Bundespatentgericht, Urteil vom 24.07.2012, Az. 3 Ni 15/11 (EP)

3. Senat | REWIS RS 2012, 4317

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Gegenstand

Wirkungslosigkeit dieser Entscheidung


Tenor

In der Patentnichtigkeitssache

betreffend das europäische Patent 1 711 158

([X.] 60 2004 021 294)

hat der 3. Senat (Nichtigkeitssenat) des [X.] auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. Juli 2012 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], des Richters [X.], der Richterin [X.]. [X.], des Richters Dipl.-Chem. Dr. [X.] sowie der Richterin

Dipl.-Chem. Zettler

für Recht erkannt:

[X.] Das [X.] Patent 1 711 158 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig erklärt.

I[X.] Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

II[X.] [X.] ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 16. November 2004 beim [X.] in der Amtssprache [X.] angemeldeten, die Priorität der [X.] Anmeldung IT CR20040004 vom 5. Februar 2004 in Anspruch nehmenden mit Wirkung für die [X.] erteilten [X.] Patents 1 711 158 (Streitpatent), das vom [X.] Patentamt unter der Nummer [X.] 2004 021 294 geführt wird. Das Streitpatent mit der Bezeichnung „[X.], [X.]“ (Ohr-Spülzusammensetzung für Tiere mit [X.] und [X.]), das gemäß Hauptantrag in vollem Umfang und mit fünf [X.] beschränkt verteidigt wird, umfasst in seiner erteilten Fassung 6 Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 2 bis 6 auf den Patentanspruch 1 unmittelbar oder mittelbar rückbezogen sind. Der erteilte Patentanspruch 1 lautet in [X.] Übersetzung:

Abbildung

2

Hinsichtlich des Wortlautes der erteilten Patentansprüche 2 bis 6 wird auf die Patentschrift [X.] verwiesen.

3

Die Klägerin greift das Streitpatent in vollem Umfang an und macht die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Patentfähigkeit und der unzureichenden [X.] geltend. Sie stützt ihr Vorbringen auf folgende Druckschriften:

4

K1 [X.]

5

K2 Eingabe der Vertreter der Patentinhaberin im Prüfungsverfahren vor dem [X.] vom 6. November 2004

6

K3 Prüfungsbescheid des [X.] vom 19. Juli 2007

7

K4 Ullmann´s Encyclopedia of Ind. [X.]., [X.], 1987, [X.] bis 100

8

K5 Written opinion of the International Searching Authority zu PCT/IT2004/000627 (Int. Anmeldung des Streitpatents)

9

[X.] [X.], [X.] et al, Paraplegia 21, 1983, [X.] bis 93

[X.] [X.], [X.] und [X.], [X.] 51, 1987, [X.] bis 112

[X.] [X.], A. et al, [X.], 57, 1996, S. 756 bis 761

[X.] Ritchie, B.W. et al, [X.], 7, 2004, [X.] bis 189

[X.] [X.], [X.] et al, [X.], 59, 2004, [X.] bis 267

[X.] [X.], [X.] „Small Animal Clinical Pharmacology and Therapeutics”, 2001, [X.], [X.], [X.], [X.] bis 200

[X.] [X.] 6 538 155 B1

[X.] [X.], [X.], [X.]: [X.], 28(2), 1998, [X.] bis 248

K14 Internetausdruck http:/www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/1335944 zu FEMS Microbiol Lett., 1992 Dec. 15; 79 (1-3):211-5

K15 [X.], [X.]., 1982, S. 880

K16 „Geriatrics and Gerontology of the Dog and Cat”, Hrsg. [X.], 2003, [X.], [X.], [X.], [X.] bis 251

Die Klägerin ist der Ansicht, der Gegenstand des erteilten Patentanspruchs 1 sei nicht so deutlich und vollständig offenbart, dass der Fachmann ihn ausführen könne. Die darin genannten [X.] seien - da dort Chlor nicht erwähnt werde - nicht mit deren wörtlicher Benennung vereinbar. Auch könne bei einem pH-Wert von 8 gemäß Patentanspruch 2 keine der beiden im Patentanspruch 1 zwingend vorgeschriebenen [X.] vorliegen.

Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei jeweils gegenüber den Druckschriften [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] nicht neu, die die Verwendung der Kombination von [X.], [X.] und [X.](hydroxymethyl)aminomethan als Hautantiseptikum offenbarten. Patentanspruch 1 sei kein zweckgebundener Erzeugnisanspruch im Sinne einer weiteren medizinischen Indikation, da die Bestimmungsangabe „[X.]“ lediglich „Ohren“ bedeute. Im Übrigen zeige [X.] die besondere Wirksamkeit der Kombination von [X.]lösung und [X.]-[X.] als Ohrenreinigungsmittel für Kleintiere.

Jedenfalls beruhe der Gegenstand des Streitpatents nicht auf erfinderischer Tätigkeit. Denn die Eignung von [X.] enthaltenden Spüllösungen und [X.]/[X.]-Lösungen bei Otitis externa sei [X.], wie sich aus [X.] ergebe. Die aus [X.], [X.], [X.], [X.] und [X.] bekannte synergistische Kombination der drei Wirkstoffe dann zu dieser Behandlung einzusetzen, sei für den Fachmann naheliegend. Dies gelte ebenso für die Hilfsanträge, die lediglich dem [X.] geläufige Maßnahmen beinhalteten.

Die Klägerin stellt den Antrag,

das [X.] Patent 1 711 158 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der [X.] für nichtig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise die Klage mit der Maßgabe abzuweisen, dass das Streitpatent die Fassung des [X.] gemäß Schriftsatz vom 2. Februar 2012, weiter hilfsweise die Fassung der [X.] bis 5 gemäß Schriftsatz vom 15. Juni 2012 erhält.

Hilfsantrag 1 beschränkt verteidigten Fassung lauten:

34H54Cl2N10O14, oder [X.], C22H38Cl4N10, oder [X.], C26H38Cl2N10O2, ist, wobei der von [X.] abgeleitete Puffer Dihydratdinatrium-[X.], Na2H2[X.].2H20, oder Ethylendiamintetraessigsäure, H4[X.], ist.

2. Zusammensetzung nach Anspruch 1, weiterhin umfassend ein Ansäuerungs- oder Alkalisierungsmittel, so dass der pH der Zusammensetzung 8 beträgt.

Die nachgeordneten Patentansprüche 3 bis 6 entsprechen den erteilten Ansprüchen.

Hilfsantrag 2 kombiniert die Ansprüche 1 und 2 des [X.] miteinander. Die nachgeordneten Patentansprüche 2 bis 5 entsprechen den erteilten Patentansprüchen 3 bis 6 mit angepassten Rückbezügen.

Hilfsantrag 3 enthält zusätzlich zum Patentanspruch 1 die Merkmale des erteilten Patentanspruchs 3. Die Rückbezüge der verbleibenden Patentansprüche 2 bis 4, die den erteilten Patentansprüchen 4 bis 6 entsprechen, sind angepasst.

Hilfsantrag 4 sind die Merkmale der Patentansprüche 1 und 4 des [X.] kombiniert. Die Patentansprüche 2 und 3 entsprechen den erteilten Ansprüche 5 und 6 mit angepassten Rückbezügen.

Hilfsantrag 5 weist die Merkmale der Patentansprüche 1 und 6 des 1. Hilfsantrags auf.

Die Beklagte tritt dem Vorbringen der Klägerin in allen Punkten entgegen und verweist auf folgende Dokumente:

[X.], [X.] und [X.], „Biochemie“, Verlag [X.]ie, [X.], [X.] bis 39

B2 Perez, [X.] et al., [X.], 2000, S. 1522 bis 1527

B3 Larousse, [X.], S 781.

Ein [X.]smangel liege nicht vor, da es sich bei der Angabe der Summenformel um einen offensichtlichen Schreibfehler handle. Auch die Einstellung des pH-Werts mit den angegebenen Inhaltsstoffen bereite dem Fachmann keine Schwierigkeiten.

Die Beurteilung der Patentfähigkeit von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung richte sich nach Artikel 54 Abs. 4 und 5 EPÜ i. V. m. 138 EPÜ und Artikel II § 6 [X.], denn bei „[X.]“ handele es sich um einen lexikalisch nachweisbaren medizinischen Begriff.

Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und den [X.] sei neu gegenüber den Druckschriften [X.], [X.], [X.] und [X.], weil diese den Einsatz von [X.]-[X.]/[X.] bei völlig anderen [X.] als Ohrenleiden beschrieben.

Der von der Klägerin genannte Stand der Technik könne den Gegenstand des Patentanspruchs 1 auch nicht nahelegen, denn die von der Klägerin genannten Druckschriften beschrieben die Anwendung von [X.]-[X.] und von [X.] getrennt ([X.]) oder offenbarten die Verwendung von [X.] mit Antibiotika ([X.]). Keine der Druckschriften lehre die Kombination der drei Komponenten gemäß Anspruch 1 des erteilten Patents bzw. des Anspruchs 1 des [X.], was insbesondere in Bezug auf [X.] gelte, in der im Übrigen auch explizit auf die Ototoxizität von [X.] hingewiesen werde. Es sei auch kein Anlass ersichtlich, weshalb der Fachmann aus den in [X.] zahlreichen für eine Kombination mit [X.] geeigneten Antiseptika gerade [X.]-[X.] herausgreifen sollte.

Die Hilfsanträge umfassten besondere Ausführungsformen der Lehre des Streitpatents, die belegten, dass die patentgemäße Kombination der Komponenten zur Behandlung von Otitis externa erstmalig durch das Streitpatent gelehrt worden sei.

Entscheidungsgründe

I.

Die auf die Nichtigkeitsgründe der mangelnden Offenbarung (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 2 [X.] [X.] Art. 138 Abs. 1 lit b EPÜ) und mangelnder Patentfähigkeit (Art. II § 6 Abs. 1 Nr. 1 [X.] [X.] Art. 138 Abs. 1 lit a EPÜ) gestützte Klage ist zulässig und auch begründet.

1. Das Streitpatent betrifft eine neue Ohrreinigungszusammensetzung für Tiere, insbesondere für Hunde und Katzen. Die Ohrreinigungszusammensetzungen der Erfindung werden zur Behandlung von externer Otitis von Tieren wie Hunden und Katzen eingesetzt.

Pharmazeutische Zusammensetzungen zur topischen Anwendung an Augen, Nase oder Ohren sind bekannt. Bekannte Produkte für diese Zwecke enthalten auch [X.]hlorhexidin als aktiven Wirkstoff. Diese sind aber nur in hohen Konzentrationen wirksam, was unerwünschte Schädigungen mit sich bringt ([X.] Abs. [0002, 0003]).

Davon ausgehend liegt dem Streitpatent die Aufgabe zugrunde, neue Ohrenreinigungszusammensetzungen für Tiere, insbesondere für Hunde und Katzen, bereitzustellen, die bei niedrigerer Konzentration des aktiven Wirkstoffs [X.]hlorhexidin, wirksam sind und daher besser toleriert werden können ([X.] [0004]).

2. Gelöst wird diese Aufgabe gemäß Patentanspruch 1 durch eine

1. Ohrreinigungsmittel-Zusammensetzung für Tiere, insbesondere für Hunde und Katzen,

2. mit einem Wirkstoff auf der Basis von [X.]hlorhexidin,

2.1 der eine [X.]hlorhexidin-Digluconat-Lösung, oder

2.2 eine [X.]-Lösung oder

2.3 eine [X.]hlorhexidin-Diacetat-Lösung ist,

3. und einem von [X.](hydroxymethyl)[X.] abgeleiteten Puffer, wobei der von [X.] abgeleitete Puffer

2H2[X.].2H2O oder

4[X.] ist.

Der Anspruch 1 des [X.] weist das folgende zusätzliche Merkmal auf:

1.1 zur Verwendung bei der Behandlung von Otitis externa.

3. Zuständiger Fachmann ist ein Team aus einem auf dem Gebiet der Formulierung von Hautreinigungsmitteln oder dermatologischen Zubereitungen vertrauten [X.]hemiker oder Galeniker und einem mit der Behandlung von Kleintieren vertrauten Veterinärmediziner.

II.

1. Der erteilte Patentanspruch 1 des [X.] geht aus den ursprünglichen Ansprüchen 1, 2 und 3 hervor. Die Ansprüche 2 bis 6 entsprechen den ursprünglichen Ansprüchen 4 bis 8. Der Anspruch 1 des [X.] ist zusätzlich aus Abs. [0001] des Streitpatents K1 entnehmbar, der auf S. 1 Abs. 1 der Erstunterlagen zurückgeht. Der Patentanspruch 1 des 2. [X.] geht darüber hinaus auf den erteilten Anspruch 2 zurück, der dem ursprünglichen Anspruch 4 entspricht. In den Patentanspruch 1 des 3. Hilfsantrag ist zusätzlich der Inhalt des erteilten Anspruchs 3, der aus dem ursprünglichen Anspruch 5 hervorgeht, aufgenommen. Der Patentanspruch 1 des 4. [X.] entspricht dem Anspruch 1 des 1. [X.] und geht zusätzlich auf den erteilten Anspruch 4 zurück, der aus dem ursprünglichen Anspruch 6 abgeleitet ist. Der einzige Patentanspruch des 5. [X.] ist aus dem Anspruch 1 des 1. [X.] und dem erteilten Anspruch 6 entnehmbar, der dem ursprünglichen Anspruch 8 entspricht. Die Anspruchsfassungen sind daher aus den erteilten und ursprünglichen Unterlagen ableitbar, was auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt wurde.

2. Das Streitpatent offenbart die Erfindung auch so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

12 bei [X.] und [X.] (jeweils 2 [X.]hloratome in der Summenformel) und [X.]14 bei [X.] (4 [X.]hloratome in der Summenformel). Bei der Angabe im Anspruch 1 und in der Beschreibung des Streitpatents ist somit der Buchstabe „l“ nach dem „[X.]“ offensichtlich als „1“ im Index zu „2“ bzw „4“ angegeben worden. Die Angaben „[X.]l2" und „[X.]l4“ ergeben korrekte Summenformeln der Derivate.

Auch die Angabe der [X.] Derivate im Anspruch 1 als [X.]salz bzw als freie Säure führt zu keiner Unstimmigkeit in Bezug auf Anspruch 2, wonach das Mittel auf einen pH von 8 eingestellt ist, wie die Klägerin vorgetragen hat. Es trifft zu, dass nach [X.] das [X.]salz und die freie Säure pH-Werte in 1%iger Lösung weit unterhalb 8 aufweisen oder nicht angegeben werden können (Tabelle 1 auf [X.]). Die Nennung der Derivate bedeutet jedoch, dass diese in der Zusammensetzung zwar wie angegeben eingesetzt werden, das [X.]salz oder die freie Säure aber dann in der gepufferten Lösung dissoziieren und sich ein Dissoziationsgleichgewicht einstellt, das den geforderten pH ergibt oder dieser durch alkalische oder saure Zusätze eingestellt wird, wie auch den Absätzen [0010] bis [0013] des Streitpatents zu entnehmen ist. Dort wird nämlich [X.] -[X.] neben den anderen Bestandteilen in Wasser gelöst und Milchsäure bis zum Erreichen von pH 8 zugesetzt. Dies steht im Einklang mit [X.] Dort wird der [X.]-[X.]-Puffer auf einen pH-Wert zwischen 7,9 und 8,1 eingestellt (Anspruch 1).

3. Es kann dahinstehen, ob der Gegenstand des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag neu i. S. v. Art. 54 EPÜ ist.

Es bestehen zwar bereits erhebliche Bedenken, ob es sich beim Patentanspruch 1 des [X.], der auf eine Ohrreinigungsungsmittel-Zusammensetzung gerichtet ist, um einen zweckgebundenen Stoffanspruch der 2. Indikation handelt, bei dem der Verwendungszweck die Neuheit gegenüber jeweils aus [X.] bis [X.] und insbesondere aus [X.] bekannten Reinigungszusammensetzungen, die [X.]hlorhexidin, [X.] und [X.] enthalten, begründen könnte.

4. Die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 gemäß Hauptantrag und 1. Hilfsantrag beruhen jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit i. S. v. Art. 56 EPÜ.

Zur Lösung der Aufgabe, neue Ohrreinigungszusammensetzungen, insbesondere zur Verwendung bei der Behandlung von Otitis externa, für Tiere, insbesondere für Hunde und Katzen, bereitzustellen, die bei niedrigerer Konzentration des aktiven Wirkstoffs [X.]hlorhexidin wirksam sind und daher besser toleriert werden können konnte der Fachmann von [X.], einem Übersichtsartikel in „Veterinary [X.]linics of North America: [X.]“, ausgehen.

Aus [X.] ist eine antiseptische Reinigungszusammensetzung bekannt, die [X.]hlorhexidin, [X.] und [X.] enthält (S. 239 Abs. 1). [X.]hlorhexidin wird in Form der Derivate [X.]hlorhexidingluconat bzw [X.]hlorhexidindiacetat und [X.] als Säure eingesetzt (S: 238 Abs. 2 und le: Abs.). Sowohl [X.]hlorhexidin-Lösungen als auch [X.]/[X.]-Lösungen werden nach [X.] jeweils zur Behandlung von Otitis externa (Außenohrbehandlung) von [X.])Tieren ([X.] beschreibt die Kleintierpraxis, vgl. S. 233 unten) eingesetzt (S. 234 Tabelle 1 li. [X.], 238 Abs. 2 und S. 239 Abs. 1). Bekannt ist auch, dass [X.]/[X.] den antibakteriellen Effekt von [X.]hlorhexidindiacetat in Reinigungslösungen potenziert und dass der pH auf 8,0 eingestellt wird (S. 239 Abs. 1). Aus [X.] erhält der Fachmann damit den Hinweis, dass die antibakterielle Wirkung von [X.]hlorhexidindiacetat durch den Zusatz des [X.]/[X.]-Puffers potenziert wird, also einen synergistischen Effekt aufweist, und damit die Konzentration an [X.]hlorhexidin verringert werden kann. Der Fachmann wird gerade diesem Hinweis nachgehen und die Aufgabe durch Bereitstellung der Gegenstände der jeweiligen Ansprüche 1 des Haupt- und [X.] lösen.

Dem steht nicht entgegen, dass die sowohl aus [X.] und [X.] bis [X.] bekannte Reinigungs- oder Waschlösung mit den drei Komponenten [X.]hlorhexidin, [X.] und [X.] bisher nicht zur Behandlung von [X.] von Tieren eingesetzt wurde, zumal die Veröffentlichung von [X.] 1998, also lediglich 6 Jahre vor dem [X.] des Streitpatents erfolgt ist. Der Fachmann wird an der Bereitstellung der Zusammensetzung gemäß Anspruch 1 des Haupt- oder 1. [X.] auch durch die 3 Jahre nach [X.] publizierte Veröffentlichung [X.] des gleichen Autors nicht gehindert, worin diese Zusammensetzung nicht zur Behandlung von [X.] beschrieben ist. Denn in [X.] werden lediglich Ohrbehandlungsmittel beschrieben, die zu Hause hergestellt werden können oder durch Modifikation von Handelsprodukten erhältlich sind, wobei darauf hingewiesen wird, dass mit solchen Abwandlungen vorsichtig umzugehen sei (S. 198 Tabelle 10-5 [X.] re. [X.]. Abs. 2). Demgegenüber werden in der erst kurz vor dem [X.] des Streitpatents veröffentlichten Abhandlung [X.] über die Verwendung von potenzierten Antibiotika bei der Wundbehandlung sowohl Zusammensetzungen mit [X.]hlorhexidin und [X.]/[X.] ([X.]) zur Wundreinigung empfohlen als auch implizit im Zusammenhang mit der Behandlung von Otitis externa im Veterinärbereich genannt (S. 171 Abs. 2, [X.] und [X.]). Auch kann sich die Beklagte nicht darauf berufen, dass ein Vorurteil (vgl. dazu [X.], 8. Aufl., § 4, Rn. 127) gegenüber dem Einsatz von [X.]hlorhexidin als Ohrreinigungsmittel bestanden habe, da es im Innen- und Mittelohr von Tieren toxisch sei. Denn in [X.] wird ausdrücklich auf diesen Umstand hingewiesen und eine [X.]hlorhexidinlösung, wie auch beim Streitpatent, zur Behandlung von [X.] (Otitis externa) vorgeschlagen ([X.] Abs. 2). Gerade der Review-Artikel [X.] gibt im Gegensatz zur Auffassung der Patentinhaberin als Anleitung für die Kleintierpraxis die in verschiedenen Quellen beschriebenen Sachverhalte in einem sinnvollen und praxisnahen Zusammenhang wieder. Der Fachmann wird sich daher ohne einen besonderen Anlass nicht zunächst die Originalliteratur beschaffen und nur diese seinen Überlegungen zu Grunde legen. Aber auch ein Blick in die Originalliteratur zeigt, dass dort die hohe Wirksamkeit der [X.]hlorhexidin, [X.]-[X.]-Mischung beschrieben wird. Insbesondere in [X.], einer Originalliteratur, wird auf die Eignung der Dreiermischung als topisches Antiseptikum hingewiesen, wobei dieser Mischung eine gesteigerte allgemeine Wirksamkeit gegenüber dem alleinigen Einsatz von [X.]hlorhexidin zugesprochen wird. Ein synergistischer Effekt ist dabei aus der Tabelle 1 abzuleiten ([X.], Abstract le. Satz, S. 108 Tabelle 1, S. 112 Abs. 3).

5. Auch die Gegenstände der jeweiligen Patentansprüche 1 der [X.] bis 5 beruhen nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Patentanspruch 1 des 2. [X.] weist gegenüber dem Patentanspruch 1 des 1. Hilfsantrag das Merkmal auf, dass die Zusammensetzung weiterhin ein Ansäuerungs- oder Alkalisierungsmittel umfasst, so dass der pH-Wert der Zusammensetzung 8 beträgt. Diesen pH-Wert auch für eine Lösung mit [X.]hlorhexidin/[X.]/[X.]-Lösung einzustellen, wird der Fachmann wird von [X.] angeregt. Nach [X.] wird nämlich der pH-Wert der [X.]/[X.]-Lösung auf 8 eingestellt. [X.]hlorhexidin soll zwar nach [X.] S. 237 le. Abs. zwischen pH 5,5 bis 7,0 die größte Aktivität entfalten, nach [X.] weisen aber Zusammensetzungen mit [X.] und [X.]hlorhexidin bei pH 7,4 oder 8,4 keine signifikanten Unterschiede in der Wirksamkeit auf ([X.] Results Abs. 1). Bei der Wahl eines optimalen pH-Werts für die vorliegende Zusammensetzung wird sich der Fachmann am ph-Wert des Puffers orientieren, der für den Puffer [X.] bei 8,08 liegt (vgl [X.], S. 36 Tabelle 2-3), den er deshalb auch für die [X.]/[X.]-Lösung einstellen wird.

Nach Patentanspruch 1 des 3. [X.] umfasst die Zusammensetzung Milchsäure als Ansäuerungsmittel, so dass der pH der Zusammensetzung 8 beträgt. Auch dieses Merkmal wird vom Stand der Technik nahegelegt. Bei [X.] erfolgt zwar die Einstellung des pH-Werts der [X.]/[X.]-Lösung mit Essigsäure. Durch [X.] wird der Fachmann aber angeregt, Milchsäure auch für diesen Zweck zu verwenden, da Milchsäure in Lösungen zur Behandlung von Ohrenerkrankungen bereits eingesetzt wird (S. 244 Tabelle 15-1).

Der Patentanspruch 1 des 4. [X.] und der einzige Patentanspruch des 5. [X.] betreffen Ohrreinigungszusammensetzungen mit detaillierter Mengenangabe der einzelnen Inhaltsstoffe. Die Ermittlung der geeigneten Mengen der Inhaltsstoffe lässt aber keine Besonderheiten erkennen, die über das handwerkliche Können des mit der Bereitstellung solcher Zusammensetzungen betrauten Fachmanns hinausgehen. Auch der Zusatz von Propylenglykol in solchen Zubereitungen für die Verwendung im Bereich der Ohren von Hunden und Katzen ist für diesen Zweck dem Fachmann aus [X.] bekannt (S. 244 Tabelle 15-1). Die Patentinhaberin konnte zur Stütze dieser [X.] lediglich vortragen, dass sie diese Kombination erstmalig überhaupt für den Einsatz am Ohr zugänglich gemacht habe. Wie dargelegt wird aber die Bereitstellung dieser Kombinationen an Inhaltsstoffen vom Stand der Technik nahegelegt und geht im Übrigen nicht über das Können des Fachmanns hinaus.

6. Mit den jeweiligen Patentansprüchen 1 fallen auch die mit dem Haupt- und den [X.] verteidigten [X.] des [X.] und der [X.] 1 bis 4. Im Übrigen lassen auch die Gegenstände dieser verteidigten [X.] keinen eigenen erfinderischen Gehalt erkennen. Zu diesen [X.]n wurde bereits vorstehend im Rahmen der Diskussion der Patentansprüche 1 der [X.] bis 5 Stellung genommen, da diese jeweils Kombinationen einzelner [X.] mit dem Patentanspruch 1 des [X.] betreffen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 [X.] [X.] § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 99 Abs. 1 [X.] [X.] § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

Meta

3 Ni 15/11 (EP)

24.07.2012

Bundespatentgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: Ni

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Urteil vom 24.07.2012, Az. 3 Ni 15/11 (EP) (REWIS RS 2012, 4317)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4317

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