Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.06.2019, Az. B 11 AL 6/19 B

11. Senat | REWIS RS 2019, 6414

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Gegenstand

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Darlegungserfordernis der grundsätzlichen Bedeutung und Divergenz - Insolvenzereignis - Nachweis der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit und offensichtlichen Masselosigkeit


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 30. Januar 2019 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

Die Beschwerde ist nicht zulässig, weil die als Zulassungsgründe geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.]) bzw eine Divergenz (§ 160 Abs 2 [X.] SGG) nicht in der erforderlichen Weise bezeichnet worden sind (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher nach § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG zu verwerfen.

2

Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 [X.]) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.] mwN). Daran fehlt es.

3

Soweit dem Vortrag des [X.] die von ihm als solche bezeichnete Rechtsfrage entnommen werden kann, ob die [X.] bzw Beweislast für die vollständige Betriebseinstellung und die offensichtliche Masselosigkeit von dem Arbeitnehmer oder der Arbeitsverwaltung getragen werden soll, legt er eine Klärungsbedürftigkeit nicht ausreichend dar. Er gibt lediglich die Inhalte der Urteile des [X.] (12 [X.] - [X.] 4100 § 141b [X.]) und vom [X.] (10 [X.] - [X.] 3-4100 § 141b [X.]) wieder. Zwar setzt sich das BSG in der Entscheidung vom 17.7.1979 (aaO) - worauf der Kläger verweist - auch mit der Frage auseinander, ob eine Orientierung an den Erkenntnissen oder Erkenntnismöglichkeiten des Arbeitnehmers bei der Auslegung des Merkmals "offensichtlich" erfolgen könne. In beiden Entscheidungen wird jedoch davon ausgegangen, dass die Feststellungslast für die offensichtliche Masselosigkeit des die Betriebstätigkeit einstellenden Unternehmens derjenige trägt, der die Ansprüche geltend macht. Liegt höchstrichterliche Rechtsprechung vor, bedarf die Behauptung einer weiterhin gegebenen bzw erneuten Klärungsbedürftigkeit besonderen Vortrags (vgl [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], 12. Aufl 2017, § 160a RdNr 14g), woran es hier fehlt.

4

Soweit dem Vorbringen des [X.] zu entnehmen sein könnte, dass er - ohne dies ausdrücklich so zu formulieren - als weitere Rechtsfrage geklärt haben möchte, ob bei dem Insolvenzereignis der vollständigen Beendigung der Betriebstätigkeit die Ausschlussfrist für die Beantragung von [X.] erst mit der tatsächlichen Kenntnis des Arbeitnehmers beginnt, fehlt es gleichfalls an ausreichendem Vortrag. Insofern hätte sich der Kläger mit dem (eindeutigen) Wortlaut des § 324 Abs 3 [X.] befassen müssen, der nicht zwischen den verschiedenen [X.] unterscheidet. Zudem hat er erneuten Klärungsbedarf nach der auch von ihm bezeichneten Entscheidung des BSG vom 26.8.1983 (10 [X.]) nicht behauptet. Soweit der Kläger eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darin sieht, dass zu klären sei "ob die Fristen gemäß § 324 Abs 3 [X.] unter Beachtung der Rechtsprechung des [X.] dann nicht anzuwenden sind, wenn durch das [X.] eine übermäßig strenge Beurteilung erfolgt, obwohl der Arbeitnehmer sich mit der erforderlichen Sorgfalt um die Durchsetzung seiner Ansprüche bemüht hat", ist schon nicht erkennbar, welche über den Einzelfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage das Revisionsgericht entscheiden soll.

5

Auch eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 [X.] SGG hat der Kläger nicht ausreichend bezeichnet. Hierzu muss aufgezeigt werden, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des [X.] von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes ([X.]) oder des [X.] abweicht. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom [X.] [X.] 142/02 B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]; [X.] in [X.]/ [X.], [X.], 1. Aufl 2017, § 160 Rd[X.]9). Diese Anforderungen sind nicht erfüllt. Bezogen auf das von ihm bezeichnete Urteil des [X.] (aaO) sieht er eine Divergenz der hieraus entnommenen Aussage ("Das Abstellen auf die offensichtliche Masselosigkeit ist ebenso wie die Forderung nach Gleichzeitigkeit von Betriebseinstellung und offensichtlicher Masselosigkeit mit dem Sinn und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar und widerspricht dem Grundsatz der Gleichbehandlung nach Art 3 Abs 1 GG") zu dem Rechtssatz des Berufungsgerichts ("Kann trotz der Erleichterungen durch den Begriff "offensichtlich" gemäß § 165 Abs 1 Satz 2 Ziff 3 [X.] eine Feststellung der Masselosigkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt der vollständigen Betriebsstilllegung nicht erfolgen, so geht dies zu Lasten des Arbeitnehmers"). [X.] der Frage, ob der Kläger insofern abstrakte Rechtssätze gegenübergestellt hat, hätte er sich damit befassen müssen, dass die zentrale Aussage aus dem Urteil vom 17.7.1979 (aaO), dass die [X.], wenn sie bei Anträgen auf [X.] wegen Beendigung der Betriebstätigkeit Zweifel an der Insolvenz des Arbeitgebers hat, im Hinblick auf § 141m Abs 1 [X.] verpflichtet sei, anstelle der Arbeitnehmer einen Konkursantrag zu stellen, um die Voraussetzungen für die Gewährung von [X.] zu schaffen, in einer weiteren Entscheidung vom 23.11.1981 (10/8b [X.] - [X.], 1 = [X.] 4100 § 141b [X.]1) aufgegeben worden ist.

6

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 6/19 B

12.06.2019

Bundessozialgericht 11. Senat

Beschluss

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Hamburg, 13. Juni 2018, Az: S 14 AL 265/16, Urteil

§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG, § 165 Abs 1 S 2 Nr 3 SGB 3

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.06.2019, Az. B 11 AL 6/19 B (REWIS RS 2019, 6414)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 6414

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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