Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.10.2004, Az. 2 StR 381/04

2. Strafsenat | REWIS RS 2004, 960

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 29. Oktober 2004 in der Strafsache gegen

1.

2.

3.

wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung u.a.

- 2 - Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 29. Oktober 2004 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]

wird das Urteil des [X.] vom 1. März 2004 mit
den Feststellungen aufgehoben, soweit er wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung verurteilt wurde, sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen. 3. Die weitergehende Revision des Angeklagten M.
[X.] sowie die Revisionen der Angeklagten [X.]

und [X.] gegen das genannte Urteil werden verworfen. 4. Die Angeklagten [X.] [X.]und [X.] haben die Kosten ih-rer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten [X.]

wegen Anstif-tung zur besonders schweren Brandstiftung und versuchten Betrugs zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt, die [X.] - klagte [X.] [X.]wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und die Angeklagte [X.] wegen Beihilfe zu dem vom Angeklagten M.

[X.]begangenen versuchten Betrug zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 5 Euro. Die Revision des Angeklagten [X.] führt mit der Sachrüge zur Aufhe-bung der Verurteilung wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung und der Gesamtstrafe. Im übrigen sind die Revisionen unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1. Nach den Feststellungen beschloß der Angeklagte [X.]im Februar oder Anfang März 2002, das Einfamilienhaus, das ihm und seiner Familie von der [X.]als Wohnung zur Verfügung gestellt worden war, durch einen unbekannt gebliebenen Dritten in Abwesenheit der [X.] zu lassen, um sich zu Unrecht Leistungen aus einer hohen Hausratsversi-cherung zu beschaffen. Zur Vorbereitung der Tat wurden - möglicherweise vom Angeklagten selbst, möglicherweise durch einzelne seiner Söhne, die gleich-falls in dem Anwesen wohnten, unter Umständen auch durch Dritte auf Veran-lassung des Angeklagten - zahlreiche versicherte Gegenstände, insbesondere auch Möbel, aus dem Haus entfernt. Zwei Tage vor der geplanten Tat begab sich der Angeklagte, um allen Familienangehörigen ein sicheres Alibi zu [X.] und weil kein Mitglied der Familie durch den Brand gefährdet werden sollte, zusammen mit allen anderen Bewohnern des Anwesens auf eine mehr-tägige Reise. Der Brand wurde von einem unbekannten Täter auf [X.] des Angeklagten wie geplant gelegt. Das Haus wurde hierdurch [X.] zerstört. Den Brandschaden am Hausrat in Höhe von 52.404 DM machte der Angeklagte bei der Versicherung geltend; hierbei unterstützte ihn, da er Analphabet ist, die Angeklagte [X.] , die damalige Verlobte eines seiner - 4 - Söhne. Die Versicherung leistete keine Zahlung. Die Gebäudeversicherung leistete an die [X.]346.000 DM. 2. Auf diese Feststellungen konnte die Verurteilung wegen Anstiftung zur besonders schweren Brandstiftung nicht gestützt werden. a) Zwar decken die Angriffe der Revision gegen die Beweiswürdigung einen Rechtsfehler nicht auf. Nach der Rechtsprechung des [X.] ist, entgegen einer in der Literatur vertretenen einschränkenden Ausle-gung (vgl. dazu [X.]/[X.] StGB 52. Aufl. § 306 Rdn. 9 ff. m.w.N.), auch zur Erfüllung des [X.] des § 306 b Abs. 2 Nr. 2, 1. Var. StGB nicht erforderlich, daß die zu ermöglichende andere Straftat gerade unter Ausnutzung der spezifischen situativen Auswirkungen des [X.] begangen werden soll, wie dies § 307 Nr. 2 a.F. StGB voraussetzte; ausreichend ist viel-mehr auch die Absicht, nach Beendigung des [X.] einen Betrug zum Nach-teil der [X.] zu begehen (vgl. [X.]St 45, 211, 216 ff.; NStZ 2000, 197, 198; NJW 2000, 3581; [X.], [X.]. vom 19. August 2004 - 3 [X.]). b) Es mangelt aber schon an hinreichenden Feststellungen zum Vorlie-gen einer Haupttat nach § 306 a StGB, die von § 306 b Abs. 2 Nr. 2 StGB vor-ausgesetzt wird. In Betracht kommt hier, wie das [X.] zutreffend gesehen hat, [X.] eine Tat nach § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB in der Tatvariante des Inbrand-setzens eines Gebäudes, das der Wohnung von Menschen dient. Eine solche Räumlichkeit (zur nur exemplarischen Aufführung des Begriffs "Gebäude" in § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB vgl. [X.]St 48, 14, 18) stellte das allein von der Fa-milie des Angeklagten bewohnte Wohnhaus ursprünglich unzweifelhaft dar. - 5 - Das [X.] hat aber, wie die Revision zutreffend rügt, rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob die Zweckbestimmung des Gebäudes zu [X.]en vor der Brandlegung von sämtlichen Bewohnern aufgegeben wurde (vgl. [X.]St 10, 215; 16, 396; 26, 122; [X.] NStZ 1988, 71; 1994, 130). Eine solche Aufga-be des Willens, das Gebäude weiter zu bewohnen, durch sämtliche Bewohner nimmt dem Tatobjekt auch dann die von § 306 a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorausge-setzte Zweckbestimmung, wenn die Bewohner wie hier nur allein berechtigte unmittelbare Fremdbesitzer sind ([X.]sbeschluß vom 10. Februar 1992 - 2 StR 475/92, [X.] 1993, 721; ebenso [X.] NStZ 1981, 224). Daß die Familienangehörigen des Angeklagten an der Tat beteiligt oder in die Planungen eingeweiht waren, hat das [X.] zwar nicht festgestellt. Es ist aber auch nicht positiv festgestellt, daß mindestens ein Mitglied der Fa-milie nicht in den [X.] eingeweiht war. Die Mitangeklagte [X.]

[X.]ist vom Vorwurf der Beteiligung an der Tat in Anwendung des Zweifelssatzes freige-sprochen worden; hinsichtlich der Mitangeklagten [X.] - die im übrigen nach den Feststellungen gar nicht im Haus selbst, sondern in einem auf dem [X.] aufgestellten Wohnwagen wohnte - führen die Urteilsgründe nur aus, der Tatrichter habe "keine Anhaltspunkte dafür, daß

[X.] die Hinter-gründe des [X.] kannte" ([X.]). Eine positive Feststellung, daß die Mitangeklagten von der geplanten Tat nicht wußten, hat das [X.] damit entgegen der Auffassung des [X.] nicht getroffen; vielmehr lag nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme das Gegenteil nahe. Dasselbe gilt von den übrigen Mitbewohnern, hinsichtlich derer das [X.] Indizien für eine Tatbeteiligung oder zumindest für eine Mitwisserschaft angeführt hat. [X.] sich aber eine Kenntnis und Zustimmung der Mitbewohner zur Aufgabe der Zweckbestimmung nicht ausschließen, so war sie im Zweifel zugunsten des Angeklagten anzunehmen. Anhaltspunkte dafür, daß die bestimmende [X.] 6 - on, die der Angeklagte in der Familie einnimmt, zur Unwirksamkeit entspre-chender Einwilligungen geführt hätte, lassen sich den Feststellungen entgegen der Auffassung des [X.] nicht entnehmen. c) Eine Erörterung der Rechtsfrage war auch nicht, wie der Generalbun-desanwalt meint, deshalb entbehrlich, weil der Angeklagte und gegebenenfalls die Mitbewohner die Zweckbestimmung möglicherweise nur unter dem Vorbe-halt des Gelingens der geplanten Brandstiftung aufgegeben haben. [X.] hierzu fehlen im Urteil; sie können auch nicht, wie der [X.] meint, durch eine eigene Würdigung des [X.]s ersetzt werden. Der [X.] hat schon entschieden, daß es darauf, ob ein die Zweckbe-stimmung eines Wohngebäudes aufgebender Nutzer das Gebäude für den Fall des Fehlschlagens der Brandlegung weiter bewohnen will, nicht ankommt ([X.] NStZ-RR 2001, 330; vgl. auch [X.]/[X.] aaO § 306 a Rdn. 4 a). Der [X.] sieht keinen Anlaß, hiervon abzuweichen. Würde festgestellt oder ließe sich nicht ausschließen, daß der [X.] von allen Bewohnern auf-gegeben wurde, so wäre der Angeklagte nur wegen Anstiftung zur Brandstif-tung gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu bestrafen (vgl. [X.]/[X.] aaO § 26 Rdn. 8 m.w.N.). Das [X.] hat die rechtliche Problematik ersichtlich übersehen; es fehlen im Urteil daher Erörterungen sowie hinreichend sichere Feststellungen hierzu. Die Verurteilung hat daher keinen Bestand. d) Die Verurteilung wegen versuchten Betrugs ist von dem Rechtsfehler nicht berührt und kann bestehen bleiben. Das gilt auch für die insoweit ver-hängte Einzelstrafe; die Gesamtstrafe war dagegen aufzuheben. - 7 - 3. Die Prüfung des Urteils aufgrund der von der Angeklagten [X.] [X.]erhobenen Sachrüge ergibt keinen Rechtsfehler zum Nachteil dieser Angeklag-ten; ihre Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 4. [X.] hinsichtlich der Angeklagten [X.]

ist rechtsfehlerfrei. Der Strafausspruch ist allerdings insoweit rechtsfehlerhaft, als das [X.] der Zumessung den - zweimal gemilderten - Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Nr. 5 StGB zugrunde gelegt hat. Voraussetzung hierfür wäre, daß die Angeklagte von dem Umstand Kenntnis hatte, daß die versicherten Sachen zum Zweck des Betrugs in Brand gesetzt worden waren. Das steht mit den Feststellungen nicht in Einklang; danach hat das [X.] für eine solche Kenntnis gerade "keine Anhaltspunkte" gesehen ([X.]). Die Annahme einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung kann der [X.] nicht überprüfen, weil es an hinreichenden Feststellungen dazu fehlt, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen während der mitgeteilten Zeiträu-me erfolgten und welche justizinternen Versäumnisse einer Verfahrensförde-rung entgegenstanden. Das kann aber hier dahinstehen, da die Angeklagte durch die Strafmilderung nicht beschwert ist. Der Rechtsfehler bei der Strafrahmenbestimmung führt hier in Anwen-dung des § 354 Abs. 1 a StPO nicht zur Aufhebung des Strafausspruchs. Die aus dem gemäß § 23 Abs. 2 und § 27 Abs. 2 in Verbindung mit § 49 Abs. 1 StGB doppelt gemilderten Strafrahmen bestimmte milde Strafe von 50 [X.] zu je 5 Euro ist im Ergebnis angemessen und nicht zu beanstanden. [X.] Detter Otten

Rothfuß

[X.]

Meta

2 StR 381/04

29.10.2004

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.10.2004, Az. 2 StR 381/04 (REWIS RS 2004, 960)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 960

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.