Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.07.2011, Az. 26 W (pat) 515/10

26. Senat | REWIS RS 2011, 4818

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "Carrystore" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markenanmeldung 30 2009 040 116.0

hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] in der Sitzung vom 13. Juli 2011 durch [X.] Fuchs-Wissemann, [X.] und die Richterin Dr. Schnurr

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1

Die [X.]stelle für Klasse 20 des [X.] hat die Anmeldung der für die Waren

2

„Klasse 20 Möbel; Möbel aus Holz, Möbel aus Metall, Polstermöbel, Büromöbel, Betten und Matratzen;

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Klasse 9 Elektrische Akkumulatoren, Ladegeräte für elektrische Akkumulatoren, elektrische Batterien, elektronische Speicherkarten, [X.] (elektronisch), Zubehör für Mobiltelefone, soweit in Klasse 09 enthalten, elektrische Kabel, Adapter (elektrische Anschlussteile) zur Verbindung elektrischer Geräte;

4

Klasse 22 Hängematten“

5

bestimmten Wortmarke

6

Carrystore

7

mit Beschluss vom 21. Januar 2010 zurückgewiesen, weil der angemeldeten Marke für die in der Anmeldung aufgeführten Waren jegliche Unterscheidungskraft fehle (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G).

8

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die erforderliche Unterscheidungskraft könne nicht nur beschreibenden Angaben fehlen, sondern darüber hinaus auch solchen Bezeichnungen, in denen die angesprochenen Verkehrskreise im Hinblick auf den möglichen Inhalt oder Gegenstand der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen eine bloße Sachinformation sähen. Maßgeblich sei letztlich allein, ob der Verkehr in einer angemeldeten Marke in Bezug auf die beanspruchten Waren/Dienstleistungen einen betrieblichen Herkunftshinweis sehe oder nicht. Davon könne bei der angemeldeten Marke nicht ausgegangen werden. Die aus dem [X.] Begriff „Carry“, der u. a. die Bedeutung „mitnehmen“ habe, und dem weiteren [X.] Begriff „store“, der u. a. mit „Lager“ oder „Laden“ übersetzt werden könne, zusammengesetzte Anmeldemarke sei [X.] gebildet. Die Bedeutung des Wortes „carry“ sei den [X.] Verkehrskreisen insbesondere aus dem Begriff „[X.]“ bekannt, der eine Vertriebsform des Groß- und Einzelhandels bezeichne, die auf Bedienung und eine besondere Präsentation der Waren verzichte und die dadurch bewirkten Kostenersparnisse an die Abnehmer weitergebe. Auch das Wort „store“ sei den [X.] Verkehrskreisen in seiner Bedeutung geläufig. Es sei u. a. bereits im [X.] und im [X.] in den Begriffen „Flagship-Store“ bzw. „[X.]“ verzeichnet. In der angemeldeten Marke sähen die potentiellen Abnehmer der in der Anmeldung aufgeführten Waren deshalb nur einen Hinweis auf einen Laden, dessen Geschäftsmodell - im Gegensatz etwa zum Versandhandel - auf die sofortige Mitnahme der Waren ausgerichtet sei. Ein anderes Verständnis, das weitere mögliche Bedeutungen von „Carry“ bzw. „Store“ zugrunde lege, sei dagegen nicht zu erwarten. Auch auf die Frage, ob die angemeldete Marke vom Anmelder kreiert worden und deshalb neu sei, komme es nicht entscheidend an. Da sich die angemeldete Marke in der Beschreibung der Art des Vertriebs erschöpfe, werde ihr der Verkehr keinen Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren entnehmen.

9

Dagegen wendet sich der Anmelder mit der Beschwerde. Er macht geltend, dass an der angemeldeten Bezeichnung kein Freihaltungsbedürfnis bestehe, weil sie keine Bezeichnung von Eigenschaften der beanspruchten Waren darstelle. Die angemeldete Marke werde auch bisher im Verkehr nicht verwendet. Auch die [X.]stelle habe eine solche Verwendung nicht nachgewiesen. Der Hinweis der [X.]stelle auf die Wortkombination „cash and carry“ sei nicht geeignet, die [X.] der angemeldeten Marke zu belegen. Mit der angemeldeten Marke vergleichbare [X.], wie z. B. „carryhome“, seien als Gemeinschaftsmarken eingetragen worden. Auch im [X.]register fänden sich zwei Eintragungen der Wortmarke „carry“ für u. a. „zusammenlegbare Gestelle zur Aufnahme von Hängeheftern“. Obwohl der Begriff „(to) carry“ in den Übersetzungen „tragen, mitnehmen, transportieren“ für die eingetragenen [X.] als glatt beschreibend angesehen werden müsse, sei die Eintragung der angeführten Vergleichsmarken zu Recht erfolgt, weil die beteiligten Verkehrskreise diesen [X.] Begriff nicht übersetzen könnten und daher nicht in einem beschreibenden Sinne verstünden. Gleiches gelte für die hier angemeldete Marke „Carrystore“.

Der Anmelder beantragt sinngemäß,

den angegriffenen Beschluss der [X.]stelle aufzuheben.

II

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der angemeldeten Marke fehlt für die in der Anmeldung aufgeführten Waren jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]G).

Unterscheidungskraft im Sinne der vorstehend genannten Bestimmung ist die Eignung einer Marke, die mit ihr beanspruchten Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und sie dadurch für den Verkehr von denen anderer Anbieter unterscheidbar zu machen (vgl. [X.] GRUR 2006, 233, 235, Rdn. 45 - Standbeutel; [X.] [X.], 604, 608, Rdn. 62 - [X.]). Die Eintragung als Marke kommt nur in Betracht, wenn ein Zeichen diese Herkunftsfunktion erfüllen kann (vgl. [X.] [X.], 55, 57 f., Rdn. 51 - [X.]; [X.], 395, 397, Rdn. 18 - [X.], [X.]). Ist dies nicht der Fall, widerspricht es dem Allgemeininteresse, das fragliche Zeichen durch seine Eintragung ins Register zugunsten eines Anmelders zu monopolisieren und der Nutzung durch die Allgemeinheit dauerhaft zu entziehen (vgl. [X.] GRUR 2008, 608, 610, Rdn. 59 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 943, 944, Rdn. 26 - SAT.2; [X.] [X.], 604, 608, Rdn. 60 - [X.]).

Die erforderliche Unterscheidungskraft ist zum einen solchen Angaben und Zeichen abzusprechen, die einen unmittelbar beschreibenden Sinngehalt aufweisen. Aber auch anderen Angaben kann die Unterscheidungskraft fehlen, etwa wenn sie sich auf Umstände beziehen, durch die ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird (vgl. [X.], 850, Rdn. 28 - [X.]; [X.], 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION). Das erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft kann schließlich solchen Angaben und Zeichen fehlen, die aus anderen Gründen nicht zur betrieblichen Herkunftskennzeichnung geeignet sind, weil sie der Verkehr ausschließlich als Sachbegriff in seiner ursprünglichen Bedeutung und daher nicht als Unterscheidungsmittel verstehen wird (vgl. [X.]/[X.], 9. Aufl., Rn. 49 zu § 8 [X.]). Ein Beispiel hierfür stellen Angaben allgemeiner Verkaufsstätten dar, die zwar nicht zur unmittelbaren Beschreibung der dort vertriebenen Waren dienen, gleichwohl für diese Waren jedoch keine unterscheidungskräftigen Angaben im Sinne konkreter betrieblicher Herkunftshinweise darstellen (vgl. [X.]/[X.], 9. Aufl., Rn. 49 zu § 8 [X.]; vgl. [X.], 61 - [X.]; [X.], 58, 60 f. - [X.], [X.], 1051, 1052 - rheuma-world; [X.] PROMA 27 W (pat) 96/03 - [X.]; [X.] PROMA 27 W (pat) 335/03 - Gardinenland; [X.] PROMA 24 W (pat) 256/03 - tabakwelt).

Unter dem zuletzt genannten rechtlichen Gesichtspunkt fehlt auch der verfahrensgegenständlichen Marke die Unterscheidungskraft. Sie bezeichnet zwar keine Eigenschaften der beanspruchten Waren, benennt jedoch in allgemeiner Form die Art einer Verkaufsstätte und wird vom normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher - auf dessen Verständnishorizont bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft abzustellen ist ([X.] GRUR 2004, 943, 944, Nr. 24 - SAT.) - der zumindest über Grundkenntnisse der [X.] Sprache verfügt, entgegen der Ansicht des Anmelders auch ohne weiteres nur in diesem allgemeinen, beschreibenden Sinne verstanden.

Dass die englischsprachigen Begriffe „carry“ und „store“, aus denen die angemeldete Marke gebildet ist, u. a. die Bedeutungen „mitnehmen“ bzw. „Laden“ und Geschäft“ haben, stellt auch der Anmelder nicht in Abrede. Soweit er die Verständlichkeit dieser Begriffe sowie die Verständlichkeit der daraus gebildeten Anmeldemarke für den [X.] Durchschnittsverbraucher der beanspruchten Waren in Abrede stellt, kann ihm schon deshalb nicht gefolgt, werden, weil sowohl „carry“ als auch „store“ zum [X.] Grundwortschatz zählen (vgl. Häublein/[X.], [X.] Thematischer Grund- und Aufbauwortschatz, 2000, S. 37 bzw. [X.]). Zudem hat die [X.]stelle im angefochtenen Beschluss zu Recht darauf verwiesen, dass der Bestandteil „carry“ im Handel und auch bei einem Großteil der Abnehmer in seiner Bedeutung „mitnehmen“ auch aus der im Inland seit langem gebräuchlichen Bezeichnung „cash & carry“ (Kurzform: [X.]) für [X.] bekannt ist. Die angemeldete Marke insgesamt weist, ausgehend von den vorstehend dargestellten Bedeutungen ihrer Einzelbestandteile, daher die für den inländischen Verkehr ohne weiteres verständliche Bedeutung „Mitnahmeladen“ auf und stellt damit eine allgemeine Verkaufstättenbezeichnung dar, wobei es - wie die [X.]stelle ebenfalls zutreffend festgestellt hat - nicht darauf ankommt, ob diese Bezeichnung im Verkehr bereits verwendet worden ist oder eine Wortneubildung darstellt. Entscheidend ist vielmehr allein, dass es sich um eine ohne weiteres verständliche Sachaussage handelt. Dass eine Angabe neu, ungewohnt oder fremdsprachig ist, bedeutet nicht, dass sie keinen verständlichen sachbezogenen Begriffsgehalt aufweist, auf Grund dessen der Verkehr ihr keine die betriebliche Herkunft der Waren kennzeichnende Bedeutung beimisst ([X.]/[X.], [X.], 9. Auflage, § 8 Rdn. 117 mit Hinweis auf SchweizBG sic! 2004, 400, 402 - Discovery Travel & Adventure Channel).

Auch die in der Beschwerdebegründung angeführten Voreintragungen anderer [X.] mit dem Wortbestandteil „carry“ können weder einen Anspruch auf Eintragung der angemeldeten Marke noch eine vom Vorstehenden abweichende, für den Anmelder günstigere Beurteilung der Schutzfähigkeit der angemeldeten Marke begründen. Voreintragungen von [X.] führen weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes zu einer Selbstbindung derjenigen Stellen, welche über die Eintragung zu befinden haben, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern ein Rechtsfrage ist ([X.] [X.]R 2008, 163, 167, Nr. 39 - Terranus; GRUR 2004, 674 ff., [X.]; [X.], 1093, 1095, Nr. 18 - [X.]). Im Übrigen ist im Hinblick auf die vom Anmelder angeführten Voreintragungen festzustellen, dass es sich insoweit nicht um identische [X.] handelt und es sich, soweit es Voreintragungen von [X.] betrifft, die den Bestandteil „carry“ enthalten, zudem um solche handelt, die für andere Dienstleistungen als die im vorliegenden Fall maßgeblichen erfolgt sind, weshalb keine vergleichbaren Sachverhalte vorliegen. Ob die vom Anmelder angeführten oder sonstige Voreintragungen von [X.] mit dem Bestandteil „carry“ zu Recht erfolgt sind, ist zudem nicht Gegenstand der Prüfung im vorliegenden Eintragungsverfahren, weshalb sich insoweit rechtliche Ausführungen verbieten.

Bei dieser Sach- und Rechtslage konnte die Beschwerde des Anmelders keinen Erfolg haben.

Meta

26 W (pat) 515/10

13.07.2011

Bundespatentgericht 26. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 13.07.2011, Az. 26 W (pat) 515/10 (REWIS RS 2011, 4818)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4818

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