Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.08.2001, Az. VIII ZB 24/01

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1717

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[X.]/01vom1. August 2001in dem [X.] 2 -Der VII[X.] Zivilsenat des [X.] hat am 1. August 2001 durch [X.] Richterin [X.] und [X.] Hübsch, [X.], Dr.Leimert und Wiechersbeschlossen:Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der [X.] 14. Zivilsenats des [X.] vom19. April 2001 aufgehoben.Der Beklagten wird wegen der Versäumung der Frist zur [X.] der Berufung gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des [X.] vom 7. September 2000 Wiedereinsetzung inden vorigen Stand bewilligt.[X.]: 11.500 DM.Gründe:[X.] Das [X.] hat die Beklagte durch Urteil vom 7. September 2000verurteilt, an die Klägerin 11.500 DM Zug um Zug gegen Übergabe [X.] zuzüglich Zinsen und Nebenkosten zu zahlen. Gegen das [X.] 18. Januar 2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am Montag, dem19. Februar 2001, Berufung eingelegt. Mit Schreiben vom 21. Februar 2001 hat- 3 -der Vorsitzende des Berufungsgerichts sie unter anderem auf folgendes hin-gewiesen:"Der [X.] ist bestrebt, gerichtliche Verfahren mit der gebotenenBeschleunigung zu behandeln und den Verhandlungstermin inder Regel spätestens sechs Wochen nach Eingang der [X.] durchzuführen. Dies bedingt, daß [X.] nur in den gesetzlich gebotenen Fällen gewährtwerden und nicht ohne weiteres zu erwarten sind. [X.] [X.] werden in aller Regel als unerheblicherachtet, da die Prozeßführung durch den beim [X.] zugelassenen Prozeßbevollmächtigten zu erfolgenhat. Weiterhin geht der [X.] davon aus, daß der [X.] in der ersten Instanz vorgetragen wird und deshalbweitere Informationsbeschaffungen eine Verlängerung von [X.] nicht rechtfertigen. Auch der pauschale Hinweis auf"Arbeitsüberlastung" ist nicht ausreichend. Hier sind die Gründedarzulegen, etwa welche anderen Fristsachen vorrangig zu bear-beiten [X.] 19. März 2001, per Telefax bei Gericht um 12.58 Uhr eingegangen,hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten eine Verlängerung der Beru-fungsbegründungsfrist um vier Wochen beantragt. Zur Begründung hat er [X.], er habe den Rechtsstreit in erster Instanz nur als sogenanntes Kor-respondenzmandat geführt; zur Vorbereitung der Berufungsbegründung seieine nochmalige Besprechung der gesamten Angelegenheit erforderlich, dieaufgrund wechselseitiger Terminsüberschneidungen bisher noch nicht habedurchgeführt werden können.Der Vorsitzende des Berufungsgerichts lehnte mit Verfügung vom21. März 2001 unter Hinweis auf sein Schreiben vom 21. Februar 2001 eineVerlängerung ab. Am 22. März 2001 hat der Prozeßbevollmächtigte der [X.] die Berufung begründet, am 26. März 2001 hat er nochmals um [X.] 4 -verlängerung bis 23. März 2001 gebeten und am 27. März 2001 Wiedereinset-zung in den vorigen Stand beantragt.Das [X.] hat durch Beschluß vom 19. April 2001 den [X.] auf Wiedereinsetzung zurückgewiesen und gleichzeitig die Berufung [X.] als unzulässig verworfen. Zur Begründung hat es ausgeführt, diebeantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu erteilen gewe-sen, da die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist auf einem der [X.] zuzurechnenden Verschulden ihres Prozeßbevollmächtigten beruhe.Im vorliegenden Fall habe der [X.] nicht auf die [X.] der beantragten Verlängerung vertrauen können. Nach der ständigenPraxis des erkennenden [X.]s genüge der allgemeine Hinweis auf [X.] für eine Verlängerung von Fristen grundsätzlichnicht. Im Interesse des [X.] rechtfertige eine pauschale, nichtüberprüfbare Behauptung oder eine Nachlässigkeit bei der [X.] keine Verfahrensverzögerung. Die Fristverlängerung würde ins nichtüberprüfbare Belieben des [X.] gestellt. Der [X.] könne ver-schärfte Anforderungen an Fristverlängerungsanträge stellen, wenn es [X.] ermöglicht werde, sich darauf einzustellen. Aus der [X.] vom 21. Februar 2001 ergebe sich, daß der pauschale Hin-weis auf weitere Informationsbeschaffung nicht als ausreichend angesehenwerde. Mit einer Fristverlängerung wäre daher nur zu rechnen gewesen, wennvorgetragen worden wäre, welche Informationen aufgrund welcher konkretenUmstände ausnahmsweise noch hätten beschafft werden können.Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Beklagten.I[X.] Das form- und fristgerecht eingelegte Rechtsmittel hat [X.] 5 -1. [X.] ist allerdings versäumt worden. [X.] Berufungsbegründung ist erst am 22. März 2001 und damit nach Ablauf deram 19. März 2001 endenden Rechtsmittelbegründungsfrist bei dem Berufungs-gericht eingegangen.2. Der Beklagten ist jedoch auf ihren rechtzeitig gestellten Antrag (§ 234ZPO) gegen die Versäumung der Begründungsfrist Wiedereinsetzung in [X.] Stand zu gewähren.Die Wiedereinsetzung setzt gemäß § 233 ZPO voraus, daß die Parteiohne eigenes oder ihr zurechenbares Verschulden ihres [X.] (§ 85 Abs. 2 ZPO) verhindert war, die versäumte Frist einzuhalten. [X.] ist hier gegeben. Die Versäumung der Berufungsbegründungsfristberuht entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht auf einem vor-werfbaren Verschulden des Prozeßbevollmächtigten der Beklagten.Der Rechtsmittelführer muß allerdings grundsätzlich mit dem Risikorechnen, daß der Vorsitzende des Rechtsmittelgerichts in Ausübung seinespflichtgemäßen Ermessens eine beantragte Verlängerung der [X.] versagt. Der Rechtsanwalt kann jedoch nach ständiger Recht-sprechung des [X.] regelmäßig erwarten, daß einem erstenAntrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist entsprochen wird,wenn einer der Gründe des § 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorgetragen wird. Mit [X.] hiervon abweichenden Verfahrenspraxis braucht der rechtsuchende Bürgernicht zu rechnen; sie widerspricht rechtsstaatlicher Verfahrensgestaltung([X.], Beschluß vom 24. Oktober 1996 - [X.], NJW 1997, 400 unter II1).- 6 -Die Begründung des [X.]s, der [X.] Beklagten habe wegen der restriktiven [X.]spraxis, auf die der [X.]s-vorsitzende mit Schreiben vom 21. Februar 2001 hingewiesen habe, nicht miteinem Erfolg seines [X.] rechnen dürfen und das gereicheihm zum Verschulden, widerspricht rechtsstaatlichen Anforderungen an [X.]. Welche Erwartungen der rechtsuchende Bürger [X.] darf, richtet sich grundsätzlich nach der Rechtslage, also danach, [X.] Gericht bei zutreffender Anwendung der maßgeblichen Normen verfahrenmüßte. Dabei ist eine bekannte Entscheidungspraxis des angerufenen [X.] zwar in die [X.] einzubeziehen, jedoch nur insoweit, als sieden rechtlichen Anforderungen genügt; denn auf eine rechtswidrige Spruch-praxis braucht sich der Staatsbürger nicht einzustellen ([X.], Beschluß vom28. Februar 1989 - 1 BvR 649/88, NJW 1989, 1147 unter III 2).Der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten hat den Antrag damit begrün-det, daß mit seiner Mandantschaft eine Besprechung wegen [X.] nicht stattfinden konnte. Hierin liegt ein erheblicher Grund im Sinne des§ 519 Abs. 2 Satz 3 ZPO. Eine Praxis, die generell einen derart anerkanntenVerlängerungsgrund für nicht ausreichend hält, bewegt sich nicht mehr [X.] der zulässigen Ermessensausübung des Vorsitzenden. Auf siebraucht sich der Anwalt nicht einzustellen ([X.], Beschluß vom [X.] aaO). Die Auffassung des Berufungsgerichts, ein Rechtsanwalt müsse imeinzelnen darlegen, welche Informationen er noch von seinem Mandanten [X.] und mit ihm besprechen wolle, ist im übrigen auch mit der Stellung undder Funktion eines Rechtsanwalts als Organ der Rechtspflege nicht [X.] 7 -3. Mit der Gewährung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegendie Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird die Verwerfung der [X.] durch den angefochtenen Beschluß gegenstandslos.Wegen der Kosten der Wiedereinsetzung wird auf § 238 Abs. 4 [X.].[X.] [X.] [X.] Dr. Leimert Wiechers

Meta

VIII ZB 24/01

01.08.2001

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.08.2001, Az. VIII ZB 24/01 (REWIS RS 2001, 1717)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1717

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