Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. XII ZB 609/14

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 7892

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:200716BXIIZB609.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII ZB 609/14

vom

20. Juli 2016

in der Personenstandssache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1355; EGBGB Art. 10 Abs. 2, 13, 17 b; LPartG § 3
a)
Eine im Ausland (hier: [X.]) geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe ist im [X.] Recht als eingetragene Lebenspartnerschaft zu [X.] (im [X.] an [X.]sbeschluss vom 20.
April 2016

XII
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s, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt).
b)
Die von den gleichgeschlechtlichen Partnern getroffene ausdrückliche Be-stimmung eines [X.] nach [X.] Recht anstatt eines [X.] ist unwirksam.

[X.], Beschluss vom 20. Juli 2016 -
XII ZB 609/14 -
Kammergericht [X.]

[X.]

-
2
-

Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs
hat am
20.
Juli 2016 durch den
Vor-sitzenden
Richter Dose und [X.]
Klinkhammer, Schilling, Dr.
Günter
und Guhling
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss
des 1.
Zivilsenats des [X.] in [X.] vom 14.
Oktober
2014 wird auf Kos-ten der Beteiligten zu 1 und 2 zurückgewiesen.
Wert: 5.000

Gründe:
I.
Die Beteiligten zu
1 und
2 schlossen am 7.
Juli 2011 in den [X.]n eine gleichgeschlechtliche Ehe nach [X.]m
Recht. Der Beteiligte
zu
1 besitzt die [X.], der Beteiligte
zu
2 die [X.] Staatsangehö-rigkeit.
Da das [X.] Recht einen gemeinsamen Familiennamen der Ehegatten nicht vorsieht, wählten die Beteiligten zu
1 und 2 mit [X.] beglaubigter Erklärung für ihre Namensführung das [X.] Recht und be-stimmten den Namen des Beteiligten zu
2 zum
Familiennamen. Der Beteiligte
zu
1 bestimmte seinen Geburtsnamen zum Begleitnamen. Gleichzeitig erklärten die Beteiligten zu
1 und
2, sie verweigerten "eine Aufnahme ihrer Erklärung im [X.]"
oder eine Umwandlung der Erklärung in eine Namenserklärung als Lebenspartnerschaftsname, da sie verheiratet seien.
1
2
-
3
-

Das zuständige Standesamt
I in [X.] lehnte die Ausstellung einer Be-scheinigung über die Namenserklärung ab. Die Beteiligten zu
1 und
2 haben beantragt, das Standesamt anzuweisen, die Namensänderung auf den gewähl-ten Ehenamen einschließlich des vorangestellten Geburtsnamens des Beteilig-ten zu
1 "einzutragen". Das Amtsgericht hat die als Antrag auf Ausstellung einer
Bescheinigung nach §
46 Nr.
1 [X.] aufgefassten Anträge zurückgewiesen. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde der Beteiligten zu
1 und
2 zurück-gewiesen. Dagegen richtet sich deren zugelassene Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Nach Auffassung des [X.], dessen Entscheidung in [X.] 2015, 142 veröffentlicht
ist, liegt keine wirksame Namenswahl vor. Die von den Beteiligten zu
1 und
2 abgegebene Erklärung solle nach ihrer ausdrückli-chen Einschränkung nur gelten, wenn auf sie die Bestimmungen des [X.] Rechts zur Ehe Anwendung fänden und nicht die Bestimmungen zur [X.]. Es könne dahinstehen, ob die Erklärung schon deshalb [X.] sei, weil sie unter einer unzulässigen Bedingung stehe.
Denn
jedenfalls sei die Bedingung nicht erfüllt. Die gleichgeschlechtlichen Beteiligten zu
1 und
2 könnten nach [X.] Recht einen gemeinsamen Familiennamen nicht als Ehenamen, sondern nur als [X.] bestimmen.
Ehe bedeute nach [X.] Recht eine rechtliche Verbindung zwi-schen [X.] und einer Frau, während der Begriff der Lebenspartner-schaft auf die gleichgeschlechtliche Personenkonstellation verweise. Das stehe im Einklang mit der Verfassung. Insbesondere verstießen die unterschiedlichen 3
4
5
6
-
4
-

Bezeichnungen der Rechtsinstitute nicht gegen Art.
3 Abs.
1 und
3 Satz
1 GG. Das Recht der [X.] gebiete
es ebenfalls nicht, die Beteiligten zu
1 und
2 als Ehegatten i.[X.]. Art.
10 Abs.
2 EGBGB anzusehen. Familien-
und Namensrecht müssten in den Mitgliedstaaten nicht übereinstimmend gere-gelt sein. Es obliege dem jeweiligen nationalen Gesetzgeber, ein fremdes Rechtsinstitut (hier die gleichgeschlechtliche Ehe nach [X.]m Recht) als Gegenstand der Anknüpfung für das Internationale Privatrecht zu qualifizieren. Dabei bestehe keine Bindung an die Bezeichnungen, die das aus-ländische Recht verwende, oder an die Qualifikation sonstiger Mitgliedstaaten.
[X.] könnten in der vorliegenden [X.] nicht entstehen. In [X.] Personaldokumenten werde nicht kenntlich gemacht, ob es sich bei dem Familiennamen um einen Ehe-
oder Lebenspart-nerschaftsnamen handele. Ohnehin seien die Freiheiten, die das [X.] Gemeinschaftsrecht den Unionsbürgern zuerkenne, durch die Möglichkeit einer Rechtswahl gewahrt.
Ein Verstoß gegen Art.
8, 12 und 14 [X.] sei ebenfalls nicht ersichtlich.
Eine Umdeutung in eine Rechts-
und Namenswahl nach Art.
17
b Abs.
2 Satz
1 EGBGB scheitere an der ausdrücklich dagegen gerichteten Erklärung
der Beteiligten zu
1 und
2.
2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand.
Das Beschwerdegericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Be-teiligten
zu
1 und
2 keine wirksame Namenswahl getroffen haben
und daher keinen Anspruch auf Erteilung einer Bescheinigung nach §
46 Nr.
1 [X.]
ha-ben.

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9
10
-
5
-

a) Das
von den Beteiligten zu
1 und
2 nach dem jedenfalls entsprechend anwendbaren
Art.
10 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 EGBGB
(vgl. Art.
17
b Abs.
2 Satz
1 EGBGB)
in zulässiger Weise gewählte
[X.] Recht sieht für eine im [X.] geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe nur die Möglichkeit der Bestim-mung eines
[X.]s

3
LPartG; §
42 PStG), nicht aber eines
[X.]

1355 BGB; §
41 PStG) vor.
aa) Die Frage, ob die sich im Namensrecht stellende Vorfrage des Be-stehens einer Ehe oder Lebenspartnerschaft selbstständig oder unselbstständig anzuknüpfen ist (vgl. [X.]sbeschluss vom 20.
April 2016

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juris, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt
Rn.
31
f.),
kann im vorliegenden Fall offenbleiben. Nach beiden Alternativen ist die von den Beteiligten
zu
1 und
2 geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe als Lebenspartnerschaft zu behandeln. Dies gilt bei unselbstständiger Anknüpfung schon wegen der gemäß Art.
10 Abs.
2 Satz
1 Nr.
1 EGBGB
zugunsten des [X.] Rechts getroffenen Rechtswahl. Bei selbstständiger Anknüpfung ist die im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehe als Lebenspartnerschaft nach Art.
17
b EGBGB zu qualifizieren.
Der [X.] hat die Frage der Qualifikation einer im Ausland geschlosse-nen gleichgeschlechtlichen Ehe bereits dahin entschieden, dass diese nach [X.] Recht als Lebenspartnerschaft im Sinne von Art.
17
b EGBGB zu betrachten ist
([X.]sbeschluss vom 20.
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juris,
zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt Rn.
34
ff.).
Die Beteiligte
zu
3 hat ferner zutreffend darauf hingewiesen, dass auch eine Qualifikation als Ehe dem [X.] der Beteiligten zu
1 und
2 nicht zum Erfolg verhelfen könnte. In diesem Fall wäre die Ehe nach dem gemäß
Art.
13 EGBGB auf den Beteiligten
zu
1 an-wendbaren [X.] Recht schon nicht wirksam geschlossen worden, weil es an dem nach [X.] Recht konstitutiven Merkmal der Verschiedenge-11
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6
-

schlechtlichkeit der Ehegatten fehlen würde (vgl. [X.]sbeschluss vom 20.
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juris, zur Veröffentlichung in [X.]Z bestimmt Rn.
36).
bb) Da die von den Beteiligten zu
1 und
2 eingegangene rechtliche [X.] nach [X.] Recht keine Ehe, sondern eine Lebenspartnerschaft ist, können die Partner nur einen [X.] nach §
3 LPartG, nicht aber einen Ehenamen nach §
1355 BGB bestimmen.
Ihre Namensbe-stimmung ist aber ausdrücklich nur auf einen Ehenamen gerichtet
und daher unwirksam.
b) Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde gebietet
es die Verfas-sung nicht, dass gleichgeschlechtlichen Partnern
anstelle der eingetragenen Lebenspartnerschaft
auch die Ehe offenstehen muss ([X.] FamRZ 2002, 1169). Das gilt bezogen auf das von den Beteiligten zu
1 und
2 verfolgte [X.] erst recht, weil das [X.] Recht mit dem [X.] die von ihnen gewünschte Namensführung ermöglicht, zumal in den [X.] Personaldokumenten nicht kenntlich gemacht wird, ob es sich um einen Ehe-
oder [X.] handelt. Aus diesem Grund liegt auch eine von der [X.] verbotene Diskriminierung
14
15
-
7
-

fern. Da die Beteiligten zu
1 und
2 in der Lage sind, die von ihnen gewünschte Namensführung im [X.] Recht zu verwirklichen,
könnte es zu einer euro-parechtlich möglicherweise relevanten hinkenden Namensführung nur kommen, wenn das [X.] Recht die nach [X.] Recht getroffene Na-menswahl nicht anerkennt. Das könnte aber nicht die Europarechtswidrigkeit des [X.] Namensrechts zur Folge haben.

Dose

Klinkhammer

Schilling

Günter

Guhling
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.10.2013 -
71 III 157/13 -

KG [X.], Entscheidung vom 14.10.2014 -
1 W 554/13 -

Meta

XII ZB 609/14

20.07.2016

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2016, Az. XII ZB 609/14 (REWIS RS 2016, 7892)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 7892

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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