Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.06.2010, Az. V R 62/09

5. Senat | REWIS RS 2010, 5968

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Gegenstand

Mittelbare finanzielle Eingliederung bei Organschaft


Leitsatz

NV: Eine GmbH kann auch nicht über zwei gemeinsame Gesellschafter mittelbar finanziell in einer GbR eingegliedert sein (Fortführung von BFH vom 22. April 2010 V R 9/09).

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Gesellschafter der GbR waren [[X.].] und [[[X.].].] zu je 50 %. [[X.].] und [[[X.].].] waren auch zu 50 % ([[X.].]) und zu 9,86 % ([[[X.].].]) an einer GmbH beteiligt. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH war [[X.].], während [[[X.].].] Prokurist der GmbH war. Die GbR hatte ein bebautes Grundstück an die GmbH verpachtet. Mit Beschluss vom 27. April 2005 eröffnete das Amtsgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH.

2

Im [X.] an eine Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--), davon aus, dass zwischen der Klägerin als Organträger und der GmbH als Organgesellschaft eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) bestehe. Dem folgte die Klägerin zwar bei Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldungen, nicht aber im Rahmen der für das Streitjahr (2004) abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung. Demgegenüber ging das [X.] bei Erlass des [X.] vom 23. August 2005 wie bisher vom Bestehen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft aus. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

3

Das Finanzgericht ([X.]) stützte die Klageabweisung darauf, dass alle Eingliederungsvoraussetzungen erfüllt seien.

4

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, die sie auf Verletzung materiellen Rechts stützt. Keine der von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG vorausgesetzten Eingliederungsvoraussetzungen sei verwirklicht.

5

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das Urteil des [X.] aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid 2004 vom 23. August 2005 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15. Dezember 2005 mit der Maßgabe zu ändern, dass die Umsatzsteuer 2004 erklärungsgemäß ohne Berücksichtigung der Organschaft auf 11.590,08 € herabzusetzen ist.

6

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

7

Alle Eingliederungsvoraussetzungen seien erfüllt.

Entscheidungsgründe

8

II. Die Revision der Klägerin ist begründet. Das Urteil des [[[X.].].] ist aufzuheben und der Klage stattzugeben (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[[[X.].].]O--). [[X.].]wischen der Klägerin und der GmbH besteht mangels finanzieller Eingliederung keine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.

9

1. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen eines anderen Unternehmers eingegliedert ist (Organschaft). [[[X.].].] beruht diese Vorschrift auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [[[X.].].] zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/[[[X.].].] (Richtlinie 77/388/[[[X.].].]). Danach können die Mitgliedstaaten im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, jedoch durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen behandeln.

[[X.].]war kann im Hinblick auf die gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG "nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse" vorzunehmenden Beurteilung eine Organgesellschaft auch dann unselbständig sein, wenn die Eingliederung auf einem der drei Gebiete nicht vollkommen ausgeprägt ist. Nicht ausreichend ist jedoch, dass die Eingliederung nur in Bezug auf zwei der drei Eingliederungsmerkmale besteht (Urteile des [[[X.].].] --BFH-- vom 20. Februar 1992 [[[X.].].]/85, [[[X.].].] 1993, 133, unter [[[X.].].]; vom 25. Juni 1998 [[[X.].].]/97, [[[X.].].] 1998, 1534, unter [[[X.].].]; vom 19. Mai 2005 [[[X.].].], [[[X.].].], 167, [[[X.].].], 671, unter [[[X.].].] bb; vom 5. Dezember 2007 [[[X.].].], [[[X.].].], 463, [[[X.].].], 451, unter [[[X.].].]; vom 14. Februar 2008 [[[X.].].] und 13/06, [[[X.].].] 2008, 1365, unter II.2.d; vom 3. April 2008 [[[X.].].]/05, [[[X.].].], 443, [[[X.].].], 905, unter II.3.a).

2. Im Streitfall scheitert die vom [[[X.].].] und vom [[[X.].].] angenommene Organschaft am Erfordernis der finanziellen Eingliederung. Nach dem Urteil des Senats vom 22. April 2010 [[[X.].].] kann eine GmbH nicht finanziell in eine Personengesellschaft eingegliedert sein, wenn mehrere Gesellschafter nur gemeinsam über die Anteilsmehrheit an der GmbH und der Personengesellschaft verfügen (BFH-Urteil vom 22. April 2010 [[[X.].].], [[[X.].].], 433). [[X.].]ur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf dieses Urteil, mit dem er seine frühere Rechtsprechung, nach der in derartigen Fällen eine Organschaft in Betracht kam, aufgegeben hat. Da im Streitfall die beiden Gesellschafter [[X.].] und [[X.].] nur gemeinsam über eine finanzielle Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin und an der GmbH verfügten, war die GmbH nicht mittelbar über die Gesellschafter [[X.].] und [[X.].] in die Klägerin eingegliedert.

Meta

V R 62/09

10.06.2010

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 3. November 2009, Az: 12 K 41/06, Urteil

§ 2 Abs 2 Nr 2 UStG 1999, Art 4 Abs 2 UAbs 2 EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 10.06.2010, Az. V R 62/09 (REWIS RS 2010, 5968)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5968

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