagt.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde zurückzuweisen.

Meta

24 W (pat) 534/11

18.06.2013

Bundespatentgericht 24. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 18.06.2013, Az. 24 W (pat) 534/11 (REWIS RS 2013, 4959)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 4959

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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26 W (pat) 508/10

28 W (pat) 543/10

29 W (pat) 521/10

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